Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 11.12.1997; Aktenzeichen III Qs 275/97)

AG Neuss (Beschluss vom 21.11.1997; Aktenzeichen 9 Bs 1/97)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig (1.). Im übrigen liegen die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vor (2.).

  • Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich dagegen wendet, daß der Beschwerdeführerin ihre eigenen notwendigen Auslagen auferlegt wurden. Hinsichtlich dieses Teils der Kostenentscheidung hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg nicht ordnungsgemäß erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Insoweit hat sie gegen die Entscheidung des Amtsgerichts keine sofortige Beschwerde eingelegt.
  • Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Auferlegung der Kosten und der notwendigen Auslagen der Privatkläger wendet, liegen die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vor.

    a) Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu. Geltung und Reichweite der Unschuldsvermutung sind grundsätzlich geklärt (BVerfGE 74, 358 ≪370 ff.≫; 82, 106 ≪114 ff.≫; vgl. auch Beschluß der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Oktober 1990 – 2 BvR 340/89 –, NJW 1991, S. 829 f. und vom 1. Dezember 1991 – 2 BvR 260/91 –, NJW 1992, S. 1611).

    b) Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen ebenfalls nicht vor.

    aa) Ein besonders schwerer Nachteil im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe b, 2. Halbsatz BVerfGG ist nicht ersichtlich. Für eine existentielle Betroffenheit durch eine Kosten- und Auslagenentscheidung, die die Beschwerdeführerin insgesamt mit deutlich weniger als 1.000 DM beschwert, besteht kein Anhaltspunkt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25≫; 74, 78 ≪91≫). Einen Schuldspruch im engeren Sinne, der regelmäßig eine existentielle Betroffenheit indizieren würde (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß des Zweiten Senats vom 9. Juli 1997 – 2 BvR 1371/96 –, NJW 1998, S. 443 f.), gibt es hier nicht.

    bb) Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b, 1. Halbsatz BVerfGG). Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung ist nicht besonders gewichtig.

    Eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25≫) durch das Amts- und Landgericht ist nicht ersichtlich. Die Gerichte verweisen nicht auf eine eigene ständige Rechtsprechung; es ist auch nicht ersichtlich, daß eine solche bestünde.

    Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung beruht schließlich auch nicht auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder auf einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlichen Positionen oder auf einer krassen Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25≫). Zwar hat die Beschwerdeführerin das Landgericht auf die oben (2. a) genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aufmerksam gemacht. Eine “grobe”, “leichtfertige” oder “krasse” Verletzung der Unschuldsvermutung liegt dennoch nicht vor: Obwohl vier Zeugen gegenüber der Polizei die Richtigkeit der Beschuldigung schlüssig und nachvollziehbar bekundet haben, hat die Beschwerdeführerin die Beschuldigung nur pauschal bestritten (“Die behaupteten Äußerungen hat die Beklagte nicht getan.”). Nach dem Beschluß der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Oktober 1990 (NJW 1991, S. 829 ≪830≫) kann schon aus einer solchen Art der Verteidigung auf eine nachvollziehbare Veranlassung zur Privatklageerhebung zu schließen sein, ohne daß es insoweit einer weiteren Aufklärung der Beschuldigung bedürfte.

    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Sommer, Jentsch, Hassemer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1276538

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