Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsmarkt, Ablehnung der Zustimmung des Personalrats aus Gründen des –. Vorläufige Regelungen der Dienststelle bei unaufschiebbaren Maßnahmen und Zustimmungsverweigerung des Personalrats aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Zustimmungsverweigerung des Personalrats, vorläufige Regelungen bei – ohne Bezug zu Mitbestimmungstatbeständen

 

Leitsatz (amtlich)

Stimmt der Personalrat einer der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahme der Dienststelle nicht zu, so gilt nach dem Hamburgischen Personalvertretungsrecht – anders als gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG – die Maßnahme auch dann nicht als gebilligt, wenn der Personalrat seine Zustimmung ohne oder mit einer offensichtlich außerhalb seines Mitbestimmungsrechts liegenden Begründung, z.B. aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, verweigert hat. In diesem Falle kann die Dienststelle eine der Natur der Sache nach keinen Aufschub duldende Maßnahme selbst dann vorläufig treffen, wenn damit die endgültige Entscheidung praktisch vorweggenommen wird; es bedarf nicht der Feststellung, daß überragende Gemeinschaftsgüter oder -interessen gefährdet sind. (Wie Beschluß vom 16. Dezember 1992 – BVerwG 6 P 27.92 –.)

 

Normenkette

BPersVG § 69 Abs. 2 S. 5; HmbPersVG §§ 79, 82, 87 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Hamburgisches OVG (Beschluss vom 10.06.1991; Aktenzeichen Bs PH 13/90)

VG Hamburg (Beschluss vom 18.05.1990; Aktenzeichen 1 VG FL 55/89)

 

Tenor

Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Mai 1990 und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz – vom 10. Juni 1991 werden aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller möchte festgestellt wissen, daß sein Mitbestimmungsrecht durch auf § 82 HmbPersVG gestützte vorläufige Regelungen (Erteilung befristeter Lehraufträge für zwölf Lehrkräfte) verletzt worden ist.

Der Beteiligte richtete an die Vorsitzenden der Personalräte für pädagogisches Personal ein Schreiben vom 14. September 1989, in dem er mitteilte, es stünden ab 1989 jährlich 1,4 Mio. DM als Mittel für befristete Vertretungen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall zur Verfügung. Dies entspreche ca. 20 000 Stunden Mehrarbeitsvergütung und ca. 25 000 Stunden Vergütung für Lehraufträge. Die Mittel sollten für Mehrarbeit, Lehraufträge und befristete Aufstockung bzw. Unterbrechung von Teilbeschäftigungen oder Beurlaubungen eingesetzt und in bestimmtem, dem kurzfristigen Krankenausfall entsprechenden Verhältnis auf die Schulformen verteilt werden. Das Vorhaben müsse von der Ausstattung der Lehrerstellen deutlich abgegrenzt werden; auch eine Aufstockung der für langfristigen Krankenausfall bereits vorhandenen 435 Vertreterstellen komme aus organisatorischen Gründen nicht in Betracht. Die konstruktive Mitarbeit der Personalvertretungen bei der Umsetzung werde erbeten.

Die Personalräte antworteten mit Schreiben vom 10. Oktober 1989, sie lehnten bezahlte wie unbezahlte Mehrarbeit weiterhin grundsätzlich ab und würden die Kollegen auffordern, sich zu Mehrarbeit nicht bereitzufinden. Sie hätten kein Verständnis dafür, daß Mehrarbeit geleistet werden solle, obschon noch viele ausgebildete Lehrer arbeitslos seien. Auch wegen der Lehraufträge müßten sie sich den Vorstellungen der Dienststelle verschließen. Hinzu komme, daß Lehraufträge unterwertige und unsoziale Beschäftigungsverhältnisse bildeten, auch pädagogisch fragwürdig seien und Hoffnungen auf Einstellung erweckten, die dann enttäuscht würden. In besonders gelagerten Fällen würde Lehraufträgen zugestimmt werden. Die befristeten Aufstockungen von Teilzeitverträgen wirkten beschäftigungspolitisch kontraproduktiv. Notwendig sei es, die Gelder für zusätzliche Planstellen und damit zur Einstellung arbeitsloser Lehrer zu verwenden.

Dem trat der Beteiligte mit Schreiben vom 26. Oktober 1989 entgegen. Er führte u.a. aus, es sei nicht Aufgabe des Personalrats, Grundsatzresolutionen zu initiieren oder zu befördern, die dem Dienstrecht offen zuwiderliefen. Die Behörde werde die Maßnahmen nunmehr mit Nachdruck, gegebenenfalls durch Eilmaßnahmen, umsetzen.

Im Oktober 1989 hat die Behörde damit begonnen, die zur Verfügung gestellten Mittel in der angekündigten Weise zu verwenden. Im Bereich der Gesamtschulen erbat sie bei dem Antragsteller die Zustimmung zur Erteilung – längstens bis zum 31. Januar 1990 – befristeter Lehraufträge an zwölf Lehrkräfte. Der Antragsteller lehnte die Zustimmung jeweils innerhalb von zwei Wochen ab, wobei er meistens bemerkte, daß dies aus „sozialen, pädagogischen und die Besoldung betreffenden Gründen” geschehe, während er in einzelnen Fällen schrieb, die Ablehnung geschehe „aus sozialen und pädagogischen Gründen” sowie deswegen, weil „aus der Vorlage die Bezahlung nicht” hervorgehe. Die Behörde traf daraufhin je eine vorläufige Regelung dahin gehend, daß die zwölf Lehrkräfte ab bestimmten Tagen im Oktober oder November 1989 im Rahmen je eines befristeten Lehrauftrags eingestellt werden sollten. Der Antragsteller hat daraufhin das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, daß sein Mitbestimmungsrecht durch diese vorläufigen Regelungen verletzt worden ist.

Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 18. Mai 1990 dem Antrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dem Antrag fehle es nicht am Rechtsschutzbedürfnis, obwohl die zugrundeliegenden Ausgangsfälle durch Zeitablauf gegenstandslos geworden seien. Über die dahinter stehende personalvertretungsrechtliche Frage werde es mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wieder Streit zwischen den Verfahrensbeteiligten geben. Durch die im Wege vorläufiger Regelungen vergebenen Lehraufträge sei das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 HmbPersVG verletzt worden. Die Lehrkräfte seien als Arbeitnehmer beschäftigt worden. Diese mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen hätten vor Abschluß des Mitbestimmungsverfahrens nicht verwirklicht werden dürfen. Die deshalb nur möglichen vorläufigen Regelungen hätten nicht den dafür maßgebenden Anforderungen entsprochen. Es habe sich zwar um der Natur der Sache nach unaufschiebbare Maßnahmen gehandelt. Die Behörde sei zu den beanstandeten vorläufigen Regelungen aber nicht befugt gewesen, weil diese auf endgültige Entscheidungen hinausgelaufen seien, überragende Gemeinschaftsgüter oder -interessen seien durch den erwarteten Unterrichtsausfall nicht verletzt worden. Es liege auch nicht der Fall vor, daß der Personalrat seine Zustimmung aus Gründen verweigert habe, die sich offensichtlich keinem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand zuordnen ließen. Das gelte jedenfalls insoweit, als der Antragsteller beanstandet habe, daß der Zustimmungsantrag nicht auf die Bezahlung der zu beauftragenden Lehrkräfte eingegangen sei oder daß er von den „die Besoldung betreffenden Gründen” gesprochen habe. Da die Behörde zur Frage der Vergütung dem Antragsteller gegenüber nichts habe verlauten lassen, habe dieser mit Recht beanstandet, daß er in einer für sein Mitbestimmungsrecht bedeutsamen Frage nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 HmbPersVG sei verletzt. Zwar gelte entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG die Zustimmung des Personalrats dann als erteilt, wenn er sie aus Gründen verweigere, die sich – wie hier unterstellt werde – offensichtlich einem Mitbestimmungstatbestand nicht zuordnen ließen. Der Fachsenat teile jedoch nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, daß in solchen Fällen § 82 HmbPersVG ausnahmsweise gestatte, daß die Maßnahme, wenn sie unaufschiebbar sei, als endgültige – sei es auch nur im praktischen Ergebnis – ausgeführt werden dürfe. Die Rechtsfolgen seien auch nicht dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben zu entnehmen, der im Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Dienststelle und Personalrat eine besondere Ausprägung erfahren habe. Verweigere der Personalrat seine Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten sachlichen Grund, dann werde sein Verhalten vom Recht zwar nicht geschützt. Dieser Rechtsgedanke sei aber mit einer Regelung wie in § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG verbunden, die im Hamburgischen Personalvertretungsrecht keine Entsprechung habe.

