Entscheidungsstichwort (Thema)

Initiativantrag, Nichtbetreiben des Verfahrens seitens der Dienststelle im Anschluß an –. Initiativrecht – und unmittelbare Regelung (der Mittagspausen) durch die Landesregierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Nichtbetreiben des Mitbestimmungsverfahrens seitens der Dienststelle im Anschluß an einen Initiativantrag der Personalvertretung ist nicht ohne weiteres mit einem Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens mit anschließender Durchführung der Maßnahme gleichzusetzen.

2. Das Initiativrecht des Personalrates darf nicht dafür in Anspruch genommen werden, der bereits getroffenen Entscheidung einer zuständigen Behörde einen anderen Vorschlag entgegenzusetzen, auch wenn es ganz oder teilweise an einer wirksamen Bekanntmachung fehlt.

 

Normenkette

LPVG BW § 70

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 08.05.1990; Aktenzeichen 15 S 3129/89)

VG Stuttgart (Entscheidung vom 06.09.1989; Aktenzeichen PVS 10/89)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 8. Mai 1990 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Beschwerdegerichts sind nicht gegeben. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weicht nicht gemäß § 86 Abs. 2 LPVG i.V.m. §§ 92 a Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG von einem der in der Beschwerdeschrift angeführten Beschlüsse ab.

Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz würde dann bestehen, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluß einen abstrakten, die Entscheidung tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hätte, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in einem der bezeichneten Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts bzw. eines anderen mit Streitigkeiten aus dem Personalvertretungsrecht befaßten Gerichts stünde, das mit den in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG bezeichneten Gerichten vergleichbar ist. Eine solche Divergenz setzt weiterhin voraus, daß beide Entscheidungen entweder auf der Grundlage derselben Vorschrift oder auf der Grundlage wörtlich übereinstimmender und daher für eine Divergenz grundsätzlich in Betracht kommender Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts ergangen sind. Fehlt es daran, ist eine Abweichung, welche die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen könnte, ausgeschlossen, weil zu Vorschriften mit unterschiedlichem sachlichen Regelungsgegenstand selbstverständlich voneinander abweichende Rechtssätze entwickelt werden können (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 9. März 1987 – BVerwG 6 PB 28.86 – und vom 22. Mai 1989 – BVerwG 6 PB 3.89 –; ferner Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 16. Februar 1976 – BVerwG 7 B 18.76 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 143≫ und vom 16. Oktober 1979 – BVerwG 2 B 61.79 – ≪Buchholz 137.1 Art. 15 BayBG Nr. 3≫). Die genannten Voraussetzungen liegen nach dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht vor.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, der Beschluß des Beschwerdegerichts weiche von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1986 – BVerwG 6 P 5.85 – ≪BVerwGE 74, 100 = PersV 1986, 417 mit Anm. Dannhäuser≫ ab. Als Rechtssatz des Beschwerdegerichts werden von der Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet,

daß der Dienststellenleiter bzw. die übergeordnete Dienststelle in dem Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 LPVG berechtigt sei, das Verfahren nicht weiter zu betreiben, es also abzubrechen, wenn die übergeordnete Stelle feststelle, daß die Zuständigkeit der Dienststelle für die von der Personalvertretung erstrebte Maßnahme jedenfalls nicht mehr gegeben sei, weil eine andere, angeblich zur Entscheidung befugte Stelle, im konkreten Fall die Landesregierung, eine entsprechende Regelung später, nachdem die Personal Vertretung von ihrem Initiativrecht Gebrauch gemacht habe, getroffen habe.

