4.1.1 Grundsatz

Anlässlich der Scheidung

Auch im Zusammenhang mit der Scheidung der Eheleute kann die Nutzung der Wohnung gemäß § 1568a BGB auf Antrag eines Ehegatten gerichtlich geregelt werden, wenn sich die Eheleute nicht einigen können. Abs. 1 lautet: "Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht".

Regelungsbereich

Hierdurch wird die Zuweisung der ehelichen Wohnung ermöglicht für die Zeit nach der Rechtskraft der Ehescheidung, auch im Verbund mit der Ehescheidung.[1] Der Regelungsbereich schließt sich an den des § 1361b BGB an.

Anspruch auf Überlassung

Anders als nach der früheren Hausratsverordnung erfolgt keine richterliche Gestaltung der Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und Hausrat ("Zuweisung") nach billigem Ermessen. Vielmehr besteht jetzt ein Anspruch auf Überlassung.

Hinweis: Diese neue Ausgestaltung der Norm hat zur Konsequenz, dass der Antragsgegner, sofern er seinerseits die Ehewohnung allein beansprucht, ebenfalls einen solchen Antrag stellen muss und sich nicht darauf beschränken kann, lediglich Zurückweisung zu beantragen.

4.1.2 Anspruchskonkurrenz

Spezialregelung

Grundsätzlich besteht Einigkeit, dass auch nach Scheidung der Ehe die Regeln der Wohnungsüberlassung nach § 1568a BGB dem Anspruch des Alleineigentümers der Ehewohnung auf Herausgabe gemäß § 985 BGB vorgehen.[1]

Streitig ist jedoch, wann der Vorrang der Wohnungszuweisungsregeln gegenüber dem Herausgabeanspruch endet. So wird vertreten, dass die Jahresfrist in § 1568a Abs. 6 BGB[2] über den eingeschränkten Wortlaut hinaus auch auf den Anspruch der Ehegatten untereinander nach Abs. 1 der Vorschrift analog anzuwenden sei.[3]

4.1.3 Spezialregelungen

Sonderfälle

Trotz einer mietrechtlichen oder dinglichen Alleinberechtigung eines Partners an der Wohnung kann diese grundsätzlich an den anderen überlassen werden. Abs. 2 trifft hierfür besondere Bestimmungen. Ebenfalls speziell normiert sind Dienst- und Werkwohnungen (Abs. 4). Diese Regelung gilt auch für Genossenschaftswohnungen.[1]

Handelt es sich bei der Ehewohnung um eine Mietwohnung, regeln Abs. 3 und Abs. 5 die Fortführung oder die Begründung von Mietverhältnissen.

[1] Dazu OLG Hamburg, Beschluss v. 15.2.2019, 2 UF 112/17, BeckRS 2019, 19489, dazu Erbarth, NZFam 2020, S. 66.

4.1.4 Miteigentum

Gemeinschaftsrecht

Beanspruchen beide Ehegatten die in ihrem Miteigentum stehenden Wohnung und sind die Voraussetzungen für die Zuweisung bei beiden Ehegatten nicht erfüllt, ergeben sich Auseinandersetzungsansprüche (nur) aus ihrem Gemeinschaftsverhältnis als Miteigentümer nach § 745 BGB.[1] Diese Vorschrift ist auch maßgeblich, wenn die Eheleute um eine Nutzungsvergütung streiten. § 1568a BGB gibt hierfür keine Anspruchsgrundlage her.

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