Leitsatz

  1. Einsichtsrecht der Eigentümer in Einzelabrechnungen
  2. Kostenentscheidung zu Lasten des Verwalters (vorliegend verneint)
 

Normenkette

§§ 28, 47 WEG; § 280 BGB

 

Kommentar

  1. Ein Beschluss über die Genehmigung einer Jahresabrechnung ist auf Anfechtung hin für unwirksam zu erklären, wenn zuvor für den antragstellenden Eigentümer keine Möglichkeit bestand, in zumutbarer und ausreichender Weise auch in alle Einzelabrechnungen der anderen Wohnungseigentümer Einsicht zu nehmen. Nach ständiger Senatsrechtsprechung muss jeder stimmberechtigte Eigentümer die Chance haben, zu kontrollieren, ob in den Einzelabrechnungen (Saldenlisten) der anderen Eigentümer zu hohe Guthaben oder zu niedrige Nachzahlungen zu Lasten der Gemeinschaft und damit mittelbar zum eigenen Nachteil eingesetzt sind. Da derartige Fehler nach Eintritt der Bestandskraft eines Jahresabrechnungsgenehmigungsbeschlusses nicht mehr zu beheben sind, ist den Eigentümern zeitlich vor der Beschlussfassung in zumutbarer Weise die Möglichkeit zu geben, den Beschlussgegenstand zu prüfen. Hierfür ist ein effektiver Weg sicherzustellen, bei dem einem Verwalter ein Gestaltungsspielraum zusteht. So kann er den einzelnen Eigentümern zusammen mit der Gesamtabrechnung alle Einzelabrechnungen vorab zukommen lassen. Mindestvoraussetzung ist jedoch, dass vor (und auch während) der Eigentümerversammlung den Eigentümern uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit gegeben wird, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen (vgl. bereits OLG Köln v. 5.4.2001, 16 Wx 101/00, NZM 2001, 1142 = NJW-RR 1995, 1295; v. 24.9.1996, 16 Wx 86/96, WuM 1997, 62; v. 4.6.1997, 16 Wx 87/97, WuM 1998, 50).
  2. Entspricht eine vom Verwalter erstellte Jahresabrechnung einer jahrelang unbeanstandet hingenommenen fehlerhaften Praxis seines Vorgängers, rechtfertigt eine "Fortschreibung" dieser Übung nicht eine Belastung des Verwalters mit der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Gerichtsverfahrens. Damit konnte im vorliegenden Fall ein schuldhaftes Verhalten des Verwalters als Grundlage einer Kostenentscheidung zu seinen Lasten verneint werden.
 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 24.08.2005, 16 Wx 80/05OLG Köln v. 24.8.2005, 16 Wx 80/05, NZM 2/2006, 66 = ZMR 3/2006, 225 mit Anm. Drasdo

Anmerkung

Unstreitig hat ein jeder Eigentümer das Recht, Einsicht in alle Abrechnungsunterlagen zu nehmen, und zwar vor einer und auch nach einer Versammlung, soweit nicht von schikanöser Wahrnehmung eines solchen Rechts gesprochen werden kann. Das Einsichtsrecht bezieht sich auch auf Kontrollmöglichkeiten der Einzelabrechnungen aller anderen Eigentümer (auch in jeweilige Einzelkonten) und kann auch nicht unter Hinweis auf datenschutzgesetzliche Bestimmungen verweigert werden.

Ob ein Verwalter allerdings von sich aus entsprechende Möglichkeiten zu solchen Einsichtnahmen schaffen bzw. entsprechende Hinweise geben muss, erscheint mir nach wie vor doch sehr fraglich. Sicher muss ein Verwalter einem Einsicht wünschenden Eigentümer vor und nach einer Versammlung Gelegenheit zu der erwünschten Einsichtnahme geben. Ob dies auch während einer Versammlung notwendig und geboten ist, was bedeutet, dass der Verwalter in der betreffenden Versammlung alle Einzelabrechnungen mitgenommen haben müsste (!), erscheint mir jedoch höchst bedenklich und würde auch Abstimmungen zur Genehmigung einer Abrechnung insbesondere in Großgemeinschaften u.U. zeitlich erheblich verzögern. Solche Einsichtnahmen sollten deshalb in Ruhe vor oder nach einer Versammlung i.d.R. im Verwalterbüro nach entsprechender Terminabsprache unter Vorlage der entsprechenden Akten gewährt werden. Im Interesse der in einer Versammlung anwesenden Eigentümer sollte dies allerdings nicht zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Bei Einsichtnahme könnten dann auch entsprechende Fragen ausreichend beantwortet oder etwaige Missverständnisse ausgeräumt werden.

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