Dieser Rechtssatz soll sich „ohne weiteres aus den Ausführungen (…) auf S. 11 unten/12 oben der Gründe” ergeben. Damit ist offenbar ein Absatz auf S. 12 der Beschwerdeentscheidung gemeint, der vergleichbare Formulierungen mit einem ähnlichen Inhalt aufweist. Die Darlegungen in dem Beschluß des Beschwerdegerichts werden allerdings von der Nichtzulassungsbeschwerde nur ungenau wiedergegeben. Von einer Berechtigung des „Dienststellenleiters” oder von einer Feststellung der „übergeordneten Stelle” ist dort z.B. nicht die Rede. Vor allem aber finden sich dort keine Ausführungen, die sich ausdrücklich mit dem Abbruch des Verfahrens befassen. Vielmehr heißt es lediglich, das Finanzministerium habe „das Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 LPVG über den streitbefangenen Initiativantrag des Personalrats (…) zu Recht mangels eines Initiativrechts nicht weiter betrieben”. Das Beschwerdegericht äußert sich also speziell zum Gang eines Verfahrens, das sich an einen Initiativantrag anschließt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 69 Abs. 3 und 4 LPVG), und zwar zur Rechtmäßigkeit des reinen Unterlassene weiterer Verfahrenshandlungen seitens der angerufenen obersten Dienstbehörde.

Demgegenüber werden in dem als Divergenzentscheidung bezeichneten Beschluß des Senats vom 12. März 1986 mit dem Initiativrecht zusammenhängende Fragen nicht behandelt. Wie sich schon aus dem Leitsatz des Beschlusses vom 12. März 1986 ergibt, ist dort ausgeführt, daß der Dienststellenleiter das Einigungsverfahren nicht abbrechen und die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen dürfe, wenn er das vom Personalrat in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht nicht für gegeben halte. Strittig waren dabei auch nur die Rechtsfolgen einer in bestimmter Weise begründeten Zustimmungsverweigerung (vgl. zu diesem Beschluß im übrigen die weiteren Beschlüsse vom 2. Februar 1990 – BVerwG 6 PB 13.89 – ≪PersR 1990, 114≫ und vom 27. Juli 1990 – BVerwG 6 PB 12.89 – ≪ZBR 1990, 354 mit Anm.≫), also Fragen des durch einen Antrag des Dienststellenleiters eingeleiteten Mitbestimmungsverfahrens, und nicht die Behandlung eines Initiativantrages des Personalrats. Gerade unter dem Blickwinkel der damit verbundenen weiteren Fragen nach der Letztverbindlichkeit einer Entscheidung und nach der Befugnis, sie in dieser Weise zu treffen, nach den rechtlich bedeutsamen Folgen entsprechender vollendeter Tatsachen und nach den bei einer Durchführung der beabsichtigten Maßnahme noch verbleibenden Möglichkeiten eines effektiven Rechtsschutzes (vgl. dazu den Beschluß des Senats vom 27. Juli 1990, a.a.O., einschließlich Anm.) kann diese Unterscheidung zwischen einer aktiven und einer passiven Rolle des Dienststellenleiters durchaus bedeutsam sein.

Im übrigen ist zu den genannten Ausführungen des Beschwerdegerichts festzustellen, daß die Darlegungen mit der Rechtsprechung des Senats jedenfalls insoweit übereinstimmen, als dieser bisher entschieden hat, daß sich Befugnisse und Pflichten von Personalvertretung und Dienststelle gegenseitig bedingen (vgl. BVerwGE 50, 186 ≪197≫); der Personalrat besitze kein Antragsrecht (= Initiativrecht), wenn es um Angelegenheiten gehe, für die allein eine übergeordnete Behörde zuständig sei (z.B. ein Bundesminister für die Änderung einer Beurteilungsrichtlinie), weil dann das Antragsrecht allein der einer übergeordneten Behörde (dem Minister) beteiligungsrechtlich zugeordneten Stufenvertretung (dem Hauptpersonalrat) zustehe (vgl. Beschluß vom 21. Februar 1980 – BVerwG 6 P 77.78 – ≪ZBR 1981, 70, 71≫; vgl. dazu auch Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 70 Rdnr. 5; Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, § 70 Rdnr. 4; Dannhäuser, PersV 1990, 409 ≪420≫); überschreite der Initiativantrag eines Personalrats die ihm gesetzlich eingeräumte Antragsbefugnis, so könne sich jener nicht auf das ihm vom Gesetz eingeräumte Initiativrecht berufen, bestehe auch keine Verpflichtung der angerufenen übergeordneten Behörde, das Stufenverfahren einzuleiten (vgl. Beschluß vom 1. November 1983 – BVerwG 6 P 12.83 – ≪PersV 1985, 475 ff.≫).

