Leitsatz

  1. Einheitliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums über Mehrheitsbeschluss zulässig
  2. Entsprechende Einschränkung individueller Rechte ist bereits der Regelung im Kaufvertrag immanent
 

Normenkette

§§ 21, 23 WEG; §§ 633 ff., 640 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft hatte mit Mehrheit folgenden Beschluss gefasst: "Die Gemeinschaft zieht die Abnahme des Gemeinschaftseigentums an sich; die rechtsgeschäftliche Erklärung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt durch entsprechende Beschlussfassung hierüber im Wege einer Eigentümerversammlung."
  2. Grundsätzlich handelt es sich bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht um ein geborenes, gemeinschaftsbezogenes Geschäft, da es um Rechte der einzelnen Eigentümer am Grundstück geht. Allerdings kann die Gemeinschaft nach h.M. die Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten an sich ziehen, auch aufgrund weitgehender Gleichgerichtetheit solcher Ansprüche und vergemeinschafteter Vollstreckung (vgl. z.B. BGH, Urteil v. 15.1.2010, V ZR 80/09, NZM 2010 S. 204).

    Was Abnahmeverpflichtungen gemäß § 640 Abs. 1 BGB betrifft, handelt es sich zunächst um individuelle Verpflichtungen aus den jeweiligen Erwerbsverträgen mit dem Bauträger. Grundsätzlich ist die Abnahme des Gemeinschaftseigentums damit nicht Gegenstand gemeinschaftlicher Verwaltung. Allerdings steht eine solche Abnahme in engem Zusammenhang mit den insbesondere primären Mängelgewährleistungsansprüchen, die von einer Abnahme in verschiedener Weise beeinflusst werden. Genauso wie die Verfolgung solcher primärer Gewährleistungsansprüche zur Angelegenheit gemeinschaftlicher Verwaltung werden kann, können Eigentümer auch eine einheitliche Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums mehrheitlich beschließen und damit zur gekorenen Angelegenheit gemeinschaftlicher Verwaltung machen (vgl. auch schon BayObLG, NZM 1999 S. 862). Insoweit besteht für die Gemeinschaft durchaus wegen der Nähe der Abnahme zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen Beschlusskompetenz auch für die Fassung des hier angegriffenen, streitgegenständlichen Beschlusses.

  3. Die mit der Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft korrespondierende Einschränkung individueller Rechte der Eigentümer ist den jeweiligen Regelungen des Erwerbsvertrags bereits immanent (vgl. Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., nach § 10 Rn. 30 ff.); das Erwerbsvertragsverhältnis wird also bereits mit diesen Beschränkungen im Wohnungseigentumsrecht begründet (vgl. auch BGH, NZM 2007 S. 403).
Anmerkung

Nach Mitteilung des einsendenden RA Vogel hat der klagende Bauträger seine Sprungrevision zum BGH (V ZR 164/10) zurückgenommen. Ausführlich hat sich Vogel zum Thema auch in seinem Beitrag in NZM 2010, S. 377 beschäftigt. Auf die grundsätzliche Gemeinschaftsbezogenheit auch einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums darf auch auf diesseitige Ausführungen im früheren Handbuch "Baumängel am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnanlage, Gewährleistungsansprüche der Praxis", Rudolf Haufe Verlag 1978 – Dissertation – und 2. Aufl. 1980 im Sinne der Lehren von Bärmann verwiesen werden.

 

Link zur Entscheidung

AG München, Urteil vom 07.07.2010, 482 C 287/10

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