Rz. 5

Nach § 15 Abs. 1 BewG entspricht der Jahreswert der Nutzung einem fiktiven Zinsertrag. Er wird mit einem Zinssatz von 5,5 % berechnet, wenn kein anderer Wert feststeht. Der Zinssatz wird damit gerechtfertigt, er habe sich als mittlerer Wert bewährt und berücksichtige die üblichen Schwankungen des Zinsniveaus am Kapitalmarkt.[3] Dass er trotz der langjährigen Niedrigzinsphase noch verfassungsmäßig ist, wird von den Finanzgerichten bislang bejaht.[4]

 

Rz. 6

Der Jahreswert beruht auf einer einfachen Verzinsung der Geldsumme. Maßgebend sind die Höhe der Geldsumme und der Gesamtzeitraum der Nutzung.

 

Beispiel

A leiht seinem Freund 20.000 EUR auf vier Jahre. Der Jahreswert wird für jedes Jahr mit 5,5 % von 20.000 EUR gleich 1.100 EUR angenommen.

 

Rz. 7

Diese Berechnung beruht auf der Annahme, dass die Geldsumme am Ende der Laufzeit in einem Betrag zurückgezahlt werden muss. Wird sie in Raten getilgt, muss der Wert für jedes Jahr nach dem Restkapital zu Beginn einer jeden Zinsperiode berechnet werden.

 

Beispiel

Das Darlehen von 20.000 EUR wird in Teilbeträgen von je 5.000 EUR, fällig zum Ende eines jeden Jahres, getilgt. Der erste Jahreswert beträgt 1.100 EUR, der zweite 825 EUR, der dritte 550 EUR und der vierte 275 EUR.

 

Rz. 8

Der Zinssatz von 5,5 % ist für die Bewertung der Nutzung nicht zwingend vorgegeben. Steht ein anderer Wert fest, ist er der Kapitalisierung zugrunde zu legen, wobei es nicht darauf ankommt, ob er nach oben oder nach unten abweicht. Letztendlich entscheidend ist also der gemeine Wert (§ 9 BewG) der Nutzung.

 

Rz. 9

Vergleichsmaßstab ist nicht der von den Parteien vereinbarte, sondern der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu – abgesehen von der Zinslosigkeit – vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre.[5] Auch die Finanzverwaltung[6] geht davon aus, dass der marktübliche Zinssatz für ein bei einem Kreditinstitut aufgenommenes und nach Höhe, Besicherung, Laufzeit und Kündbarkeit gleichartiges Darlehen den Vergleichsmaßstab bildet. Bei einem unverzinslichen Darlehen wird der Wert der Nutzung nach dem Zinssatz berechnet, der der Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % und dem Marktzinssatz entspricht. Bei einem niedrig verzinslichen Darlehen wird die Differenz zwischen dem marktüblichen und dem vereinbarten Zinssatz genommen;[7] unterschreitet der vereinbarte Zins den marktüblichen Zins nur unwesentlich, liegt ein steuerbarer Nutzungsvorteil nicht vor.[8]

[4] FG München v. 25.2.2016 – 4 K 1984/14, EFG 2016, 728 m. Anm. Welzel für das Jahr 2008. Ebenso FG Köln v. 29.9.2020 – 7 K 2593/19, juris (für das Jahr 2018), u.a. mit der Erwägung, der Steuerpflichtige habe die Möglichkeit, einen niedrigeren Zins nachzuweisen. Auch FG Münster v. 5.5.2021 – 13 V 505/21, EFG 2021, 1205 m. Anm. Jüdes (Beschwerde beim BFH unter XI B 44/21) und FG Münster v. 22.7.2021 – 10 K 1707/20 E, G (beide zur Abzinsung einer Verbindlichkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG) sowie FG Düsseldorf v. 28.7.2021 – 4 K 865/21 Erb m. Anm. Münch (Abzinsung einer Nachlassverbindlichkeit nach § 12 Abs. 3 S. 2 BewG) haben keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge