Rz. 756

Der Verwalter muss also umsatzsteuerliche Pflichten erfüllen, wenn er aus der Verwaltung Einnahmen erzielt und:

diese grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind (siehe § 2 Rn 750),
der Schuldner bereits vor Anordnung der Verwaltung zur Umsatzsteuer optiert hatte (siehe § 2 Rn 752),
der Verwalter sich entschlossen hat, zur Umsatzsteuer zu optieren (siehe § 2 Rn 752).
 

Rz. 757

Die Voranmeldung ist grundsätzlich kalendervierteljährlich abzugeben. Betrug die Steuerschuld im Vorjahr mehr als 7.500 EUR, ist monatliche Voranmeldung erforderlich.[209] Das Finanzamt kann Befreiung von der Vorsteuer-Anmeldung gewähren, wenn die Steuer im Vorjahr nicht mehr als 1.000 EUR betragen hat (§ 18 Abs. 2 UStG). In diesem Fall wird die Steuer nach Ablauf des Kalenderjahres endgültig festgesetzt. Die Verpflichtung für "Neulinge" zur monatlichen Voranmeldung (§ 18 Abs. 4 UStG) trifft den Verwalter nur, wenn diese Frist nicht schon bisher für den Schuldner abgelaufen ist.

Die Voranmeldung hat jeweils bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraumes zu erfolgen; die Zahlung bis zum 20. Tag.

 

Rz. 758

Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Umsatz-Jahressteuererklärung abzugeben und die Steuer wird für das abgelaufene Jahr unter Einbeziehung der Zahlungen/Erstattungen laut Voranmeldungen festgesetzt. Die Übermittlung der Voranmeldungen und der Jahressteuererklärung muss nach amtlichem Muster auf elektronischem Weg erfolgen. Da der Zwangsverwalter ein taugliches Büro zu unterhalten hat (§ 1 Abs. 2 ZwVwV), wird ihm kaum ein Finanzamt die an sich mögliche Befreiung gewähren.

 

Rz. 759

Ändert sich die Nutzung in der Zeit der Verwaltung derart, dass jetzt keine Option mehr möglich ist (z.B. ein Laden wird zur Wohnung umgebaut), muss dies dem Finanzamt angezeigt werden. Die bereits vorgenommenen Vorsteuer-Abzüge werden auf der Basis der Optionsbindung (zehn Jahre) zeitanteilig zurückgefordert (Vorsteuer-Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG).[210]

 

Rz. 760

 

Beispiel

Die Option läuft bereits sechs Jahre (beim Schuldner und/oder Verwalter!) und nun entschließt sich der Verwalter, den als solchen nicht mehr vermietbaren Laden zur Wohnung umzubauen. In den letzten sechs Jahren wurden insgesamt 5.000 EUR Vorsteuer geltend gemacht. Nunmehr müssen für die restlichen vier Jahre 4/10 der Vorsteuer, also 2.000 EUR, an das Finanzamt zurückgezahlt werden.

 

Rz. 761

Der Verwalter muss diese Zahlung auch dann aus der Verwaltungsmasse leisten, wenn die Vorsteuer (hier 5.000 EUR) ganz oder teilweise dem Schuldner zugeflossen ist. Entscheidend ist, dass die Änderung, welche den Berichtigungsanspruch auslöst, vom Zwangsverwalter im Rahmen seiner Verwaltertätigkeit vorgenommen wurde.[211] Er wird sich also überlegen müssen, ob sich die Umänderung finanziell lohnt.

 

Rz. 762

Ein häufig nicht gesehenes Risiko[212] besteht darin, dass der Schuldner bereits optiert hat, aber dann eine Vermietung vorgenommen hat, die nicht mit Umsatzsteuer belastet ist. Dies betrifft nicht nur Vermietung als Wohnraum, sondern auch an Gewerbe, welche von Gesetzes wegen keine Umsatzsteuer zahlen müssen, wie z.B. Apotheken, Arztpraxen, Postfilialen etc. Nach der Auffassung des FG Greifswald muss der Zwangsverwalter als Aufwand nach § 155 Abs. 1 ZVG für die Zeit seiner Verwaltung die anteilige Vorsteuer zurückzahlen.[213] Dies gilt natürlich auch, wenn der Verwalter einen leer stehenden gewerblichen Raum neu vermietet. Er wird sich beim Finanzamt erkundigen müssen, ob eine Option vorliegt, wenn er umsatzsteuerfrei vermieten will. Notfalls kann es besser sein, den leeren Raum für eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung vorzuhalten.

 

Rz. 763

Im Übrigen ist zu beachten, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer stets "vorläufig" erfolgt. Deshalb kann eine unrichtige Festsetzung zum Nachteil der Masse innerhalb der Verjährungsfrist vom Verwalter (nach Aufhebung der Zwangsverwaltung durch den Schuldner) berichtigt werden.

[209] Gleiches gilt auf Option des Steuerpflichtigen, wenn sich im Vorjahr ein Überschuss von mehr als 7.500 EUR für ihn ergeben hat (§ 18 Abs. 2a UStG).
[210] Entfällt bei Vorsteuer unter 1.000 EUR, siehe außerdem § 44 UStDV.
[211] FG München (3. Senat) Rpfleger 1999, 190; FG Greifswald ZfIR 2011, 668.
[212] Wedekind, Vorsteuerberichtigungsansprüche gem. § 15a UStG in der Zwangsverwaltung – ein in der Praxis unterschätztes Problem, ZfIR 2011, 648; Schmidberger, FG Greifswald – oder das Ende der Zwangsverwaltung?, ZfIR 2006, 11.
[213] ZfIR 2011, 668.

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