Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Niederlassungsfreiheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Bedingungen für die Ausstellung steuerbegünstigter Gutscheine, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern gewähren und die zu Unterbringungs-, Freizeit- und/oder Verpflegungszwecken verwendet werden können. Beschränkungen. Monopol

 

Normenkette

Richtlinie 2006/123/EG; AEUV Art. 14-16, 49, 56

 

Beteiligte

Kommission / Ungarn

Europäische Kommission

Ungarn

 

Tenor

1. Ungarn hat mit der Einführung und der Beibehaltung des Systems der Széchenyi-Freizeitkarte, das in der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 vom 12. April 2011 zur Regelung der Ausstellung und Verwendung der Széchenyi-Freizeitkarte vorgesehen und mit dem Gesetz Nr. CLVI vom 21. November 2011 zur Änderung bestimmter Steuergesetze und weiterer damit zusammenhängender Gesetze geändert wurde, insoweit gegen die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen, als

  • § 13 der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Buchst. d des Gesetzes Nr. XCVI von 1993 über freiwillige Versicherungskassen auf Gegenseitigkeit, mit § 2 Buchst. b des Gesetzes Nr. CXXXII von 1997 über Zweigniederlassungen und Handelsvertretungen der Unternehmen mit Sitz im Ausland sowie mit den §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 und 3 und 64 Abs. 1 des Gesetzes Nr. IV von 2006 über Handelsgesellschaften ausschließt, dass Zweigniederlassungen von Gesellschaften die SZÉP-Karte ausstellen, und infolgedessen gegen Art. 14 Nr. 3 der Richtlinie verstößt;
  • § 13 der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 in Verbindung mit diesen nationalen Bestimmungen, der im Hinblick auf die in § 13 Buchst. a bis c der Regierungsverordnung vorgesehenen Bedingungen die Tätigkeit von Unternehmensgruppen nicht anerkennt, wenn deren Muttergesellschaft keine nach ungarischem Recht errichtete Gesellschaft ist und die der Gruppe angehörenden Unternehmen nicht in der Form von Gesellschaften ungarischen Rechts tätig sind, gegen Art. 15 Abs. 1, 2 Buchst. b und 3 der Richtlinie verstößt;
  • § 13 der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 in Verbindung mit diesen nationalen Bestimmungen, der die Möglichkeit der Ausstellung der Széchenyi-Freizeitkarte Banken und Finanzinstituten vorbehält, weil nur diese Einrichtungen in der Lage sind, die in diesem § 13 aufgestellten Bedingungen zu erfüllen, gegen Art. 15 Abs. 1, 2 Buchst. d und 3 der Richtlinie verstößt;
  • § 13 der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 insoweit gegen Art. 16 der Richtlinie 2006/123 verstößt, als er für die Ausstellung der Széchenyi-Freizeitkarte eine Niederlassung in Ungarn vorschreibt.
  • 2. Das durch das Gesetz Nr. CLVI vom 21. November 2011 und durch das Gesetz Nr. CIII vom 6. Juli 2012 über das Erzsébet-Programm geregelte System der Erzsébet-Gutscheine verstößt insoweit gegen die Art. 49 AEUV und 56 AEUV, als diese nationale Regelung für die Ausstellung von Gutscheinen zum Bezug von Kaltverpflegung, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern als Sachleistungen zu steuerlich günstigen Bedingungen gewähren können, ein Monopol zugunsten öffentlicher Einrichtungen errichtet.

3. Ungarn trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 10. April 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Tokár und E. Montaguti als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen, D. Šváby, F. Biltgen und C. Lycourgos, der Richter A. Rosas, E. Juhász und M. Safjan sowie der Richterinnen M. Berger, A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. September 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,

  • festzustellen, dass Ungarn mit der Einführung und der Beibehaltung des Systems der Széchenyi-Freizeitkarte (im Folgenden: SZÉP-Karte), das in der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 vom 12. April 2011 zur Regelung der Ausstellung und Verwendung der Széchenyi-Freizeitkarte (im Folgenden: Regierungsverordnung Nr. 55/2011) vorgesehen und mit dem Gesetz Nr. CLVI vom 21. November 2011 zur Änderung bestimmter Steuergesetze und weiterer damit zusammenhängender Gesetze geändert wurde, insoweit gegen die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36) verstoßen hat, als
  • § 13 der Regierungsverordnung Nr. 55/2011 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Buchst. d des Gesetzes Nr. XCVI von 1993 über freiwillige Versicherungsk...

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