Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

1. Im Anschluss an den bereits angesprochenen sogenannten "Birkenfall" (nach Entscheidung des BayObLG verstieß hier das Fällen einer hohen Birke in einem sondergenutzten Garten insbesondere gegen Grundsätze des § 14 Nr. 1 WEG) musste sich erneut das OLG Köln mit dem Entfernen dreier etwa 30 Jahre alter und 12-13 m hoher Ahornbäume beschäftigen. Es ging um die Beschlussanfechtung eines mit zehn gegen acht Stimmen bei vier Enthaltungen getroffenen "Fällungs-Eigentümerbeschlusses".

2. Das Fällen solcher Bäume kann den optischen Gesamteindruck einer Anlage verändern, so dass nach Meinung des OLG Köln ein Ausschluss vermeintlich nicht betroffener Eigentümer von der Abstimmung gem . § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht zulässig ist. Abstimmungsberechtigt über die Gestaltung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenanlage sind sämtliche Eigentümer und nicht nur die unmittelbar von einem Baumwuchs betroffenen Eigentümer, da es sich auch hier um die Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 21 Abs. 1 WEG handelt.

Vorliegend stand die Beschlussfassung und geplante Maßnahme auch nicht in Widerspruch zur städtischen Baumschutzsatzung.

Allerdings stellt nicht in jedem Fall die geplante Entfernung von Bäumen (wie hier) eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar. Hier ist nach Einzelfall-Umständen zu entscheiden (verneinend z.B. BayObLG, NJW- RR 96, 1166; bejahend: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1167; LG Frankfurt a.M. NJW-RR 90, 24). Sind Bäume, insbesondere als Singularpflanzen, charakteristisch für den optischen Eindruck der Wohnanlage und/oder den diese umgebenden Garten oder Park, so wird deren vollständige Abholzung einer baulichen Veränderung entsprechen (als auch auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung realer Teile des Gemeinschaftseigentums, Veränderung des Charakters einer vorhandenen Gartenanlage). Anders ist die Situation hingegen dann zu beurteilen, wenn die zu entfernenden Bäume Bestandteil einer größeren Parkanlage mit einer oder gar mehreren großen Baumgruppen sind, so dass ihr Entfernen zwar an der konkreten Stelle eine Lücke hinterlässt, dies aber auf den Gesamteindruck des Gartens keine nachteilige Auswirkung hat. In einem solchen Fall betrifft die Entfernung der Bäume die gärtnerische Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Zu diesen Fragen bedarf es noch weiterer tatrichterlicher Feststellungen.

Die Entbehrlichkeit allstimmiger Zustimmung (bzw. einer Vereinbarung aller Eigentümer) liegt auch dann vor, wenn Bäume tatsächlich nicht mehr standsicher sein sollten (wie gegnerseits behauptet) und deshalb eine Gefahr für die in ihrem Umkreis befindlichen Wohnungen sowie Teile des Gemeinschaftseigentums darstellen (Sachverständigenbegutachtung!); in einem solchen Fall bestünde Duldungspflicht der restlichen Eigentümer zur Abholzung. Dann müsste auch nicht gleichzeitig eine Entscheidung getroffen werden, nach Entfernung der Bäume über eine Ersatzbepflanzung zu entscheiden.

Sollte sich allerdings eine solche Gefahrensituation nicht nachweisen lassen, kann sich der angegriffene Beschluss dennoch als wirksam nach § 21 Abs. 3 WEG erweisen; dies ist dann der Fall, wenn aufgrund des Gesamtbildes der Wohnanlage die hier interessierenden Bäume deren Charakter nicht entscheidend prägen, so dass sich ihr Entfernen als ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung erweist. In den Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung fallen regelmäßig übliche Gartenpflegearbeiten und auch gärtnerische Gestaltungen, wenn dadurch der ursprüngliche Gesamteindruck der Gartenanlage nicht verändert wird. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu prüfen, ob und in welchem Umfang in den letzten Jahren durch den Wuchs der Bäume der ursprüngliche Gesamteindruck und - damit verbunden - die Lichtverhältnisse in den angrenzenden Wohnungen erheblich verändert worden sind. Allerdings ist - bevor über eine Entfernung der Bäume eine wirksame Beschlussfassung erfolgen kann - zunächst die Möglichkeit eines Rückschnitts und Auslichtens der Bäume als minderschwere Maßnahme zu erwägen (vgl. BayObLG, WE 95, 345); auch dies ist notfalls durch Sachverständigengutachten vorab zu klären. Sollte sich wegen einer solchen erheblichen Veränderung des ursprünglichen Zustands und einer deutlichen Verschlechterung des Lichteinfalls die Notwendigkeit der Abholzung der Bäume ergeben, genügt der hier gefasste Beschluss Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und bedarf auch keiner weitergehenden Beschlussfassung zu einer konkreten Neubepflanzung.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Beschluss vom 29.01.1999, 16 Wx 208/98= NZM 13/1999, 623 = ZMR 9/1999, 660)

zu Gruppe 5:  Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Ob das Fällen von Bäumen (durch die Verwurzelung wesentlicher Bestandteile des Grundstücks-Gemeinschaftseigentums) überhaupt als "bauliche" Veränder...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge