Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht von Gerichtskosten nach Präklusion im Einspruchsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Kostentragungspflicht des § 137 Satz 3 FGO lässt kein Ermessen des FG zu.

2) Nach Wortlaut, Stellung, Entstehungsgeschichte und der Intention des Gesetzgebers von § 137 Satz 3 FGO tragen die jeweiligen Kläger die gesamten Kosten.

3) § 137 Satz 3 FGO ist auch anzuwenden, wenn die Kläger die Erklärungen und Beweismittel erstmals im Klageverfahren beibringen.

 

Normenkette

FGO § 76 Abs. 3; AO 1977 § 364b; FGO § 137 S. 3

 

Tatbestand

Angefochten ist der Umsatzsteuerbescheid 2001 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen, über deren Unrichtigkeit nach Abgabe der Steuererklärung kein Streit mehr besteht.

Nachdem die Klägerin für das Streitjahr 2001 keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte mit Bescheid vom 17.9.2002 die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer 2001 auf 20.400,55 EUR (entsprechend 39.900 DM) fest.

Dagegen legte die Klägerin am 21.10.2002 Einspruch ein. Zur Begründung wies die Klägerin darauf hin, dass die Steuererklärung nachgereicht werde. Mit Schreiben vom 23.10.2002 bat der Beklagte um Vorlage der Erklärung bis zum 21.11.2002. Mit Verfügung vom 28.11.2002 forderte der Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung nach § 364 b AO auf, die Tatsachen zu benennen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sie sich beschwert fühle. Die Frist endete am 30.12.2002 und wurde telefonisch bis zum 31.1.2003 verlängert, ohne dass die Klägerin eine Stellungnahme oder die Steuererklärung abgegeben hätte. Daraufhin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7.2.2003 den Einspruch als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Fristsetzung vom 28.11.2002 und die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin die hier vorliegende Klage, zu deren Begründung die Klägerin die Steuererklärung vorlegte.

Über die Richtigkeit der darin erklärten Besteuerungsgrundlagen besteht mittlerweile zwischen den Beteiligten Einvernehmen. Entsprechend der vom Beklagten erstellten und von der Klägerin nicht beanstandeten Prüfberechnung wäre deshalb die Umsatzsteuer 2001 auf 15.849,03 EUR (entsprechend 30.998 DM) herabzusetzen.

Der Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2001 vom 17.9.2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer 2000 auf 15.849,03 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Kosten gemäß § 137 FGO der Klägerin aufzuerlegen, wenn das Gericht die nachgereichte Steuererklärung gemäß § 76 Abs. 3 i.V.m. § 79 b Abs. 3 FGO zulassen sollte.

Er sieht sich wegen der fruchtlosen Fristsetzung nach § 364 b AO durch Abs. 2 dieser Gesetzesnorm an einer eigenen Änderung der Steuerfestsetzung gehindert.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs.2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

1. Die Klage ist begründet.

Die Umsatzsteuer 2001 war antragsgemäß entsprechend der abgegebenen Steuererklärung und somit auch entsprechend der Prüfberechnung des Beklagten – wie tenoriert – herabzusetzen.

Eine Zurückweisung der Steuererklärungen kam nicht in Betracht. Aus der Verweisung in § 76 Abs. 3 S. 2 FGO auf § 79 b Abs. 3 FGO folgt, dass das Gericht Erklärungen, die nach Ablauf einer – wie hier rechtsfehlerfrei gesetzten – Auschlussfrist gem. § 364 b AO eingereicht werden, nur dann ermessensfehlerfrei zurückweisen kann, wenn deren Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 79 b Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FGO). Eine solche Verzögerung scheidet vorliegend aus, weil über die anzusetzenden Besteuerungsgrundlagen zwischen den Beteiligten kein Streit besteht und auch das Gericht keine Veranlassung hat, deren Richtigkeit zu bezweifeln.

Dabei folgt der erkennende Senat der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 10. Juni 1999 IV R 23/98, BStBl II 1999, 664 und vom 9. September 1998 I R 31/98, BStBl II 1999, 26).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 Satz 3 FGO (i.d.F. des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001). Nach Satz 3 des § 137 FGO sind der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, soweit das Gericht gemäß § 76 Abs. 3 FGO Erklärungen und Beweismittel berücksichtigt, die im Einspruchsverfahren nach § 364b AO rechtmäßig zurückgewiesen wurden. Obwohl die Klägerin in vollem Umfang obsiegt hat, hat sie hiernach die Verfahrenskosten zu tragen. Das gilt nach Auffassung des Senats für sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. § 137 Satz 3 FGO schließt eine anteilige Kostentragungspflicht der Finanzbehörden aus (vgl. Tipke/Kruse-Brandis § 137 FGO Rdn. 9).

Im vorliegenden Fall erfolgte nach Aktenlage eine rechtmäßige Fristsetzung gemäß § 364 b AO. Insbesondere hat der Beklagte sein Ermessen hinsichtlich der Fristsetzung fehlerfrei ausgeübt, nachdem die Klägerin schon vor Fristsetzung an die ausstehende Einspruchsbegründung erinnert wurde. Die Fristsetzung enthielt auch die nach § 364 b Abs. 3 AO erforderliche Belehrung über...

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