Entscheidungsstichwort (Thema)

"Besonders hochqualifizierter Facharbeiter". Bewertung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Schießmeister (jetzt Sprengbeauftragter) im Steinkohlenbergbau gehört iS des Mehrstufenschemas als "besonders hoch qualifizierter Facharbeiter" zur höchsten Gruppe der Arbeiterberufe.

 

Orientierungssatz

Bei der Bewertung, ob jemand zu der herausgehobenen Gruppe der Facharbeiter gehört, ist es auf das für die Tätigkeit selbst erforderliche, den sonstigen Facharbeiter überragende Können, Wissen, sowie das Maß der Verantwortung und Zuverlässigkeit unter Einbeziehung der Folgen unsachgemäßer Arbeitsverrichtung abzustellen. Nicht notwendig dazu gehört die Fähigkeit, die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, denn das wird in aller Regel nur von berufspädagogisch qualifizierten Ausbildern oder Meistern im eigentlichen Sinne verlangt, die meist oberhalb der "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" einzuordnen sind.

 

Normenkette

RKG § 46 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 26.01.1982; Aktenzeichen L 15 Kn 71/80)

SG Duisburg (Entscheidung vom 19.05.1980; Aktenzeichen S 5 Kn 25/79)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zusteht (§ 46 Reichsknappschaftsgesetz -RKG- = § 1246 Reichsversicherungsordnung -RVO-).

Der im Jahre 1938 geborene Kläger war im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ab Juni 1958 als Schlepper, Gedingeschlepper, Lehrhauer und Hauer beschäftigt. Von Dezember 1976 bis Mai 1978 arbeitete er dort als Schießmeister. Ab Oktober 1978 war er im Bergbau über Tage Maschinenwärter und seit August 1979 Magazin- und Schrottplatzarbeiter. Auf seinen Rentenantrag vom 7. August 1978 bewilligte ihm die Beklagte Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nach § 45 RKG. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1978 - bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1979 - lehnte sie dagegen einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ab.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Mai 1980). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, diesem ab Rentenantragstellung die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren (Urteil vom 26. Januar 1982). "Bisherige Berufstätigkeit" des Klägers sei iS des § 46 Abs 2 RKG die Tätigkeit des Schießmeisters, die zu den "besonders hoch qualifizierten Facharbeiten" zu rechnen sei. Er habe wesentlich höher zu bewertende Arbeiten als seine zum Kreis der Facharbeiter zählenden Arbeitskollegen ausgeführt und sich in der Spitzengruppe der Lohnskala befunden. Da er nicht mehr als Facharbeiter tätig sein könne, stehe ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit zu.

Die Beklagte hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Sie rügt Verletzungen der §§ 46 Abs 2 RKG, 1246 Abs 2 RVO, 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach Ansicht der Beklagten ist im Falle des Klägers vom Facharbeiter und nicht vom "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" auszugehen. Der Sprengbeauftragte gehöre nur dann in die oberste Gruppe der Arbeiterberufe, wenn er dem Vergleich mit einem Meister standhalte. Das sei aber nicht der Fall. Nur der Spitzenmann unter den Facharbeitern solle einem "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion" gleichgestellt werden. Im früheren Arbeitsbereich des Klägers sei das der "Lehrsprengmeister". Schließlich befinde sich der Sprengbeauftragte auch nicht in der Spitzengruppe der Lohnskala. Nicht am Wert der Arbeit orientiert seien diejenigen Lohnanteile, die deshalb gezahlt würden, weil der Arbeitnehmer nicht am Gedinge (Akkord) teilnehmen könne. Das LSG hätte sich gedrängt fühlen müssen, zu diesem Punkt weiteren Beweis zu erheben.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Dem Kläger steht die ihm vom LSG zugesprochene Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu, denn die Voraussetzungen des § 46 RKG sind erfüllt.

"Bisheriger Beruf" des Klägers iS des § 46 Abs 2 RKG (= § 1246 Abs 2 RVO) ist die Tätigkeit im Steinkohlenbergbau als Schießmeister (jetzt Sprengbeauftragter). Diesen Beruf hat er nach entsprechender Ausbildung von Dezember 1976 bis Mai 1978 ausgeübt und mußte ihn sodann aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Mit dieser beruflichen Qualifikation ist der Kläger iS des von der Rechtsprechung zur Verweisbarkeit beim Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit entwickelten Mehrstufenschemas zur höchsten Gruppe der Arbeiterberufe zu rechnen. Schießmeister bzw Sprengbeauftragte gehören zu den "besonders hoch qualifizierten Facharbeitern" des Bergbaus.

Um die Zumutbarkeit einer Tätigkeit beurteilen zu können, auf die der Versicherte verwiesen werden kann, ist es sowohl erforderlich, die Qualität des "bisherigen Berufs" als auch die der Verweisungstätigkeit zu bewerten. Als zuverlässiges Indiz sieht das Bundessozialgericht (BSG) dabei in ständiger Rechtsprechung die tarifliche Einstufung an, wobei im allgemeinen davon auszugehen ist, daß diese auf der Qualität der Tätigkeit beruht (vgl aus der neueren Rechtsprechung das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 1. Dezember 1983 - 5b RJ 114/82 - mwN). Schon vor der Neuordnung des Entlohnungswesens im rheinisch- westfälischen Steinkohlenbergbau ab 1. Juni 1971 erhielt der Schießmeister einen höheren Tariflohn als der Hauer. Nach den während der Beschäftigung des Klägers in den Jahren 1976 bis einschließlich 1978 geltenden Lohnordnungen erfolgte die Entlohnung nach der Gruppe 10 unter Tage zuzüglich 15 %. Facharbeiter enthielt bereits die Lohngruppe o8 unter Tage (Metall- und Elektrofacharbeiter) und die Hauer als typische Facharbeiter des Bergbaus befanden sich in den Lohngruppen 09 bis 11 (ohne Zuschlag). Infolge des Zuschlags von 15 % lag der Schießmeister über dem Lohn der - höchsten - Gruppe 11 unter Tage und wurde nur noch vom Aufsichtshauer (11 + 10 %) und vom Betriebsstudienhauer (11 + 15 %) übertroffen.

Die weitere Entwicklung des Tarifgefüges brachte dann ab 1. Mai 1980 die neu geschaffenen Lohngruppen 12 bis 14, wobei der Sprengbeauftragte, wie der frühere Schießmeister nun genannt wird, zur Lohngruppe 13 unter Tage gehört. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG maßgebend die tarifliche Einstufung des "bisherigen Berufs" zur Zeit seiner Ausübung. Denn es liegt im Wesen einer qualitativen Bewertung dieses Berufs, daß sie nur nach den zur Zeit der Ausübung maßgebenden Kriterien vorgenommen werden kann und nachträgliche Änderungen der Bewertungsmaßstäbe außer Betracht bleiben müssen (so BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 41). Durch die Einstufung der Sprengbeauftragten ab 1. Mai 1980 in die Lohngruppe 13 ist aber eine Änderung des Bewertungsmaßstabes nicht erfolgt. Vielmehr sind von da ab lediglich für die vorher mit Zuschlägen bedachten Tätigkeiten der Lohngruppen 10 und 11 unter Tage neue Lohngruppen geschaffen worden. Deshalb kann für die Zuordnung des Schießmeisters zur Gruppe der "besonderes hoch qualifizierten Facharbeiter" auch auf die Rechtsprechung des Senats zurückgegriffen werden, die die Zeit ab 1. Mai 1980 betrifft. Die ebenfalls in die Lohngruppe 13 eingestuften Berufe des tariflich nicht ausdrücklich erfaßten Sicherheitshauers, der einem Aufsichtshauer gleichgestellt worden war, und des Betriebsstudienhauers hat der Senat iS des Mehrstufenschemas zur höchsten Gruppe der Arbeiterberufe als "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gerechnet (so Urteile vom 20. Februar 1980 in SozR 2600 § 46 Nr 5 und vom 24. November 1982 in BSGE 54, 181 = SozR 2200 § 1246 Nr 103). Ebenso ist der Aufsichtshauer (jetzt Lohngruppe 13 unter Tage) - jedenfalls wenn er eine auf ihn delegierte Aufsichtsbefugnis wahrgenommen hat - in gleicher Weise in das Mehrstufenschema unter dem Leitberuf des "Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion" eingeordnet worden (Urteil vom 20. Februar 1980 in BSGE 50, 1 = SozR 2600 § 46 Nr 4). Die prinzipielle Gleichstellung mehrerer in einer Lohngruppe nach qualitätsorientierten Merkmalen zusammengefaßten Tätigkeiten hat der Senat schon im erwähnten Urteil vom 1. Dezember 1983 als Folge der auf die Qualität der Berufstätigkeit abgestellten Betrachtungsweise des § 1246 RVO (= § 46 RKG) herausgestellt. Da grundsätzlich von einer auf der Qualität der Tätigkeit beruhenden tariflichen Einstufung auszugehen ist, ist eine davon abweichende Bestimmung des qualitativen Wertes nur zulässig, wenn feststeht, daß die tarifliche Einstufung nicht dem qualitativen Wert entspricht (so Urteil vom 1. Dezember 1983 aaO mwN).

Die tarifliche Gleichstellung des Sprengbeauftragten in der Lohngruppe 13 unter Tage mit dem Aufsichts- und Betriebsstudienhauer spricht folglich für eine Zugehörigkeit zur obersten Gruppe des Mehrstufenschemas. Dabei ist die Zugehörigkeit zur Spitzengruppe der Lohnskala nicht unbedingt allein auf die oberste Gruppe beschränkt (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn 37 und 79). Das gilt insbesondere, wenn nur für eine einzelne Tätigkeit - wie im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau für den Strebmeister - eine höhere Tarifgruppe geschaffen worden ist (vgl Urteil vom 24. November 1982 aaO). Auch während der Zeit vor dem 1. Mai 1980 befand sich der Schießmeister unter den Arbeiterberufen in der Spitzengruppe der Lohnskala. Diese Spitzenstellung hat der Senat für jene Zeit zur Lohngruppe 11 unter Tage mit 10 % Zuschlag in den Urteilen vom 20. Februar 1982 (aaO) bejaht, weil damit die damals höchste Lohngruppe 11 übertroffen wurde. Nun ist der Schießmeister bis 1980 nur nach der Lohngruppe 10 unter Tage entlohnt worden, aber mit dem Zuschlag von 15 % übertraf er ebenfalls die Gruppe 11. Auch das reicht noch aus, um eine Spitzenstellung in der Lohnskala zu bejahen, denn nach der Lohnordnung vom 1. Mai 1978 belief sich der Lohn der Gruppe 11 auf 93,71 DM und der höchste Lohn der Gruppe 11 zuzüglich 15 % auf 107,77 DM. Mit 102,07 DM lag der Schießmeister näher beim höchsten Lohn als bei der Gruppe 11.

Die Entlohnung des Schießmeisters ist auch qualitätsbezogen. Als Beispiele für eine nicht auf die Qualität der Berufstätigkeit zurückzuführende tarifliche Einstufung hat das BSG Nachteile und Erschwernisse wie Akkord-, Nacht- und Schmutzarbeit angesehen. Im Bergbau darf beim Hauer folglich die Bewertung seiner Tätigkeit nicht anhand des Gedingeverdienstes vorgenommen werden; vielmehr ist von der für ihn maßgebenden Lohngruppe und deren Stellung im Tarifgefüge auszugehen. Die im Vergleich zu anderen Facharbeitern des Bergbaus wie Hauer, Elektro- und Maschinenhauer anders geartete Tätigkeit des Schießmeisters bzw Sprengbeauftragten und ihr genereller Wert hat die Tarifpartner des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus veranlaßt, ihn oberhalb der Hauer einzustufen, so daß er ohne Mehrleistung im Gedinge im Rahmen der Gedingeverdienste entlohnt werden kann. Während der Unterschied zwischen dem Schichtlohn und dem Gedingeverdienst beim Hauer nicht auf der Qualität der Tätigkeit, sondern auf der höheren Leistung beruht, verhält es sich beim Schießmeister bzw Sprengbeauftragten anders. Die Bedeutung seiner Arbeit für die Bergwerksunternehmen ist so groß, daß schon die Bewertung nach Qualitätsmaßstäben zu einem Lohn führt, der vom Hauer nur durch Mehrleistung im Gedinge erzielt werden kann.

Die Beklagte macht mit der Revision geltend, das LSG hätte weitere Ermittlungen dazu durchführen müssen, wie hoch der Lohnanteil beim Schießmeister sei, der ihm wegen des "entgangenen Gedingelohns" gezahlt werde. Die Beklagte meint, dann hätte sich voraussichtlich ergeben, daß der Wert der Arbeit des Sprengbeauftragten um einiges unterhalb der Lohngruppe 13 anzusiedeln sei. Dieses Vorbringen enthält jedoch keine Hinweise auf negative Faktoren, wie etwa Nachteile und Erschwernisse, die für eine qualitätsfremde tarifliche Einstufung sprechen könnten. Allein das Verbot, eine besonders gefahrträchtige Arbeit, die erhöhte Sicherheitsanforderungen notwendig macht, im Gedinge zu verrichten, ist kein Nachteil in diesem Sinne. Vielmehr rechtfertigt dieser Umstand eine qualitätsbezogene höhere Entlohnung. Das Berufungsgericht mußte sich somit nicht gedrängt fühlen, die von der Beklagten für notwendig gehaltenen Ermittlungen anzustellen.

In der tariflichen Einstufung ist daher ein zuverlässiges Indiz dafür zu erblicken, daß im Vergleich zu den in die Lohngruppen 08 bis 11 unter Tage ohne Zuschlag eingestuften Facharbeitern der Schießmeister bzw Sprengbeauftragte wesentlich andere Arbeiten verrichtet und die erwähnten Facharbeiter in der Qualität seiner Berufstätigkeit aufgrund besonderer geistiger sowie persönlicher Anforderungen deutlich überragt. Das wird auch durch die Feststellungen des Berufungsgerichts im angefochtenen Urteil bestätigt. Danach obliegt dem Schießmeister die Durchführung der Sprengarbeiten nach einer Dienstanweisung, dem vom Sprengsteiger aufgestellten und von der Sprengsachverständigenstelle genehmigten Plan unter Berücksichtigung zahlreicher bergbehördlicher Bestimmungen. Die den Beruf des Hauers deutlich übersteigende Qualifikation erhält der Schießmeister durch eine theoretische und praktische Ausbildung. Dazu gehört ein von einer durch das Landesoberbergamt anerkannten Sprengsachverständigenstelle veranstalteter Fortbildungslehrgang mit einer schriftlichen und praktischen Prüfung. Verlangt werden vom Schießmeister eine Reihe von persönlichen Eigenschaften, die nicht jeder Hauer besitzt. Erforderlich sind ein hohes Maß an Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit, Besonnenheit und Autorität sowie Lern- und Aufnahmefähigkeit. Die sprengtechnisch hinsichtlich des Gesteins, Kohlenanteils und Streckenquerschnitts voneinander abweichenden Betriebsverhältnisse verlangen weitgehende Selbständigkeit bei den zu treffenden Entscheidungen. Auch ist der Schießmeister befugt, den an der Sprengarbeit beteiligten Hauern Anweisungen zu erteilen. Die besonderen Gefahren der Schießarbeit bürden ihm hohe Verantwortung für die Sicherheit im Bergbau unter Tage auf.

Nun gibt es außer den Sprengbeauftragten noch sogenannte "Lehrschießmeister", die in der Ausbildung der Schießmeister eingesetzt werden. Dafür enthalten die Lohnordnungen ab 1. Mai 1980 folgenden Zusatz zur Lohngruppe 13 unter Tage: "Sprengbeauftragte, die mit der praktischen Unterweisung zur Erlangung der Sprengberechtigung betraut sind, erhalten für die Dauer der Unterweisungstätigkeit eine Lohnzulage von 7,5 % des Tarifschichtlohnes je Schicht." Der "Lehrschießmeister" hat folglich die Aufgabe, die Schießmeisteranwärter in die praktische Handhabung der Schießarbeit einzuweisen. Mit der Zulage von 7,5 % wird er auf das Lohnniveau des Strebmeisters in der Gruppe 14 unter Tage angehoben. Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, wie die Beklagte meint, von den mit Sprengarbeiten beauftragten Arbeitern nur den "Lehrsprengmeister" als "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" anzusehen. Dieser muß neben den hohen Anforderungen, die der Sprengbeauftragte zu erfüllen hat, noch über pädagogische Fähigkeiten verfügen, die jedoch zur Schießarbeit nicht wesensnotwendig gehören. Bei der Bewertung, ob jemand zu der herausgehobenen Gruppe der Facharbeiter gehört, ist es auf das für die Tätigkeit selbst erforderliche, den sonstigen Facharbeiter überragende Können, Wissen, sowie das Maß der Verantwortung und Zuverlässigkeit unter Einbeziehung der Folgen unsachgemäßer Arbeitsverrichtung abzustellen. Nicht notwendig dazu gehört die Fähigkeit, die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, denn das wird in aller Regel nur von berufspädagogisch qualifizierten Ausbildern oder Meistern im eigentlichen Sinne verlangt, die meist oberhalb der "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" einzuordnen sind.

Die Beklagte geht von überzogenen Anforderungen aus, wenn sie meint, der Facharbeiter in der Spitzenstellung der Arbeiterberufe müsse einem Vergleich mit dem Meister standhalten. Zwar hat der 4. Senat des BSG im Urteil vom 19. Januar 1978 (BSGE 45, 276, 278 = SozR 2200 § 1246 Nr 27) aus einem Tarifvertrag für die Metallindustrie ein Beispiel für Zeitlohnarbeiten höchstwertiger Art, die meisterliches Können voraussetzen, angeführt. Die Qualifikation eines Meisters ist indes damit nicht gemeint, sondern nur ein im Teilbereich an den Meister heranreichendes Können. Auch der "Lehrschießmeister" ist kein Meister im engeren Sinne. Erfaßt werden von der obersten Gruppe des Mehrstufenschemas die Tätigkeiten, die oberhalb der Facharbeiter und unterhalb der Meister einzuordnen sind. Das wird deutlich am "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion", der in aller Regel einen Meister - im Angestelltenverhältnis - über sich hat und dessen Qualifikation nicht erreicht.

Nach den mit der Revision nicht angegriffenen und für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG ist der Kläger seit der Rentenantragstellung gesundheitlich nur noch in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die zur Gruppe der sonstigen Ausbildungsberufe gehören. Darauf kann er jedoch nach alledem als ehemaliger Schießmeister nicht verwiesen werden. Ihm steht somit, da er auch die erforderliche Wartezeit erfüllt hat, die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1662262

BSGE, 132

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