Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsgeld für Angehörige eines NATO-Soldaten. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Der Angehörigen eines Soldaten einer US-amerikanischen NATO-Einheit steht kein Erziehungsgeld nach dem BErzGG zu. Auf sie sind nach Art 13 des NATOTrStatZAbk die im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge nicht anwendbar (so zuletzt BSG vom 25.4.1990 4 REg 3/89).

2. Diese Auslegung des Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZAbk verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1, Art 6 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG.

 

Normenkette

NATOTrStatZAbk Art 13 Abs 1 S 1; GG Art 3 Abs 1; GG Art 6 Abs 1; GG Art 20 Abs 1; BErzGG § 1 Abs 1, § 4 Abs 1, § 5 Abs 2; SGB 1 § 1 Abs 1

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 04.08.1989; Aktenzeichen L 6 Eg 1/89)

SG Mainz (Entscheidung vom 29.11.1988; Aktenzeichen S 4 Eg 2/88)

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld (BErzG) nach dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz -BErzGG-) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I 2154, geändert durch Art 8 des Siebten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 1986, BGBl I 2586).

Die Klägerin, von Beruf Hausfrau, ist deutsche Staatsangehörige und mit dem amerikanischen Staatsangehörigen J.P.                verheiratet, der als Soldat einer US-amerikanischen NATO-Einheit in der Bundesrepublik Deutschland stationiert ist. Aus der Ehe ging am 22. September 1987 die Tochter Michelle hervor, die mit ihren Eltern in einem Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland lebt und von der Klägerin selbst erzogen wird. Den Antrag der Klägerin, ihr für die Höchstdauer bis zum 10. Lebensmonat des Kindes BErzG zu gewähren, lehnte die Stadt Mainz - Jugendamt - mit dem streitigen Bescheid vom 10. November 1987, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid des beklagten Landes - Landesjugendamt - vom 11. Februar 1988, ab.

Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts -SG- Mainz vom 29. November 1988; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Rheinland-Pfalz vom 4. August 1989). Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwar erfülle die Klägerin die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BErzGG. BErzG stehe ihr aber nicht zu, weil sie gemäß Art 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut als Angehörige eines Mitglieds der NATO-Streitkräfte den bundesrechtlichen Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge nicht unterliege. Diese zwischenstaatliche Kollisionsnorm sei verfassungsgemäß.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 1 BErzGG und ihrer Grundrechte aus Art 3 und 6 des Grundgesetzes (GG). Sie trägt vor, die Vorschriften, die ihr als deutsche Staatsangehörige die Vorteile des BErzGG verwehrten, nämlich diejenigen des NATO-Truppenstatutes, seien mit der verfassungsmäßigen Ordnung nicht zu vereinbaren. Art 3 GG sei verletzt, weil sie eine Leistung nicht erhalte, die andere Normadressaten erhielten. Nach dem amerikanischen Recht habe sie keinen Anspruch auf Zahlung von Erziehungsgeld oder ähnlichen Leistungen. Deshalb sei sie schlechter gestellt als Eltern anderer Kinder im Geltungsbereich des BErzGG. Ihr würden also die ihr nach dem deutschen Gesetz als Deutsche zustehenden Leistungen nur aus dem Grund entzogen, daß sie mit einem amerikanischen Truppenangehörigen verheiratet sei. Das verstoße auch gegen Art 6 GG, weil der besondere Schutz von Ehe und Familie nicht mehr gewährleistet sei. Hätte sie ihren jetzigen Ehemann und Vater des Kindes nicht geheiratet, könnte sie Leistungen nach dem BErzGG erhalten. Es könne im Blick auf Art 6 GG nicht gewollt sein, durch die Gesamtumstände weiterhin geradezu zwanghaft dazu anzuleiten, eine Eheschließung und die Begründung einer Familie zu unterlassen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. August 1989 und des Sozialgerichts Mainz vom 29. November 1988 sowie den Bescheid vom 10. November 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 1988 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin Erziehungsgeld entsprechend ihrem Antrag vom 4. November 1987 nach den Vorschriften des BErzGG für die am 22. September 1987 geborene Tochter Michelle zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es vertritt die Ansicht, der Anspruch der Revisionsklägerin auf Gewährung von Erziehungsgeld sei auch im Blick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Juli 1988 (4/11a REg 4/87) zu Recht abgewiesen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie kann für ihre Tochter Michelle kein BErzG beanspruchen.

Keiner Darlegung bedarf, daß die Klägerin nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Senat binden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG), die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BErzGG erfüllt und daß ihr BErzG nach §§ 4 Abs 1, 5 Abs 2 BErzGG jedenfalls für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes zu zahlen wäre, wenn sie zu dem nach diesem Gesetz berechtigten Personenkreis gehörte. Ob ihr darüber hinaus - wie beantragt - die Leistung auch bis zur Vollendung des 10. Lebensmonats zustünde, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden, weil das Berufungsgericht zu Recht davon abgesehen hat, die Einkommensverhältnisse der Ehegatten (§§ 5 Abs 2 ff BErzGG) zu ermitteln. Die Klägerin hat nämlich schon deshalb kein Anspruch auf BErzG, weil die im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen des BErzGG als Teil des Sozialgesetzbuches (SGB) auf sie nicht anwendbar sind.

Die Klägerin lebt zwar als deutsche Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland und hat hier ihren Wohnsitz. Daran hat sich durch die Eheschließung mit einem Soldaten der US-amerikanischen NATO-Streitkräfte nichts geändert. Bestimmungen des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut, BGBl II 1961, 1190) und des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, BGBl II 1961, 1218) fingieren keinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt allein im Entsendestaat (BSG SozR 2200 § 1233 Nr 7; Ausnahmen: Art X des NATO-Truppenstatuts und Art 7 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut). Bei den nach dem NATO-Truppenstatut den ausländischen Truppen überlassenen Liegenschaften handelt es sich auch nicht um exterritoriales Gebiet im völkerrechtlichen Sinn. Ein ggf innerhalb dieser Liegenschaften begründeter Wohnsitz ist demnach ein solcher im Sinne des BErzGG (so für das Kindergeldrecht Schroeter, BKGG, Anhang 1 A 63; vgl auch BSG SozR 1200 § 30 Nr 9 für die Angehörigen einer Auslandsvertretung).

Wie der erkennende Senat bereits durch Urteile vom 12. Juli 1988 - 4/11a REg 4/87 (SozR 6180 Art 13 Nr 5) und vom 25. April 1990 (4 REg 3/89) entschieden hat, stehen der Anwendung des BErzGG in Fällen der vorliegenden Art zwischenstaatliche Kollisionsnormen entgegen: Der Vorrang über- und zwischenstaatlichen Rechts vor inländischen Normen ist in § 30 Abs 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) positiv-rechtlich niedergelegt (BSGE 52, 210, 213 = SozR 6180 Art 13 Nr 3). Die Klägerin fällt als Ehefrau eines Mitglieds der US-Armee unter Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (Art I Abs 1c des NATO-Truppenstatuts - "Angehörige"). Nach dieser Vorschrift werden zwischenstaatliche Abkommen und andere im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge - zu denen gemäß Art I § 1 Abs 1, 6 und § 25 Abs 2, Art II § 1 Nr 20 SGB I das BErzGG zählt - auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und auf Angehörige nicht angewendet, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist. Diese Kollisionsregel, die nach der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften durch das Gesetz vom 18. August 1961 (BGBl II 1183) unmittelbar geltendes Bundesrecht enthält, ist für den hier zu entscheidenden Lebenssachverhalt nicht durch zwischenstaatliches Recht verdrängt worden. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit vom 7. Januar 1976 (BGBl II 1358 iVm dem deutschen Zustimmungsgesetz vom 2. August 1976 - BGBl II 1357) erstreckt sich nach seinem Art 2 Abs 1 nur auf die gesetzliche Rentenversicherung, die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Altershilfe für Landwirte. Der Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Gesetz vom 7. Mai 1956, BGBl II 487) erfaßt zwar unter Art IV Nr 2 Buchst a auch Gesetze und sonstige Vorschriften über Soziale Sicherheit, die ohne Nachprüfung der Bedürftigkeit Leistungen bei Mutterschaft vorsehen. Abgesehen davon aber, daß hierunter nach der Auffassung des Senats die Leistungen nach dem BErzGG nicht fallen, wird hinsichtlich der Anwendung der im Gebiet des anderen Vertragsteils geltenden Gesetze und sonstigen Vorschriften lediglich Inländerbehandlung gewährt. Es handelt sich also um keine zwischenstaatliche Vorschrift, die im Verhältnis zu Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut "ausdrücklich etwas anderes" bestimmt.

Die am Wortlaut orientierte Auslegung von Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut, die zu einer Versagung des Erziehungsgeldes führt, verstößt weder gegen Sinn und Zweck dieses Statuts noch gegen höherrangiges Recht.

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klägerin als deutsche Staatsangehörige nach den NATO-Abkommen nicht anders zu beurteilen als eine Familienangehörige mit der Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Das NATO-Truppenstatut ist als multilaterales Abkommen die rechtliche Grundlage dafür, daß die Truppen einer Vertragspartei "nach Vereinbarung" zur Ausübung des Dienstes in das Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei entsandt werden können (vgl Erläuterungen zur Präambel des NATO- Truppenstatuts in: Denkschrift zum NATO-Truppenstatut und den Zusatzvereinbarungen, BT-Drucks 3/2146 S 223 ff, 226). In diesen Entsendestatus sind die Familienangehörigen eines Mitglieds der Streitkräfte mit einbezogen. Demgemäß sollen nach dem Willen der Vertragsparteien grundsätzlich die Entsendestaaten - und nicht die deutschen Stellen - für die soziale Sicherheit dieser Personen verantwortlich sein (vgl Erläuterungen zu den Zusatzvereinbarungen - Art 13, 56 und 78 - in: Denkschrift aaO S 234, 235). Soweit die NATO-Abkommen eine Rechtsposition davon abhängig machen, daß der Betroffene Staatsangehöriger des Aufnahmestaates ist, wird dies ausdrücklich hervorgehoben (vgl zB Art I Abs 1b, Art X Abs 4 des NATO-Truppenstatutes und Art 15 Abs 2, Art 16 Abs 2, Art 71 Abs 6c, Art 72 Abs 5b iii, Art 73 Satz 2c des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut). Hieraus ergibt sich, daß die Familienangehörigen - unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit - nach dem Konzept der Vertragsparteien grundsätzlich das rechtliche Schicksal des Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges teilen. Lediglich wenn für einen Sozialleistungsanspruch oder eine andere sozialrechtliche Rechtsposition erhebliche besondere Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung oder zu einem anderen Leistungssystem (vgl BSG SozR 6180 Art 13 Nr 1) - über den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hinaus - begründet worden waren oder iS des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut in zulässiger Weise hergestellt werden, sollen diese Rechte oder Pflichten nicht deshalb beschnitten werden, weil der Berechtigte oder Verpflichtete gleichzeitig dem von diesem Abkommen erfaßten Personenkreis angehört (vgl Art 13 Abs 1 Satz 2 und 3 und Abs 2 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und Erläuterungen zu den Zusatzvereinbarungen - Art 13 - in: Denkschrift aaO S 235). Im übrigen kommt es für den Ausschluß solcher Personen von der Anwendung der im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge (SGB) weder auf deren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt noch auf ihre Staatsangehörigkeit an (BSG aaO Art 13 Nr 6 S 36). Darüber hinaus gewährt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) Familienangehörigen von NATO-Soldaten dann Kindergeld bzw Erziehungsgeld, wenn diese selbst eine sozialversicherungsrechtliche Position aufgrund eigener Erwerbstätigkeit erlangt haben (wegen Einzelheiten vgl Runderlaß 375/74 der BA Nr 1.42; ferner die vom Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit erlassenen "Richtlinien zur Durchführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes", Nr. 1, 3). Ob für Behörden die Befugnis besteht, derartige Richtlinien mit detaillierten Anspruchsvoraussetzungen (die von der Klägerin offensichtlich nicht erfüllt werden) entgegen dem vorrangigen (§ 30 Abs 2 SGB I) Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut zu setzen, braucht der Senat nicht zu prüfen, da es sich bei diesen Richtlinien schon nicht um ein Gesetz iS von § 31 SGB I (Gesetzesvorbehalt) handelt, die Klägerin also Rechte gegen das beklagte Land hieraus nicht herleiten kann.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erziehungsgeld läßt sich - anders als in dem vom Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 15. Dezember 1977 (SozR 6180 Art 13 Nr 1) entschiedenen Fall - nicht ohne Berücksichtigung ihrer durch Eheschließung mit einem Soldaten der US-Armee begründeten Rechtsstellung als Angehörige eines in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Mitglieds einer Truppe rechtlich beurteilen. Während in jenem Fall eine nach deutschen Bestimmungen bereits bestehende Rechtsposition durch die spätere Eheschließung nicht berührt wurde, macht die Klägerin vorliegend Ansprüche geltend, die erst nach ihrer Heirat und im Zusammenhang mit ihr, also mit ihrer Einbeziehung in den "Entsendestatus" entstanden sind.

