Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungsausschluß. Hinterbliebenenrente. Abtretung

 

Orientierungssatz

1. Wenn mit einer Klage Hinterbliebenenrenten begehrt werden, ohne die Zeit anzugeben, für die diese Leistungen beansprucht werden, ist im Zweifel anzunehmen, daß die Renten für die Zeit verlangt werden, für die sie nach dem Gesetz möglich sind (vgl BSG 1970-02-09 11 RA 44/69 = SozR Nr 25 zu § 146 SGG).

2. Bei einer cessio legis tritt lediglich ein Wechsel in der Gläubigerstellung ein, während die Identität des Rentenrechts unberührt bleibt. Es handelt sich nach dem gesetzlichen Forderungsübergang weiterhin um Ansprüche auf wiederkehrende und nicht - wie die Revision meint - einmalige Leistungen. Das Königreich Belgien tritt als neuer Berechtigter in vollem Umfang in die Rechtsstellung der bisherigen Rentenberechtigten ein. Dies gilt auch für die prozessuale Stellung der Beteiligten.

 

Normenkette

SGG § 145 Nr. 2; SozSichAbkZVbg BEL 3 Art. 7 Abs. 3 Hs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 25.11.1970)

SG Oldenburg (Entscheidung vom 05.08.1970)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1970 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob wegen des im Jahre 1944 infolge einer Bombensplitterverletzung in Berlin eingetretenen Todes des belgischen Staatsangehörigen Josephus I v G (G.) Entschädigungsleistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren sind.

G. wurde im Jahre 1943 in seiner Heimatstadt A zur Arbeitsleistung in Deutschland angeworben und der Transportgruppe Todt (früher Speer) in B zugeteilt. Dort war er als Kraftfahrer beschäftigt. Er wohnte in dem Durchgangslager T - jetzt Reichspietschufer (Westberlin) -. Am 8. Mai 1944 starb G. um 16.30 Uhr im Krankenhaus B an den Folgen einer Bombensplitterverletzung.

Wegen des Todes des G. erhalten bzw. erhielten dessen Witwe L. S verw. v G, die seit dem 24. August 1963 wiederverheiratet ist, sowie seine Kinder Lucia (geb. am 4. Dezember 1924, verstorben am 8. August 1961), Agnes (geb. am 22. März 1926), Pierre (geb. am 13. September 1929) und Maria v G (geb. am 14. Januar 1931) vom Königreich Belgien Renten nach den belgischen Rechtsvorschriften über Entschädigungsrenten für zivile Opfer des Krieges 1940-1945 und ihrer Hinterbliebenen vom 15. März 1954.

Im Juli 1962 beantragte das belgische Ministerium für Volksgesundheit und Familie bei der deutschen Verbindungsstelle (Bergbau-Berufsgenossenschaft in B) unter Bezugnahme auf das deutsch-belgische Sozialversicherungsabkommen, Renten aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Durch den an die Witwe des G. und die Waisen Agnes, Pierre und Maria v G gerichteten Bescheid vom 12. Dezember 1968 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil nicht nachgewiesen sei, daß der Tod des G. die Folge eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls gewesen sei.

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat die auf Art. 7 Abs. 3 der Dritten Zusatzvereinbarung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über Soziale Sicherheit vom 7. Dezember 1957 über die Zahlung von Renten für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Abkommens (BGBl II 1963, 404 ff, 438 ff - 3. ZV) gestützte Klage des Königreichs Belgien auf Zahlung von Witwen- und Waisenrenten durch Urteil vom 5. August 1970 abgewiesen: Es stehe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, daß G. während der versicherten Tätigkeit verletzt worden sei. Er sei bei einem Luftangriff auf Berlin verwundet worden. Hierbei handele es sich nicht um eine der Betriebstätigkeit eigentümliche, sondern um eine allgemeine Gefahr, der die gesamte Zivilbevölkerung während der letzten Kriegsjahre in den bombardierten Städten ausgesetzt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht: Die Berufung sei nicht nach § 145 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Sie sei schon deshalb zulässig, weil die Frage des Arbeitsunfalls nicht geklärt sei. Im übrigen sei weder aus dem Antrag noch aus dem erstinstanzlichen Urteil zu entnehmen, daß die Waisen keine Rente mehr erhielten. Es sei gegebenenfalls zu prüfen, ob eine sog. verlängerte Waisenrente in Betracht komme. Der Rentenanspruch sei auch begründet. Da G. unstreitig am 8. Mai 1944 um 16.30 Uhr im Krankenhaus B verstorben sei, müsse im Wege des primafacie-Beweises angenommen werden, daß er während der Arbeitszeit verletzt worden und dieser Verletzung erlegen sei.

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 26. November 1970 verworfen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei nach Art. 7 Abs. 3 3. ZV berechtigt, die Ansprüche der Hinterbliebenen geltend zu machen und Rechtsmittel einzulegen. Die 3. ZV bleibe nach der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 1958 (BGBl II 1959, 473 ff - EWG-VO Nr. 3), die an die Stelle des Allgemeinen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über Soziale Sicherheit vom 7. Dezember 1957 (BGBl II 1963, 404 ff - Allgemeines Abkommen) getreten sei, weiter in Kraft. Die nicht zugelassene Berufung sei jedoch nach § 145 Nr. 2 SGG nicht statthaft. Sie betreffe einen Anspruch auf Gewährung von Renten für einen bereits abgelaufenen Zeitraum. Die Witwe des G. sei seit dem 24. August 1963 wiederverheiratet und die Waisen seien schon vor Erlaß des erstinstanzlichen Urteils entweder verstorben oder hätten das 25. Lebensjahr vollendet gehabt. Hinterbliebenenansprüche aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung könnten aber nach §§ 548, 589, 590, 595 i.V.m. § 583 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) allenfalls bis zur Wiederverheiratung der Witwe oder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der Kinder gewährt werden. Die Berufung sei auch nicht nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens sei weder gerügt noch erkennbar. Er könne insbesondere nicht in einer mangelnden Sachaufklärung gesehen werden. Selbst wenn berücksichtigt werde, daß der Berichterstatter des Senats im zweiten Rechtszug eine Auskunft über den Zeitpunkt der Luftangriffe vom 8. Mai 1944 auf Berlin eingeholt habe, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht vor. Nach dem Inhalt der Auskunft bleibe die Frage offen, wann und bei welcher Gelegenheit G. das Opfer eines Fliegerangriffs geworden sei. Das Urteil des SG beruhe daher nicht auf einem solchen Mangel der Sachverhaltsaufklärung. Die Berufung werde auch nicht dadurch zulässig, daß der Kläger in der zweiten Instanz den Hilfsantrag gestellt habe, ihm die an die Hinterbliebenen geleisteten Vorschüsse zu erstatten. Es liege zwar insoweit eine zulässige Klageänderung vor, da der Kläger nunmehr gem. Art. 7 Abs. 3 3. ZV die auf ihn übertragenen Ansprüche aus eigenem Recht geltend mache. Auf diesem Umweg werde aber eine an sich unzulässige Berufung nicht nach § 149 SGG zulässig. Im übrigen sei der Ersatzanspruch des Klägers nicht begründet. Es sei nicht erwiesen, daß G. an den Folgen eines Arbeitsunfalls verstorben sei. Es lasse sich nicht feststellen, ob der Unfall während der versicherten Tätigkeit geschehen sei.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und es wie folgt begründet: Das LSG gehe zu Unrecht davon aus, daß die Berufung gem. § 145 Nr. 2 SGG ausgeschlossen sei. Das Königreich Belgien, das an die Angehörigen des verstorbenen G. Vorschüsse zu Lasten der Beklagten gezahlt habe, mache eine einmalige Leistung aus übergegangenem Recht nach Art. 7 Abs. 3 3. ZV geltend und klage nicht fremde Rentenansprüche im Wege der Prozeßstandschaft ein. Hieraus ergebe sich, daß die Berufung nicht nur Rente für bereits abgelaufene Zeiträume i.S. des § 145 Nr.2 SGG betreffe. Im übrigen rügt die Revision, das Berufungsgericht habe es unterlassen, zur weiteren Sachaufklärung eine Auskunft des Krankenhauses B einzuholen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtenen Urteile sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 1968 aufzuheben und diese zu verurteilen, der Witwe und den Waisen des G. Hinterbliebenenrenten zu gewähren,

hilfsweise,

die den Hinterbliebenen geleisteten Vorschüsse ihm zu erstatten,

hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend: Das LSG habe die Berufung des Klägers zu Recht verworfen. Bei den Hinterbliebenenrentenansprüchen handele es sich nach den Bestimmungen der RVO um Leistungen für abgelaufene Zeiträume i.S. des § 145 Nr. 2 SGG. Der Kläger habe an die Angehörigen des G. keine Vorschüsse zu Lasten der Beklagten gezahlt, sondern lediglich Renten nach belgischem Recht gewährt. Er könne somit Ansprüche aus übergegangenem Recht nur in dem Umfang und mit den Einschränkungen erheben, wie sie den Hinterbliebenen des G. als ursprünglich Berechtigten zugestanden hätten. Durch Umwandlung der abgelaufenen Rentenleistungen des Klägers in eine einmalige Leistung könne die Berufung nicht über § 149 SGG zulässig gemacht werden. In der Sache selbst habe das LSG in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil überzeugend dargelegt, daß ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen sei.

II

Die Revision ist zulässig.

