Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.12.2022; Aktenzeichen 2 A 10896/20.OVG)

VG Trier (Urteil vom 27.08.2019; Aktenzeichen 7 K 1570/19.TR)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 35 000 € festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

Der Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.

Rz. 2

1. Der 1987 geborene Kläger wurde im Juli 2015 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Forstrat in den Dienst des Beklagten ernannt. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2018 verfügte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Wirkung vom 1. Juli 2019 die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender Bewährung mangels charakterlicher Eignung. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Entlassung abgewiesen. Im ersten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Dieses erste Berufungsurteil hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Mai 2022 - 2 B 41.21 - (Buchholz 232.01 § 23 BeamtStG Nr. 3) wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz aufgehoben; die Sache wurde zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Auch im zweiten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Rz. 3

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Entlassung des Klägers sei rechtmäßig. Die Feststellung seiner mangelnden Bewährung in der Probezeit sei nicht zu beanstanden. Nach Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung sei die vom Beklagten in der Entlassungsverfügung getroffene Wertung nachvollziehbar, dass es dem Kläger an der Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion, der Einsichtigkeit gegenüber Vorgesetzten, dem erforderlichen Maß an Kritik- und Kooperationsfähigkeit sowie an respektvollem Verhalten gegenüber Vorgesetzten und der notwendigen Loyalität fehle. Der Kläger habe die nach dem Abschuss eines Hirsches im August 2017 ergangene Anweisung des Dienstherrn missachtet, sich zukünftig in Zweifelsfällen bei der Klassenzuordnung des bejagten Wildes mit dem Abschuss zurückzuhalten und sich der mit dem jagdlichen Verhalten verbundenen Außenwirkung bewusst zu werden. Im September 2017 habe er erneut zwei weitere Hirsche erlegt. Das charakterliche Defizit des Klägers habe sich darüber hinaus nicht nur in den aktenkundigen und gerichtsbekannten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit seinen Bewerbungen auf verschiedene Leitungsstellen von Forstämtern gezeigt, sondern nach der glaubhaften Zeugenaussage seines früheren Vorgesetzten, Forstdirektor B., auch in seinem Verhalten im Forstamt T. Der Kläger könne bei der Verfolgung seiner eigenen, aus seiner Sicht berechtigten Interessen nicht das erforderliche Maß an Zurückhaltung im Umgang mit Vorgesetzten aufbringen, sondern drohe stattdessen mit dienst- oder (sogar) strafrechtlichen Konsequenzen.

Rz. 4

2. Die auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Rz. 5

a) Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind teilweise bereits nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) oder liegen jedenfalls der Sache nach nicht vor.

Rz. 6

aa) Die von der Beschwerde erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den sog. Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO greift nicht durch.

Rz. 7

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur der Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Beweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 - juris Rn. 15 und vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - juris Rn. 17). Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie Beschlüsse vom 23. September 2013 - 2 B 51.13 - juris Rn. 19 und vom 28. März 2017 - 2 B 9.16 - juris Rn. 17).

Rz. 8

(1) Die von der Beschwerde unter II. 2.a) und b) erhobenen Verfahrensrügen der aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts sind unbegründet. Eine solche Verfahrensrüge setzt die schlüssig vorgetragene Behauptung voraus, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, sodass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss also "zweifelsfrei" sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338; Beschlüsse vom 19. November 1997 - 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 und vom 2. November 1999 - 4 BN 41.99 - UPR 2000, 226 f.). Daran fehlt es.

Rz. 9

Das Oberverwaltungsgericht hat das Werturteil des Beklagten über die charakterliche Nichteignung des Klägers für hinreichend plausibel gehalten, weil der Kläger u. a. mit den zwei weiteren Hirschabschüssen am 1. September 2017 ein Verhalten gezeigt habe, mit dem er nicht nur eine - für ihn als solche klar erkennbare - Anweisung des höheren Dienstvorgesetzten missachtet, sondern diesen vor der örtlichen Jägerschaft und der Kollegenschaft in der staatlichen Forstverwaltung in außerordentlichem Maße brüskiert habe. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nach dem ersten Hirschabschuss Anfang August 2017 am 24. August 2017 von dem Leiter des Landesbetriebs Forsten im Ministerium, Ministerialdirigent Dr. J., ermahnt worden sei, sich künftig in Zweifelsfällen hinsichtlich der Klassenzuordnung des bejagten Wildes mit dem Abschuss zurückzuhalten und sich stärker der mit seinem jagdlichen Verhalten verbundenen Außenwirkungen für den Landesbetrieb bewusst zu sein (vgl. UA S. 30). Dieser vom Berufungsgericht festgestellte Inhalt der Weisung widerspricht nicht den tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. Oktober 2018 - 7 K 3641/18.TR -. Zwar hat das Verwaltungsgericht in dieser Entscheidung festgestellt, dass die Weisung vom 24. August 2017 neben der Handlungsvorgabe zur Klassenzuordnung des bejagten Wildes keine anderen konkreten Verhaltensanordnungen an den Kläger enthalten hat (vgl. UA S. 14 f.). Diese Feststellung hat sich aber allein auf das Fehlen anderweitiger Handlungsvorgaben im jagdrechtlichen Sinn bezogen. Streitgegenstand des Klageverfahrens - 7 K 3641/18.TR - war die Anfang 2018 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Jagduntersagung für die Jahre 2018 bis 2020, deren Rechtmäßigkeit - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen - einen schwerwiegenden Verstoß gegen jagdrechtliche Vorschriften oder Vorgaben des Forstamtes voraussetzt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb keine negativen Tatsachenfeststellungen in dienstrechtlicher Hinsicht getroffen, die vom Berufungsgericht bei der Entscheidungsfindung als bindend (§ 121 VwGO) zugrunde zu legen gewesen wären. Davon ist das Berufungsgericht auch zutreffend ausgegangen (vgl. UA S. 32, 34).

