Gesetzestext

 

(1)Der Rücktritt kann nicht durch einen Vertreter erfolgen.

(2)1Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragschließenden. 2Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Für die Form des Rücktritts ist entscheidend, ob der Rücktritt zu Lebzeiten des Vertragspartners erfolgt, § 2296 BGB, oder nach dessen Ableben, § 2297 BGB. Nach § 2296 BGB muss der Rücktritt zu Lebzeiten des Vertragspartners diesem gegenüber durch den Erblasser höchstpersönlich erklärt werden. Zu Beweiszwecken und aufgrund der Belehrungspflicht des Notars nach § 17 BeurkG (Schutzfunktion) bedarf die Rücktrittserklärung der notariellen Beurkundung, Abs. 2 S. 2. Vom Grundsatz her entspricht § 2296 BGB den Regelungen des § 2282 BGB. Zu beachten ist aber, dass für den geschäftsunfähigen Erblasser sein Betreuer die Anfechtung erklären kann, § 2282 Abs. 2 BGB, während beim Rücktritt eine Vertretung ausgeschlossen wird; demnach kann ein geschäftsunfähiger Erblasser vom Erbvertrag nicht zurücktreten. Nach § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB findet § 2296 BGB auf den Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament Anwendung. Die Rücktrittserklärung bedarf der notariellen Beurkundung; zuständig ist demnach ausschließlich der Notar, nicht auch das Gericht; die Zustimmung in einem Prozessvergleich ist wirksam, § 127a BGB.

B. Tatbestand

I. Höchstpersönlichkeit

 

Rz. 2

Der Erblasser kann den Rücktritt nur höchstpersönlich erklären, ebenso wie er den Erbvertrag nur höchstpersönlich errichten (§ 2274 BGB), anfechten (§ 2282 Abs. 1 S. 1 BGB), bestätigen (§ 2284 S. 1 BGB) oder aufheben kann (§ 2290 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Vertretung – auch die gesetzliche Vertretung – ist ausgeschlossen;[1] daher kann der geschäftsunfähige Erblasser vom Erbvertrag nicht zurücktreten. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen ist Abs. 1 S. 2 mit Wirkung zum 22.7.2017 weggefallen. Vor der Änderung war der beschränkt Geschäftsfähige zum selbstständigen Rücktritt vom Erbvertrag berechtigt und benötigte hierzu nicht die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, weil die Beschränkung der Testierfähigkeit beseitigt wurde. Dies galt daher auch für die Anfechtung (§ 2282 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) und Aufhebung (§ 2290 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.), nicht dagegen für die Errichtung (§ 2275 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.) oder Bestätigung (§ 2284 S. 2 BGB a.F.) des Erbvertrages, weil der Erblasser sich in diesen Fällen endgültig gebunden hat.

[1] Staudinger/Kanzleiter, § 2296 Rn 3.

II. Rücktritt

 

Rz. 3

Die Rücktrittserklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die der notariellen Beurkundung bedarf. Den Grund des Rücktritts muss die Rücktrittserklärung nicht enthalten, weil § 2296 BGB anders als § 2297 BGB (Rücktritt nach dem Tod des Vertragspartners) nicht auf § 2336 Abs. 2 BGB verweist, wonach der Grund der Entziehung in der Verfügung angegeben werden muss. Der Rücktritt muss auch nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch durch Auslegung einer notariellen Urkunde ergeben.[2] Der Erblasser kann den Rücktritt z.B. auch dadurch erklären, dass er mit einem Dritten beurkundete, dem Erbvertrag widersprechende vertragsmäßige Verfügungen trifft; entscheidend ist in allen diesen Fällen aber, dass der "Rücktritt" z.B. in der Form der widersprechenden vertragsmäßigen Verfügungen dem Vertragspartner entsprechend zugeht.[3]

[2] BGH NJW-RR 1986, 371.
[3] Offengelassen in BGHZ 106, 359 = NJW 1989, 2885 = FamRZ 1989, 496.

III. Zugang

 

Rz. 4

Die notariell beurkundete Rücktrittserklärung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung allen Vertragspartnern zugehen.[4] Es gelten die Grundsätze der Rechtsprechung über die Wirksamkeit einer öffentlichen Zustellung ohne Einschränkung.[5] Sie muss in Urschrift oder Ausfertigung übermittelt werden, eine beglaubigte Abschrift genügt nicht[6] (vgl. hierzu auch die Ausführungen bei § 2282 BGB). Der Zugang ist auch dann wirksam, wenn die Rücktrittserklärung des Erblassers dem Vertragspartner erst nach dem Tod des Erblassers zugeht (§ 130 Abs. 2 BGB). Allerdings muss die Erklärung beim Tod des Erblassers bereits auf den Weg gebracht worden sein;[7] es genügt daher nicht, dass der Erblasser den Notar anweist, die Rücktrittserklärung erst nach dem Tod an den Vertragspartner zu übermitteln,[8] ebenso kann ein Zustellungsmangel – Zustellung einer beglaubigten Abschrift – nach dem Tod des Erblassers – durch Zustellung einer Ausfertigung – nicht mehr geheilt werden.[9] Hat der Erblasser alles Erforderliche für einen rechtzeitigen Zugang getan, dann ist weitere Voraussetzung, dass der Zugang in einer angemessenen Zeit nach dem Tod des Erblassers erfolgt; musste der Vertragspartner nicht mehr mit dem Zugang einer Rücktrittserklärung rechnen – z.B. nach sieben Monaten[10] –, dann ist die Zustellung unwirksam. Verstirbt der Vertragspartner, dann sind der Zugang der Rücktrittserklärung und damit auch der Rücktritt nicht mehr möglich; eine Zustellung an die Erben ist unwirksam.[11] Der Erblasser kann jedoch ein Aufhebungstestament nach § 2297 BGB errichten. Es empfiehlt sich, die ...

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