Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen. Annullierung des Fluges. Unterstützungsleistungen. Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten durch das Luftfahrtunternehmen. Pauschalreise. Konkurs des Reiseveranstalters

 

Normenkette

EGV Nr. 261/2004 Art. 8 Abs. 2; Richtlinie 90/314/EWG

 

Beteiligte

Aegean Airlines

HQ

IP

JO

Aegean Airlines SA

 

Tenor

Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass ein Fluggast, der nach der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen gegen seinen Reiseveranstalter einen Anspruch auf Erstattung seiner Flugscheinkosten hat, vom Luftfahrtunternehmen gemäß dieser Verordnung keine solche Erstattung mehr verlangen kann, und zwar auch dann nicht, wenn der Reiseveranstalter finanziell nicht in der Lage ist, die Flugscheinkosten zu erstatten, und keine Maßnahmen getroffen hat, diese Erstattung sicherzustellen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande, Niederlande) mit Entscheidung vom 21. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 1. März 2018, in dem Verfahren

HQ,

IP, gesetzlich vertreten durch HQ,

JO

gegen

Aegean Airlines SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen, J. Malenovský (Berichterstatter) und C. G. Fernlund sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von HQ, IP, gesetzlich vertreten durch HQ, und JO, vertreten durch I. Maertzdorff, advocaat, sowie M. Duinkerke und M. J. R. Hannink,
  • der Aegean Airlines SA, vertreten durch J. Croon und D. van Genderen, advocaten,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und A. Kasalická als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze, dann durch M. Hellmann und A. Berg als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis, C. Valero und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. März 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1) im Licht der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. 1990, L 158, S. 59).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen HQ, IP, gesetzlich vertreten durch HQ, und JO (im Folgenden: HQ u. a.) auf der einen und der Luftfahrtgesellschaft Aegean Airlines SA auf der anderen Seite wegen der Erstattung von Flugscheinkosten, die HQ u. a. nach der Annullierung eines zu einer Pauschalreise gehörenden Fluges beantragt hatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 261/2004

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1, 2 und 16 der Verordnung Nr. 261/2004 lauten:

„(1) Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollten unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung getragen werden.

(2) Nichtbeförderung und Annullierung oder eine große Verspätung von Flügen sind für die Fluggäste ein Ärgernis und verursachen ihnen große Unannehmlichkeiten.

(16) Für Fälle, in denen eine Pauschalreise aus anderen Gründen als der Annullierung des Fluges annulliert wird, sollte diese Verordnung nicht gelten.”

Rz. 4

Art. 1 „Gegenstand”) Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Durch diese Verordnung werden unter den in ihr genannten Bedingungen Mindestrechte für Fluggäste in folgenden Fällen festgelegt:

  1. Nichtbeförderung gegen ihren Willen,
  2. Annullierung des Flugs,
  3. Verspätung des Flugs.”

Rz. 5

Art. 3 „Anwendungsbereich”) Abs. 6 der Verordnung sieht vor:

„Diese Verordnung lässt die aufgrund der Richtlinie 90/314/EWG bestehenden Fluggastrechte unberührt. Diese Verordnung gilt nicht für Fälle, in denen eine Pauschalreise aus anderen Gründen als der Annullierung des Fluges annulliert wird.”

Rz. 6

Art. 5 „Annullierung”) Abs. 1 der Verordnung lautet:

„Bei ...

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