Eine Gefährdungshaftung besteht nur dann, wenn sie von einer Vertragspartei aufgrund einer Vereinbarung übernommen wird oder sie gesetzlich vorgeschrieben ist.

Eine vertragliche verschuldensunabhängige Haftung könnte zwar in eine Vereinbarung, z. B. in die Gemeinschaftsordnung aufgenommen werden. Von dieser Möglichkeit macht die Praxis jedoch regelmäßig keinen Gebrauch.

 
Praxis-Beispiel

Gefährdungshaftung der Gemeinschaft für undichten Öltank

Wer in ein Gewässer Stoffe einbringt und dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert, ist gemäß § 89 Abs. Satz 1 WHG zum Ersatz des daraus einem anderen entstehenden Schadens verpflichtet. Insoweit haftet also der Eigentümer eines Öltanks für Schäden durch Verschmutzung von See-, Fluss-, Bach- und Grundwasser, wenn Öl aus seinem Tank ausgetreten ist und dadurch eine der vorgenannten Verschmutzungen verursacht hat. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Der Eigentümer haftet also auch dann, wenn für ihn das Leck im Tank nicht erkennbar war. Das Risiko der vorgenannten Gefährdungshaftung trifft jede Eigentümergemeinschaft, die auf ihrem Grundstück einen Öltank unterhält. Im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung empfiehlt sich daher der Abschluss einer Gewässerschadenshaftpflichtversicherung.

Konkret trifft die Haftung die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über § 9a Abs. 2 WEG und nicht die einzelnen Wohnungseigentümer als Mitglieder der nichtrechtsfähigen Bruchteilsgemeinschaft, obwohl das Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht der Gemeinschaft zugeordnet ist. Zwar steht der Öltank der Gemeinschaft gemäß § 5 Abs. 2 WEG im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer, gleichwohl nimmt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Eine Gefährdungshaftung für Folgeschäden im Sondereigentum aufgrund von Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum kommt nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG in Betracht.

Nach dieser Vorschrift hat ein Wohnungseigentümer das Betreten und andere Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu dulden, soweit dies u. a. zur Erhaltung, also Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Der hierdurch entstehende Schaden ist nach § 14 Abs. 3 WEG von der Gemeinschaft zu ersetzen. Entsprechende Schadensersatzansprüche sind dabei gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten, da Maßnahmen der Erhaltung dem Bereich der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zuzuordnen sind, die nach § 18 Abs. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt.

 
Praxis-Beispiel

Balkonsanierung

Ein zum Sondereigentum gehörender Balkon ist undicht. Um die Isolierung der Bodenplatte zu sanieren, müssen die darauf liegenden Fliesen zerstört werden. Der betreffende Sondereigentümer ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG verpflichtet, die Zerstörung der Fliesen zu dulden, kann aber Schadensersatz für eine Neuverfliesung beanspruchen.

Da der Schadensersatz von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verschuldensunabhängig zu leisten ist, wird dieser Anspruch auch oft als Entschädigung wegen Aufopferung bezeichnet. Weitere gesetzliche Regelungen, die eine vergleichbare verschuldensunabhängige Haftung für Folgeschäden am Sondereigentum begründen würden, gibt es im WEG nicht.

 
Hinweis

Eigentumsimmanente Gefahr

Die Gefahr der zufälligen Verschlechterung oder Beschädigung des Sondereigentums trägt der Sondereigentümer als eigentumsimmanente Gefahr.[1]

Ergebnis: Entsteht ein Schaden an einem Sondereigentum, ohne dass die Gemeinschaft die Schadensverursachung zu vertreten hat, kann der Eigentümer von ihr keinen Schadensersatz nach dem WEG beanspruchen.

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