Entscheidungsstichwort (Thema)

Inkrafttreten des FamFG; Zuständigkeit; Übergangsrecht bei beantragter PKH

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Aktenzeichen 7 O 959/09)

 

Tenor

Das AG Wolfsburg - Familiengericht - wird zum zuständigen Gericht zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers vom 8.4.2009 bestimmt.

 

Gründe

I. Antragsteller beabsichtigt gegen die Antragsgegnerin, seine geschiedene Ehefrau, eine Klage auf Gesamtschuldnerausgleich wegen zwei in der Ehezeit gemeinsam aufgenommener Darlehen zu verklagen. Hierfür hat er beim LG Braunschweig im April 2009 seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht. Über diesen hat das LG noch nicht entscheiden. Der Klageentwurf wurde bis heute nicht zugestellt.

Das LG hat mit Verfügung vom 15.9.2009 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass durch Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 nicht mehr das LG, sondern das Familiengericht zuständig sei. Der Antragsteller beantragte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 28.9.2009 die Abgabe an das zuständige Familiengericht beantragt. Die Antragsgegnerin teilte unter dem 8.10.2009 mit, gegen die Verweisung bestünden keine Bedenken. Mit Beschluss vom 14.10.2009 hat das LG Braunschweig beschlossen: "Das LG Braunschweig gibt die Sache innerhalb des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens ... auf Antrag des Antragstellers ... an das AG - Familiengericht - Wolfsburg ab." Im Beschluss ist zur Begründung ausgeführt, dass seit dem 1.9.2009 gem. Art. 111 FGG-RG das Familiengericht zuständig sei, weil der Prozesskostenhilfeantrag vom 8.4.2009 "keine relevante Verfahrenseinleitung" darstelle.

Mit Beschluss vom 23.10.2009 hat sich das AG - Familiengericht - Wolfsburg für ebenfalls unzuständig erklärt. Es vertritt in dem Beschluss die Auffassung, der Prozesskostenhilfeantrag sei eine Einleitung des Verfahrens i.S.v. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG auch bezüglich der Klage. Mit Schriftsatz vom 29.10.2009 hat sich der Antragsteller an das OLG mit dem Antrag gewandt, das zuständige Gericht zu bestimmen.

II. Der Antrag ist zulässig. Dass er vom Antragsteller und nicht unmittelbar durch eines der am negativen Kompetenzkonflikt nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO beteiligten Gerichte gestellt worden ist, ist unschädlich (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 2021; Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 37 Rz. 1).

Das OLG Braunschweig ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, da es für beide am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte das im Rechtszug zunächst höhere Gericht ist.

Zuständig ist das AG - Familiengericht - Wolfsburg.

1. Das AG - Familiengericht - ist schon deshalb zuständig, weil das LG das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nach Anhörung der Parteien durch mit einer Begründung versehenen Beschluss an das AG - Familiengericht - verwiesen und nicht lediglich formlos abgegeben hat. In der Sache liegt damit ein entsprechend §§ 17a Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 GVG, 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO bindender Verweisungsbeschluss vor (vgl. Musielak/Wittschier, ZPO, 7. Aufl., § 17a GVG Rz. 23). Dass darin "§ 281 ZPO" nicht zusätzlich ausdrücklich angeführt worden ist, ist insoweit unerheblich (vgl. Musielak/Foerste, a.a.O., § 281 ZPO Rz. 15). Auch eine im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ausgesprochene Verweisung ist für das Gericht, an das verwiesen worden ist, grundsätzlich bindend (BGH NJW-RR 2004, 1437; BGH NJW 2001, 3633; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 281 Rz. 9 m.w.N.; Prütting/Gehrlein, ZPO, § 281 Rz. 8).

2. Der Verweisungsbeschluss auch nicht wegen objektiver Willkürlichkeit ohne Bindungswirkung. Das LG hat die förmlichen Voraussetzungen der Verweisung (§§ 17a Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 GVG, 281 ZPO) eingehalten. Die Begründung des Verweisungsbeschlusses, bei dem Prozesskostenhilfeantrag vom 8.4.2009 handele es sich um keine Verfahrenseinleitung i.S.v. Art. 111 FGG-RG ist zutreffend, zumindest aber vertretbar, was für die vorliegende Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO maßgeblich ist.

Gemäß §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 des zum 1.9.2009 in Kraft getretenen FamFG handelt es sich bei der beabsichtigten Klage auf Gesamtschuldnerausgleich wegen zwei in der Ehezeit gemeinsam aufgenommener Darlehen, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird, um eine Familiensache (Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 266 Rz. 14).

Nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 1 ZPO ist das Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über die für eine beabsichtigte Klage beantragte Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe zuständig. Diese Zuständigkeit ist mit Ablauf des 31.8.2009 vom LG Braunschweig auf das AG - Familiengericht - Wolfsburg übergegangen, da eine anderslautende Übergangsvorschrift nicht eingreift.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sind auf die Verfahren, deren Einleitung bis zum 1.9.2009 beantragt worden ist, weiterhin die bis zum 1.9.2009 geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden. Laut Art. 111 Abs. 2 FGG-RG sind die von Art. 111 Abs. 1 FGG-RG erfassten selbständigen Verfahren solche gerichtliche Verf...

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