rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht: Ersatzzustellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Ersatzzustellung an eine in einem Geschäftsraum beschäftigte Person kommt es nicht auf die zivilrechtliche Verhältnisse betreffend den Raum und die Beschäftigung der Person, sondern auf die tatsächliche Nutzung des Raums und die dortige Beschäftigung der Person an.

2. Bei Rechtsanwälten genügt ein tatsächlich gemeinschaftlich genutztes Büro, das nach außen entsprechend beschildert und innen entsprechend eingerichtet ist (gemeinschaftlich genutzter Empfangsraum mit Empfangstresen, Telefonzentrale, Faxgerät, Drucker und Kopierer).

 

Normenkette

AO § 122 Abs. 5; FGO § 47 Abs. 1, § 56; VwZG § 3 Abs. 3, § 11 Abs. 4; ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

I. Verfahrensrechtlich macht die Klägerin geltend, dass der Rechtsstreit über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide 2001 erledigt sei nach Einreichung einer neuen Umsatzsteuer-Jahreserklärung und des Jahresabschlusses 2001 am 20. Januar 2004.

Ansonsten ist streitig, ob die Klagefrist versäumt bzw. wirksam durch Zustellung der Einspruchsentscheidung an den Prozessbevollmächtigten in Lauf gesetzt wurde. Hilfsweise beantragt die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Materiell geht es darum, ob Vorsteuern aus dem Erwerb von Anlage- und Umlaufvermögen von einer Getränkevertrieb KG abgezogen werden durften oder ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs.1a UStG vorliegt (vgl. Anlage K 12-14; Bp-A Bl. 12).

II. 1. Nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) am 29. August 2001 eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das II. Quartal 2001 fest (USt-A Bl. 13).

Nach Umsatzsteuer-Voranmeldungen I. bis IV. Quartal 2001 vom 19. Februar 2002 (USt-A Bl. 8, 15=17, 28, 34) führte das FA von April bis Juni 2002 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch (Bp-A Bl. 1 ff).

Am 26. Juli 2002 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 2001 bei dem FA ein (USt-A Bl. 39 ff).

Mit Schreiben vom 1. August 2002 teilte das FA mit, dass die Erklärung noch nicht bearbeitet werden könne, da der Jahresabschluss 2001 noch nicht vorliege und weil nicht erkennbar sei, inwieweit die Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung berücksichtigt worden seien.

Am 6. August 2002 erließ das FA Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide I. bis IV. Quartal 2001 (USt-A Bl. 11, 23, 31, 37). Dagegen legte die Klägerin, vertreten durch ihren früheren steuerlichen Bevollmächtigten Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt ... (D) mit Schreiben vom 14. August 2002 Einspruch ein, verbunden mit einem Antrag auf Vollziehungsaussetzung (Anlage K 11 = Rb-A Bl. 2).

2. Nach der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen beantragte die Klägerin, noch vertreten durch D, am 10. September 2002 gemäß § 69 Abs. 3 FGO bei dem Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide 2001 (III 331/02).

In jenem Verfahren legte der jetzige Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt ... (H) mit Schreiben vom 17. Dezember 2002 eine Prozessvollmacht sowie auszugsweise Kopien von Handelsregistereintragungen vor, stellte die Bevollmächtigung des vorherigen anwaltlichen Vertreters als erledigt dar und bat um Akteneinsicht. Er wurde zur Vorlage eines vollständigen Handelsregisterauszuges und einer aussagefähigen Vollmacht aufgefordert. Darüber wurde der bisherige Prozessbevollmächtigte D informiert.

Zivilrechtlich kam es in einem Eilverfahren zum Streit über die Vertretungsbefugnis für die Klägerin und die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung. Das Verfahren endete durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Januar 2003 (301 O 129/02) zugunsten des jetzigen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt H (FG-A III 331/02 Bl. 31). Eine Klage in der zivilrechtlichen Hauptsache wurde nicht erhoben.

Im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren begründete der Prozessbevollmächtigte nach am 25. April 2003 bewilligter Akteneinsicht seinen Antrag mit Schriftsatz vom 30. Mai 2003 (FG-A III 331/02 Bl. 50), während er unter demselben Datum vom FA direkt eine Stellungnahme zu bestimmten Punkten erbat (Anlage K 8).

Der neben dem Aussetzungsantrag gestellte Antrag auf Aufhebung von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen sowie der Eintragung einer Sicherungshypothek wurde nach einer bestandskräftig abweisenden Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2002 mit Schriftsatz vom 24. April 2003 zurückgenommen (III 154/03).

3. Die Einsprüche gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2003 zurück (Anl. K 4 = Rb-A Bl. 38). Diese an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin adressierte Einspruchsentscheidung wurde während seines Urlaubs (Anlage K 9-10) durch Postzustellungsurkunde zugestellt.

Sie wurde gemäß Eintragung in Zeile 7.1. der Zustellurkunde durch den Postzusteller am 10. Juni 2003 an der zutreffend angegebenen Kanzleiadresse an Frau ... (A) übergeben (Anlage K 5 = Rb-A Bl. 42).

a) Es handelt sich um die Adresse gemäß eigenem Briefkopf des Prozess...

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