Die Bundesnotarkammer (BNotK) führt als Registerbehörde ein automatisiertes elektronisches Register über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen (§ 78a Abs. 1 S. 1 BNotO). Ausdrücklich erwähnt werden ab 1.1.2023 auch Patientenverfügungen; hinzugekommen sind Widersprüche gegen eine Vertretung durch den Ehegatten nach § 1358 BGB. Am 31.12.2021 waren im ZVR insgesamt 5.366.795 Vorsorgevollmachten registriert, davon waren ca. 90 % mit einer Patientenverfügung verbunden. Notarinnen und Notare sind bei Beurkundung einer Vorsorgevollmacht (nicht bei einer bloßen Beglaubigung der Unterschrift)[113] seit 31.7.2004 verpflichtet, auf die Möglichkeit der Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinzuweisen (§ 20a BeurkG).[114] Für die Urkundspersonen bei der Betreuungsbehörde besteht eine entsprechende Hinweispflicht erst seit dem 1.1.2023 (§ 7 Abs. 1 S. 4 BtOG). Eine gesetzliche Definition der Vorsorgevollmacht fehlt zwar; nach der Gesetzesbegründung handelt es sich "rechtlich um eine Vollmacht nach den §§ 164 ff. BGB, der in der Regel ein Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis zugrunde liegt, welches darauf ausgerichtet ist, im Falle der Aufhebung der rechtlichen Handlungsfähigkeit eine Vertretung zu ermöglichen und damit die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden."[115] Nach diesem weiten Verständnis zählen hierzu auch General- und Spezialvollmachten, selbst wenn sie nur hinsichtlich einzelner Aufgabenbereiche eine Betreuung vermeiden, also z.B. eine Kontovollmacht, da der Vollmachtszweck, nämlich die Vorsorge, nur das Innenverhältnis betrifft.[116] Betreuungsverfügungen sind Wünsche hinsichtlich der Person des Betreuers einschließlich des Ausschlusses bestimmter Personen sowie zur Wahrnehmung der Betreuung (§ 1816 Abs. 2 S. 4 BGB). Da sich Patientenverfügungen an den Betreuer oder den Vorsorgebevollmächtigten richten (§ 1827 Abs. 1 S. 1 und Abs. 6 BGB), konnten sie bereits bisher auch isoliert registriert werden.[117]

§ 78a Abs. 2 BNotO enthält eine abschließende Regelung hinsichtlich des Inhalts des Vorsorgeregisters. § 1 VRegV präzisiert diese Bestimmung hinsichtlich der aufzunehmenden Angaben.[118]

Auskünfte aus dem Register werden im Wege des automatisierten Abrufverfahrens oder auf schriftliches oder elektronisches Ersuchen dem Betreuungsgericht und dem Landgericht als Beschwerdegericht erteilt. Auch ein Arzt kann seit 1.1.2023 ein Auskunftsersuchen stellen.[119] Er darf dies aber nur, wenn die Auskunft für die Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung erforderlich ist (§ 78b Abs. 1 S. 2 BNotO). Damit haben Ärzte nicht nur die Möglichkeit zu erfahren, ob eine Patientenverfügung im Vorsorgeregister vermerkt ist, sondern auch im Hinblick auf ihre Aufgabe nach § 1358 BGB, ob eine Betreuungsverfügung, eine Vorsorgevollmacht oder ein Widerspruch gegen eine Vertretung durch den Ehegatten eingetragen ist. eine Pflicht zur Einsichtnahme besteht für die Ärzte, auch wenn sie eine Bescheinigung nach § 1358 Abs. 4 BGB erteilen müssen, nicht.

 
Hinweis

Gestaltungshinweis: Allerdings wird die Einsichtnahme insofern "prämiert", als Ärzten ein Formular für die Ausstellung der Bescheinigung nach § 1358 Abs. 4 BGB von der BNotK zur Verfügung gestellt wird.

Eine Prüfung der Zulässigkeit des Auskunftsersuchens erfolgt im Normalfall durch die BNotK als Registerbehörde nicht.[120] Die Kontrolle der Zulässigkeit der Ersuchen und die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Datenverarbeitung erfolgen – ähnlich wie hinsichtlich der Einsichten in das Grundbuch[121] – durch eine elektronische Protokollierung der erteilten Auskünfte (§ 7 Abs. 1 S. 2 und 3 VRegV). Der Vollmachtgeber und der einer Vertretung durch den Ehegatten Widersprechende kann Auskunft aus dem Protokoll darüber verlangen, welche Auskünfte aus dem Register erteilt wurden (§ 7 Abs. 2 S. 3 VRegV). Dies gilt entsprechend für einen Bevollmächtigten, wenn Daten zu seiner Person gespeichert sind (§ 7 Abs. 2 S. 4 VRegV). Zusätzlich kann die jeweils zuständige Landesärztekammer zur Überprüfung der Einhaltung der Voraussetzungen des § 78b Abs. 1 S. 2 BNotO Auskunft darüber verlangen, welche Auskünfte an einen Arzt erteilt worden sind (§ 7 Abs. 2 S. 2 VRegV). Insbesondere kann die Landesärztekammer durch Rückfrage bei dem Arzt prüfen, ob die Einsicht wirklich zur Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung erforderlich war, was sich im Nachhinein möglicherweise anders darstellt. Ob dies im Hinblick auf die mit Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen verbundenen Konsequenzen die Bereitschaft der Ärzte zur Einsichtnahme in das Vorsorgeregister – trotz des zur Verfügung gestellten Musters – nicht eher "reduzieren" wird bleibt abzuwarten. Die Protokolle werden von der Registerbehörde aus datenschutzrechtlichen Gründen nach Ablauf des der Erstellung folgenden Kalenderjahres gelöscht (§ 7 Abs. 3 S. 1 VRegV).[122]

[113] Abw. Siegel/Kraus, DNotZ 2022, 906, 910.
[114] Siehe dazu nur Winkler, BeurkG, 20. Aufl. 2022, § 20a Rn 1 und 14. Z...

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