Aufhebung und Zurückverweisung schon aus formalen Gründen

Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das war schon aus formalen Gründen geboten, weil das Urteil keinen Tatbestand enthielt. Das OLG hatte den Streitwert falsch berechnet und deshalb übersehen, dass zumindest die Nicht zulassungsbeschwerde statthaft war. Deshalb durfte auf den Tatbestand nicht verzichtet werden. Das war auch nicht zu heilen.

 

Hinweis

In einer solchen Formalie kann schon ein taktisches Moment liegen, um einen Rechtsstreit zu verzögern.

Grundsatz 1: Ersteher haftet für Reallast

Zutreffend hat das OLG erkannt, dass im Innenverhältnis zwischen dem ursprünglichen Schuldner eines durch eine Reallast gesicherten Anspruchs und dem Ersteher allein dieser für die nach dem Zuschlag fällig werdenden Leistungen aus der Reallast haftet, wenn eine zur Sicherung dieses Anspruchs eingetragene Reallast bei der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks bestehen bleibt und das Grundstück ohne Zwischenverfügung vom Schuldner auf den Ersteher übergegangen ist. Denn § 56 S. 2 ZVG enthält eine abweichende Regelung im Sinne von § 426 Abs. 1 BGB, weil der Ersteher nach dieser Regelung von dem Zuschlag an die "Lasten des Grundstücks" zu tragen hat, wozu auch die Reallasten gehören (BGHZ 123, 178).

Grundsatz 2: Ausnahme bei zwei haftenden Grundstücken

Doch gilt dieser Grundsatz nicht für den ursprünglichen Schuldner des gesicherten Anspruchs, wenn dieser den schuldrechtlichen Anspruch nicht nur durch eine einfache Reallast an dem später versteigerten Grundstück, sondern durch eine Gesamtreallast an zwei Grundstücken gesichert hat, von denen eines später versteigert wird und das andere weiterhin in seinem Eigentum verbleibt. Die Bestellung einer Gesamtreallast an mehreren Grundstücken ist zulässig, wobei § 1132 Abs. 1 BGB analog anzuwenden ist. Sie kann von Anfang an dadurch entstehen, dass sie an mehreren Grundstücken eines oder verschiedener Eigentümer eingeräumt wird oder nach § 1108 Abs. 2 BGB nachträglich durch Realteilung des belasteten Grundstücks (vgl. Staudinger/Reymann, BGB, 2017, § 1105 Rn 4; BeckGroßKomm-BGB/Sikora, 2016, § 1105 Rn 86).

Zwei Grundstückeigentümer haben Reallast nicht befriedigt

Nur im Verhältnis von Ersteher und ursprünglichem Schuldner gilt nach § 56 S. 2 ZVG, dass der Ersteher die "Lasten des Grundstücks" zu tragen hat und er für die Reallast, deren Wert beim Zuschlag außer Ansatz geblieben ist, keine Barleistung hat erbringen müssen, während der ursprüngliche Schuldner das Eigentum an dem Grundstück – mithin die Gegenleistung für die Gewährung des Anspruchs – an den Ersteher verloren hat. Zwar bleibt es dabei, dass die Klägerin in Höhe des Werts der Reallast keine Barleistungen erbracht und der Beklagte das Eigentum an dem zwangsversteigerten Grundstück verloren hat, aber ebenso wenig hat der Beklagte, sollte der Reallastberechtigten von vornherein an mehreren Grundstücken eine Gesamtreallast eingeräumt worden sein oder sollte eine solche durch Teilung des belasteten Grundstücks nach § 1108 Abs. 2 BGB später entstanden sein, als Eigentümer des zweiten Grundstücks nach 2011 Leistungen auf den durch die Gesamtreallast gesicherten Anspruch erbracht. Auch liegt die Leistungsfähigkeit der Klägerin in Bezug auf das zwangsversteigerte Grundstück nicht im Risikobereich des Beklagten, wohl aber in Bezug auf das etwaige bei ihm verbliebene, mit der Gesamtreallast belastete Grundstück.

Drei Ebenen für den Gesamtschuldnerausgleich

Der Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Parteien, deren Grundstücke mit einer Gesamtreallast zugunsten der Reallastberechtigten belastet sind, richtet sich ungeachtet etwaiger verschiedener Haftungsgrundlagen (gegebenenfalls auch aus dem Unterhaltsrecht)

nach den getroffenen Vereinbarungen,
nach den Umständen des Einzelfalls und
subsidiär nach § 426 BGB.

Dementsprechend erfolgt der Gesamtschuldnerausgleich, wenn er nach § 426 Abs. 1 BGB erfolgt, nach Köpfen.

§ 426 BGB bedarf der Korrektur

Bei dem Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Eigentümern von zwei Grundstücken, die mit einer Gesamtreallast belastet sind, führt dies jedoch dann, wenn die Grundstücke einen unterschiedlichen Wert besitzen, zu unangemessenen Ergebnissen. Es ist daher analog § 1109 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, § 748 BGB der Ausgleich nach der Größe der Grundstücksteile vorzunehmen, wobei allerdings die wertmäßige Größe entscheidend ist. Eine Vermutung, dass bei der Sicherungsreallast im Zweifel der (Schuld-)Vertragsgegner im Innenverhältnis allein haftet, besteht nicht (BGHZ 58, 191, 197 f.). Für den Fall der Zwangsversteigerung eines der mit einer Gesamtreallast belasteten Grundstücke gilt nichts anderes. Das OLG wird die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen haben und gegebenenfalls den Gesamtschuldnerausgleich vornehmen müssen.

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