Leitsatz

Die für die Wohnungseigentümergemeinschaft bestehende Gebäudeversicherung ist eine Fremdversicherung, soweit sie das Sondereigentum der einzelnen Miteigentümer umfasst. Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrer Eigenschaft als Versicherungsnehmerin die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs gegenüber dem Versicherer auch in Ansehung des Sondereigentums an sich, so hat sie die Bindungen aus einem gesetzlichen Treuhandverhältnis zu dem einzelnen Miteigentümer zu berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass diesem der zustehende Entschädigungsbetrag tatsächlich zufließt. Eine Pflichtverletzung des Verwalters aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis muss sich die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

 

Fakten:

Die Gemeinschaft hatte einen Sammelgebäudeversicherungsvertrag für das Gemeinschaftseigentum sowie das jeweilige Sondereigentum abgeschlossen. Zur Geltendmachung der Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis ist der Verwalter und nicht unmittelbar der jeweilige Sondereigentümer berechtigt. Im Rahmen der Abwicklung eines Brandschadens im Bereich des Gemeinschaftseigentums, der auch Schäden im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers verursachte, hatte die Gemeinschaft Versicherungsleistungen der Gebäudeversicherung entgegengenommen. Der Verwalter hatte die Schadensabwicklung mit der Versicherung übernommen, indem er die ihm zugegangenen Handwerkerrechnungen an den Versicherer zum Ausgleich weitergeleitet hatte. Darunter befanden sich auch zwei Rechnungen eines Handwerkers, der Schäden im Bereich des Sondereigentums des geschädigten Wohnungseigentümers beseitigte. Die entsprechenden Rechnungsbeträge wurden dem Handwerker unmittelbar von dem Versicherer zur Verfügung gestellt. Gestützt auf ein Privatgutachten macht der geschädigte Wohnungseigentümer jedoch geltend, der Handwerker habe von den in Rechnung gestellten Arbeiten nur solche im Gegenwert von etwa einem Viertel des Rechnungsbetrags tatsächlich erbracht. Hinsichtlich des Mehrbetrages habe der Verwalter zu Unrecht die Auszahlung der Versicherungsleistung an den Handwerker und damit zugleich den Verlust des dem geschädigten Wohnungseigentümer zustehenden Entschädigungsanspruchs veranlasst. Mithin sei der Handwerker vom Verwalter, nicht jedoch vom geschädigten Eigentümer beauftragt worden. Dem geschädigten Wohnungseigentümer steht ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Pflichten innerhalb eines Treuhandverhältnisses zu, das zwischen ihm und der Eigentümergemeinschaft bestanden hat. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat vorliegend den Gebäudeversicherungsvertrag für fremde Rechnung i.S.d. §§ 74 ff. VVG abgeschlossen. Um eine Fremdversicherung im Sinne dieser Vorschriften handelt es sich, soweit die Versicherung das Sondereigentum der einzelnen Miteigentümer mit umfasst. Der einzelne Wohnungseigentümer ist in diesem Rahmen lediglich Mitversicherter, der den materiell-rechtlich ihm zustehenden Versicherungsanspruch nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers, also der Wohnungseigentümergemeinschaft, gegenüber dem Versicherer geltend machen kann. Für das Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer, hier der Wohnungseigentümergemeinschaft ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem Versicherungsnehmer das Verfügungsrecht über die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag nur zu treuen Händen eingeräumt ist. Dieses Treuhandverhältnis in Verbindung mit dem Bereicherungsverbot für den Versicherungsnehmer verpflichtet diesen, den ihm nicht zustehenden Entschädigungsbetrag einzuziehen und an den Versicherten auszukehren.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 03.01.2008, 15 W 420/06

Fazit:

Soweit der Verwalter also nicht nur den am Gemeinschaftseigentum, sondern auch den am Sondereigentum entstandenen Schaden mit dem Gebäudeversicherer abgewickelt hat, muss er dafür Sorge tragen, dass der Entschädigungsbetrag in die Hände des Versicherten, also des geschädigten Wohnungseigentümers, gelangte. Vorliegend hatte der Verwalter jedoch dem Versicherer die Weisung zur Auszahlung der Rechnungsbeträge an den Handwerker erteilt, ohne einen Vertrag mit diesem Unternehmer über die Durchführung von Arbeiten in der Wohnung des geschädigten Wohnungseigentümers geschlossen zu haben. Umso mehr hätte der Verwalter dann den Entschädigungsbetrag zunächst für die Gemeinschaft einziehen und an den geschädigten Wohnungseigentümer weiterleiten müssen. Diese Pflichtverletzung muss sich die Gemeinschaft zumindest nach § 278 BGB zurechnen lassen, da sich die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Erfüllung der durch den Fremdversicherungsvertrag entstandenen Treuhandverpflichtungen der Verwalterin als Erfüllungsgehilfin bedient hat. Zwar ist im Verhältnis eines Miteigentümers zur Wohnungseigentümergemeinschaft eine Zurechnung des Verhaltens des Verwalters nach § 278 BGB bei Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung grundsätzlich ausgeschlossen. Vorliegend geht es jedoch nicht um die ordnungsgemäße Verwaltu...

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