Leitsatz (amtlich)

Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1579 Nr. 2 BGB n. F. ist jedenfalls seit Inkrafttreten der Unterhaltsreform entsprechend den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen in der Regel schon nach einem Jahr anzunehmen.

 

Tenor

Der dem Rechtsstreit des Amtsgerichts Essen 106 F 313 /06 abgeschlossene Vergleich vom 23.11.2007 wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger in der Zeit vom 01.08. bis 31.12.2008 nur noch verpflichtet ist, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 386,00 Euro sowie für Januar 2009 in Höhe von 167,50 Euro zu zahlen.

Ab dem 01.02.2009 entfällt die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 11 % und die Beklagte 89 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Gläubigers in Höhe von 110 % des jeweils beizutragenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 9233,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 23.11.2007 rechtskräftig geschieden. Unter dem gleichen Datum wurde der im Tenor bezeichnete Vergleich geschlossen.

Grundlage waren folgende finanzielle Umstände:

Nettoeinkommen des Klägers aus Erwerbstätigkeit

2.541,00 Euro

abzüglich Krankenversicherung

201,88 Euro

abzüglich Pflegeversicherung

16,41 Euro

abzüglich Eigenanteil Krankheitskosten

25,00 Euro

abzüglich zusätzliche Altersvorsorge und Darlehen

622,11 Euro

abzüglich Wegfall Familienzulage netto

90,75 Euro

bereinigtes Einkommen somit

1.584,83 Euro

abzüglich Selbstbehalt

1.000,00 Euro

Leistungsfähigkeit somit rund

585,00 Euro

Der Kläger ist zum 01.07.2008 in den Ruhestand getreten und verfügt über geringere monatliche Einkünfte.

Er behauptet, dass sein Nettoeinkommen betrage nach seiner Pensionierung monatlich nur noch monatlich 1751,48 Euro, wovon - zwischen den Parteien unstreitige - Beträge in Höhe von insgesamt 537,42 Euro abzuziehen seien, so dass sich 1.214,06 Euro bereinigtes Nettoeinkommen ergäbe. Nach Abzug des Selbstbehaltes von 1.000,00 Euro verblieben ihm daher zur Zahlung des nachehelichen Unterhalts nur noch 214,06 Euro.

Der Kläger meint, insoweit müsse berücksichtigt werden, dass er seit dem Jahre 2008 kirchensteuerpflichtig sei, die Kirchensteuer könne aus technischen Gründen jedoch erst im Laufe des Jahres 2009 nacherhoben werden. Auf Grund der Beziehung der Beklagten mit Herrn N sei ab dem 01.12.2008 ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verwirkt. Insoweit behauptet er, die Beklagte sei seit Anfang 2006 mit diesem liiert. Beide hätten mehrere gemeinsame Urlaube verbracht, unter anderem in St. N., verbrächten seit Anfang 2006 ihre Freizeit gemeinsam und träten in der Öffentlichkeit als Paar auf. Dies werde besonders deutlich dadurch, dass anlässlich des Todes der Mutter der Beklagten beide gemeinsam in der Todesanzeige genannt worden seien und ihr Name auch auf der Kranzschleife gestanden habe. Herr N sei seit dem 01.01.2008 zu der Beklagten gezogen und auch offiziell Mieter der gemeinsam bewohnten ehemals ehelichen Wohnung geworden.

Nachdem der Kläger zunächst nur ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1178,00 Euro errechnet hatte, forderte er die Beklagte durch Anwaltsschreiben auf , ab dem 01.08.2008 auf Rechte aus dem Vergleich zu verzichten, soweit ein Unterhaltsanspruch über 178,00 Euro hinaus tituliert worden ist.

Der Kläger beantragt,

den Vergleich des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 23.11.2007 Aktenzeichen - 106 F 313/06 - mit Wirkung ab dem 01.08.2008 dahingehend abzuändern, dass der Kläger für den Zeitraum 01.08.2008 bis 30.11.2008 nur noch verpflichtet ist, an die Beklagte eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 178,00 Euro zu zahlen, sowie ab dem 01.12.2008 keine nacheheliche Unterhaltsrente mehr zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe Herrn N im Sommer 2007 in einer Selbsthilfegruppe kennengelernt und dieser sei erst ab dem 31.01.2008 bei ihr eingezogen. Sie habe mit Herrn N nur einen einzigen Urlaub im Jahre 2008 auf einen Campingplatz verbracht. Wenn der Kläger weiterhin einen entsprechenden Freibetrag eintragen lasse, habe er einschließlich des Verheiratetenzuschlags auf Grund seiner neuen Ehe ein Nettoeinkommen in Höhe von 1945,38 Euro, so dass sich nach den unstreitigen Abzügen ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1407,96 Euro ergebe. Hierzu sei noch ein anteiliger Wohnwert hinzuzuaddieren, weil seiner zweiten Frau eine Eigentumswohnung gehöre, die die Eheleute gemeinsam bewohnten. Hierfür sei ein anteiliger Betrag von 300,00 Euro anzusetzen.

Der Kläger behauptet insoweit, für Zinsen und Tilgung müsse seine Frau monatlich 514,00 Euro, für Hausgeld 170,00 Euro und für die Wohnung insgesamt 779,19 Euro monatlich aufwenden, wo von er ihr die Hälfte ersetze. Daher verbleibe k...

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