Die Verwirkung von Unterhaltsansprüchen nach § 1579 Nr. 2 BGB war in letzter Zeit Gegenstand verschiedener Aufsätze[1] und Urteile.

Für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft sah die frühere Rechtsprechung des BGH[2] regelmäßig einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren vor. Offenbar sind die Obergerichte nicht mehr bereit, dieser bisher herrschenden Meinung zu folgen. So hat das OLG Frankfurt a.M. mit einem Beschluss vom 10.5.2010[3] den Einwand der Verwirkung bereits bei einer verfestigten Lebensgemeinschaft von ca. 1 ¼ Jahr für begründet erachtet. Das OLG Oldenburg[4] hält die verfestigte Beziehung zu einem neuen Lebensgefährten schon nach Ablauf eines Jahres für ausreichend, um Unterhaltsansprüche nach § 1579 Nr. 2 BGB auszuschließen.

Der neuesten Rechtsprechung ist bezüglich des kürzeren Zeitmoments der Vorzug zu geben. Sie wird insbesondere den seit dem Urteil des BGH aus dem Jahr 1988 veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen gerecht. Dieser Wandel ist einerseits gekennzeichnet durch den in den letzten Jahren zu beobachtenden Rückgang der Zahl der Eheschließungen bei gleichzeitigem Anstieg der Scheidungsquoten, andererseits auch dadurch, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft häufig als Alternative zur Ehe, aber immerhin auch auf Dauer angelegte und gewählte Lebensform angesehen wird. Dementsprechend erscheint auch die frühere Rechtsprechung des BGH, mit der ein Zusammenleben von 2 bis 3 Jahren gefordert worden ist, nicht mehr überzeugend.

Auf der Linie der neuen Rechtsprechung liegt auch der jetzige Beschluss des Familiengerichts Witten vom 2.5.2012. Nach der Trennung der Eheleute hatte sich die Ehefrau einem neuen Partner zugewandt und war nach Auffassung des Gerichts für 1 ¾ Jahr eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit ihm eingegangen. Diesen Zeitraum hat es für ausreichend erachtet, um eine "verfestigte"[5] Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB anzunehmen.

Reinhard Schauwienold, Rechtsanwalt, Witten

[1] Kofler, Die Verwirkung von Unterhaltsansprüchen, NJW 2011, 2470; Schnitzler, Die verfestigte Lebensgemeinschaft i.S.d. § 1579 Nr. 2 BGB, FF 2011, 290 f.
[2] BGH FamRZ 1989, 481.
[5] Hiervon zu unterscheiden ist die "distanzierte" Lebensgemeinschaft als Sonderform der "verfestigten" Lebensgemeinschaft. Diese liegt vor, wenn die Parteien in getrennten Wohnungen, u.U. auch an verschiedenen Orten, wohnen und keinen gemeinsamen Haushalt führen.

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