Rz. 101

In der Praxis sind so genannte Ausschluss- oder Verfallklauseln in GmbH-Geschäftsführeranstellungsverträgen verbreitet. Diese sind auch aus Arbeitsverträgen bekannt. Es gibt einfache Ausschlussklauseln, die besagen, dass Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Als Fristbeginn lassen sich die Fälligkeit des Anspruchs, die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Anspruchs oder die Beendigung des Geschäftsführer-Dienstvertrags vereinbaren. Denkbar ist auch, dass die Frist jeweils mit dem späteren Ereignis beginnt. Die Parteien vereinbaren zudem, dass Ansprüche innerhalb der Frist schriftlich oder in Textform geltend gemacht werden müssen.

 

Rz. 102

Auch kann eine doppelte Ausschlussfrist vereinbart werden. Das heißt, dass dann, wenn nach der ersten Geltendmachung der Anspruch nicht erfüllt wird, dieser dann innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist gerichtlich weiterverfolgt werden muss, soll er nicht verfallen. Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist – durch die faktisch die Verjährungsfrist verkürzt wird - wird grundsätzlich für statthaft erachtet.[1] Sehr problematisch ist jedoch inwieweit der Gläubigerschutz der Vereinbarung bzw. Anwendung von Ausschlussfristen entgegensteht. Keinesfalls dürfen Ansprüche aus § 43 Abs. 3 GmbHG durch eine Ausschlussfrist verkürzt werden. Zudem ist problematisch, ob Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen – zumindest soweit gleichzeitig Straftatbestände erfüllt sind - einer Ausschlussklausel zugänglich sind. Grundsätzlich sollte man bei einer Ausschlussklausel solche Ansprüche aus ihrem Anwendungsbereich ausklammern, die benötigt werden, um Gläubiger zu befriedigen, also wenn die Gesellschaft auf den Schadensersatzbetrag angewiesen ist, weil sie bereits insolvenzreif ist oder weil zumindest eine Unterbilanz besteht. § 43 GmbHG schützt die GmbH. Besteht bei dieser eine Insolvenzreife oder Unterbilanz, würde die GmbH nachträglich auf einen benötigten Ersatzanspruch nicht verzichten. Sie würde, wenn sie das Problem erkannt hätte, auch im Voraus nur eine Vereinbarung treffen, bei der ihre Existenz durch die Haftungsbeschränkung nicht gefährdet wird. Zuzugeben ist allerdings, dass das Gegenargument sein könnte, dass durch den Ersatzanspruch der Geschäftsführer selbst in seiner Existenz gefährdet sein könnte, wenn er hierfür keinen D&O-Versicherungsschutz hätte. Jedenfalls darf eine Ausschlussklausel im Geschäftsführer-Dienstvertrag nicht zu Lasten der Kapitalerhaltung vereinbart werden:[2] “ Eine Verkürzung der Verjährungsfrist des § 43 IV GmbHG durch Vereinbarung ist nur insoweit zulässig, als der Schadensersatzbetrag zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft nicht erforderlich ist (arg. § 43 III GmbHG).“ Im Jahre 2002 hat der BGH allerdings an der Auffassung, dass gegen die Kapitalerhaltung nicht verstoßen werden dürfe, nicht mehr festgehalten, danach sei ein Ausschluss selbst dann möglich, wenn generell der Betrag zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sei.[3] Dem ist nicht zu folgen. Sofern ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltung vorliegt, kann im Ergebnis die Verjährungsfrist in § 43 Abs. 4 GmbHG nicht durch eine Ausschlussklausel verkürzt werden.[4]. Allerdings sei eine im Vorfeld getroffene haftungseinschränkende Vereinbarung, durch die die Forderung gegen den Geschäftsführer gemäß § 43 GmbHG gar nicht erst entstünde, keine verbotene Auszahlung gemäß § 30 GmbHG.[5] Dies wäre aber bei einer Ausschlussklausel nicht der Fall, hier entsteht der Anspruch, er unterliegt nur der kurzen Frist zur Geltendmachung.

 

Rz. 103

Die Rechtsprechung zur Ausschlussfrist wurde im Urteil des BGH vom 16.9.2002, in dem es um den vorgenannten Zusammenhang mit der Kapitalerhaltung auch auf Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung angewandt[6]: Dort hatte ein Geschäftsführer, der Bäckereimeister einer Großbäckerei war, Spesen für betriebsfremde Zwecke abgerechnet, so private Hotelaufenthalte und Mahlzeiten und zwar in einer Größenordnung von ca. 125.000 EUR. Nach Insolvenz der Gesellschaft verklagte der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer auf Schadensersatz. Die Klage scheiterte jedoch an einer vereinbarten Ausschlussklausel, wobei der BGH die Sache an das zuständige OLG zurückwies, um im Wege der Auslegung zu klären, ob die Ausschlussklausel auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung umfasse.[7] Die Ausschlussklausel hatte folgenden Wortlaut:[8]

 

Rz. 104

"Alle Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung, schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird."

 

Rz. 105

Daraus kann geschlossen werden, dass eine Ausschlussklausel auch konkurrierende Ansprüche aus § 823 BGB umfassen kann. Dies sol...

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