1. Der Staat darf Regelungen treffen, die auch den vermutlich gesünderen und weniger gefährdeten Menschen in gewissem Umfang Freiheitsbeschränkungen abverlangen, wenn gerade hierdurch auch den stärker gefährdeten Menschen, die sich ansonsten über längere Zeit vollständig aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückziehen müssten, ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Teilhabe und Freiheit gesichert werden kann.

2. Der Staat hat stets einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Freiheit der einen und dem Schutzbedarf der anderen zu schaffen. Dabei haben der Gesetzgeber und auch die von ihm zum Verordnungserlass ermächtigte Exekutive von Verfassungs wegen einen Spielraum für den Ausgleich dieser wiederstreitenden Grundrechte sowie wegen der im fachwissenschaftlichen Diskurs auftretenden Ungewissheiten und der damit unsicheren Entscheidungsgrundlage auch einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum. Dieser Spielraum kann mit der Zeit – etwa wegen besonders schwerer Grundrechtsbelastungen und wegen der Möglichkeit zunehmender Erkenntnis – geringer werden.

(Leitsätze der Red.)

BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 13.5.2020 – 1 BVerfG 1021/20

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