Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung. Versorgungslücke

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Widerruf der Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes an der kassenärztlichen Versorgung kann die Kassenärztliche Vereinigung gerichtlich geltend machen.

2. Die Beteiligung ist zu widerrufen, wenn sie nicht mehr notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.

3. Besondere Kenntnisse und Erfahrungen des leitenden Krankenhausarztes rechtfertigen die Beteiligung nur, wenn sie ein besonderes Leistungsangebot ergeben. Es muß sich dabei um Leistungen handeln, die für die ambulante ärztliche Versorgung benötigt und von den niedergelassenen Kassenärzten nicht oder nicht ausreichend angeboten werden.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung ist nicht nur bei Änderung der Verhältnisse möglich, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Beteiligung niemals vorgelegen haben.

 

Orientierungssatz

1. Das hohe wissenschaftliche Niveau eines an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztes auf dem Gebiet der Mammographie ist nicht Maßstab der allgemeinen kassenärztlichen Versorgung. Eine Versorgungslücke ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistungen der niedergelassenen Ärzte nicht diesem hohen Niveau entsprechen.

2. Soweit es in § 29 Abs 5 S 2 ZO-Ärzte heißt, daß die Beteiligung widerrufen werden kann, steht den Zulassungsinstanzen kein Handlungsermessen zu. Den Zulassungsinstanzen steht aber bei der Prüfung der Frage, ob die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, ein Beurteilungsspielraum zu.

3. Eröffnung der eingeschränkten Beteiligung des Chefarztes auf Überweisung nur durch Fachkollegen.

 

Normenkette

RVO § 368a Abs. 8 Fassung: 1977-06-27, § 368b Abs. 4 Fassung: 1955-08-17; ZO-Ärzte § 29 Abs. 5 S. 2; EKV-Ä § 5 Nr. 6, § 7 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 08.12.1982; Aktenzeichen L 1 Ka 2040/81)

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 22.06.1981; Aktenzeichen S 8 Ka 1335/79)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligung des beigeladenen Chefarztes an der kassenärztlichen Versorgung teilweise - bezüglich der Durchführung von Mammographien auf Überweisung durch Kassenärzte - zu widerrufen ist.

Der 1942 geborene Beigeladene zu 1, Privatdozent Dr.M. (Dr. M.), ist seit 1976 Chefarzt der Zentralen Radiologischen Abteilung des T. -Krankenhauses in M. . Zuvor war er 1970 bis 1973 an der Abteilung Röntgen und Diagnostik des K. Z. und anschließend an der Abteilung Strahlen- und Nukleartherapie des C.-K. der Universitätsklinik H. tätig. 1975 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die "Verbesserung der Frühdiagnostik des okkulten Mamma-Carcinoms durch gezielte Mammographie und die Präparateradiographie".

Seit 1977 ist Dr. M. in Teilbereichen seines Fachgebietes an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt, und zwar zur Durchführung bestimmter Untersuchungen und zur ambulanten Nachbehandlung nach stationärer Krankenhausbehandlung auf Überweisung aller Kassenärzte sowie zur Durchführung von Röntgendiagnostik und Röntgentherapie einschließlich nuklearmedizinischer Leistungen auf Überweisung der beteiligten und ermächtigten Ärzte des T. -Krankenhauses und der Ärzte, die an diesem Krankenhaus eine Kassenpraxis ausüben. Im Januar 1978 stellte Dr. M. den Antrag, seine Beteiligung dahin zu erweitern, daß er Mammographien auf Überweisung aller Kassenärzte durchführen darf. Er wies auf seine besondere wissenschaftliche Qualifikation auf diesem Gebiet hin. Ferner brachte er vor, er habe festgestellt, daß Mammographien von niedergelassenen Kollegen teilweise technisch nicht einwandfrei seien. Der Zulassungsausschuß entsprach diesem Antrag (Beschluß vom 8./20. März 1978). Zur Begründung führte er aus: Dr. M. habe seine Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die Durchführung von Mammographien bzw auf die Brustkrebsfrüherkennung mit Hilfe der Mammographie vorgetragen; aufgrund dieser Ausführungen müsse anerkannt werden, daß ein Bedürfnis für die beantragte Erweiterung der Beteiligung bestehe.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1978 beantragte die Klägerin, die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), den Widerruf der im März 1978 erteilten Beteiligung, weil die Voraussetzungen hierfür niemals vorgelegen hätten und auch zur Zeit nicht vorlägen. Sie machte geltend, die Angaben des Dr. M. über die mangelnde Qualität der von den niedergelassenen Kollegen durchgeführten Mammographien seien unzutreffend; auch stünden in M. und Umgebung, wie aus einer vorgelegten Aufstellung deutlich werde, genügend Ärzte zur Verfügung, die Mammographien durchführten. In einer Anhörung vor dem Zulassungsausschuß räumte Dr. M. ein, den Begriff der mangelhaften Röntgenaufnahmen etwas zu stark didaktisch herausgehoben zu haben; er sei jedoch weiterhin der Meinung, daß er, weil er sich besonders intensiv mit der Mammadiagnostik beschäftigt habe, an der kassenärztlichen Versorgung mitbeteiligt sein sollte. Der Zulassungsausschuß lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, Dr. M. habe seine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten bezüglich der Mammographie geltend gemacht und eine Reihe von Unterlagen vorgelegt (Beschluß vom 2./11. August 1978).

Den Widerspruch der Klägerin wies der beklagte Berufungsausschuß zurück, weil die Voraussetzungen eines Widerrufs nach § 29 Abs 5 Satz 2 der Zulassungsordnung für Ärzte (ZO-Ä) nicht vorlägen. Der Beteiligungsbeschluß vom 8. März 1978 sei bindend geworden. Irgendeine Änderung im Sachverhalt sei nach Erlaß des Beschlusses nicht eingetreten. Für die Entscheidung des Zulassungsausschusses seien offenbar die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten des Dr. M. auf dem Gebiet der Mammographie bestimmend gewesen. Auch die Klägerin habe die Qualifikation des Arztes in keiner Weise in Zweifel gezogen. Bei dieser Sachlage könne nicht davon ausgegangen werden, daß der den Widerruf ablehnende Beschluß des Zulassungsausschusses vom 2. August 1978 unrichtig gewesen sei (Beschluß vom 4. April 1979).

