Leitsatz

  1. Fehlende Stimmberechtigung
  2. Beschlussfähigkeit und Wiederholungsversammlung (Zweitversammlung)
  3. Vorprüfung einer Jahresabrechnung durch den Beirat ist keine Gültigkeitsvoraussetzung für den Abrechnungs-Genehmigungsbeschluss; ein Unterlassen der Vorprüfung stellt auch keinen formalen Anfechtungsgrund dar
 

Normenkette

§§ 25 Abs. 3, 28 Abs. 5, 29 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Ein erschienener, aber nicht ausreichend stimmberechtigter Vertreter eines Wohnungseigentümers kann nicht einerseits vom Stimmrecht ausgeschlossen sein, jedoch andererseits dazu beitragen, dass eine Universalversammlung unter Erscheinen aller Wohnungseigentümer vorliegt. Mit der fehlenden Stimmberechtigung ist er rechtlich einem abwesenden und auch nicht hinreichend vertretenen Wohnungseigentümer gleich zu erachten.
  2. Die Beschlussfähigkeit der betreffenden Versammlung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Mehrheit der Miteigentumsanteile nicht ausreichend vertreten war und die Einberufung einer zweiten Versammlung gem. § 25 Abs. 4 WEG eine reine Förmelei gewesen wäre. Anders als in den Fällen, in denen mehr als die Hälfte der Wohnungseigentümer nach § 25 Abs. 5 WEG nach einem bestimmten Beschlussgegenstand objektiv vorhersehbar und unabänderlich vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (vgl. BayObLG v. 19.12.2001, 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 sowie WuM 1992, 7009 und KG v. 10.11.1993, 24 W 6075/92, ZMR 1994, 171), liegt hier mit der nicht ausreichenden Vertretung ein Mangel vor, der in einer Zweitversammlung behoben werden könnte und deshalb keine Ausnahme von § 25 Abs. 3 WEG rechtfertigt. Insoweit schließt sich der Senat auch den Ausführungen des OLG Düsseldorf v. 9.10.1998, 3 Wx 162/98, ZMR 1999, 191 an. Soweit der Senat früher (ZMR 1994, 171) eine weitergehende Ausnahme von § 25 Abs. 3 WEG vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.
  3. Vorliegend war eine eingeladene Erstversammlung nicht beschlussfähig. Daraufhin wurde eine Zweitversammlung mit gleicher Tagesordnung eingeladen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Zeitversammlung handele, die ohne Rücksicht auf die erschienenen bzw. vertretenen Miteigentumsanteile beschlussfähig sei (vgl. § 25 Abs. 4 WEG). In der nachfolgenden Umladung zu dieser Zweitversammlung musste allerdings der Verwalter nicht mehr auf das Erfordernis des § 25 Abs. 4 Satz 2 WEGgesondert hinweisen. Während die Einladungen zuvor an den Konkursverwalter eines Eigentümers adressiert waren, die von diesem an den Liquidator weitergegeben wurden, war die Umladung bereits direkt an den Liquidator gerichtet, der auch in dieser umgeladenen Zweitversammlung erschienen ist.
  4. Die Prüfung einer Abrechnung durch den Beirat gem. § 29 Abs. 3 WEG ist i. Ü. keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Eigentümerbeschluss zur Genehmigung der Abrechnung (anderer Ansicht im Anschluss an Müller, PiG 32, 13 (35) einige weitere Literaturstimmen mit der Auffassung, dass sich aus der Sollvorschrift des § 29 Abs. 3 WEG zwar keine Gültigkeitsvoraussetzung ergebe, unterlassene Prüfung jedoch ordnungsgemäßer Verwaltung widerspräche und ein gleichwohl gefasster Beschluss schon allein wegen unterlassener Vorprüfung erfolgreich anfechtbar sei, vgl. auch Merle in B/P/M, 9. Aufl. § 29 Rn 58 und Staudinger/Bub, § 29 Rn 109). Diese Rechtsmeinung teilt der Senat nicht unter Hinweis auf die bloße Sollvorschrift des § 29 Abs. 3 WEG. Das Unterlassen der Vorprüfung des Beirats bildet auch keinen formalen Anfechtungsgrund (was in den Gründen näher dargelegt wird, u. a. mit dem Argument, dass ein Abrechnungsbeschluss überragende Bedeutung besitze, welche einer Aufhebung aus bloß formalen Gründen entgegenstehe, zumal die Formalien nicht einmal im Gesetz ausdrücklich vorgesehen seien).
  5. Die Rechtssätze der Senatsentscheidung lauten zusammengefasst demnach wie folgt:

    1. Entgegen § 25 Abs. 3 WEG ist bereits die Erstversammlung beschlussfähig, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Mehrheit der Miteigentumsanteile nach dem Beschlussgegenstand objektiv und unabänderlich mit seinem Stimmrecht ausgeschlossen ist. Das Erscheinen eines nicht ausreichend bevollmächtigten Vertreters des Mehrheitseigentümers steht dem nicht gleich, da es sich um einen behebbaren Mangel handelt (wie OLG Düsseldorf, ZMR 1999, 191).
    2. Die unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers zur Erstversammlung schließt die Einberufung einer Zweitversammlung im Sinne von § 25 Abs. 4 WEG nicht aus. Bei der bloßen Verlegung der Zweitversammlung um eine Woche braucht der Hinweis gem. § 25 Abs. 4 WEG nicht wiederholt werden, wenn er bereits in der Einladung zur ursprünglichen Zweitversammlung enthalten war.
    3. Die Vorprüfung der Jahresabrechnung durch den Verwaltungsbeirat stellt keine Gültigkeitsvoraussetzung für den Abrechnungsbeschluss dar. Das Unterlassen der Vorprüfung des Beirats bildet auch keinen formalen Anfechtungsgrund.
 

Link zur Entscheidung

KG v. 25.8.2003, 24 W 110/02, NZM 22/2003, 901KG Berlin, Beschluss vom 25.08.2003, 24 W 110/02

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