Die Vorschrift enthält die Übergangsregelung für das am 17.12.2008 verabschiedete (BGBl I S. 2585) und am 1.9.2009 in Kraft getretene FGG–RG (Art. 112 FGG-RG). Die Abs. 2–5 sind durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3.4.2009 (BGBl I S. 700) eingefügt worden.

[1] Vgl. Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 5. Aufl., Art 111 FGG-RG.

1. Betroffene Instanzen

Die Übergangsregelung hat Bedeutung auch für die Rechtsmittelverfahren, weil "Verfahren" in diesem Sinne als Ganzes und damit einschließlich eines möglichen Instanzenzuges verstanden wird.[1] Ist das Verfahren in erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, erfolgt die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Dies gilt auch für den nach bisherigem Recht geltenden Instanzenzug. Ist also in einer Familienstreitsache nach § 112 FamFG oder in einer Ehesache nach § 121 FamFG das Verfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, entscheidet das Familiengericht durch Urteil. Dagegen ist die Berufung (§ 511 ZPO), die beim OLG einzureichen ist, das zulässige Rechtsmittel. Die Revision ist weiterhin nur statthaft, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen ist. Die Regelung in § 26 Nr. 9 EGZPO ist verlängert worden. Der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen gilt bis zum 31.12.2019. Bei einer Entscheidung in FGG–Familiensachen ist die Beschwerde nach § 621e ZPO zum OLG eröffnet. Ist das Verfahren erst nach dem 1.9.2009 anhängig geworden, gilt für alle Instanzen das neue Recht, d.h. gegen einen Beschluss (§ 38 FamFG) in einer Ehesache oder Familienstreitsache ist das Rechtsmittel der Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG eröffnet. Diese ist anders als bisher nach § 64 Abs. 1 FamFG beim Familiengericht – judex a quo – einzulegen. Dies führt über einen längeren Zeitraum dazu – so insbesondere bei möglichen Zurückverweisungen von der zweiten an die erste Instanz oder von der dritten Instanz an das OLG –, dass zwei Verfahrensordnungen nebeneinander Anwendung finden.

[1] BGH FamRZ 2010, 111; OLG Köln FamRZ 2009, 1852; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 325; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 324; OLG Schleswig NJW 2010, 242; OLG Nürnberg FPR 2010, 102; KG FPR 2010, 103; Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 5. Aufl., Art. 111 FGG-RG Rn 3; Bork/Jakoby/Schwab/Zorn, FamFG, Vor § 151 Rn 19; Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., Art. 111 FGG-RG Rn 3; a.A. Geimer, FamRB 2009, 386; Prütting/Helms, FamFG, Art. 111 FGG-RG Rn 5.

2. Anwendbares Recht

a) Stichtag 1.9.2009

Nach Abs. 1 Satz 1 finden auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes beantragt wurde, die vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Vorschriften Anwendung. Die Verfahrenseinleitung erfolgt bei Amtsverfahren (insbesondere in Kindschaftssachen nach § 151 FamFG) mit der ersten Handlung des Gerichts, so z.B. durch das Anfordern eines Berichtes des Jugendamtes, durch einstweilige Anordnung oder durch die Gewährung rechtlichen Gehörs. Damit ist das Verfahren anhängig. In Antragsverfahren erfolgt die Verfahrenseinleitung durch einen Antrag.

Bei Verbindung eines Hauptsacheantrages mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe, wird der Antrag sogleich anhängig, so dass sich das Verfahren nach dem alten Recht richtet, wenn der Antrag vor dem 1.9.2009 bei Gericht eingegangen ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Am 31.8.2009 geht beim AG … eine Zugewinnausgleichsklage ein, die mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verbunden ist. Der PKH-Antrag wird der Gegenseite zur Stellungnahme übersandt. Das AG entscheidet im November 2009 über den PKH-Antrag. Die Klage wird im Dezember 2009 zugestellt.

Diese Grundsätze gelten auch, wenn isoliert ein Antrag auf PKH vor dem 1.9.2009 eingereicht wird, die Durchführung des Verfahrens aber von der Bewilligung von PKH abhängig gemacht wird.[2]

Wurde vor dem 1.9.2009 das Scheidungsverfahren eingeleitet, und wird nach dem 1.9.2009 ein Verfahren nach § 261 Abs. 1 FamFG eingeleitet und in den Verbund einbezogen, verbleibt es bei der Anwendung des bis zum 31.8.2009 geltenden Rechts.

[1] OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 325; Johannsen/Henrich/Büte, Art. 111 Rn 4; Schürmann, FuR 2009, 548.
[2] OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 325; OLG Celle, Beschl. v. 9.3.2010 – 17 UF 26/10; Schürmann, FuR 2009, 548; Musielak/Borth, FamFG, Einl. Rn 93; a.A. OLG Braunschweig NJW 2010, 452; Heiter, FamRB 2009, 313; Kemper, FPR 2010, 227.

b) Übergangsrecht des Abs. 5

Abs. 5 enthält als besonderen zweiten Stichtag den 1.9.2010. Sofern bis zum 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung zum Versorgungsausgleich erlassen worden ist, ist für alle Verfahren ab dem 1.9.2010 das neue Recht anzuwenden. Die Regelung erstreckt sich auf alle Scheidungs– und Folgesachen, soweit sie mit dem Verfahren über den Versorgungsausgleich im Verbund stehen. Das hat zur Folge, dass nicht nur die Scheidungssache, sondern auch weitere Folgesachen (nachehelicher Unterhalt und Zugewinn) nach den Bestimmungen des FamFG weitergeführt werden, unabhängig davon, ob weitere Folgesach...

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