Der Erblasser kann seine Gestaltungsmacht also nicht nur dadurch ausüben, dass er die Erbeinsetzung positiv regelt, vgl. § 1938 BGB. Er kann sich vielmehr auch darauf beschränken, einen gesetzlichen Erben ausdrücklich von der Erbfolge auszuschließen, vgl. § 1938 BGB. Aufgrund der Regelung zur teilweisen Unwirksamkeit von Testamenten, § 2085 BGB, empfiehlt sich stets eine Verknüpfung beider Verfügungen im Testament. Zu beachten ist auch, dass die Enterbung grundsätzlich nur den gesetzlichen Erben selbst betrifft. Sollen auch seine Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen werden[1], so bedarf dies einer ausdrücklichen Erklärung.

Ein Ausschluss vom Nachlass mag meistens durch eine Entfremdung oder ein Zerwürfnis motiviert sein, kommt aber auch in Betracht, wenn ein gesetzlicher Erbe überschuldet ist und der Nachlass dem Zugriff seiner Gläubiger weitgehend entzogen werden soll, damit er den sonstigen Abkömmlingen des Erblassers anfällt.

In Betracht kommen insofern der Regress des Trägers der Sozialhilfe gem. §§ 90 Abs. 2, 92 f. SGB XII sowie bei ALG II-Empfängern[2] gem. § 33 SGB II und nicht zuletzt der Zugriff des Treuhänders beim Restschuldbefreiungsverfahren gem. §§ 295 ff. InsO.[3] Verlangt der von der Erbfolge Ausgeschlossene seinen Pflichtteil, so kann nur dieser von seinen Gläubigern gepfändet werden. Dann sollten aber zugleich die übrigen Erben ausdrücklich testamentarisch eingesetzt werden.

Entzug und Beschränkungen des Pflichtteils[4]

Um auch den Pflichtteil[5] eines Erben, der auch Abkömmling ist, vor dem Gläubigerzugriff zu schützen, kann der Erblasser den Pflichtteil nach § 2338 BGB in guter Absicht durch Anordnung einer Nacherbschaft bzw. eines Nachvermächtnisses oder durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung beschränken. Voraussetzung für eine derartige Regelung ist, dass der Anlass (Verschwendungssucht bzw. Überschuldung) bei der Errichtung der Verfügung und zudem noch immer bei Anfall der Erbschaft besteht, vgl. § 2338 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Darüber hinaus kann der Erblasser testamentarisch in den engen Grenzen der §§ 2333 ff. BGB[6] den Pflichtteil gänzlich entziehen. In seinem Testament muss der Erblasser die Umstände bzw. Vorfälle, mit denen er seine Maßnahme begründet, möglichst konkret darlegen, § 2336 Abs. 2 BGB. Die Pflichtteilseinziehung wird durch Verzeihung i.S.d. § 2337 BGB hinfällig.

[2] Das Arbeitslosengeld II/die Grundsicherung für Arbeitsuchende (umgangssprachlich: "Hartz IV") ist ab dem 1.1.2023 das Bürgergeld, aber weiterhin im SGB II geregelt.
[3] Vgl. dazu Ivo, ZErb 2003 S. 250. Soll der verschuldete Abkömmling Erbe bleiben, bietet sich die Anordnung einer Nacherbschaft nebst Testamentsvollstreckung (Stichwort: Bedürftigentestament) an – siehe hierzu Abschnitt 2.1.3.6.; vgl. auch Ziffer 7.2 des Beitrags "Die Testamentsvollstreckung".
[4] Vgl. auch vorstehende Ziffer 1.2.1.
[5] Geschützt werden kann auf diese Weise nicht nur der Pflichtteil, sondern der gesamte dem überschuldeten Erben anfallende Nachlass, vgl. § 863 ZPO.
[6] Der Katalog der Entziehungsgründe ist abschließend und weder analogie- noch ausdehnungsfähig, vgl. BGH, Urteil v. 1.3.1974, IV ZR 58/72, MDR 1974 S. 742, ergänzt durch Urteil v. 23.5.1984, IVa ZR 229/82, MDR 1984 S. 824 f., und weiterentwickelt durch Urteil v. 6.12.1989, IVa ZR 249/88, MDR 1990 S. 420 f.

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