Diese Auslegung des Art 13 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO- Truppenstatut verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes - GG). Die Zulässigkeit der verfassungsrechtlichen Prüfung des Zustimmungsgesetzes ergibt sich aus Art 59 Abs 2 GG (vgl hierzu Plöger/Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten S 5 ff, S 29). Art 3 Abs 1 GG wäre verletzt, wenn die Klägerin im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt würde, obwohl zwischen diesen Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88 und stRspr), dh wenn die Versagung des Erziehungsgeldes willkürlich wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Ausklammerung aus dem Bereich der sozialen Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beruht auf der sachlichen Erwägung, daß die Klägerin durch ihren Sonderstatus als Angehörige eines NATO-Truppenmitgliedes sozial durch den Entsendestaat abgesichert ist. Diese von den Vertragsparteien gewollte Herausnahme aus dem Schutz des deutschen Sozialrechts stellt einen hinreichenden sachlichen Grund dar, sie an späteren Vergünstigungen der inländischen Gesetzgebung nicht teilnehmen zu lassen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt das Zustimmungsgesetz auch nicht gegen Art 6 Abs 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Die Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG gibt keinen Maßstab für einen Vergleich der Behandlung verschiedener Ehepaare und Familien ab (vgl BVerfGE 43, 118; 45, 126; 47, 19), und der Gesetzgeber ist auch nicht gehalten, jegliche die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen (BVerfGE 23, 258, 264; 55, 114, 127). Zwar bedarf es einleuchtender Sachgründe, wenn eine für einen Ehegatten verhältnismäßig ungünstige Regelung ihren Grund in der besonderen Lage der Ehegatten hat; deren Berücksichtigung gerade bei dieser konkreten Maßnahme darf den Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft nicht widerstreiten, somit nicht als Diskriminierung der Ehe anzusehen sein (Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Stand: Oktober 1989, Art 6 Rz 75 unter Hinweis auf BVerfGE 17, 217; 24, 109; 28, 347; 32, 268 und 75, 366). Hier besteht indessen der einleuchtende Sachgrund, wie oben bereits dargelegt, darin, daß Angehörige von Mitgliedern der NATO-Streitkräfte deren Status teilen, auch was die soziale Sicherheit angeht. Dadurch wird der Zusammenhalt der Familie sogar besonders hervorgehoben. Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Gleichstellung Vor- und Nachteile einschließt. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Entsendestaat eine soziale Sicherheit und Fürsorge gewährleistet, die in jeder Hinsicht dem deutschen Sicherungsniveau entspricht, insbesondere alle Sicherungszweige und Leistungsarten umfaßt, wie sie im SGB geregelt sind. Daß das BErzGG keinen Zwang bewirkt, eine Eheschließung zu unterlassen, liegt auf der Hand.

Deshalb ist auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art 20 Abs 3 GG) verletzt. Dieser Verfassungsgrundsatz darf nicht dahin ausgelegt werden, daß mit seiner Hilfe jede Einzelregelung modifiziert werden müßte, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (vgl BVerfGE 67, 231, 239 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1666681

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