Das Sozialgericht (SG) hat auf die Klage der KÄV den Beklagten verurteilt, den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 8. März 1978 über die Beteiligung des Dr. M. zur Durchführung von Mammographien auf Überweisung aller Kassenärzte aufzuheben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar lägen die Voraussetzungen des § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä nicht vor, denn eine Änderung der Verhältnisse sei nicht eingetreten. Die mit Beschluß vom 8. März 1978 ausgesprochene Beteiligung könne jedoch in analoger Anwendung des § 368a Abs 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) entzogen werden. Sie sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Die Beteiligung könne nur in demselben Umfange wie die Zulassung zur Kassenpraxis in ihrem Bestand geschützt sein. Beide Rechtsinstitute dienten einem gemeinsamen Ziel, nämlich der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Der den Zulassungsinstanzen eingeräumte Ermessensspielraum sei auf Null geschrumpft, denn es stehe fest, daß die Beteiligung nicht notwendig gewesen sei. Eine Beteiligung sei nur zulässig, wenn Versicherte durch die niedergelassenen Ärzte nicht ausreichend versorgt werden könnten. Für die Beurteilung des quantitativen Bedürfnisses gäben die Bedarfsplanungsrichtlinien eine wesentliche Entscheidungshilfe. Nach diesen Richtlinien solle bei der Facharztgruppe der Radiologen auf 60.000 Einwohner ein Arzt entfallen. Im Planungsbereich M. seien danach sechs Radiologen erforderlich. Diese Zahl werde durch die Anzahl der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Radiologen - in den Jahren 1977 bis 1980: 12 bzw 13 - weit überschritten. Auch in qualitativer Hinsicht bestehe keine Notwendigkeit für die Erweiterung der Beteiligung. Zwar verfüge Dr. M. über ein spezielles diagnostisches Fachwissen. Nach der Bekundung des als Sachverständigen gehörten Prof. Dr.F. sei eine fachgerechte Behandlung der Versicherten im ambulanten Bereich auch ohne die ausgedehnten wissenschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen des Dr. M. gewährleistet. Das werde durch die Auskünfte der niedergelassenen Fachärzte bestätigt. Ein großer Teil dieser Ärzte habe bereits während der Facharztausbildung an großen Kliniken über längere Zeit mammographische Untersuchungen eigenverantwortlich ausgeführt und befundet. Den Wissensvorsprung der in der Forschung tätigen Ärzte hätten die niedergelassenen Ärzte durch die Kenntnisnahme der wissenschaftlichen Veröffentlichungen ausgleichen können. Es gehöre zu den Pflichten des Kassenarztes, durch ständige Fortbildung den Wissensstand auf den neuesten Stand zu bringen. Es liege kein Anhaltspunkt vor, daß die in M. niedergelassenen Radiologen und Frauenärzte dieser Pflicht nicht nachgekommen seien. Dr. M. habe seine Behauptung, etwa 70 bis 80 vH aller ihm gezeigten Mammographien der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte hätten wegen mangelhafter Einstelltechnik wiederholt werden müssen, nicht durch Beispiele und Vorlage entsprechender Aufnahmen belegt. Ferner sei anzumerken, daß bei radiologischen Leistungen der KÄV die Qualitätssicherung obliege. Die aufgrund der Behauptung des Dr. M. von der Röntgen-Kommission durchgeführte Überprüfung habe nur in einem Fall zu größeren Beanstandungen geführt und zu Wiederholungsprüfungen Anlaß gegeben. Auch nach den allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen, die ihren Niederschlag in § 45 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) gefunden hätten, sei die Beklagte zur Rücknahme des rechtswidrigen Beschlusses vom 8. März 1978 verpflichtet. Das öffentliche Interesse an der Aufhebung des Beschlusses überwiege. Da die Klägerin bereits am 10. Mai 1978 den Antrag auf Widerruf der Beteiligung gestellt habe, könne sich Dr. M. nicht darauf berufen, er habe auf den Bestand der Beteiligung vertraut. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß er Vermögensdispositionen getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne.

Auf die Berufung des Dr. M. hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen. Es geht davon aus, daß der Beschluß des Zulassungsausschusses vom 8. März 1978 in der Sache bindend geworden und die ausgesprochene Beteiligung rechtmäßig gewesen sei. Es käme daher nur ein Widerruf nach § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä in Betracht. Die Fassung der Vorschrift spreche dagegen, daß auch ohne eine Änderung der Verhältnisse die Beteiligung widerrufen werden könne. Eine Änderung der Verhältnisse sei aber, wie auch von der Klägerin eingeräumt werde, in der kurzen Zeit zwischen dem Ausspruch der Beteiligung (März 1978) und der Ablehnung ihres Widerrufs durch die Beklagte (April 1979) nicht eingetreten. § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä stelle eine Sonderregelung dar, die der allgemeinen Regelung über den Widerruf der Zulassung zur Kassenpraxis vorgehe und erst recht einen Rückgriff auf Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts ausschließe. Da es sich bei § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä um eine Ermessensvorschrift handele, bestehe für die Beklagte selbst bei Rechtswidrigkeit der Beteiligung keine Verpflichtung zum Widerruf, denn die Beteiligung sei jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen. Die Frage, ob die Beteiligung notwendig gewesen sei, ließe sich mit guten Gründen bejahen und verneinen. Es stehe auch nicht fest, daß die Beteiligung auf unrichtigen Angaben über mangelnde Qualität der von den niedergelassenen Ärzten erstellten Mammographien beruhe. Die Rechtsauffassung des SG führe dazu, in einem Rechtsstreit um den Widerruf die Berechtigung der Beteiligung wie bei einem Rechtsstreit um ihre erstmalige Gewährung zu prüfen. Dies sei jedoch bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens mit der Abgrenzung widerstreitender Interessen, die es herbeiführe, unvereinbar. Denn auf der einen Seite bleibe damit außer Acht und für Dr. M. ohne ausreichend gesicherten Wert, daß er durch den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 8. März 1978 einen bindend gewordenen begünstigenden Verwaltungsakt erlangt habe. Auf der anderen Seite werde die Klägerin trotz Versäumens der Widerspruchsfrist in die Lage versetzt, die Rechtmäßigkeit der Beteiligung im Rechtsstreit um den Widerruf in demselben Umfang überprüfen zu lassen, wie wenn sie gegen den Ausspruch der Beteiligung rechtzeitig Widerspruch erhoben hätte.

Mit der Revision rügt die Klägerin, das LSG habe § 368a Abs 8 RVO, § 29 Abs 5 ZO-Ä und § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt. Sie trägt dazu vor: Die besondere Qualifikation des Dr. M. sei eine persönliche Eigenschaft iS der 1. Alternative des § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä. Wenn sie bei richtiger Berücksichtigung der Erfordernisse der kassenärztlichen Versorgung nicht gegeben sei, könne die Beteiligung widerrufen werden. Das LSG habe auch die Bedeutung der 2. Alternative des § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä verkannt. Jede Beteiligung stehe unter dem Vorbehalt des Widerrufs, denn sie dürfe nur solange aufrechterhalten bleiben, als sie zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung notwendig sei. Diese Schwäche der Position der Beteiligten verbiete es, den Widerruf auf die Fälle zu beschränken, in denen sich die Verhältnisse seit dem Beteiligungsbeschluß geändert hätten. Auch allgemeine Rechtsgrundsätze erlaubten den Widerruf. Schon vor Geltung des § 45 SGB X habe ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt widerrufen werden dürfen. Eine Einschränkung habe sich nur aus dem Schutz des Vertrauens des Begünstigten ergeben. Wegen des subsidiären und vorübergehenden Charakters der Beteiligung könne der beteiligte Arzt nie auf ihren Bestand vertrauen. Lege man § 29 Abs 5 ZO-Ä so eng aus wie das LSG, so bleibe noch ein durch die Spezialvorschrift nicht geregelter Raum, in dem die allgemeinen Grundsätze anzuwenden seien. Es sei zweifelhaft, ob der Widerruf der Beteiligung noch im Ermessen der Zulassungsinstanzen liege. Jedenfalls seien hier die Grenzen des Ermessens überschritten, da der Beklagte die Vorschrift unrichtig angewandt habe. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß das LSG die Behauptung des Dr. M., er könne früher als die niedergelassenen Ärzte ein Mammakarzinom erkennen, ungeprüft übernommen habe. Mit der Feststellung, das Wissen des Dr. M. sei so umfangreich, speziell und ausgeprägt, daß es wie andersartiges Wissen zu behandeln sei, habe das LSG eine vergleichende Wertung vorgenommen, für die ihm die notwendige Sachkunde fehle. Außerdem sei dem geltenden Zulassungsrecht eine solche Wertung ärztlichen Könnens und Wissens fremd (BSGE 21, 230, 233). Ein Vergleich setze auch die Kenntnis von dem Wissen und den Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte voraus. Dazu habe das LSG nichts festgestellt. Es sei schließlich ohne ausreichende eigene Sachkunde von der Beurteilung des im gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen abgewichen. Dieser Sachverständige, der Leiter des Zentralen Röntgen-Instituts des Klinikums . sei, habe bekundet, daß die besonderen wissenschaftlichen Leistungen des Dr. M. für die fachgerechte Mammographie nicht erforderlich sei.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 8. Dezember 1982 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 1981 zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1 (Dr. M.), der Revisionsbeklagte, beantragt: Die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Berufungsurteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG zur qualitativen Sicherstellung ausreichende Feststellungen getroffen. Soweit es festgestellt habe, daß er besondere andersartige Kenntnisse und Erfahrungen besitze, die für die Versorgung der Versicherten notwendig seien, handele es sich um tatsächliche Feststellungen, die der Revision nicht unterlägen.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2 bis 4 haben sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Das SG hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Verlangen der Klägerin zu entsprechen, die Beteiligung des Dr. M. an der kassenärztlichen Versorgung, soweit sie durch Beschluß vom 8. März 1978 erweitert worden war, zu widerrufen.

Die Verpflichtung der Zulassungsinstanzen zum Widerruf einer Beteiligung kann von den KÄVen geltend gemacht werden. Ihnen obliegt die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung (§ 368k Abs 1, § 368n Abs 1 RVO). Sie haben die Rechte der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen und damit auch gegenüber denjenigen Einrichtungen der gemeinsamen kassenärztlichen Selbstverwaltung wahrzunehmen, an denen die Krankenkassen entscheidend beteiligt sind (§ 368n Abs 2 RVO). Die gesetz- und vertragsmäßige Durchführung der kassenärztlichen Versorgung ist ihre Angelegenheit (§ 368n Abs 4 RVO). Entscheidungen darüber, mit welchen Ärzten sie die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen haben, greifen in ihre Rechtssphäre ein. Sie haben daher schon im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit, ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen. Im Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuß sind sie zur mündlichen Verhandlung zu laden (§ 37 Abs 2, § 45 Abs 3 ZO-Ä). Sie können die Entziehung der Kassenzulassung beantragen (§ 27 Satz 2 ZO-Ä) und den Antrag auf Prüfung stellen, ob die Voraussetzungen, die zur Beteiligung eines Krankenhausarztes geführt haben, noch vorliegen (§ 29 Abs 5 Satz 4 ZO-Ä). Schließlich können sie gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse über die Zulassung und über die Entziehung der Zulassung sowie über die Beteiligung und den Widerruf der Beteiligung eines Krankenhausarztes Widerspruch einlegen (§ 368b Abs 4 RVO).

Die Verpflichtung der Beklagten, die umstrittene Beteiligung des Dr. M. zu widerrufen, ergibt sich aus § 368a Abs 8 und § 368c Abs 1 und Abs 2 Nr 11 RVO iVm § 29 ZO-Ä. Diese Vorschriften befassen sich zwar hauptsächlich mit der Beteiligung als solcher, lediglich Absatz 5 des § 29 ZO-Ä enthält auch Bestimmungen zu ihrem Widerruf. Die letztgenannte Vorschrift stellt aber keine selbständige Regelung dar, sondern ist Teil der Gesamtregelung. Sie ist daher iS dieser Gesamtregelung auszulegen. Nach § 368a Abs 8 RVO ist ein leitender Krankenhausarzt an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen, sofern die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Demzufolge ist die einem leitenden Krankenhausarzt eingeräumte Beteiligung zu widerrufen, wenn sie nicht mehr notwendig ist. Da es auf die Sicherstellung der aktuellen ärztlichen Versorgung ankommt, sind sowohl für die Beteiligung als auch für ihren Widerruf die jeweils gegenwärtigen Verhältnisse maßgebend. Der Widerruf ist demnach nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen eventuell schon früher nicht vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse also nicht nachzuweisen ist.

