Rz. 6

Weitere Voraussetzung ist die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von der beeinträchtigenden Verfügung. Beeinträchtigende Verfügungen i.S.d. Vorschrift sind Verfügungen von Todes wegen oder Rechtsgeschäfte unter Lebenden, insbesondere ergänzungspflichtige Schenkungen i.S.d. §§ 2325, 2326 BGB, die parallel oder kumulativ zusammentreffen können.[8] Eine Verfügung von Todes wegen ist stets beeinträchtigend, wenn durch sie Pflichtteilsansprüche ausgelöst werden, §§ 2303, 2305, 2306, 2307 BGB. Ist der Pflichtteilsberechtigte durch eine Verfügung von Todes wegen beeinträchtigt, so muss sich seine Kenntnis auf diese Verfügung beziehen, da sich aus ihr die Beeinträchtigung ergibt.[9]

 

Rz. 7

Der Berechtigte muss erkannt haben, dass er aufgrund der Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass er eine alle Einzelheiten berücksichtigende Prüfung der Verfügung von Todes wegen vornimmt. Ebenso wenig ist eine fehlerfreie Bestimmung ihrer rechtlichen Natur notwendig.[10] Der Pflichtteilsberechtigte muss noch nicht einmal die Urkunde selbst kennen.[11] Es genügt vielmehr, wenn er aufgrund mündlicher Mitteilung Kenntnis von der Verfügung erlangt mit der Folge, dass die Verjährungsfrist auch bereits vor der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen und deren amtlicher Verkündung beginnen kann.[12] Die unrichtige Auslegung einer letztwilligen Verfügung, die der Pflichtteilsberechtigte als wirksam und grundsätzlich beeinträchtigend erkannt hat, hindert den Fristbeginn nicht.[13] Berechtigte Zweifel an der Gültigkeit einer letztwilligen oder lebzeitigen Verfügung können die erforderliche Kenntnis ausschließen.[14]

[8] Staudinger/Olshausen, § 2332 Rn 12; Soergel/Dieckmann, § 2332 Rn 6.
[9] BGH NJW 1972, 760.
[10] BGH NJW 1995, 1157; OLG Rostock ZErb 2011, 86.
[11] RGZ 70, 360.
[12] RGZ 66, 30.
[13] BGH NJW 1995, 1157.
[14] BGH NJW 1964, 297; BGH NJW 1984, 2935, 2936; BGH NJW 1993, 2439; OLG Schleswig ZEV 2015, 707; OLG Düsseldorf ZEV 2017, 262.

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