A. Verwandtenunterhalt

§ 1601 BGB

Eine der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff. BGB entsprechende Unterhaltspflicht kann sich aus einem Vertrag ergeben. Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind zu übernehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen. Mit dieser Entscheidung[2] führt der BGH seine unter Eheleuten ergangene Rechtsprechung[3] zur Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder auch unter nicht miteinander verheiraten Paaren fort. Die Einwilligung des Mannes, die eine Willenserklärung ist und einer Einwilligung nach § 1600 Abs. 5 BGB entspricht, muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form.

[2] BGH, Beschl. v. 23.9.2015 – XII ZB 99/14, FF 2015, 464 und 507 (Bericht Ey) = FamRZ 2015, 2134 (m. Anm. Wellenhofer). Die Entscheidung ist für die Amtliche Sammlung bestimmt.

§ 1602 BGB

1. Grundsicherungsleistungen

Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff. SGB XII werden unabhängig von etwaigen Unterhaltsansprüchen gegenüber Eltern und Kindern gewährt. Sie sind deswegen gegenüber diesen nicht nachrangig, sondern gelten als Einkommen, gleich ob sie zu Recht oder Unrecht gewährt wurden. Den Unterhaltsberechtigten trifft deswegen grundsätzlich die Obliegenheit, Leistungen der Grundsicherung wegen Alters oder Erwerbsminderung in Anspruch zu nehmen. Bei Verletzung der Obliegenheit kann ihm ein fiktives Einkommen in Höhe der entgangenen Grundsicherung angerechnet werden.[4]

Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind gemäß § 43 Abs. 3 S. 6 SGB XII schon dann insgesamt ausgeschlossen, wenn bei einer Mehrzahl von unterhaltspflichtigen Kindern oder Elternteilen des Leistungsberechtigten nur ein Kind oder Elternteil steuerliche Gesamteinkünfte in Höhe von 100.000 EUR oder mehr hat.[5] Der Leistungsberechtigte ist nicht verpflichtet, dem Grundsicherungsträger umfassend Einzelheiten zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der unterhaltspflichtigen Kinder und Eltern zu offenbaren. Der Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 3 S. 4 SGB XII, der den allgemeinen sozialhilferechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII verdrängt, richtet sich nur gegen den Unterhaltspflichtigen, für dessen Person der Grundsicherungsträger bereits hinreichende Anhaltspunkte für ein den Grenzbetrag von 100.000 EUR übersteigendes Einkommen darlegen kann. Über die Angaben zum steuerlichen Bruttoeinkommen hinaus kann und soll der Grundsicherungsträger keine weiteren Informationen zu den sonstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen erlangen, auch wenn diese, wie etwa Angaben zu Wohnvorteilen oder zum Einkommen des Ehegatten, für die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit bedeutsam sind.[6]

[4] BGH, Beschl. v. 8.7.1915 – XII ZB 56/14, FF 2015, 455 (m. Anm. Götsche und Bericht Ey S. 376) = FamRZ 2015, 1467 (m. Anm. Schürmann S. 1600).
[5] Ebenso BSG FamRZ 2014, 385.
[6] BGH, Beschl. v. 8.7.1915 – XII ZB 56/14, FF 2015, 455 (m. Anm. Götsche) und 376 (Bericht Ey = FamRZ 2015, 1467 (m. Anm. Schürmann S. 1600).

2. Hilfen zum Lebensunterhalt

Nach §§ 19 Abs. 2 S. 2, 27 ff. SGB XII gewährte Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt) haben, im Gegensatz zu Leistungen der Grundsicherung, generell keinen Einfluss auf Inhalt und Umfang des Unterhaltanspruchs und die Unterhaltsverpflichtung. Der Subsidiaritätsgrundsatz nach § 2 SGB XII bleibt davon unberührt, ob und in welchem Umfang der Unterhaltsanspruch nach Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt auf den Sozialhilfeträger übergeht. Der Unterhaltsberechtigte kann auch in den Fällen des ausnahmsweise, etwa wegen unbilliger Härte i.S.v. § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII, ausgeschlossenen Anspruchsübergangs zur Behebung seiner Unterhaltsbedürftigkeit nicht auf die Gewährung zur Hilfe zum Lebensunterhalt verwiesen werden.[7]

[7] BGH, Beschl. v. 8.7.1915 – XII ZB 56/14, FF 2015, 455 (m. Anm. Götsche) und 376 (Bericht Ey) = FamRZ 2015, 1467 (m. Anm. Schürmann S. 1600).

3. Pflegewohngeld

Das für die Investitionskosten in einigen Ländern, etwa Nordrhein-Westfalen, gezahlte Pflegewohngeld ist gegenüber der Unterhaltspflicht von Kindern nicht subsidiär.[8]

[8] BGH, Beschl. v. 7.10.2015 – XII ZB 26/15, FamRZ 2015, 2138 (m. Anm. Born).

§ 1603 BGB

1. Arbeitsentgelt des Strafgefangenen

Von dem Arbeitsentgelt eines Strafgefangenen, aus dem Hausgeld, Überbrückungsgeld und Eigengeld gebildet werden, steht für Unterhaltszwecke regelmäßig nur das Eigengeld zur Verfügung, und zwar grundsätzlich in vollem Umfang. Dieses ist in der Insolvenz nicht dem Gläubigerzugriff entzogen, so dass ein Antrag auf Verbraucherinsolvenz nicht zu einem automatischen Vorrang der Unterhaltsschulden führt. Der Selbstbehalt eines gegenüber einem minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kind nach § 16...

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