Gesetzestext

 

1Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist, kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. 2Das Gleiche gilt für eine Zuwendung, die in einem Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. 3Die Vorschriften der §§ 2347 bis 2349 finden Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Durch den Zuwendungsverzicht soll ermöglicht werden, auch auf eine Zuwendung zu verzichten, die sich aus einer letztwilligen Verfügung ergibt und nicht aus der gesetzlichen Erbfolge. Regelmäßig ist es einfacher und empfehlenswert, dass der Erblasser seine letztwillige Verfügung oder den Erbvertrag ändert. Ein Zuwendungsverzicht kommt in Betracht, wenn der Erblasser testierunfähig ist und wenn der Erblasser durch eine bindend gewordene, wechselbezügliche Verfügung in seiner Testierfreiheit beschränkt ist (S. 1). Bei einem Erbvertrag kann auf eine Zuwendung an einen Dritten entgegen der Bindungswirkung (§§ 2290 ff. BGB) verzichtet werden (S. 2).

 

Rz. 2

Problematisch war bis zum 31.12.2009, dass nicht auf § 2349 BGB verwiesen wurde. Nach der h.M. wirkte ein Zuwendungsverzicht daher nicht für die Abkömmlinge des Verzichtenden. Diese konnten damit nach einem Zuwendungsverzicht regelmäßig Ersatzerben sein, so dass das Ziel der Testierfreiheit des Erblassers nicht erreicht werden konnte. Von Zuwendungsverzichten wurde daher weitgehend abgesehen, weil sie "zwecklos" seien.[1]

 

Rz. 3

Die hier wiedergegebene Fassung gilt für alle Erbfälle ab dem 1.1.2010, Art. 229 § 23 Abs. 4 EGBGB (Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts). In der für Erbfälle bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung lautete S. 3: "Die Vorschriften der §§ 2347, 2348 finden Anwendung." Neu ist also, dass auch § 2349 BGB anwendbar ist.

[1] J. Mayer, ZEV 1996, 127.

B. Tatbestand

I. Durch Testament Bedachter (S. 1)

1. Allgemein

 

Rz. 4

Jeder Bedachte kann auf die ihn betreffende Zuwendung verzichten. Da die gesetzliche Erbfolge als "Auffangbecken" bleibt, kann auch der Fiskus verzichten.

2. Erben- und Vermächtnisnehmer

 

Rz. 5

Neben der Erbenstellung kann auch auf ein Vermächtnis verzichtet werden. Der Verzicht kann auf eine bestimmte Zuwendung oder einen Bruchteil des Erbteils beschränkt werden, nicht aber bei einer Erbeinsetzung auf einzelne Gegenstände. Auf ein Vermächtnis kann nicht verzichtet werden, wenn es gesetzlich angeordnet ist, wie der Voraus des Ehegatten (§ 1932 BGB) oder der Dreißigste (§ 1969 BGB). Der Verzicht auf eine künftige Zuwendung ist unzulässig.[2]

 

Rz. 6

Ein teilweiser Verzicht in Bezug auf einzelne Zuwendungen ist möglich, ebenso eine Beschränkung auf einen ideellen Bruchteil des Erbteils oder einen Teil eines Vermächtnisses. Ferner können Beschränkungen und Beschwerungen zugelassen werden. Auch kann der Zuwendungsverzicht unter einer Bedingung oder zugunsten eines Dritten geschlossen werden.

[2] BGHZ 30, 261, 267; BayObLG Rpfleger 1987, 374.

3. Auflagenbegünstigte

 

Rz. 7

Ein Verzicht auf eine begünstigende Auflage ist nach wohl überwiegender Meinung nicht möglich.[3] Zwar besteht, wenn bestimmte Personen die Vollziehung der Auflage verlangen können (§§ 2194 S. 1, 2208 Abs. 2, 2223 BGB), ein Bedürfnis für die Aufhebung der Auflage. Sie wird aber in § 2352 BGB nicht genannt, so dass der Wortlaut eindeutig gegen die Möglichkeit spricht.

[3] BayObLG Rpfleger 1987, 374; so auch MüKo/Wegerhoff, § 2352 Rn 4; J. Mayer, ZEV 1996, 127; für die Möglichkeit durch analoge Anwendung: Staudinger/Schotten, § 2352 Rn 3 m.w.N.

II. Durch Erbvertrag begünstigter Dritter (S. 2)

 

Rz. 8

Bei einem Erbvertrag kann ein begünstigter Dritter gegenüber dem Erblasser verzichten. S. 2 betrifft nur vertragsmäßige Zuwendungen, nicht auch einseitige Zuwendungen (§ 2299 BGB), auf die S. 1 anwendbar ist.

 

Rz. 9

Nach dem Wortlaut der Norm soll ein Vertragschließender in keinem Fall Dritter i.S.d. Vorschrift sein, auch wenn er nur Begünstigter, nicht aber Vertragsgegner der Zuwendung ist. Damit sollen die Vertragsparteien dazu angehalten werden, die gesetzlichen Regeln zur Aufhebung von Erbverträgen einzuhalten (§§ 2290 ff. BGB). Das ist aber nicht mehr möglich, wenn ein Vertragspartner bereits verstorben oder geschäftsunfähig geworden ist oder wenn mehr als zwei Personen am Erbvertrag beteiligt waren und einer an der Änderung nicht mitwirken kann oder will. Die wohl h.M. nimmt dieses Ergebnis mit Verweis auf den Wortlaut hin.[4] Durchaus bedeutende Gegenmeinungen halten nach Sinn und Zweck der Norm eine Anwendung für zulässig, wenn der Begünstigte zwar formal an dem Vertrag beteiligt, Vertragsgegner der Zuwendung jedoch ein anderer ist,[5] und zum Teil auch, wenn ein Beteiligter geschäftsunfähig geworden ist.[6]

[4] Vgl. auch Jackschath, MittRhNotK 1977, 117, 119; BayObLGZ 1977, 751; OLG Celle NJW 1959, 1923.
[5] Staudinger/Schotten, § 2352 Rn 25 f.
[6] Staudinger/Schotten, § 2352 Rn 25 f.

III. Vertrag

 

Rz. 10

Die persönlichen Anforderungen werden durch den Verweis auf § 2347 BGB (grundsätzlich keine Vertretung des Erblassers, aber Vertretung des Verzichtenden möglich, vgl. § 2347 Rdn 2, 8 f.) und die Formfragen durch den Verweis auf § 2348 BGB (notarielle Beurkundung, vgl. § 2348 Rdn 6–9) geklärt.[7]

[7] Vgl. auch Jackschath, MittRhNotK 1977, 117, 118 f.

C. Rechtsfolgen

I. Allgemein

 

Rz. 11

Der...

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