Rz. 11
Soweit ersichtlich, hat es die Rechtsprechung bisher abgelehnt, Personen aus Billigkeitsgründen einer günstigeren Steuerklasse zuzuordnen bzw. die Steuersätze der günstigeren Steuerklasse anzuwenden.[23] Nach den Wertungen des Gesetzgebers, wie sie in den §§ 9, 11, 15 und 16 ErbStG zum Ausdruck kommen, sollen vor allem familiäre Beziehungen zwischen dem Erblasser und den Erben im Zeitpunkt des Todes über die Höhe der festzusetzenden Steuer entscheiden. Lediglich in den in §§ 27 u. 29 ErbStG gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen hat der Gesetzgeber hiervon abweichende Regelungen vorgesehen. Die Regelungen des ErbStG sind darauf ausgerichtet, die aus den zivilrechtlichen Gestaltungen der am Erbfall beteiligten Personen beziehungsweise die aufgrund des Erbrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches zufließenden Bereicherungen der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Sind die Geschehensabläufe dann anders als angenommen, kann dies nicht durch Billigkeitsmaßnahmen korrigiert werden. Ist z.B. ein Steuerpflichtiger aufgrund eines erklärten Erbverzichts gerade nicht Erbe nach seinem Vater, kann diese zivilrechtlich gewollte Position nicht im Wege der Billigkeit im Erbfall nach dem Bruder des Klägers rückgängig gemacht werden, auch wenn der Nachlass des Bruders weitestgehend aus dem Vermögen des früher verstorbenen Vaters stammt.[24] Wollte jemand heiraten, ist es aber nicht dazu gekommen, kann nicht aus Billigkeit die Besteuerung nach Steuerklasse I vorgenommen werden.[25]
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen