Leitsatz

  • Fehlende Jahresabrechnung verbietet eine generelle Entlastung des Verwalters
  • Zu Geschäftsordnungsbeschlüssen auf Erweiterung der Tagesordnung und zu anfechtbaren Beschlüssen unter dem TOP "Verschiedenes"
  • Neuerrichtung einer Solaranlage als nachteilige bauliche Veränderung
  • Haftung des Verwalters gegenüber einem einzelnen Sondereigentümer (Entsorgung Balkongeländer)
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 22 Abs. 1, 23 Abs. 2 und 4, 28 Abs. 3 und 5 WEG

 

Kommentar

  1. Solange eine Jahresabrechnung nicht vorliegt, besteht im Allgemeinen kein Anlass, dem Verwalter für einzelne Teilabschnitte seiner Tätigkeit ein besonderes Vertrauen zu bekunden und ihn zu entlasten. Dies gilt auch im Fall einer noch nicht vollständig vorgelegten Jahresabrechnung; eine Entlastung kann sich nicht auf Einzelpunkte einer Jahresabrechnung beziehen. In solchen Fällen ist auf Anfechtung hin ein Entlastungsbeschluss insgesamt aufzuheben und nicht auf Teile einer Abrechnung zu beschränken (vgl. bereits BayObLG v. 3.3.1994, 2Z BR 129/93, WuM 1994, 568 und OLG Düsseldorf v. 3.12.2004, I-3 Wx 261/04, ZMR 2005, 720).
  2. Beschlüsse zur Erweiterung der Tagesordnung einer Eigentümerversammlung (als Geschäftsordnungsbeschlüsse) können im Regelfall mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht selbstständig angefochten werden. Ein fehlerhafter Geschäftsordnungsbeschluss kann allerdings die Anfechtbarkeit der in seiner Folge gefassten Sachbeschlüsse begründen, soweit sich der Fehler auf eine solche Beschlussfassung auswirkt (h.R.M.).

    Auch unter einem TOP "Verschiedenes" können keine wesentlichen Angelegenheiten, sondern allenfalls Gegenstände von "untergeordneter Bedeutung" beschlossen werden (OLG Hamm v. 8.12.1992, 15 W 218/91, NJW-RR 1993, 468). Wohnungseigentümer können sich andernfalls nicht ausreichend auf die jeweiligen Beschlussgegenstände vorbereiten; zudem werden nicht anwesende Wohnungseigentümer benachteiligt, weil sie möglicherweise im Wissen um einen konkreten Beschlussgegenstand an der Versammlung teilgenommen hätten. Insoweit wird vermutet, dass ein dennoch gefasster Beschluss auf diesem Einberufungsmangel beruht (allerdings widerlegbare Vermutung im Einzelfall).

  3. Die Neugestaltung maßgeblicher Teile der Außenanlagen ist als nachteilige bauliche Veränderungen zu werten.

    Dasselbe gilt für die Neuerrichtung einer Solaranlage zur Warmwasseraufbereitung. Im Allgemeinen ist hier nicht von einer modernisierenden Instandsetzung zu sprechen (vgl. zuletzt BayObLG, FG Prax 2005, 108). Das Gemeinschaftseigentum wird durch eine solche Anlage in Abweichung vom Zustand bei der Entstehung des Eigentums gegenständlich umgestaltet (BayObLG v. 30.3.2000, 2Z BR 2/00, NZM 2000, 674 und v. 17.10.2001, 2Z BR 147/01, NZM 2002, 74). Zustimmungen der restlichen Eigentümer sind insoweit nicht entbehrlich.

  4. Hat i. Ü. ein Verwalter einen Schaden beim Eigentümer dadurch verursacht, dass dieser ein wenn auch veraltetes Balkongeländer entsorgen ließ, haften grundsätzlich nicht ohne eigenes Verschulden für Pflichtverletzungen oder unerlaubte Handlungen des Verwalters die übrigen Eigentümer dem geschädigten Eigentümer gegenüber. Ein solcher Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter scheitert nicht schon daran, dass das Balkongeländer trotz der Sondereigentumszuweisung hier in der Teilungserklärung zwingend im Gemeinschaftseigentum steht. Denn eine solche Vereinbarung der Zuordnung einer Balkonbrüstung zu Sondereigentum kann als abweichende Kostenregelung nach § 16 Abs. 2 WEG verstanden werden (vgl. OLG Karlsruhe v. 5.5.2000, 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220). Ist aber ein Wohnungseigentümer ausschließlich zur Kostentragung bezüglich eines solchen Gemeinschaftseigentumsteils verpflichtet, so ist er auch allein berechtigt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Insoweit musste der Streit an das LG zu erforderlichen weiteren Feststellungen zurückverwiesen werden.

    Als Anspruchsgrundlage gegen den Verwalter kommt hier eine Verletzung des Verwaltervertrags infrage (vgl. §§ 675, 280 Abs. 1 BGB). Bei Zerstörung einer vertretbaren Sache ergibt sich die Schadensersatzverpflichtung aus § 249 Abs. 2 BGB. Danach kann der zur Beschaffung einer wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzsache erforderliche Geldbetrag verlangt werden. Sollte ein Haftungsgrund zu bejahen sein, könnten die Antragsteller demnach die Kosten für die Anbringung eines Geländers in derjenigen Form verlangen, wie es bisher vorhanden war. Dass das frühere Geländer im Zeitpunkt seiner Entfernung bereits so schadhaft war, dass es seine Funktion nicht mehr erfüllen konnte und demnach nur eine vollständige Erneuerung infrage kam, ist bisher nicht festgestellt. Der höhere Wert eines neuen Geländers ist durch einen Abzug"neu für alt" auf die Herstellungskosten zu berücksichtigen (BGH, NJW 1959, 1078; NJW 1992, 2884, 2885; NJW 1997, 520).

    Die Verpflichtung zum Schadensersatz kann ganz oder teilweise entfallen, sofern wegen der beschlossenen und durchgeführten Sanierung der gefliesten Balkonböden das Geländer überhaupt nicht mehr hätte angebracht werden...

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