2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weicht auch nicht von dem Rechtssatz in dem Beschluß des Senats vom 7. Mai 1981 – BVerwG 6 P 35.79 – ≪Buchholz 238.38 § 60 RPPersVG Nr. 1≫ ab, wonach das Beteiligungsrecht der Personalvertretung nicht dadurch ausgeschlossen werde, daß die von einer Dienststelle beabsichtigte Maßnahme auf einer Anweisung ihrer vorgesetzten und weisungsbefugten Dienststelle beruhe; andernfalls nämlich könne das Mitbestimmungsrecht auf diese Weise unterlaufen werden.

Wie die Beschwerde nicht verkennt, beruht die angegeriffene Beschwerdeentscheidung auf der einzelfallbezogenen Würdigung der konkreten Maßnahme, nämlich daß es sich bei der Anordnung der Landesregierung vom 12. Dezember 1988 nicht um einen Auftrag an die Ministerien oder um eine Weisung handele, die als solche in den einzelnen Dienststellen durch Maßnahmen des Dienststellenleiters umgesetzt werden müßte; dazu stellt das Beschwerdegericht anhand der Umstände des Einzelfalles ausdrücklich klar, die Anordnung der Landesregierung könne weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn so verstanden werden (S. 13 des Beschlusses). Vielmehr geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß „die Landesregierung durch die Anordnung vom 12.12.1988 die Sache an sich gezogen und selbst gegenüber den Angestellten und Arbeitern des Landes entschieden hat”.

Genau dies aber hat der Senat in seinem Beschluß vom 7. Mai 1981 (a.a.O.) für die dort im Streit befindliche Maßnahme ausdrücklich und ebenfalls einzelfallbezogen verneint. Dort heißt es nämlich: „Der Beschluß des Ministerrats selbst enthält keine für die Geschäftsbereiche der obersten Dienstbehörden unmittelbar verbindlichen Regelungen, sondern bringt nur zum Ausdruck, daß die an der Beschlußfassung beteiligten Minister für den Bereich ihrer obersten Dienstbehörden (…) einheitlich handeln und eine dem Beschluß entsprechende Regelung für ihren Dienstbereich treffen sollen.” An diese gänzlich anderen Voraussetzungen aber knüpft der von der Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnete Rechtssatz aus der Entscheidung des Senats maßgeblich an. Zu den vom Beschwerdegericht angesprochenen Fragen des sog. „Selbsteintrittsrechts” der übergeordneten Behörde kann daher die Entscheidung des Senats zwangsläufig keine Aussagen enthalten, besagt sie auch nichts. Die Beschwerdeentscheidung betrifft nach allem einen in wesentlicher Beziehung anderen Sachverhalt.

Die mit der Nichtzulassungsbeschwerde im gegebenen Zusammenhang weiterhin aufgeworfene Frage danach, ob das Beschwerdegericht unter landesverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zutreffend von der Zuständigkeit der Landesregierung für eine solche unmittelbare Regelung ausgegangen ist, was die Beschwerde unter Hinweis auf Schenke ≪PersV 1990, 155 ff.≫ verneint, vermag die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Abweichung von dem genannten Beschluß des Senats ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dieser Beschluß enthält Ausführungen weder zum Verfassungsrecht im allgemeinen noch zum badenwürttembergischen Landesverfassungsrecht im besonderen. Außerdem ist er aufgrund rheinland-pfälzischen Landesrechts ergangen. In Sonderheit aber unterscheidet sich die Verfassung dieses Landes von derjenigen des Landes Baden-Württemberg, soweit es den Wortlaut der vom Beschwerdegericht als maßgeblich zugrunde gelegten Vorschrift des Art. 49 Abs. 2 der baden-württembergischen Landesverfassung einerseits und andererseits den des damit nur teilweise vergleichbaren Art. 105 der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz betrifft. Wie aber schon dargelegt, setzt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Divergenz voraus, daß beide Entscheidungen entweder auf der Grundlage derselben Vorschrift oder aber auf der Grundlage wörtlich übereinstimmender Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts ergangen sind. Beides ist im hier gegebenen Zusammenhang ersichtlich nicht der Fall.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß sich die Beschwerde im gegebenen Zusammenhang zusätzlich auf eine Divergenz zum Beschluß des Senats vom 19. Oktober 1983 – BVerwG 6 P 16.81 – beruft. Dieser Beschluß ist zwar zum baden-württembergischen Landesrecht ergangen. Er enthält aber keine verfassungsrechtlichen Ausführungen. Vielmehr beruht er allein auf der Würdigung des Inhalts und des Zustandekommens des dort in Rede stehenden Beschlusses des Ministerrats und gelangt zu dem Ergebnis, daß nicht dieser, sondern „das Ministerium die Regelung … für seinen Bereich erlassen hat” und sie im übrigen „lediglich von dem Ministerrat politisch gebilligt worden ist” (insoweit in Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 4 nur unvollständig abgedruckt). Auch dabei handelt es sich also um eine Entscheidung anhand solcher Umstände des Einzelfalles, die sich von denen im Ausgangsverfahren wesentlich unterscheiden.

Soweit die Beschwerde im nämlichen Zusammenhang schließlich geltend macht,

nach ihrem Wortlaut könne die Verlautbarung vom 12. Dezember 1988 nicht anders verstanden werden, als etwa das Rundschreiben, das letztlich den mit Beschluß des Senats vom 7. Mai 1981 entschiedenen Streit ausgelöst habe,

kann auch dies die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigen. Denn insoweit macht die Nichtzulassungsbeschwerde keine Rechtssätze geltend, die der Senat und das Beschwerdegericht ihren Entscheidungen zugrunde gelegt hätten. Ohne sich überhaupt auf einen Rechtssatz zu stützen, greift sie damit die Richtigkeit der Würdigung der strittigen Maßnahme durch das Beschwerdegericht nur im Ergebnis an. Auch das kann einer auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

3. Schließlich weicht die Beschwerdeentscheidung nicht von den Beschlüssen des Senats vom 30. November 1982 – BVerwG 6 P 10.80 – ≪Buchholz 238.33 § 52 BrPersVG Nr. 2≫ und vom 1. August 1983 – BVerwG 6 P 8.81 – ≪Buchholz 238.33 § 58 BrPersVG Nr. 3≫ ab. Nach diesen Beschlüssen umfaßt der Begriff der Maßnahme jede Handlung und Entscheidung, die den Rechtsstand der Beschäftigten berührt, auch wenn sie nur dem Gesetzesvollzug dient; demgegenüber seien – wie es dort weiter heißt – lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen der Dienststelle, wenn sie nicht bereits eine beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder mehr oder weniger festlegen, keine Maßnahmen.

Als Rechtssätze der Beschwerdeentscheidung, die hierzu in Widerspruch stehen sollen, bezeichnet die Nichtzulassungsbeschwerde die Ausführungen,

die Landesregierung habe mit der Anordnung über die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst vom 12. Dezember 1988 eine Entscheidung nach außen, nämlich gegenüber den Angestellten und Arbeitern des Landes, getroffen. Sie habe dergestalt eine Regelung mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung gegenüber den Arbeitnehmern des Landes erlassen wollen.

