Gesetzestext

 

(1) In Fällen von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden sind die Werte für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden (Absatz 2) und die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (Absatz 3) gesondert zu ermitteln.

(2) Das Gebäude auf fremdem Grund und Boden wird bei einer Bewertung im Ertragswertverfahren mit dem Gebäudeertragswert nach § 185, bei einer Bewertung im Sachwertverfahren mit dem Gebäudesachwert nach § 190 bewertet. Ist der Nutzer verpflichtet, das Gebäude bei Ablauf des Nutzungsrechts zu beseitigen, ist bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts der Vervielfältiger nach Anlage 21 anzuwenden, der sich für die am Bewertungsstichtag verbleibende Nutzungsdauer ergibt. § 185 Abs. 3 Satz 5 ist nicht anzuwenden. Ist in diesen Fällen der Gebäudesachwert zu ermitteln, bemisst sich die Alterswertminderung im Sinne des § 190 Abs. 4 Satz 1 bis 3 nach dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag und der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer. § 190 Abs. 4 Satz 5 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Wert des belasteten Grundstücks ist der auf den Bewertungsstichtag abgezinste Bodenwert nach § 179 zuzüglich des über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierten Entgelts. Der Abzinsungsfaktor für den Bodenwert wird in Abhängigkeit vom Zinssatz nach § 193 Abs. 4 und der Restlaufzeit des Nutzungsverhältnisses ermittelt; er ist Anlage 26 zu entnehmen. Das über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierte Entgelt ergibt sich durch Anwendung des Vervielfältigers nach Anlage 21 auf das zum Bewertungsstichtag vereinbarte jährliche Entgelt.

Gesetzesbegründung: BT-Drucks 16/11107, S. 25; BT-Drucks 18/4902, zu Art. 7, S. 14.[1]

Verwaltungsanweisung: R B 195.1 und 195.2 ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019.

[1] Die aktuelle Fassung basiert auf dem Steueränderungsgesetz 2015 v. 2.11.2015 (BGBl I 2015, 1834); sie beinhaltet redaktionelle Änderungen in § 195 Abs. 2 S. 4 und 5 (sowie darüber hinaus die geänderten Anlagen 22, 24 und 25 zum BewG). Die Anwendung erfolgt auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2015.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 195 BewG regelt die Wertermittlung für inländische Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie für den inländischen Grund und Boden, auf dem das fremde Gebäude steht.

B. Tatbestand

I. Zwei wirtschaftliche Einheiten (Abs. 1)

 

Rz. 2

Sowohl das Gebäude auf fremdem Grund und Boden wie auch der bebaute Boden sind jeweils eine wirtschaftliche Einheit, d.h. ein Grundstück. Nach § 195 Abs. 1 BewG sind diese Einheiten entsprechend der bisherigen Systematik des Bewertungsrechts als Grundstücke zu bewerten. Hier weicht das Bewertungsrecht vom Zivilrecht ab, nach dem das Gebäude regelmäßig Bestandteil des Grundstücks wird, auch wenn ein anderer als der Grundstückseigentümer das Gebäude errichtet.

 

Rz. 3

Nach Verwaltungsauffassung liegt die Ausnahme, dass das "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" ein eigenständiges Grundstück ist, nur dann vor, wenn

es Scheinbestandteil des Grund und Boden ist (§ 95 BGB) oder
dem Nutzungsberechtigten für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts zusteht.

In derartigen Einzelfällen ist sowohl erbschaftsteuerlich wie auch erbrechtlich zu regeln bzw. zu beachten, was mit dem Gebäude genau geschehen soll, bzw. ob dafür Ausgleichsansprüche vereinbart werden sollten oder gesetzliche Ersatzansprüche entstehen. Entsprechendes gilt übrigens bei der Grunderwerbsteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG).

 

Rz. 4

Nach § 95 Abs. 1 S. 1 BGB gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (Scheinbestandteil). Scheinbestandteile sind damit bewegliche Sachen, die zivilrechtlich nach § 929 BGB übertragen werden. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen des Erbauers, sofern dieser Wille mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen, u.a. auch Gebäude mit dem Grund und Boden, spricht nach feststehender Zivilrechtsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht.[2]

 

Beispiel

Ein Möbelhauskonzern errichtet auf der "grünen Wiese" ein Warenhaus auf seine Kosten. Das Grundstück gehört Bauer B. Laut Nutzungsvertrag soll das Warenhaus nach Beendigung der Nutzungsberechtigung abgerissen und das Grundstück in den alten Zustand zurückversetzt werden. M.E. läge hier bewertungsrechtlich ein Gebäude auf fremden Grund und Boden vor (Scheinbestandteil). Ein Erbe des B würde ein unbebautes Grundstück erben.

 

Rz. 5

Ein Gebäude, das zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden ist (Scheinbestandteil) und zivilrechtlich damit eine bewegliche Sache darstellt, wird durch Einigung zwischen dem bisherigen Eigentümer des ...

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