Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

Tatbestand

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 10 Abs. 2 und § 12 des Landesjustizkostengesetzes Baden-Württemberg (LJKG) in der durch das Gesetz zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes und des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 28. Juli 2005 (GBl S. 580) ab dem 1. Januar 2006 geltenden Fassung.

I.

Der Beschwerdeführer – ein Amtsnotar in Baden – rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG. Er trägt im Wesentlichen vor, die Neuregelung sei kompetenzwidrig erlassen worden. Bei den Gebührenanteilen der Notare handle es sich um Besoldungsbestandteile, die der ausschließlichen Regelungszuständigkeit des Bundes unterfielen. Aus Art. 138 GG folge nichts anderes, weil dem Landesgesetzgeber hieraus lediglich eine Anpassungskompetenz zukomme, nicht jedoch die Befugnis einer grundsätzlichen Änderung. Schließlich verstoße die vorgesehene Neuregelung gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung, weil der Notar künftig zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf die Vereinnahmung von Gebühren bei den Bürgern verwiesen worden sei. Dies widerspreche dem Grundsatz, dass der angemessene Unterhalt durch das Beamtengehalt selbst gewahrt sein müsse. Bei Lichte betrachtet verwende der Staat die Notare künftig als private Inkassostelle. Die hierin liegende unangemessene einseitige Verfolgung fiskalischer Interessen sei mit dem Fürsorgeprinzip nicht zu vereinbaren. Dies ergebe sich schon aus dem erheblichen Rechtsrisiko, dem die Amtsnotare in Zukunkft ausgesetzt würden. Schließlich liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil der den Notaren in Württemberg verbleibende Selbstbehalt höher angesetzt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. Eine abschließende Sperrwirkung kommt den bundesgesetzlichen Vorgaben nicht zu. Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unterfällt die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Notariats der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 72 GG; entsprechendes gilt nach Art. 74a Abs. 1 GG für die Besoldung. Demgemäß haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht Gebrauch gemacht hat. Zu den in der Bundesnotarordnung (BNotO) geregelten Angelegenheiten des Notariats gehört auch die Frage, ob die Notare Anteile der von ihnen vereinnahmten Gebühren abzuliefern oder Abgaben hiervon zu leisten haben. Dementsprechend sehen § 113 Abs. 8 sowie § 113a Abs. 8 BNotO eine Abgabenpflicht zu Gunsten der Notarkassen vor. Dies ist vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gebilligt worden; die Beanstandung im Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juli 2004 bezieht sich allein darauf, dass die Vorgaben für die Organisation der Selbstverwaltungsorgane dem Parlamentsvorbehalt nicht genügten (vgl. BVerfGE 111, 191 ≪218 ff.≫).

Für das badische Gebiet hat der Bundesgesetzgeber keine Regelung getroffen; vielmehr ordnet § 115 Abs. 3 Satz 1 BNotO die Nichtgeltung des Gesetzes ausdrücklich an. Um der Einrichtungsgarantie des Art. 138 GG Rechnung zu tragen, wird überdies klargestellt, dass die Vorschriften über die Dienstverhältnisse der Notare unberührt bleiben (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 2 BNotO). Diese finden ihre Rechtsgrundlage jedoch – seit jeher – im Landesrecht (vgl. Sandkühler, in: Arndt/Lech/Sandkühler, BNotO, 4. Aufl., 2000, § 115 Rn. 6; Eylmann/Vaasen, Bundesnotarorndung, Beurkundungsgesetz, 2. Aufl., 2004, § 115 BNotO Rn. 1). Eine Sperrwirkung für das Tätigwerden des Landesgesetzgebers nach Art. 72 Abs. 1 GG kann den bundesrechtlichen Regelungen mithin nicht entnommen werden.

2. Soweit mit der Verfassungsbeschwerde ein Verstoß gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation geltend gemacht wird, ist zunächst klarzustellen, dass dieser nicht durch die Einführung der Gebührengläubigerschaft der badischen Amtsnotare bewirkt werden kann. Vielmehr kann sich die finanzielle Schlechterstellung einzelner Notare nur aus der Neuordnung des Gebührenanteilsystems ergeben. Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG liegt auch durch diese Regelungen indes nicht vor. Denn jeder badische Amtsnotar erhält unabhängig von den zusätzlich anfallenden Gebührenanteilen eine Besoldung, die mindestens der Besoldungsgruppe R 1 entspricht. Dass hierin eine verfassungsrechtlich relevante Unteralimentierung liegen könnte, hat die Beschwerde selbst nicht dargelegt. Eine Bestandsgarantie für die neben der Besoldung in der Vergangenheit belassenen Gebührenanteile kann Art. 33 Abs. 5 GG jedoch nicht entnommen werden.

3. Die beanstandete Neufassung verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sachliche Gründe für eine Differenzierung der Gebührenanteile im badischen Rechtsgebiet und in Württemberg sind schon deshalb gegeben, weil den badischen Amtsnotaren Personal- und Sachausstattung komplett gestellt werden. Im württembergischen Landesteil dagegen herrscht eine Mischfinanzierung, bei der den Notaren der Büroaufwand nicht vollständig abgenommen wird. Die unterschiedliche Bemessung der den Notaren zufließenden Gebührenanteile lässt sich daher bereits durch das je unterschiedliche Finanzierungssystem rechtfertigen. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Besoldung der Notare im württembergischen Landesteil niedriger angesetzt ist; hier erfolgt eine Eingruppierung nicht in die Besoldungsgruppe R 1, sondern in die Besoldungsstufen A 13 bis A 14. Schließlich ist in der Gesetzesbegründung auch auf strukturelle Unterschiede in den Rechtsgebieten hingewiesen worden: die stärkere Belastung der im württembergischen Rechtsgebiet bestellten Notare mit Geschäften der freiwilligen Gerichtsbarkeit und die schwächere Besetzung der württembergischen Notariate mit Unterstützungskräften (vgl. LDrucks 13/3965, S. 11). Anhaltspunkte für die Willkürlichkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Differenzierung sind mithin nicht ersichtlich.

4. Soweit die Beschwerde schließlich einen Verfassungsverstoß darin erblicken will, dass die badischen Notare künftig dazu gezwungen sind, im eigenen Namen Gebühren für die Staatskasse zu erheben, erweist sich die Verfassungsbeschwerde ebenfalls als unbegründet. Für den parallel gestalteten Fall der von Ärzten zu erhebenden Praxisgebühr ist dies durch Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 – 1 BvR 787/04 – (veröffentlicht in JURIS) bereits entschieden worden.

5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Broß, Di Fabio, Landau

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1986060

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