Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussfähigkeit der Erstversammlung; Vorkontrolle der Jahresabrechnung durch Verwaltungsbeirat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entgegen § 25 Abs. 3 WEG ist bereits die Erstversammlung beschlussfähig, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Mehrheit der Miteigentumsanteile nach dem Beschlussgegenstand objektiv und unabänderlich mit seinem Stimmrecht ausgeschlossen ist. Das Erscheinen eines nicht ausreichend bevollmächtigten Vertreters des Mehrheitseigentümers steht dem nicht gleich, da es sich um einen behebbaren Mangel handelt (wie OLG Düsseldorf NZM 1999, 270 = ZMR 1999, 191).

2. Die unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers zur Erstversammlung schließt die Einberufung einer Zweitversammlung i.S.v. § 25 Abs. 4 WEG nicht aus. Bei der bloßen Verlegung der Zweitversammlung um eine Woche braucht der Hinweis gem. § 25 Abs. 4 WEG nicht wiederholt werden, wenn er bereits in der Einladung zur ursprünglichen Zweitversammlung enthalten war.

3. Die Vorprüfung der Jahresabrechnung durch den Verwaltungsbeirat stellt keine Gültigkeitsvoraussetzung für den Abrechnungsbeschluss dar. Das Unterlassen der Vorprüfung des Beirats bildet auch keinen formalen Anfechtungsgrund.

 

Normenkette

WEG § 25 Abs. 3, § 28 Abs. 5, § 29 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 12.02.2002; Aktenzeichen 85 T 239/01 WEG)

AG Berlin-Wedding (Beschluss vom 25.05.2001; Aktenzeichen 70 II 264/00 WEG II)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu I. 1), 2), 4) und 8), die i.Ü. zurückgewiesen wird, wird der angefochtene Beschluss des LG teilweise aufgehoben und die Erstbeschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen, soweit das AG Wedding in seinem Beschl. v. 25.5.2001 – 70 II 201/00 WEG II – den Eigentümerbeschluss vom 23.11.2000 zu TOP 1 hinsichtlich der Kostenpositionen zu 7) Gerichtskosten und 8) Rechtsanwaltskosten der dort beschlossenen Jahresabrechnung 1999/2000 mit der Feststellung für ungültig erklärt hat, dass durch diesen angefochtenen Beschluss zu TOP 1 eine Entlastung des Verwalters nicht ausgesprochen sei.

Die Antragsteller zu I. 1), 2), 4) und 8) haben die Gerichtskosten dritter Instanz je zu einem Viertel zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für die dritte Instanz nicht angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 123.802,90 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu I. und II. sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft B.-Straße 8 in B. Über das Vermögen der Antragstellerin zu I. 1) ist durch Beschluss vom 23.6.1997 das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt … ist zum Konkursverwalter bestellt worden.

Die ursprünglich im Eigentum der Antragstellerin zu I. 1) stehenden Wohnungen Nr. 17, 18, 20–22 gingen per 1.8.1999 in das Eigentum weiterer Beteiligter über. Danach war die Antragstellerin zu I. 1) noch Eigentümerin der Wohnungen Nr. 2–4, 6–11, 14–16 und 26–28, verbunden mit Miteigentumsanteilen i.H.v. insgesamt 572/1.000.

Durch schriftliche Erklärung des Konkursverwalters … vom 26.8.1997 ggü. der Antragstellerin zu I. 1) mit der Anschrift … und der Anrede: „Sehr geehrter Herr S.” gab der Konkursverwalter diese und die per 1.8.1999 veräußerten Wohnungen frei. Wegen entstandener Zweifel an der Wirksamkeit dieser Freigabeerklärung wiederholte sie der Konkursverwalter mit Schreiben vom 30.10.2000 an die damaligen vier Gesellschafter der Antragstellerin zu I. 1), wobei diese Freigabeerklärung dem damaligen Betreuer der Gesellschafterin W. am 15.11.2000 zuging (vgl. dessen Bestätigung Bd. I Bl. 139 d.A.).

Mit Schreiben vom 9.10.2000 berief der Verwalter eine Eigentümerversammlung für den 26.10.2000 unter Angabe der Tagesordnungspunkte ein (Bd. I, Bl. 58 d.A.). Die Versammlung am 26.10.2000 war nicht beschlussfähig, weil lediglich 235/1.000 Miteigentumsanteile anwesend bzw. vertreten waren (vgl. Protokoll Bd. I, Bl. 144 d.A.).

Mit Schreiben vom 9.11.2000 berief der Verwalter unter Beifügung der Tagesordnung in seinem Schreiben vom 9.10.2000 und unter Hinweis darauf, dass es sich um eine Zweitversammlung handele, die ohne Rücksicht auf die erschienenen bzw. vertretenen Miteigentumsanteile beschlussfähig sei, eine erneute Versammlung für den 16.11.2000 ein. Diese Einladung wurde jedenfalls am 20.11.2000 dem Liquidator der W. ausgehändigt (Original der Einberufung vom 13.11.2000 mit Eingangsstempel Rechtsanwalt F. war in der Akte). Mit Schreiben vom 14.11.2000 lud der Verwalter die Versammlung auf den 23.11.2000 um (Bd. I, Bl. 57 d.A.). Auch diese Umladung ging dem Liquidator der Firma W. zu.

Auf der Versammlung am 23.11.2000 waren sämtliche Beteiligte anwesend bzw. vertreten (vgl. Anwesenheitsliste Bd. I, Bl. 152 d.A.), für die Antragstellerin zu I. 1) erschien ausschließlich Herr G. In der Ansicht, die Antragstellerin zu I. 1) sei durch diesen nicht ausreichend vertreten, und mangels Vorlage von Vollmachtsurkunden schloss der Verwalter die Antragstellerin zu I. 1) von der Stimmabgabe im Folgenden aus und wies i.Ü. auf ein Ruhen des Stimmrechts der Antragstellerin zu I...

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