Gesetzestext

 

Steht ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zu, so ist sein Wert im ganzen zu ermitteln. Der Wert ist auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, soweit nicht nach dem maßgebenden Steuergesetz die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Eine Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 ff. BGB; zur sachenrechtlichen Seite vgl. §§ 1008 ff. BGB) besteht an einem Recht, das Mehreren gemeinschaftlich zusteht. Die Teilhaber können über ihre Anteile selbstständig verfügen, über den gemeinschaftlichen Gegenstand können sie nur gemeinschaftlich verfügen (§ 747 BGB).

 

Rz. 2

Bei einer Gesamthandsgemeinschaft gibt es im Allgemeinen ein Vermögen, das mehrere Gegenstände umfasst. Gesamthandsgemeinschaften sind die Gütergemeinschaft und die Erbengemeinschaft. Die Personengesellschaften, auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts,[1] sind rechtsfähig und daher keine dinglichen Gesamthandsgemeinschaften.[2] Bei den verbliebenen Gesamthandsgemeinschaften haben die Gesamthänder dingliche Anteile an den einzelnen Gegenständen und schuldrechtliche Anteile an dem Gesamtvermögen, da es an einem Vermögen[3] keine dinglichen Rechte geben kann. Ein Ehegatte kann über beide Anteile nicht verfügen (§ 1419 BGB), ein Miterbe kann über seinen Anteil am Nachlass verfügen, aber nicht über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen (§ 2033 BGB).

 

Rz. 3

Der Wert des Anteils an einem Gegenstand oder an einem Gesamthandsvermögen kann auf zweierlei Weise ermittelt werden:

durch indirekte Bewertung des Anteils, indem der Wert des Gegenstandes oder des Gesamthandsvermögens im Ganzen ermittelt und auf die Beteiligten nach ihren Anteilen verteilt wird, oder
durch direkte Bewertung des Anteils, bei der der Gegenstand oder das Gesamthandsvermögen nur noch ein bewertungsrelevantes Element ist.
[2] Dazu Daragan, in: FS Meincke, S. 89, 91 ff.
[3] Dazu siehe die Kommentierung in § 2 BewG Rdn 6.

B. Tatbestand

I. Zurechnung versus Bewertung

 

Rz. 4

§ 3 BewG regelt die Bewertung für den Fall, dass ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht. Für eine wirtschaftliche Einheit, die mehreren Personen zusteht, gilt das Gleiche.[4]

 

Rz. 5

Wann ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht und welche Personen das sind, ergibt sich aus den Einzelsteuergesetzen oder aus § 39 AO. Danach kommt es auf die wirtschaftliche Zuordnung an, die grundsätzlich der rechtlichen Zuordnung folgt. Bei einer Bruchteilsgemeinschaft wird das Wirtschaftsgut nach den Miteigentumsanteilen zugerechnet, bei einer Gesamthandsgemeinschaft nach den Anteilen am Gesamthandsvermögen, wie das in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zum Ausdruck kommt. § 3 BewG ist daher selbst keine Zurechnungsvorschrift.[5] Denn er setzt voraus, dass ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht, was nur sein kann, wenn es mehreren zuzurechnen ist. Er setzt die Zurechnung also voraus, vernachlässigt sie aber dann für die Bewertung, indem er anordnet, dass trotz der Zerlegung des Wirtschaftsguts in selbstständige Anteile, die ihrerseits Wirtschaftsgüter sind, nicht die Anteile bewertet werden, sondern das Wirtschaftsgut als Einheit, und anschließend sein Wert auf die Beteiligten umgelegt wird.

 

Rz. 6

§ 3 BewG verlangt also eine indirekte Bewertung der Anteile, die sich ausschließlich am Wert des Wirtschaftsguts orientiert. Die Frage, ob der Anteil selbst aufgrund seiner eingeschränkten Verkehrsfähigkeit einen geringeren Wert hat,[6] stellt sich daher nicht.

[4] Allgemeine Meinung, siehe Kreutziger, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 3 Rn 3 m.w.N. Nach BFH (v. 22.2.2001 – II B 39/00, BStBl II 2001, 476) ist "Wirtschaftsgut" als "wirtschaftliche Einheit" zu lesen.
[5] Ebenso Kreutziger, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 3 Rn 2; a.A. Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 3 Rn 1; Esskandiari, in: Stenger/Loose, BewG, ErbStG, § 3 BewG Rn 4. A.A. wohl auch BFH v. 18.8.2004 – II R 22/04, BStBl II 2005, 19, Rn 10.
[6] Dazu siehe die Kommentierung in § 9 BewG Rdn 36 ff.

II. Gemeinschaft

 

Rz. 7

Anders als § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO stellt § 3 BewG nicht auf die Art der Gemeinschaft ab, sondern nur darauf, ob die Gemeinschaft steuerpflichtig ist oder ob das die Gemeinschafter sind. Im ersten Fall liegt eine steuerlich intransparente Gemeinschaft vor, im zweiten eine steuerlich transparente Gemeinschaft. Wann das eine und wann das andere gegeben ist, lässt § 3 BewG offen; darüber entscheidet das einzelne Steuergesetz.

III. Intransparente Gemeinschaft

 

Rz. 8

Bei einer intransparenten Gemeinschaft gibt es keine Beteiligung Mehrerer an einem Wirtschaftsgut. Es gibt nur eine Beteiligung an dem Wirtschaftsgut, nämlich die der Gemeinschaft. So ist das auch in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bestimmt. Alsdann bestehen keine Besonderheiten bei der Bewertung. Das Wirtschaftsgut wird wie jedes andere Wirtschaftsgut in der Hand eines Alleineigentümers bewertet.

 

Rz. 9

Im Umsatzsteuerrecht (vgl. § 2 Abs. 1 UStG) sind alle Gemeinschaften intransparent. Das Gleiche gilt im Grunderwerbsteuerrecht für Gesamthandsgemeinschaften[7] (vgl. dazu §§ 5, 6 GrEStG). Körperschaftsteuerpflich...

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