Da sich der Anspruch auf Arbeitsvergütung sehr häufig aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergibt, kommt in diesen Fällen eine Verwirkung nicht in Betracht. Aus diesem Grund finden sich in diesen Verträgen häufig sogenannte Ausschlussfristen, die eine ähnliche Wirkung entfalten sollen. Ausschlussfristen sind Fristen, nach deren Ablauf ein Rechtsanspruch erlischt, sofern er nicht zuvor form- und fristgerecht geltend gemacht wird. Ihr Sinn liegt ebenfalls in einer kurzfristigen, möglichst umfassenden Bereinigung offener Fragen.

Die Ausschlussfrist muss im Rahmen von Formulararbeitsverträgen mindestens 3 Monate ab Fälligkeit des Anspruchs betragen. Eine kürzere formulararbeitsvertragliche Ausschlussfrist ist unwirksam mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch nur der allgemeinen Verjährungsfrist unterliegt.[1] Die Ausschlussfrist muss wechselseitig gelten, also auch für eventuelle Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.

Für Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen sind Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung nur zulässig, wenn sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden[2] Die Vorschrift dient dem Schutz der durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen geschaffenen kollektiven Ordnung. Insoweit empfiehlt es sich, in der Betriebsvereinbarung, die einen solchen Anspruch einräumt (z. B. Anspruch auf Prämien oder Sonderzahlungen) einen entsprechenden Vorbehalt zugunsten individualvertraglicher Vereinbarungen zu regeln.

Gemäß § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Mindestlohns beschränken, unwirksam. Dies betrifft auch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen. Eine Ausschlussfrist, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das für derartige Formularklauseln geltende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.[3] Derartige Klauseln sind also in ihrer Wirksamkeit auf den Teil der Arbeitsvergütung beschränkt, der den Mindestlohn übersteigt. Davon ausgenommen sind mindestens 6-monatige Ausschlussfristen in Tarifverträgen, sofern diese gemäß § 1 Abs. 3 MiLoG dem Mindestlohngesetz vorgehen.

Auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung kann aufgrund §§ 202, 276 BGB nicht durch eine Ausschlussklausel eingeschränkt werden.[4]

 
Praxis-Beispiel

Formulierung einer Ausschlussklausel

Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Frist von 3Monaten nach Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansonsten sind die Ansprüche verwirkt.

Lehnt die Gegenseite den Anspruch in Textform ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Unberührt von diesen Regelungen bleiben Ansprüche auf Schadensersatz aufgrund vorsätzlicher Pflichtverletzung, auf Schadensersatz aufgrund vorsätzlicher begangener unerlaubter Handlung oder auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 MiLoG.

 
Wichtig

Verbot treuwidriger Verhaltensweisen

Der Arbeitgeber kann sich nicht auf den Verfall von Vergütungsansprüchen berufen, wenn er den Arbeitnehmer dazu veranlasst hat, diese nicht innerhalb der maßgebenden Frist geltend zu machen.[5] Dies gilt etwa dann, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gegeben hat, dass er sich im Fall der Geltendmachung des Anspruchs nicht auf die Ausschlussfrist berufen werde.

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