Rz. 10

Weiter liegt keine aktenwidrige Feststellung des Sachverhalts vor, soweit das Berufungsgericht ein Eignungsdefizit auch aus der Tatsache abgeleitet hat, dass sich der Kläger nach dem Abschuss zwei weiterer Hirsche am 1. September 2017 auf eine angebliche Billigung seines direkten Vorgesetzten M., Leiter des Forstamtes H., berufen habe (vgl. UA S. 33 letzter Absatz). Bei dieser Feststellung handelt es sich um die Wiedergabe dessen, was der Kläger zur Rechtfertigung seines Verhaltens geäußert hat. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht in Widerspruch zur Zeugenaussage des Forstamtsleiters H. gesetzt, die im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. Oktober 2018 - 7 K 3641/18.TR - wiedergegeben ist und die Erfüllung des Mindestabschussplans betraf (vgl. UA S. 15). Auch die vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Verteidigungshaltung des Klägers offenbare ein mangelndes Dienstverständnis (vgl. UA S. 34 erster Absatz), ist nachvollziehbar.

Rz. 11

(2) Die Rüge der Beschwerde (Beschwerdebegründung II.2.c), das Berufungsgericht habe die dem Kläger in der Entlassungsverfügung vorgeworfene Uneinsichtigkeit gegenüber Vorgesetzten und fehlende Selbstreflektion auch aufgrund des Umstands als plausibel angesehen, dass der Kläger seine Bewerbungen auf Leitungsfunktionen aufrechterhalten habe, führt nicht auf einen Verstoß gegen Denkgesetze. Einen solchen Schluss hat das Berufungsgericht nicht gezogen. Es hat ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger weder die Bewerbungen auf Leitungsfunktionen noch den in diesem Zusammenhang in Anspruch genommenen Rechtsschutz zum Vorwurf gemacht habe (vgl. UA S. 38 vierter Absatz). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass sich in der besonderen Art und Weise der geführten Rechtsbehelfsverfahren, ihrem Umgang damit gegenüber Außenstehenden sowie in der Art und Weise ihrer Androhung gegenüber dem Dienstherrn charakterliche Defizite des Beamten zeigen können und solche der Dienstherr im Fall des Klägers nachvollziehbar als gegeben angesehen hat.

Rz. 12

(3) Ebenso wenig liegt eine aktenwidrige, gegen die Denkgesetze verstoßende oder sonst von objektiver Willkür geprägte Würdigung der Aussage des Zeugen Forstdirektor B. durch das Berufungsgericht vor. Das Berufungsgericht ist in revisionszulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund des persönlichen Eindrucks des Zeugen auszuschließen sei, dass dieser Beamte auf den Kläger - wie dieser aber wohl mutmaße - "angesetzt" gewesen sei, um ihn aus dem Dienstverhältnis zu entlassen (vgl. UA S. 40). Die Überzeugungsbildung steht entgegen der Beschwerde (Beschwerdebegründung II.2.d) nicht in einem unauflösbaren Widerspruch zum Inhalt der E-Mail des Regierungsdirektors F. vom 25. September 2018 (Verwaltungsakte Beiakte 3, Bl. I/44). Danach war dem Forstdirektor B. der Führungsauftrag erteilt worden, den in das Forstamt versetzten Kläger in seiner persönlichen Entwicklung in den Bereichen Kommunikation und Außenwirkung zu fördern und ihn unter enger Leitung zu unterstützen. Eine negative Zielsetzung oder Konnotation des Führungsauftrags ergibt sich daraus nicht.

Rz. 13

(4) Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beschwerde, aus der aktenkundigen E-Mail vom 25. September 2018 folge zudem, dass die Aussage des Zeugen B., keinerlei Vorgaben erhalten zu haben (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2022, S. 8), wahrheitswidrig sei und deshalb nicht Grundlage der Überzeugungsbildung sein könne. Der Einwand der Beschwerde ist konstruiert. Er bezieht sich auf eine einzelne Äußerung des Zeugen B., ohne sie in den Kontext der gesamten Zeugenaussage zu stellen. Der Zeuge B. hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2022 (vgl. S. 4 ff.) erklärt, dass dem Kläger mit seiner Versetzung die Gelegenheit gegeben werden sollte, seine Fähigkeiten in einer neuen beruflichen Umgebung weiterzuentwickeln und seine Fähigkeiten in der Verwaltung in einer Weise zu verändern, dass seine Kompetenzen, insbesondere in seinem Verhalten gegenüber Vorgesetzten, gefördert würden; wie die Führungsfunktion gegenüber dem Kläger im Dienstbetrieb wahrgenommen werden sollte, sei nicht vorgegeben worden, sondern ihm überlassen geblieben.

Rz. 14

(5) Revisionszulassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass es keine Anhaltspunkte für die Annahme gebe, der Zeuge B. habe den Kläger dazu aufgefordert, auf seine Rechte zu verzichten (vgl. UA S. 42). Das Berufungsgericht hat die von der Beschwerde zitierten Passagen aus den Vermerken vom August und September 2018 (vgl. Beschwerdebegründung S. 11 ff.) und die darauf bezogenen Bekundungen des Zeugen B. plausibel dahin gewürdigt, dass es dem Zeugen B. darum gegangen sei, beim Kläger in der von ihm gezeigten, sich stetig steigernden Rigorosität im Umgang mit den zahlreichen eingeleiteten Rechtsbehelfs- und Klageverfahren gegen seinen Dienstherrn einen Perspektivwechsel und ein Umdenken zu erreichen (vgl. UA S. 42 f.).

Rz. 15

bb) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich, das Berufungsgericht habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, weil es den im Auftrag der G. GmbH tätigen Auditor S. nicht als Zeugen vernommen habe.

Rz. 16

Eine Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum einen die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände aus der materiell-rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Zum anderen muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 ≪217 f.≫ und Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n. F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14, vom 29. März 2017 - 2 B 26.16 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 13 Rn. 7 f. und vom 10. Dezember 2020 - 2 B 6.20 - NVwZ-RR 2021, 469 Rn. 7 f.).

Rz. 17

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung des Berufungsgerichts vom 13. Dezember 2022 auf die Vernehmung des Zeugen S. verzichtet (vgl. Protokoll S. 16). Die Beschwerde zeigt nicht auf, aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht nach dem erklärten Verzicht gleichwohl eine Einvernahme des Zeugen hätte aufdrängen sollen. Die Beschwerde legt auch im Übrigen keine Umstände dar, die Anlass für weitere Ermittlungen durch das Berufungsgericht gegeben hätten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das bei dem Beklagten von einer Zertifizierungsstelle durchgeführte FSC-Audit auch behördeninterne Personalangelegenheiten umfasst hat, sind weder benannt worden noch sonst ersichtlich.

Rz. 18

cc) Soweit die Beschwerde im Übrigen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts angreift, erschöpft sich das Vorbringen darin, die eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts zu setzen. Dies vermag einen Verfahrensmangel i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zu begründen.

Rz. 19

b) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Rz. 20

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 68 Rn. 3).

Rz. 21

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,

"ob der Dienstherr anlässlich der Entscheidung über die Bewährung des Beamten zum Ende der Probezeit vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG berechtigt ist, die Inanspruchnahme von Rechtsschutz des Beamten gegen den Dienstherrn per se unter dem Gesichtspunkt des Erfordernisses einer uneingeschränkten Loyalität, fehlender Kritikfähigkeit und fehlender Selbstreflektion negativ zu würdigen, zumal dann, wenn die Inanspruchnahme von Rechtsschutz (teilweise) Erfolg hatte",

führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Beschwerde hat die Grundsatzrüge unter die Bedingung gestellt, dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft angenommen hat, dass sich in der besonderen Art und Weise der geführten Rechtsbehelfsverfahren, ihrem Umgang damit gegenüber Außenstehenden oder in der Art und Weise ihrer Androhung gegenüber dem Dienstherrn charakterliche Defizite des Beamten gezeigt haben. Durchgreifende Verfahrensrügen hat die Beschwerde aber - wie ausgeführt - nicht geltend gemacht.

Rz. 22

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16187540

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge