Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 18.01.1991)

SG Schleswig (Urteil vom 29.05.1990)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 29. Mai 1990 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1989 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig sind Zuschüsse zu Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG).

Der Kläger betreibt einen Campingplatz, auf dem er seit 1984 den am 22. November 1930 geborenen J. … R. in der Campingsaison (April bis September) als Hilfskraft des Campingwarts beschäftigt. Am 15. März 1989 vereinbarte er mit R., erneut ein entsprechendes Arbeitsverhältnis, jedoch mit der Besonderheit, daß R. seine am 1. April 1989 beginnende und voraussichtlich am 30. September 1989 endende Beschäftigung nicht wie früher wöchentlich regelmäßig 40 Stunden, sondern nur noch 18 Stunden wöchentlich auszuüben habe. Der Kläger verpflichtete sich, das Arbeitsentgelt von R. für die Teilzeitarbeit um 20 vH aufzustocken und für ihn Beiträge zur Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des Differenzbetrages zwischen 90 vH des Vollzeitarbeitsentgelts und dem Arbeitsentgelt für die Teilzeitarbeit zu entrichten. In den letzten fünf Jahren vor dem 1. April 1989 war R. zeitweise in beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen iS des § 168 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) tätig gewesen, zeitweise erhielt er Arbeitslosenhilfe (Alhi) oder Arbeitslosengeld (Alg), zuletzt vom 1. Oktober 1988 bis zum 31. März 1989 auf der Bemessungsgrundlage einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden.

Im Hinblick auf die Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers J. … R. ab 1. April 1989 beschäftigte der Kläger (bereits ab März 1989) zusätzlich die seit dem 5. September 1988 beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos gemeldete Arbeitnehmerin U. … R. ebenfalls regelmäßig 18 Stunden in der Woche als Hilfskraft des Campingwarts.

Den am 31. Mai 1989 gestellten Antrag auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2343) lehnte das ArbA mit der Begründung ab, der Arbeitnehmer J. … R. sei unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeitarbeit nicht mindestens sechs Monate vollzeitbeschäftigt gewesen. Zudem habe er mit dem Kläger keine Teilzeitarbeit im zeitlichen Mindestumfang, nämlich der Hälfte der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (20 Stunden), sondern von lediglich 18 Wochenstunden vereinbart; es könnten ihm daher keine Leistungen nach § 4 AltTZG gewährt werden (Bescheid vom 16. Juni 1989, Widerspruchsbescheid vom 7. September 1989).

Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1989 aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger ab 1. April 1989 für den Arbeitnehmer J. … R. Leistungen nach dem AltTZG zu gewähren (Urteil vom 29. Mai 1990).

Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen und ausgeführt, daß R. in den letzten fünf Jahren vor dem 1. April 1989 mehr als 1080 Kalendertage in einer die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) begründenden Beschäftigung gestanden bzw gleichwertige Zeiten iS von § 2 Abs 1 Nr 3 AltTZG zurückgelegt habe. Angesichts dieser Regelung komme es auf eine Vollzeitbeschäftigung unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeitarbeit nicht an. Es liege auch die gesetzlich erforderliche Verminderung seiner Arbeitszeit vor. § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG verlange nicht, daß der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit gerade auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit reduziere. Diese Hälfte stelle vielmehr die Obergrenze, die in § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG außerdem genannten 18 Wochenstunden die Untergrenze der Altersteilzeitbeschäftigung dar. J. … R. habe mit der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden diese Grenzen eingehalten. Mithin habe das SG zu Recht der Klage stattgegeben; auch die Verurteilung zur Leistung sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 18. Januar 1991).

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und eine Verletzung der §§ 2, 3 und 4 AltTZG gerügt. Sie trägt vor, ein Übergang von tariflicher Vollzeitarbeit zur Altersteilzeitarbeit setze zwingend das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit bestimmten Bedingungen hinsichtlich der Arbeitszeit und ihrer Abänderung in bestimmtem Umfange voraus. Erforderlich sei, daß der ältere Arbeitnehmer zuletzt eine Vollzeittätigkeit ausgeübt habe. Dies ergebe sich aus dem arbeitsmarktpolitischen Ansatz des AltTZG, da nur bei Reduzierung der Arbeitszeit Arbeitsvolumen zur Verteilung an Arbeitslose freiwerde. Die Vollzeitarbeit müsse dabei im Rahmen des Fünfjahreszeitraumes mit einem erheblichen Anteil (mindestens sechs Monate) unmittelbar vor dem Eintritt in die Altersteilzeitarbeit liegen. Davon abgesehen fordere § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG, daß die Verminderung der Arbeitszeit des älteren Arbeitnehmers auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erfolge, es sei denn, dadurch würde die Kurzzeitigkeitsgrenze von 18 Stunden wöchentlich unterschritten. Nach der Gesetzesbegründung beabsichtige das AltTZG nur eine Begünstigung von Arbeitnehmern, die ihre Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit reduziert hätten. Schließlich könne die Frage der Wiederbesetzung eines Arbeitsplatzes nicht unabhängig von seinem bisherigen Volumen gesehen werden. Der Zuschußanspruch sei erst begründet, wenn das zur Verfügung gestellte Arbeitsvolumen des in Altersteilzeit übergegangenen Arbeitnehmers durch einen anderen Arbeitslosen ausgefüllt werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 29. Mai 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger schließt sich den Rechtsausführungen des LSG und des SG an und trägt ergänzend vor, entgegen der Auffassung der Beklagten eröffne das AltTZG auch Saisonsarbeitskräften die Möglichkeit, in den Genuß der Vorteile des Gesetzes zu gelangen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist begründet; der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach § 4 Abs 1 AltTZG.

In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die bei einer Revision von Amts wegen zu berücksichtigen sind, stehen einer Entscheidung des Senats in der Sache nicht entgegen.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Berufung zulässig ist. Nach § 144 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen (1.) auf einmalige Leistungen und (2.) auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen (drei Monaten). Der Kläger begehrt Leistungen nach § 4 Abs 1 AltTZG, nämlich die Erstattung des an den Arbeitnehmer J. … R. seit 1. April 1989 gezahlten Aufstockungsbetrages nach § 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a) AltTZG sowie die Erstattung der für diesen Arbeitnehmer geleisteten Höherversicherungsbeiträge nach § 3 Abs 1 Nr 1 Buchst b) AltTZG. Diese werden wie die Altersteilzeitleistungen des Arbeitgebers selbst nicht einmalig, sondern wiederkehrend gewährt. Wie aus dem Vorbringen des Klägers folgt, begehrt er diese Leistungen jedenfalls für die Dauer des mit J. … R. vereinbarten Arbeitsverhältnisses vom 1. April bis 30. September 1989. Folglich stehen Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen im Streit.

Die Klage ist gemäß § 54 Abs 1, 4 SGG als verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 16. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1989, durch den das ArbA den (formularmäßigen) „Antrag auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG” abgelehnt hat. Dem vom ArbA praktizierten Verfahren ist zu entnehmen, daß es bei der Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG, die als Rechtsansprüche ausgestaltet sind, zwischen einem Anerkennungs- und einem Leistungsverfahren unterscheidet, wie sie beim Kurzarbeitergeld und beim Mehrkostenzuschuß von Gesetzes wegen vorgesehen sind (§ 72 und § 81 AFG). Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Arbeitgeber nach Ablehnung der Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem AltTZG schon deshalb von vornherein auf die Gewährung der Leistung klagen muß, weil dieses Verfahren durch Rechtssatz nicht vorgesehen ist und mit der Verneinung unverzichtbarer Anspruchsvoraussetzungen folgerichtig auch ein Anspruch auf die Leistung abgelehnt worden ist. Selbst wenn nämlich zwischen Anerkennungs- und Leistungsverfahren zu unterscheiden wäre, wäre hier die verbundene Anfechtungs-und Leistungsklage gegeben. Das ist in Verfahren dieser Art der Fall, wenn schon während des Vorverfahrens ein Leistungsantrag gestellt worden ist. Dieser ist in dem Widerspruch zu erblicken, wenn ein dahin gerichteter Wille des Widersprechenden unverkennbar ist (BSGE 65, 238 = SozR 4100 § 72 Nr 11, BSGE 65, 272 = SozR 4100 § 78 Nr 8, BSG Urteil vom 18. April 1991 – 7 RAr 142/90 –, in SozR 3-7825 § 14 Nr 1 insoweit nicht abgedruckt). Für das vom ArbA praktizierte zweigestufte Verfahren bei Ansprüchen auf Leistungen nach § 4 AltTZG kann nichts anderes gelten. Hier hat das ArbA zudem im angefochtenen Bescheid nicht nur den Antrag auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG, sondern darüber hinaus auch die Leistungen selbst abgelehnt. Mit dem hiergegen unbeschränkt erhobenen Widerspruch hat der Kläger klargestellt, daß es ihm nicht nur um die Anerkennung der Anspruchsvoraussetzungen, sondern in erster Linie um die Leistungen selbst geht.

Die Klage ist indessen unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen.

Nach § 1 AltTZG fördert die BA den gleitenden Übergang älterer Arbeitnehmer vom Erwerbsleben in den Ruhestand, die ihre Arbeitszeit verkürzen und damit die Einstellung eines Arbeitslosen ermöglichen, durch Leistungen gemäß § 4 AltTZG. Sie erstattet zu diesem Zweck den Arbeitgebern unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmtem Umfang den Aufstockungsbetrag zum Lohn sowie die Höherversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl § 4 Abs 1 AltTZG). Voraussetzung für derartige Erstattungsansprüche des Arbeitgebers ist jedoch, daß der zur Altersteilzeitarbeit übergegangene Arbeitnehmer selbst zu dem vom AltTZG begünstigten Personenkreis gehört. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2 AltTZG. Danach werden Leistungen der BA nur für solche Arbeitnehmer gewährt, die neben anderen Voraussetzungen nach dem 31. Dezember 1988 in einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, auf mindestens jedoch 18 Stunden wöchentlich, vermindert haben (Altersteilzeitarbeit, § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG). An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall.

J. … R. war sowohl im Zeitpunkt der Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger am 15. März 1989 als auch während der Zeit bis zum 31. März 1989 arbeitslos und bezog Alg, und zwar schon seit dem 1. Oktober 1988. Vor dem Beginn der vereinbarten Arbeitsaufnahme (1. April 1989) bestand somit weder zum Kläger noch zu einem anderen Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis. Folglich fehlte es sowohl im Zeitpunkt der Vereinbarung als auch vor dem Antritt der Teilzeitbeschäftigung des R. beim Kläger am 1. April 1989 an einer ihm zurechenbaren Arbeitszeit, die hätte vermindert werden können. Damit scheidet diese Teilzeitbeschäftigung als Grundlage für eine Erstattungspflicht der Beklagten nach § 4 AltTZG aus. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes als auch aus seinem Zweck.

Wenn in § 1 AltTZG herausgestellt ist, daß die BA den gleitenden Übergang älterer Arbeitnehmer „vom Erwerbsleben in den Ruhestand” fördert, sofern diese ihre Arbeitszeit verkürzen, so folgt hieraus bereits, daß das AltTZG grundsätzlich nur aktuell beschäftigte Arbeitnehmer betrifft. Dasselbe ergibt der Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG, wonach Leistungen nur für Arbeitnehmer gewährt werden, die in einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ihre Arbeitszeit in bestimmter Weise vermindert haben. Beide Regelungen schließen es aus, daß sie auf die Einstellung von Arbeitslosen anwendbar sind; denn weder nach ihrem sprachlogischen noch nach ihrem rechtlichen Gehalt kann durch die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitslosen dessen Arbeitszeit verkürzt oder vermindert werden. In diesem Fall findet schlicht eine Arbeitsaufnahme in Form von Teilzeitarbeit statt und nicht jener Vorgang, den das AltTZG fördern will, nämlich der Übergang von einer bereits vorhandenen (Vollzeit-) Beschäftigung in eine Teilzeitbeschäftigung durch entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Das AltTZG ist auf Personen ausgerichtet, die beim vereinbarten Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand durch Verkürzung bzw Verminderung ihrer Arbeitzeit tatsächlich in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (im Ergebnis ebenso Siegers/Müller-Roden, NZA 1989, 289, 291; Pröbsting, DB 1989, 724, 727; Grüner-Dalichau, Komm zum Vorruhestandsgesetz/Altersteilzeitgesetz, Stand Dezember 1991, § 2 AltTZG Anm III S 6; Andresen/Barton/Kuhn/Schenke, Vorruhestand, Stand Februar 1991, Teil 71, RdNr 28; Wagner MittLVA Oberfranken 1989, 317, 318).

Dieses Ergebnis wird durch den Zweck des AltTZG bestätigt. Dieser besteht darin, durch das teilweise Ausscheiden älterer Arbeitnehmer (unterstützt durch zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers, die durch die BA gefördert werden) neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose zu schaffen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drucks 11/2990 S 1, 16; Begründung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3603 S 11). Ausdruck dessen ist die Regelung in § 3 Abs 1 Nr 2 AltTZG, wonach der Arbeitgeber Anspruch auf Erstattungsleistungen nach § 4 AltTZG ua nur hat, wenn er aus Anlaß des Übergangs des Arbeitnehmers in die Altersteilzeitarbeit einen beim ArbA arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf „dem freigemachten oder auf einem in diesem Zusammenhang durch Umsetzung frei gewordenen Arbeitsplatz” beitragspflichtig beschäftigt. Wie keiner näheren Begründung bedarf, können diese Gesetzesziele durch die bloße Einstellung eines Arbeitslosen in Teilzeitarbeit nicht verwirklicht werden; denn dadurch wird nicht ein bisher mit einem beschäftigten Arbeitnehmer besetzter Arbeitsplatz teilweise freigemacht. Die zusätzliche Einstellung einer weiteren arbeitslosen Teilzeitkraft ändert hieran nichts; denn auch dafür ist nicht das Freiwerden eines bisherigen Beschäftigungspotentials im Betrieb kausal, sondern der Bedarf des Arbeitgebers, einen bisher unbesetzten (ggf sogar neu geschaffenen) Arbeitsplatz zu besetzen, hier mit zwei Teilzeitkräften. Das LSG weist zwar zutreffend darauf hin, daß es ua Ziel des Gesetzes sei, durch das Besetzen freiwerdender Arbeitsplatzkapazitäten den Arbeitsmarkt zu entlasten. Es hat jedoch nicht berücksichtigt, daß eine vorhandene Arbeitsplatzkapazität nicht frei (gemacht) wird, wenn auf einen bislang unbesetzten Vollzeitarbeitsplatz ein Arbeitsloser in Teilzeitbeschäftigung eingestellt wird.

Die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung läßt sich entgegen der Auffassung des LSG nicht aus § 2 Abs 1 Nr 3 AltTZG rechtfertigen, wonach Leistungen nur für Arbeitnehmer gewährt werden, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit 1080 Kalendertage an beitragspflichtiger (Vollzeit-) Beschäftigung zurückgelegt haben, der ua bestimmte Zeiten des Bezuges von Alg und Alhi gleichstehen. Das LSG hat die Bedeutung dieser Vorschrift verkannt. Sie hat den Charakter einer Anwartschaftsbestimmung, indem sie die Leistungspflichten der BA nach § 4 AltTZG vom Vorliegen bestimmter Beschäftigungs- und gleichgestellten Zeiten in der Person des in Altersteilzeitarbeit tretenden Arbeitnehmers abhängig macht. Dadurch soll verhindert werden, daß die BA auch dann mit möglicherweise langfristigen Leistungen belastet wird, wenn der zur Teilzeitarbeit übergehende Arbeitnehmer nur kurzfristig eine Vollzeittätigkeit ausgeübt hat (vgl BT-Drucks 11/3603 S 13 zu Art 2 § 2 Abs 1 Nr 3). Mit der Frage der ebenfalls als Anspruchsvoraussetzung ausgestalteten Verminderung einer bereits vorhandenen Arbeitszeit des in Altersteilzeitarbeit übergehenden beschäftigten Arbeitnehmers iS von § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG (bzw der Verkürzung dieser Arbeitszeit iS § 1 AltTZG) hat dies nichts zu tun, wie auch hier wiederum die Wiederbesetzungsreglung in § 3 Abs 1 Nr 2 AltTZG verdeutlicht. Aus dem Kontext der Nrn 2 und 3 des § 2 Abs 1 AltTZG folgt mithin lediglich, daß einerseits ein tatsächlich Beschäftigter vereinbarungsgemäß auf Teilzeit übergehen muß (im gesetzlichen Umfang), andererseits dieser Beschäftigte in den letzten fünf Jahren 1080 Kalendertage beitragspflichtiger Beschäftigung oder gleichgestellte Zeiten zurückgelegt haben muß. Eine Vermischung beider Tatbestände ist nicht nur nicht vorgesehen, sondern nach Wortlaut und System des Gesetzes ausgeschlossen.

Soweit das LSG meint, das Erfordernis einer Vollzeitbeschäftigung vor Beginn der Teilzeitbeschäftigung als Voraussetzung für Leistungen nach dem AltTZG würde Arbeitnehmer benachteiligen, die zufällig vor diesem Zeitpunkt mehr oder weniger lange arbeitsunfähig erkrankt sind, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Da Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit als solche den Bestand eines vorhandenen Arbeitsverhältnisses nicht beseitigt, stünde ein solcher Sachverhalt der Verwirklichung des § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG nicht entgegen. Im übrigen hat der Senat im vorliegenden Fall nicht darüber zu entscheiden, ob die Auffassung der Beklagten zutrifft, daß der zur Altersteilzeitarbeit übergehende Arbeitnehmer unmittelbar zuvor wenigstens sechs Monate vollzeitbeschäftigt gewesen sein muß, um die Voraussetzungen nach § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG zu erfüllen. Ebensowenig ist zu entscheiden, ob beim Übergang zur Altersteilzeitarbeit eine absolute zeitliche Nahtlosigkeit zur vorangehenden Vollzeitarbeit bestehen muß oder ob eine sachlich begründete zeitliche Differenz insoweit unschädlich wäre. Hier war der Arbeitnehmer J. … R. seit 1. Oktober 1988 arbeitslos, als er die Teilzeitbeschäftigung beim Kläger zum 1. April 1989 vereinbarte. Er war zwar schon 1988 beim Kläger beschäftigt gewesen, wie in vorangegangenen Jahren jedoch nur in den Sommermonaten. Das Unternehmen des Klägers mag auch als Saisonbetrieb anzusehen sein. Gleichwohl gilt auch für saisonal tätige Personen, daß die Vereinbarung nach § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG die Verminderung einer aktuell bestehenden Arbeitszeit vor dem Übergang zur Altersteilzeitarbeit zum Inhalt haben muß, um Leistungspflichten der BA nach § 4 AltTZG auszulösen. Ob dies dadurch geschehen kann, daß der Arbeitgeber mit dem in der laufenden Saison beschäftigten Arbeitnehmer für die folgende Saison einen Arbeitsvertrag schließt und dafür die Verminderung der Arbeitszeit nach Maßgabe des § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG vereinbart, was zugleich bedeuten würde, daß derart beschäftigte Arbeitnehmer entgegen der Auffassung des Klägers wegen der oa Anforderungen dieses Tatbestandes nicht schlechthin von der Vergünstigung des AltTZG ausgeschlossen wären, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des LSG wurde der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und R. über dessen Beschäftigung ab 1. April 1989 erst am 15. März 1989 abgeschlossen, also zu einem Zeitpunkt, als R. bereits seit 1. Oktober 1988 seine frühere Beschäftigung beendet hatte und arbeitslos war. Er steht in dieser Lage nicht anders da als ein sonstiger Arbeitsloser, der mit einem Arbeitgeber erstmals die Aufnahme einer Teilzeitarbeit vereinbart.

Fehlt es nach allem schon daran, daß die Vereinbarung des Klägers mit dem Arbeitslosen R. vom 15. März 1989 nicht eine Verminderung von dessen Arbeitszeit iS des § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG zum Gegenstand haben konnte und hatte, kommt es nicht mehr darauf an, ob die ab 1. April 1989 mit 18 Wochenstunden vereinbarte Arbeitszeit noch den Anforderungen dieser Vorschrift entsprach. Die Klage ist unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

NZA 1993, 287

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