Die Beschwerde meint, damit reichere der Verwaltungsgerichtshof den personalvertretungsrechtlichen Maßnahmebegriff offensichtlich um ein finales Element an, (indem er) „nämlich den Willen, eine gegenüber den Beschäftigten wirksame Maßnahme treffen zu wollen” (genügen lasse). Davon kann jedoch nicht die Rede sein. Denn es geht an dieser Stelle nicht darum, ob eine „Maßnahme” entsprechend der Definition des Senats anzunehmen ist oder nicht, sondern um die Auslegung der Entscheidung nach dem objektiv erkennbaren Willen der Landesregierung. Zudem beruht der angefochtene Beschluß nicht auf der Annahme, daß die Landesregierung eine an sich – wenn an ihrer Stelle eine sonstige Behörde gehandelt hätte – mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne von § 69 Abs. 1 LPVG getroffen hat. Entscheidungserheblich sind vielmehr die Ausführungen, daß die Landesregierung durch die Mittagspausenregelung „die Sache an sich gezogen und selbst gegenüber den Angestellten und Arbeitern entschieden hat”; damit sei „den einzelnen Dienststellen eine Zuständigkeit entzogen, soweit die Arbeitszeitverordnung keinen (…) Spielraum beläßt, (…)” (S. 16/17 des Beschlusses). Weil er der Auffassung ist, daß für die übrigen Landesbehörden der Verlust der Zuständigkeit schon infolge dieses Umstandes eintritt, kommt es, wie der Verwaltungsgerichtshof wörtlich ausführt, „in dem hier erheblichen Zusammenhang – d.h. im Hinblick auf eine Zuständigkeit der einzelnen Dienststellen für Regelungen der Arbeitszeit – nicht darauf an, in welcher Weise die Anordnung der Landesregierung (…) über die amtliche Veröffentlichung durch das Finanzministerium hinaus gegenüber den Beschäftigten zu verlautbaren war, um individuell-konkret für das jeweilige Arbeitsverhältnis wirksam werden zu können” (S. 16 des Beschlusses).

Wenn darüber hinaus das Beschwerdegericht, obwohl es die Wirksamkeit der Mittagspausenregelung für das einzelne Arbeitsverhältnis offenläßt, allein aus dem Umstand, daß die Landesregierung „eine Entscheidung nach außen, nämlich gegenüber den Angestellten und Arbeitern des Landes, getroffen” habe (S. 12 des Beschlusses), auch auf das Fehlen eines Initiativrechts der Personalvertretungen einzelner Dienststellen geschlossen hat, so widerspricht dies – unbeschadet der Frage nach der Zuständigkeit der Landesregierung – im Ergebnis auch sonst nicht der Rechtsprechung des Senats zum Initiativrecht. Wie das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. Beschluß vom 26. Oktober 1983 – BVerwG 6 P 6.83 – ≪PersV 1985, 477 f.≫; ferner BVerwGE 50, 176 ≪183≫; 50, 186 ≪196≫), wird mit dem Initiativrecht in erster Linie „sichergestellt, daß derartige (scil. durch mitbestimmungspflichtige Maßnahmen zu regelnde) Angelegenheiten nicht gänzlich oder unnötig lange ungeregelt bleiben, weil sich die Dienststelle ihrer trotz bestehender Regelungsbedürftigkeit nicht oder nicht rechtzeitig annimmt”. Damit werde „den von der Personalvertretung wahrzunehmenden Belangen genügt, ohne daß die Personalvertretung der Dienststelle die Entscheidung über die jeweilige mitbestimmungspflichtige Maßnahme selbst aus der Hand nehmen oder insoweit auch nur in einen ‚Wettstreit’ mit ihr treten kann”. Auf diesen Sinn und Zweck des der Personalvertretung zustehenden Antragsrechts hat der Senat verschiedentlich zurückgegriffen, wenn es darum ging, Umfang und Grenzen des Initiativrechts zu bestimmen (vgl. auch Dannhäuser, PersV 1990, 409 ≪420 mit Fußn. 53≫). Geht man davon auch hier aus, so dürfte das Initiativrecht schwerlich dafür in Anspruch genommen werden können, der bereits getroffenen Entscheidung einer zuständigen Behörde einen anderen Vorschlag entgegenzusetzen, auch wenn es ganz oder teilweise noch an einer wirksamen Bekanntmachung fehlt; ebensowenig dürfte es dazu dienen, einer erkennbar bevorstehenden Entscheidung mit einem Vorschlag anderen Inhalts zuvorzukommen (vgl. auch Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 70 Rdnr. 1 a; Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 70 Rdnr. 10).

 

Unterschriften

Dr. Niehues, Albers, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

ZBR 1991, 150

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