Die Berechtigung des Königreichs Belgien zur Einlegung der Revision hinsichtlich der Ansprüche der Hinterbliebenen des G., die nach dem Revisionsantrag weiter geltend gemacht werden, ergibt sich - wie das LSG zutreffend für das Klagerecht angenommen hat - aus Art. 7 Abs. 3 3. ZV in der Fassung des Art. 5 des Zusatzprotokolls vom 10. November 1960 (abgedruckt bei Plöger/Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, Teil X - Belgien - S. 46, 48). Nach dieser Vorschrift kann das Königreich Belgien, das den Hinterbliebenen des G. eine Rente zahlt oder gezahlt hat, die Feststellung der Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung betreiben und Rechtsmittel einlegen. Die 3. ZV ist ungeachtet der EWG-VO Nr. 3 weiterhin anwendbar, da sie im Anhang D zu dieser Verordnung (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchstabe e EWG-VO Nr. 3) als weitergeltend aufgeführt ist (BSG vom 21. Januar 1972 - 2 RU 32/71).

Die Revision ist aber nicht begründet.

Bei einer zugelassenen Revision hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung zulässig war (BSG 2, 225, 226 und 245, 246; 3, 124, 126; 15, 65, 67 m.w.N. und BSG vom 4. Mai 1971 - 2 RU 82/68). Diese Frage ist vom LSG zu Recht verneint worden. Die Berufung war nach § 145 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Sie betraf Renten bzw. Rententeile für einen abgelaufenen Zeitraum. Das gilt für die wegen der - wahrscheinlich niedrigeren - belgischen Wiedergutmachungsleistungen nicht in voller Höhe auf den Kläger übergegangenen und von diesem im Wege der Prozeßstandschaft nach Art. 7 Abs. 3 2. Halbsatz 3. ZV geltend gemachten Rentenansprüche der Hinterbliebenen des G. ebenso wie für die - nach Auffassung der Revision von Anfang an erhobenen - Ansprüche des Königreichs Belgien aus übergegangenem Recht (Art. 7 Abs. 3 1. Halbsatz 3. ZV). Die Beschränkung des Rechtsmittels nach § 145 Nr. 2 SGG tritt in beiden Fällen ein.

Bei den Rentenansprüchen der Hinterbliebenen handelt es sich um Ansprüche für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, weil der Witwe und den Waisen des G. nach den deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung Rentenleistungen im Zeitpunkt der Berufungseinlegung (BSG, Breithaupt 1968, 627, 629; BSG, SozR Nr. 12 zu § 146 SGG) - September 1970 - nicht zustanden und nach dem Sachvortrag des Klägers nur die nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen Gegenstand der Berufung (und der Klage) waren. Wenn mit einer Klage Hinterbliebenenrenten begehrt werden, ohne die Zeit anzugeben, für die diese Leistungen beansprucht werden, ist im Zweifel anzunehmen, daß die Renten für die Zeit verlangt werden, für die sie nach dem Gesetz möglich sind (SozR Nr. 25 zu § 146 SGG). Mit der Wiederverheiratung der Witwe des G. im August 1963 wäre ein Witwenrentenanspruch entfallen (§§ 586 Abs. 1 Nr. 2, 588 Abs. 1 RVO in der Fassung des 6. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 (6. ÄndG) - RGBl I 1942, 107 - (RVO aF) und §§ 589 Abs. 1 Nr. 3, 590 Abs. 1 und 2 RVO in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 - BGBl I 1963, 241 - (RVO nF)). Die Waisen waren im September 1970 entweder verstorben oder hatten das 25. Lebensjahr vollendet und - im Falle des Pierre v G - das 25. Lebensjahr um die Zeit des gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes überschritten, so daß auch die Gewährung einer sog. verlängerten Waisenrente im Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht mehr in Betracht kam (§§ 586 Abs. 1 Nr. 2, 591 Abs. 1 RVO aF; 595, 583 Abs. 3 RVO nF). Die deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung sind - wie der Senat bereits in dem Urteil vom 21. Januar 1972 - 2 RU 32/71 - ausgeführt hat - sowohl nach der EWG-VO Nr. 3 (vgl. Art. 12 Abs. 1) als auch nach dem deutsch-belgischen Allgemeinen Abkommen (vgl. Art. 5 Abs. 1) für die rechtliche Beurteilung der Hinterbliebenenrentenansprüche der belgischen Staatsangehörigen maßgebend. Es kann deshalb auch hier die Frage offenbleiben, ob G. zu dem in Art. 4 Abs. 2 der EWG-VO Nr. 3 genannten Personenkreis gehört hat und daher diese Verordnung mit der in ihren Anhang D aufgenommenen 3. ZV oder ob das Allgemeine Abkommen i.V.m. der 3. ZV anzuwenden ist.

§ 145 Nr. 2 SGG ist aber nicht nur auf die mit der Berufung geltend gemachten Rentenansprüche der Hinterbliebenen des G., sondern auch auf die von den ursprünglich Berechtigten auf das Königreich Belgien kraft Gesetzes (Art. 7 Abs. 3 1. Halbsatz 3. ZV) übergegangenen Rentenansprüche anzuwenden. Durch den Übergang der Rentenansprüche ändert sich deren Rechtsnatur nicht. Bei einer cessio legis (Art. 7 Abs. 3 1. Halbsatz 3. ZV) tritt lediglich ein Wechsel in der Gläubigerstellung ein, während die Identität des Rentenrechts unberührt bleibt. Es handelt sich nach dem gesetzlichen Forderungsübergang weiterhin um Ansprüche auf wiederkehrende und nicht - wie die Revision meint - einmalige Leistungen. Das Königreich Belgien tritt als neuer Berechtigter in vollem Umfang in die Rechtsstellung der bisherigen Rentenberechtigten ein. Dies gilt auch für die prozessuale Stellung der Beteiligten, insbesondere hinsichtlich der Berufungsausschließungsgründe (vgl. BSG, SozR Nr. 18, 19 und 20 zu § 146 SGG; SozR Nr. 36 zu § 148 SGG). Da der Kläger die nach Art. 7 Abs. 3 1. Halbsatz 3.ZV auf ihn übergegangenen Rentenansprüche der Hinterbliebenen des G. einklagt und die Wirkung des § 145 Nr. 2 SGG nicht an die Person des ursprünglichen Gläubigers des Rentenanspruchs geknüpft wird, ist es nicht gerechtfertigt, ihm in prozessualer Hinsicht eine bessere Stellung einzuräumen als sie den ursprünglich Berechtigten zugestanden hätte oder diesen - wegen der wahrscheinlich niedrigeren Leistungen nach belgischem Recht - für einen Teil der Rentenansprüche noch zusteht (vgl. BSG, SozR Nr. 36 zu § 148 SGG).

Ein Ersatz- oder Erstattungsstreit zwischen Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstalten des öffentlichen Rechts, bei dem die Berufung ungeachtet des § 145 Nr. 2 SGG nach § 149 SGG zulässig sein würde, wenn der Beschwerdewert 500,- DM übersteigt, liegt nicht vor. Nach der im Recht der Sozialversicherung üblichen Terminologie werden als "Ersatzansprüche" solche Ansprüche bezeichnet, die das Gesetz einem öffentlichen Rechtsträger zugesteht, weil er eine Sozialleistung gewährt hat, deren wirtschaftlicher Wert nicht ihm, sondern dem anderen endgültig zur Last fallen soll (BSG 5, 140, 142). Art. 7 Abs. 3 1. Halbsatz 3. ZV gibt dem Königreich Belgien jedoch nicht einen solchen "originären" Ersatzanspruch, sondern bestimmt lediglich den Übergang der dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen gegen einen deutschen Sozialversicherungsträger zustehenden Ansprüche auf das Königreich Belgien. Es handelt sich schließlich auch nicht um einen "Erstattungsanspruch"; darunter ist der Anspruch auf Rückgabe einer empfangenen Leistung oder auf Ersatz von Auslagen zu verstehen (BSG 5, 140, 143).

Anhaltspunkte dafür, daß die nicht gemäß § 150 Nr. 1 SGG zugelassene Berufung aufgrund der Nr. 2 oder 3 dieser Vorschrift zulässig sein könnte, sind nicht ersichtlich. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens im ersten Rechtszug ist in der Berufungsinstanz nicht gerügt worden. Die Beteiligten streiten auch nicht darüber, ob der Tod des G. in einem ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall i.S. des § 150 Nr. 3 SGG gestanden hat. Von dieser Vorschrift wird lediglich der - nach dem Urteil des SG (vgl. BSG 3, 271) unstreitige - ursächliche Zusammenhang zwischen Tod und Unfallereignis (Bombensplitterverletzung) erfaßt, nicht aber der ursächliche Zusammenhang zwischen Unfallereignis und versicherter Tätigkeit (vgl. BSG, Großer Senat, BSG 6, 120 ff; 7, 180, 181). Bei einem Streit über die sog. haftungsbegründende Kausalität findet § 150 Nr. 3 SGG keine Anwendung.

Das LSG hat die Berufung des Klägers daher im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen (§ 158 Abs. 1 SGG). Ausführungen, die das LSG zur Sache gemacht hat, haben keine rechtlich verbindliche Wirkung; sie sind im Revisionsverfahren als nicht geschrieben zu behandeln (BSG 1, 283, 287; 5, 222, 229).

Die Revision war somit als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649879

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