Rz. 879

Eine Zwangsverwaltung bereitet in den ersten Tagen und Wochen im Normalfall deutlich mehr Arbeit für den Zwangsverwalter, als dies später der Fall ist. Ein sachgemäßer Ausgleich ist nur möglich, wenn die Zwangsverwaltung lange dauert. Endet sie aber alsbald nach der Anordnung, kann der Verwalter nach § 18 ZwVwV regelmäßig keine angemessene Vergütung für seinen Aufwand erhalten. Dies hat die ZwVwV richtig erkannt und deshalb die bisherigen nicht mehr diskutablen Mindestvergütungen angehoben.

 

Rz. 880

Wurde das Verfahren aufgehoben, bevor der Verwalter das Objekt in Besitz genommen hat, so erhält er, wenn er "tätig" geworden ist, eine Mindestvergütung in Höhe von 200 EUR (§ 20 Abs. 2 ZwVwV). Es muss jede Tätigkeit genügen, die er entfaltet hat, nachdem er von seiner Bestellung erfahren hat. In Betracht käme:

die Einrichtung eines "Anderkontos" für diese Verwaltung
der Entwurf eines Schreibens an die Mieter
eine erste telefonische Erörterung der Angelegenheit mit dem Rechtspfleger.

Es genügt jedoch nicht, dass er nur den Anordnungsbeschluss in Empfang genommen hat, ohne anschließend irgendeine Tätigkeit zu entfalten.[303]

 

Rz. 881

In besonders gelagerten Fällen kann der Verwalter evtl. statt dieser Mindestvergütung eine höhere Zeitvergütung nach § 19 ZwVwV fordern. Verweigert z.B. der Schuldner die Besitzübergabe und auch die vom Verwalter vorgenommenen Versuche, ihn mittels Gerichtsvollzieher und Polizei aus dem unmittelbaren Besitz zu setzen, bleiben erfolglos, und der Gläubiger nimmt nach Wochen den Antrag "frustriert" zurück, können bereits so viele Arbeitsstunden angefallen sein, dass die nach § 19 ZwVwV zu gewährende Zeitvergütung den Betrag von 200 EUR übersteigt.

 

Rz. 882

Endet das Verfahren, nachdem der Verwalter den Besitz des Objektes erlangt hat, beträgt seine Gesamtvergütung für dieses Verfahren mindestens 600 EUR (§ 20 ZwVwV), auch wenn eine Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV niedriger wäre. Dies gilt auch dann, wenn die Summe der eingenommenen Mieten geringer ist als die Mindestvergütung[304] und somit ein Minus erwirtschaftet wird. Die neue Verordnung sieht also keine Mindest-Jahresvergütung, sondern nur noch eine Mindest-Gesamtvergütung[305] vor.

 

Rz. 883

Es genügt, dass der Verwalter den mittelbaren Besitz erlangt hat, wenn auch der Schuldner nur mittelbarer Besitzer ist. Dies könnte z.B. der Fall sein,

wenn er jene Mieter verständigt hat, die er beim ersten Versuch verständigen konnte (auch wenn er die noch nicht erreichten Mieter später verständigen wollte) oder
das Gericht ihn durch Beschluss (siehe § 1 Rn 77) in den mittelbaren Besitz eingewiesen hat.
 

Rz. 884

Bisher nicht geklärt ist die Frage, wann dem Zwangsverwalter die Mindestvergütung festzusetzen ist, wenn nach Beendigung des ersten Abrechnungsjahres (besonders nach einem "Rumpfjahr") noch nicht feststeht, ob die Mindestvergütung oder eine höhere Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV in Betracht kommt. Zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung:

Das Gericht bewilligt zunächst die Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV[306] und entscheidet erst bei Aufhebung des Verfahrens darüber, ob angesichts der bisher nach §§ 18, 19 ZwVwV bereits bewilligten oder noch zu bewilligender Vergütung nicht doch insgesamt die Mindestvergütung anzusetzen ist.
Das Gericht bewilligt im ersten Jahr die Mindestvergütung,[307] wenn jene nach §§ 18,19 geringer wäre. Ergibt sich bei der nächsten Abrechnung, dass die Mindestvergütung überschritten wird, erfolgt Anrechnung. Die Möglichkeit, so abzurechnen, ist auch durch die Entscheidung des BGH (siehe § 2 Rn 882) nicht in Zweifel gezogen worden, da der BGH einen entsprechenden Sachverhalt nicht zu entscheiden hatte.
 

Rz. 885

Die zweitgenannte Abrechnungsmethode ist wirtschaftlich korrekt, weil sie dem Verwalter eine tatsächlich bereits verdiente Vergütung auch im Jahr des Verdienstes gewährt und ihn auf seinen Arbeitslohn nicht warten lässt. Er muss auch in keinem Fall etwas zurückzahlen. Diese Abrechnung ist auch unproblematisch, wenn das Gericht sachgemäß agiert. Es hat im ersten Jahr zunächst die Vergütung unter Beachtung aller Faktoren (Ertrag oder Zeit; Erhöhung oder Ermäßigung, Stundenzahl und Stundensatz) endgültig (und damit rechtsmittelfähig) festzusetzen und anschließend zusätzlich zu entscheiden, dass mit Rücksicht auf § 20 ZwVwV an Stelle der so berechneten Vergütung 600 EUR festzusetzen sind. Damit steht auch der "Anrechnungsbetrag" im Folgejahr fest.

 

Rz. 886

Dies sei an einem Beispiel erklärt. Steuer und Auslagen bleiben außer Betracht:

 

Beispiel

Die Zwangsverwaltung wird am 12.10. angeordnet; es bleibt bei der gesetzlichen Abrechnungsperiode (Kalenderjahr). Das Appartement ist zu monatlich 400 EUR vermietet und der Verwalter hat am Jahresende 1.200 EUR eingenommen. Erschwerter Aufwand, Streit mit Mieter und Pfandgläubiger, erfordert eine Erhöhung des Regelsatzes auf 12 %. Die Vergütung beträgt daher (nur) 12 % von 1.200 EUR = 144 EUR. Im Folgejahr sind nur noch 10 % angemessen.

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