Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 6803/98)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 639/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 10. August 1998 und der Beschluß des Amtsgerichts München vom 20. Februar 1998 abgeändert.

II. Der Eigentümerbeschluß zu Tagesordnungspunkt 6 der Versammlung vom 23. Juni 1997 wird für ungültig erklärt.

III. Das weitergehende Rechtsmittel des Antragstellers zu 1 wird zurückgewiesen.

IV. Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszugs haben die Antragsteller zu 1 und 2 als Gesamtschuldner jeweils 9/10, die Antragsgegner als Gesamtschuldner 1/10 zu tragen; von den Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben 9/10 der Antragsteller zu 1 und 1/10 als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 2 sowie die Antragsgegner zu tragen. Außerdem hat der Antragsteller zu 1 den Antragsgegnern 4/5 der diesen im zweiten und dritten Rechtszug erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

V. Der Geschäftswert für alle Rechtszüge wird auf jeweils 20.015 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer aus sechs Wohnungen und sechs Tiefgaragenstellplätzen bestehenden Wohnanlage. Der Antragsteller zu 1 ist Geschäftsführer der Gesellschaft, die das Wohnungseigentum begründete und die Anlage errichtete. Er und die Antragsteller zu 2 nahmen das gemeinschaftliche Eigentum ab; da die Antragsgegner zu 1 bis 3 – dem Antragsgegner zu 4 gehört nur ein Stellplatz – die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums verweigerten, wurden sie im Jahre 1996 von der Bauträgergesellschaft verklagt. In den von dieser mit den Erstkäufern geschlossenen Verträgen ist jeweils bestimmt, daß die Fünfjahresfrist für die Verjährung der Mängelbeseitigungs- und Gewährleistungsansprüche mit der Besitzübergabe, für das Gemeinschaftseigentum mit der Abnahme durch den Verwalter, beginnt.

In der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 8.12.1994 ist unter TOP 9 „Abnahme des Gemeinschaftseigentums” festgestellt, daß die Gemeinschaft die Mitglieder des Verwaltungsbeirats bevollmächtigt, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu erklären und durchzuführen und dazu einen Sachverständigen zuzuziehen, dessen Kosten die Eigentümer nach ihren Miteigentumsanteilen tragen. In der Versammlung vom 31.7.1995 faßten die Eigentümer mit Stimmenmehrheit Beschlüsse über die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Feststellung angemahnter, aber nicht behobener Mängel und sonstiger „Gewährleistungsmängel” und über die Bevollmächtigung der Verwalterin, zur Durchsetzung von Fertigstellungs- und Gewährleistungsansprüchen, gegebenenfalls zur Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens, auf Kosten der Gemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen. In der Versammlung vom 4.6.1996 beschlossen sie mehrheitlich, zur Deckung der Gerichts-, Rechtsanwalts- und Gutachterkosten eine Sonderumlage von 21.000 DM zu erheben. Die Eigentümerbeschlüsse sind bestandskräftig.

In der Versammlung vom 23.6.1997 genehmigten die Wohnungseigentümer zu TOP 3 die Gesamt-, Einzel- und Heizkostenabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1995/96 und erteilten zugleich der Verwaltung Entlastung. Zu TOP 5 beschlossen sie, daß die Gemeinschaft die durch die Abnahmeprozesse verursachten Kosten übernimmt, und zu TOP 6, von der Bauträgerin die Aufstellung einer weiteren Müllbox zu verlangen; die Bauträgerin habe der in der Baugenehmigung ausgesprochenen dringenden Empfehlung, im Hinblick auf die absehbare Mülltrennung einen zusätzlichen Platz für eine Bio- und Altpapiertonne einzuplanen, nicht entsprochen. Unter TOP 7 schließlich billigten sie der Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats (Antragsgegnerin zu 1) wegen des überdurchschnittlichen Aufwands, vor allem infolge zahlreicher Verfahren, für die Zeit ab 1995 eine jährliche Auslagenpauschale von 300 DM zu; nach Abschluß aller laufenden Prozesse sollte über die Höhe des Kostenersatzes neu beschlossen werden. Alle Beschlüsse wurden gegen die Stimmen der Antragsteller gefaßt.

Die Antragsteller haben am 23.7.1997 beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3, TOP 5, TOP 6 und TOP 7 für ungültig zu erklären. Im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung rügen sie, daß Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2 × 185,03 DM auf alle Eigentümer umgelegt worden seien; diese Kosten, die bei der gerichtlichen Geltendmachung von Wohngeldansprüchen gegen die Bauträgerin und gegen die Antragsteller zu 2 angefallen sind, habe die Verwalterin in eigener Angelegenheit verursacht. Nachdem sie die Anträge mangels Erfolgsaussicht habe zurücknehmen müssen, könne sie diese Kosten nicht auf die Gemeinschaft abwälzen.

Das gleiche gelte für die in der Abrechnung enthaltenen Rechtsanwaltskosten von 3.645,50 DM, die durch die gegen einzelne Wohnungseigentümer von der Bauträgerin geführten Abnahmeprozesse entstand...

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