Hiergegen hat der Beteiligte die vom Oberverwaltungsgericht ohne Begründung zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus:

Das Oberverwaltungsgericht habe mit Recht „unterstellt”, daß der Antragsteller die verlangte Zustimmung aus Gründen verweigert habe, die offensichtlich außerhalb jeden Mitbestimmungstatbestands lägen. Deshalb werde die Zustimmung des Personalrats fingiert; sie gelte als erteilt. Daher sei eine vorläufige Regelung gar nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls wäre die vorläufige Regelung rechtmäßig, so daß Rechte des Antragstellers nicht verletzt sein könnten.

Wenn nunmehr der Antragsteller den Zweifeln an der rechtlichen Tragfähigkeit seiner bisherigen Praxis Rechnung getragen habe und alle pädagogischen Personalräte ihre formularmäßigen Begründungen der Ablehnung von Maßnahmen zur Vermeidung kurzfristigen Unterrichtsausfalls überarbeitet hätten, so sei dies aus prozessualen Gründen nicht zu berücksichtigen. Den Personalräten gehe es im übrigen nach wie vor nicht um die jeweils einzelnen Personalmaßnahmen, sondern darum, mit Hilfe des Instituts der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten darüber mitzuentscheiden, ob und wie die Behörde die ihr vom Gesetz gestellten Aufgaben erfülle. Die zahlreichen Einigungsstellen, die über die Zustimmung der Personalräte zu Einzelmaßnahmen aus diesem Programm zu entscheiden gehabt hätten, hätten ohne Einzelaufklärung ausnahmslos die Zustimmung der Personalräte ersetzt.

Der Beteiligte beantragt,

den Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juni 1991 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Mai 1990 abzuändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen, hilfsweise, die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er hält den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts im Ergebnis für zutreffend, wenn auch die Begründung bedenklich sei. Wesentlich sei jedenfalls, daß das Hamburgische Personalvertretungsgesetz keine Zustimmungsfiktion enthalte. Wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt habe, seien die getroffenen Regelungen nicht zulässig gewesen, weil § 82 HmbPersVG nicht erlaube, vollendete Tatsachen zu schaffen. Soweit nicht eine der in § 81 Abs. 6 HmbPersVG vorgesehenen Ausnahmen für den Letztentscheid des Hamburger Senats vorliege, solle es beim uneingeschränkten Mitbestimmungsrecht bleiben. Mit der Betonung des Bildungsauftrags durch den Beteiligten vertrage sich keine Personalplanung, bei der es durchgängig wegen einer zu knappen Personaldecke zu Ausfällen komme.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 1992 hat der Antragsteller darauf hingewiesen, daß er seine Zustimmung zur Anordnung von Mehrarbeit sowie zur Vergabe befristeter Lehraufträge und zu befristeten Vertragsaufstockungen nicht mehr mit den Begründungen verweigere, die aus der Akte ersichtlich seien, sondern mit den als Anlagen vorgelegten Begründungen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts und des Beschlusses des Verwaltungsgerichts sowie zur Ablehnung des Antrags des Antragstellers.

1. Der Antragsteller hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts durch die vorläufigen Regelungen des Beteiligten zur Erteilung befristeter Lehraufträge, obwohl diese Zeiten abgelaufen sind. Es handelte sich hierbei nicht um einmalige vorläufige Regelungen, bei denen für ein Begehren eines Personalrats auf nachträgliche Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit kein Rechtsschutzinteresse bestehen dürfte. Vielmehr ist dieses Interesse in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen hier schon deshalb anzunehmen, weil die zugrundeliegende Rechtsfrage zwischen den Beteiligten jederzeit wieder auftreten kann. Offenbar wird das Bestreben des Beteiligten, Unterrichtsausfall u.a. durch Maßnahmen der genannten Art und nicht – wie die Personalräte fordern – durch Vermehrung der Planstellen für Lehrer zu beseitigen, über die Jahre 1989 bis 1991 hinaus weiterverfolgt; dies ergibt sich unter anderem aus den vom Beteiligten vorgelegten Aussetzungsbeschlüssen des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24. Juni 1992.

2. Das Feststellungsbegehren des Antragstellers ist jedoch in vollem Umfange unbegründet, weil die vom Beteiligten getroffenen vorläufigen Regelungen rechtmäßig waren.

Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß es sich dabei um Maßnahmen gehandelt hat, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 HmbPersVG als personelle Angelegenheiten der Mitbestimmung des Personalrats unterlagen und deshalb nach § 79 Abs. 1 des Gesetzes grundsätzlich nur mit Zustimmung des Personalrats hätten getroffen werden dürfen. Bedenken gegen die Annahme mitbestimmungspflichtiger „Einstellungen” lassen sich nicht aus dem Beschluß des Senats vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 15.90 – (Buchholz 252.8 § 80 RhPPersVG Nr. 6 = PersR 1992, 198, dazu kritisch Schneider, PersR 1992, 225) herleiten; danach unterliegt zwar die Einstellung von Aushilfsangestellten, deren Arbeitsvertrag befristet ist, dann nicht der Mitbestimmung des Personalrats, wenn ihre Tätigkeit vorübergehend und geringfügig ist, was dann der Fall ist, wenn sie von vornherein auf die Dauer von nicht mehr als zwei Monaten im Jahr begrenzt ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Derartige Fälle liegen hier aber nicht vor. Nach den Schreiben vom September bis November 1989, mit denen der Beteiligte den Antragsteller um Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung von zwölf Personen, bei denen es sich meist um „Bewerber für den Schuldienst” gehandelt hat, als teilzeitbeschäftigte Lehrbeauftragte ab sofort, befristet bis längstens 31. Januar 1990, gebeten hat, sollte diese Tätigkeit voraussichtlich länger als zwei Monate dauern und auch „berufsmäßig” ausgeübt werden.

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die Maßnahmen des Beteiligten nicht als vom Antragsteller gebilligt anzusehen. Der Senat hat – allerdings aufgrund anderer Gesetzeslage – in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme auch ohne gesetzliche Festlegung der Verweigerungsgründe unbeachtlich ist, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Der Personalvertretung ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis zwar in der vorgeschriebenen Form, aber ohne inhaltlichen Bezug zu einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. Lassen sich die von ihr angeführten Gründe offensichtlich keinem Mitbestimmungstatbestand zuordnen, so gibt die Personalvertretung zu erkennen, daß sie keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Ein derartiges Verhalten ist vom Recht nicht geschützt. Es ist mißbräuchlich und löst deshalb keine Rechtsfolgen aus. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Stellungnahmefrist als gebilligt und kann somit durchgeführt werden (vgl. BVerwG, Beschluß vom 4. April 1985 – BVerwG 6 P 37.82 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 39; Beschluß vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 – BVerwGE 74, 273, 276 = Buchholz 238.3 A § 77 BPersVG Nr. 6 sowie Beschluß vom 6. Oktober 1992 – BVerwG 6 P 25.90 –). Diese Rechtsprechung zur Unbeachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung bei fehlender oder keinem Mitbestimmungstatbestand zuzuordnender Begründung knüpft aber an die Regelung des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG oder entsprechender landesrechtlicher Bestimmungen an, wonach die vom Leiter der Dienststelle beabsichtigte Maßnahme als gebilligt gilt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der gesetzlichen Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert.

Eine der Regelung des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG entsprechende Zustimmungsfiktion enthält das Hamburgische Personalvertretungsgesetz jedoch nicht. Vielmehr kann nach § 80 Abs. 1 dieses Gesetzes die Schlichtungsstelle angerufen werden, wenn es über eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme zwischen der Dienststelle und dem Personalrat zu keiner Einigung kommt oder sich der Personalrat nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erklärt. Scheitert der Schlichtungsversuch oder wird eine Schlichtungsstelle nicht gebildet, so kann nach § 81 Abs. 1 HmbPersVG die Einigungsstelle angerufen werden. Daraus ergibt sich der Wille des Hamburgischen Gesetzgebers, auch bei unbegründeter oder nicht fristgerechter Zustimmungsverweigerung des Personalrats die beabsichtigte Maßnahme der Dienststelle nicht als gebilligt anzusehen, sondern die Dienststelle auf den Weg des Schlichtungs- und Einigungsverfahrens zu verweisen. Ob hiervon etwa dann abgesehen werden kann, wenn ein eindeutiger Rechtsmißbrauch des Personalrats erwiesen ist, der keinen Rechtsschutz durch Fortsetzung des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens verdient, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Dahin gehende Feststellungen haben die Vorinstanzen nicht getroffen.

4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kann die Regelung des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes aber nicht dazu führen, daß eine der Natur der Sache nach unaufschiebbare Maßnahme der Dienststelle, die zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben unabweisbar erforderlich ist, zu unterbleiben hat, weil das Verfahren nach den §§ 80, 81 HmbPersVG noch nicht abgeschlossen ist. Der Konflikt zwischen der Pflicht der Dienststelle, die ihr obliegenden Aufgaben nach Möglichkeit zu erfüllen und hierfür nach außen die Verantwortung zu tragen, einerseits und der Wahrung der Mitbestimmungsrechte der durch den Personalrat repräsentierten Beschäftigten andererseits, ist, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf seine grundsätzlichen und zutreffenden (vgl. dazu Beschluß vom heutigen Tage – BVerwG 6 P 27.91 –) Ausführungen in seinem Beschluß vom 18. Mai 1990 – 1 VG FL 59/89 – zutreffend angenommen hat, auf der Grundlage des § 82 HmbPersVG zu lösen, wie es der Beteiligte mit seinen im Jahre 1989 getroffenen Maßnahmen auch getan hat.

Dieser Lösung steht nicht die Rechtsprechung des Senats entgegen, wonach sich vorläufige Regelungen grundsätzlich auf das zeitlich und sachlich unbedingt notwendige Maß zu beschränken haben und in aller Regel in der Sache jedenfalls so weit hinter der beabsichtigten endgültigen Maßnahme zurückbleiben müssen, daß eine wirksame Ausübung des Mitbestimmungsrechts möglich bleibt; sie dürfen – wie der Senat für den Regelfall weiter ausgeführt hat – grundsätzlich weder dazu führen, daß die gesetzlich vorgeschriebene Mitbestimmung des Personalrats bei der endgültigen Maßnahme tatsächlich verhindert wird, noch dazu, daß hinsichtlich dieser Maßnahme kein Raum mehr für eine im Beteiligungsverfahren zu treffende modifizierte Regelung verbleibt. Diese allgemeinen Grenzen für die Ausgestaltung vorläufiger Regelungen dürfen nach der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 19. April 1988 – BVerwG 6 P 33.85 –, vom 22. August 1988 – BVerwG 6 P 27.85 – und vom 14. März 1989 – BVerwG 6 P 4.86 – Buchholz 250 § 69 BPersVG Nrn. 14, 16 und 18) ausnahmsweise dann überschritten werden, wenn nicht nur ein unverzügliches Handeln des Dienststellenleiters unabweisbar geboten ist, sondern außerdem die von ihm beabsichtigte Maßnahme der Natur der Sache nach Einschränkungen nicht zuläßt. Da ein solches Vorgehen des Dienststellenleiters die Mitbestimmung des Personalrats faktisch ausschließt, hat der Senat bei Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Bestimmungen als weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Vorgehens des Dienststellenleiters, das die Mitbestimmung des Personalrats faktisch ausschließt, verlangt, die durch die Beteiligung des Personalrats eintretende Verzögerung müsse zu einer Schädigung oder konkreten Gefährdung überragender Gemeinschaftsgüter oder -interessen führen, hinter denen der in der Mitbestimmung liegende Schutz der Beschäftigten ausnahmsweise gänzlich zurücktreten muß.

Eine solche konkret drohende Gefährdung überragender Gemeinschaftsgüter beim Unterbleiben der befristeten Anordnungen des Beteiligten zur Vermeidung von Unterrichtsausfall haben die Vorinstanzen nicht angenommen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lassen sich hiergegen keine durchgreifenden Bedenken erheben. Dennoch waren die Anordnungen des Beteiligten hier ausnahmsweise rechtmäßig:

Mit Recht hat das Verwaltungsgericht in seinem oben erwähnten Beschluß in der Sache 1 VG FL 59/89 angenommen, daß die Erfüllung der der Dienststelle im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgaben durch Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung auch dann möglich sein muß, wenn diese Maßnahmen zwar grundsätzlich mitbestimmungspflichtig sind, der Personalrat aber für die Verweigerung seiner Zustimmung keine oder jedenfalls offensichtlich keine einem Mitbestimmungstatbestand zuzuordnenden Gründe vorbringt. Maßnahmen der hier umstrittenen Art müssen zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit auch, wenn sie im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer eines Schlichtungs- oder Einigungsverfahrens faktisch endgültig sind, jedenfalls dann rechtlich zulässig sein, wenn der Personalrat als Träger der Mitbestimmung dagegen nichts oder nichts, was mit einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand zu tun hat, eingewandt hat. Insofern ist die Rechtslage hier anders zu beurteilen als in den bisher vom Senat (a.a.O.) zu § 69 Abs. 5 BPersVG entschiedenen Fällen. Dort war davon auszugehen, daß der Personalrat fristgerecht rechtserhebliche Gründe vorgebracht hat; denn andernfalls würde die Maßnahme als gebilligt gelten, so daß für vorläufige Regelungen kein Bedarf bestünde (§ 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG). Unter diesen Umständen dürfen vorläufige Regelungen, die eine Mitwirkung des Personalrats faktisch ausschließen – wie dargelegt –, nur dann getroffen werden, wenn die Verzögerung zu einer Schädigung oder konkreten Gefährdung überragender Gemeinschaftsgüter oder -interessen führt. Ist wegen der besonderen Dringlichkeit eine Beteiligung des Personalrats (bislang) unterblieben, mag dies ebenso gelten, da sodann noch damit gerechnet werden muß, daß der Personalrat rechtserhebliche Gründe vorträgt, mit denen er die Zustimmung zulässigerweise verweigern kann. Sind die vorgebrachten Gründe indes nicht rechtserheblich – und führt dies wie hier nach Hamburgischem Personalvertretungsrecht nicht schon zu einer Fiktion der Billigung der Maßnahme –, so können vorläufige Maßnahmen auch dann gerechtfertigt sein, wenn überragende Gemeinschaftsgüter nicht gefährdet sind. Denn wenn der Personalrat keine rechtserheblichen Gründe für seine Weigerung vorzubringen hat, ist der Schutz der Beschäftigten, der ihnen im allgemeinen durch die Mitbestimmung gewährt werden soll, nicht oder nur in weitaus geringerem Umfang erforderlich. Im Hinblick darauf ist es nicht gerechtfertigt, vorläufige Regelungen auch, wenn sie eine Mitwirkung des Personalrats faktisch ausschließen, hier ebenfalls an die besondere Voraussetzung der „Gefährdung überragender Gemeinschaftsgüter” zu binden.

Geht man davon aus, daß auch in diesem Falle das eingeleitete Mitbestimmungsverfahren mindestens so lange zügig fortzusetzen ist, bis sich die Maßnahme endgültig erledigt hat, so werden die Interessen der durch den Personalrat repräsentierten Beschäftigten nicht unangemessen zurückgestellt; diese Interessen sind dadurch zu wahren, daß das Schlichtungs- und Einigungsverfahren unter größtmöglicher Beschleunigung durchzuführen ist, damit ein Optimum an Beteiligung erreicht wird. Darauf, daß auch bei einer solchen Beschleunigung das personalvertretungsrechtliche Verfahren nicht abgeschlossen werden kann, bevor die von der Dienststelle festgelegte Frist für das Ende von Beschäftigungsverhältnissen abgelaufen ist, kann es jedenfalls dann nicht ankommen, wenn bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Personalrats das Interesse des Personalrats zurücktreten muß, weil er keine schützenswerten Gründe für die Verweigerung seiner Zustimmung vorgebracht hat.

Dem Verwaltungsgericht, dessen Entscheidung im Ergebnis vom Oberverwaltungsgericht bestätigt worden ist, kann allerdings nicht mit seiner zur Stattgabe des Antrages des Antragstellers führenden Erwägung gefolgt werden, die Erteilung der befristeten Lehraufträge durch vorläufige Regelungen sei deshalb unzulässig gewesen, weil der Antragsteller zur Begründung seiner Ablehnung in jedem Einzelfall Gründe angegeben und sich nicht nur stillschweigend auf die Stellungnahme der Personalräte für das pädagogische Personal vom 10. Oktober 1989 bezogen habe. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht hierzu auf die vom Antragsteller zwar in jedem Einzelfall, aber nicht individuell, sondern ganz allgemein gegebene Begründung hingewiesen, der Zustimmungsantrag des Beteiligten sei nicht auf die Bezahlung der zu beauftragenden Lehrkräfte eingegangen oder die Zustimmung werde auch aus die Besoldung betreffenden Gründen abgelehnt. Mit seiner Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats zum Umfang der Mitbestimmung des Personalrats bei Einstellungen (insbesondere Beschluß vom 15. November 1989 – BVerwG 6 P 2.87 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 73) u.a. hinsichtlich der Eingruppierung berücksichtigt das Verwaltungsgericht nicht genügend die in allen Fällen gegebene allgemeine Ablehnungsbegründung, mit der der Antragsteller den beabsichtigten Lehraufträgen „aus sozialen und pädagogischen Gründen” seine Zustimmung versagt hat. Ebenso wie in dem erwähnten Parallelverfahren BVerwG 6 P 27.91, dessen Gegenstand u.a. auch die Erteilung eines befristeten Lehrauftrages gewesen ist, handelt es sich hier ersichtlich um pauschale Begründungen, die sich auf sämtliche vom Beteiligten im Rahmen seines Programms beabsichtigten Maßnahmen beziehen. Die hier in jedem Einzelfall z.T. handschriftlich angebrachten Vermerke über die Ablehnung derartiger Lehrauftrage ändern daran nichts. Sie beziehen sich nicht auf den Einzelfall des jeweiligen Kandidaten für die Erteilung eines Lehrauftrages, sondern stehen nach dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt in unlösbarem Zusammenhang mit der allgemeinen Ablehnung der vom Hamburger Senat und vom Haushaltsgesetzgeber ermöglichten Maßnahmen zur Verminderung von Unterrichtsausfall. Diese offensichtlich aus arbeitsmarktpolitischen Erwägungen eingenommene Verweigerungshaltung entspricht aber nicht den gesetzlichen Aufgaben des Personalrats und liegt außerhalb eines Mitbestimmungstatbestandes (vgl. dazu auch Hess. VGH, NVwZ RR 1992, 570; BayVGH, Beschluß vom 5. Juni 1991 – 18 P 91.00945).

Da das Verhalten des Antragstellers, wie es in dem Schreiben der Personalräte vom 10. Oktober 1989 angekündigt worden war und auch hier nach dem gesamten, unstreitigen Zusammenhang Grundlage der Zustimmungsverweigerungen gewesen ist, außerhalb jeder Mitbestimmungsbefugnis lag, entsprach eine Konfliktlösung durch die vom Beteiligten getroffenen vorläufigen Regelungen dem Sinn und Zweck des § 82 HmbPersVG. Nur durch sie konnte unnötiger Unterrichtsausfall vermieden und dem Willen des Haushaltsgesetzgebers nach Möglichkeit Rechnung getragen werden, auch wenn im Hinblick auf die Befristung der Regelungen faktisch endgültige Verhältnisse geschaffen wurden. Ähnlich wie bei einstweiligen Anordnungen nach § 123 Abs. 1 VwGO aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise Regelungen getroffen werden können, die die Hauptsacheentscheidung vorwegnehmen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache höchstwahrscheinlich zu spät kommen würde und dadurch unzumutbare Nachteile entstehen würden (vgl. dazu Kopp, VwGO, 9. Aufl., § 123 Rn. 13), kann die Behörde auch im Rahmen des § 82 HmbPersVG vorläufige Regelungen treffen, wenn sie anders ihrer Verantwortung zur Aufgabenerfüllung nach außen nicht gerecht werden kann.

Soweit der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemacht hat, er verweigere seine Zustimmung zur Anordnung von Mehrarbeit, zur Vergabe befristeter Lehraufträge sowie zu befristeten Vertragsaufstockungen nicht mehr mit den bisher aktenkundigen Begründungen, sondern mit den seinem Schriftsatz vom 25. Juni 1992 beigefügten Begründungen, handelt es sich um eine neue Tatsache, die im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden kann und die im übrigen nicht die Maßnahmen des Beteiligten aus dem Jahre 1989 betrifft, die Gegenstand dieses Verfahrens sind. Dieses neue Vorbringen des Antragstellers deutet überdies darauf hin, daß er weiterhin die Verwirklichung des Programms des Hamburger Senats zur Vermeidung kurzfristigen Unterrichtsausfalls durch allgemeine, also nicht einzelfallbedingte, formularmäßige Verweigerung seiner Zustimmung verhindern will. Dies dürfte ebensowenig im Rahmen eines Mitbestimmungstatbestandes liegen wie das bisherige Verweigerungsverhalten der Personalräte.

 

Unterschriften

Niehues, Nettesheim, Ernst, Seibert, Vogelgesang

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214300

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