An dieser Rechtslage hat das am 1. Januar 1981 in Kraft getretene SGB X (Kapitel 1) nichts geändert. Die Rechtsvorschriften über die Beteiligung eines Krankenhausarztes an der kassenärztlichen Versorgung regeln einen Teilbereich des Kassenarztrechtes. Soweit sich aus dieser eigenständigen Regelung die Berechtigung und Verpflichtung zum Widerruf der Beteiligung ergibt, handelt es sich nicht um ein dem neuen Verwaltungsverfahrensrecht entgegenstehendes Recht, das durch Art 2 § 40 Abs 1 SGB X aufgehoben worden ist, sondern um abweichendes Recht eines besonderen Teils des SGB, das nach § 37 SGB I idF durch Art II § 15 Buchst p SGB X, 3. Kapitel vom 4. November 1982 (BGBl I 1450) bzw nach § 1 Abs 1 SGB X in der vorher geltenden Fassung vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) fortgilt.

Das LSG, das den Widerruf der Beteiligung nur bei einer Änderung der Verhältnisse für zulässig hält, beruft sich auf den Wortlaut des § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä. Nach der hier allein in Betracht kommenden 2. Alternative dieser Verordnungsvorschrift kann die Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen, die zur Beteiligung geführt haben, nicht mehr vorliegen. Es ist einzuräumen, daß der Wortlaut dieser Bestimmung zunächst für die Auffassung des LSG spricht. Er läßt aber auch die Annahme zu, der Verordnungsgeber habe den Widerruf davon abhängig machen wollen, daß die - bei der Gewährung der Beteiligung angenommenen - Voraussetzungen jedenfalls nun nicht mehr vorliegen, ohne der Frage entscheidende Bedeutung beizumessen, ob die Voraussetzungen überhaupt jemals vorgelegen haben. Für eine Auslegung in diesem Sinne spricht die gesetzliche Regelung, der die Verordnungsbestimmungen untergeordnet sind. Aber selbst wenn man der Auffassung des LSG folgen wollte, § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä regele nur den Widerruf einer Beteiligung, für die die Voraussetzungen vorgelegen haben, also den Widerruf einer rechtmäßigen Beteiligung, so wäre damit der Widerruf einer von Anfang an rechtswidrigen Beteiligung nicht ausgeschlossen. Insoweit müßte dann, da eine Sonderregelung fehlte, auf die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts bzw auf die nun geltenden §§ 44 ff SGB X zurückgegriffen werden. Danach darf - sieht man von dem hier nicht in Betracht kommenden Ausschluß wegen Fristablaufs ab (§ 45 Abs 3 SGB X) - ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt für die Zukunft zurückgenommen werden, soweit nicht dem Begünstigten Vertrauensschutz zusteht (§ 45 Abs 1 und 2 SGB X).

Die Vorschrift des § 29 Abs 5 ZO-Ä beschränkt sich darauf, zur Realisierung der gesetzlichen Regelung beizutragen. Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag enthält sie Bestimmungen über die Dauer der Beteiligung sowie über das Erfordernis, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beteiligung in bestimmten Zeitabständen zu überprüfen (§ 368c Abs 2 Nr 11 RVO). Sie sieht die Möglichkeit der Befristung (Satz 1) und des Widerrufs vor (Satz 2), sie verpflichtet den Zulassungsausschuß in angemessenen Zeitabständen, die 2 Jahre nicht überschreiten dürfen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die zur Beteiligung geführt haben, noch vorliegen (Satz 3), und räumt der KÄV und den Landesverbänden der Krankenkassen das Recht ein, eine Prüfung nach Satz 3 zu beantragen (Satz 4). Damit wird dem § 368a Abs 8 RVO Rechnung getragen, der die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes von der Notwendigkeit zur Gewährleistung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten abhängig macht, die Beteiligung also nur auf die Zeit beschränkt, in der diese Voraussetzung vorliegt. Das ist bei der Auslegung von Satz 2 des § 29 Abs 5 ZO-Ä zu beachten. Die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes kann nicht fortbestehen, wenn sie zur Gewährung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten jedenfalls jetzt nicht mehr notwendig ist. Übergeordnete Rechtsgrundsätze stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Das gilt insbesondere in bezug auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Bereits die Aufgabenteilung zwischen ambulanter kassenärztlicher und stationärer Krankenhaus-Versorgung macht deutlich, daß der an der kassenärztlichen Versorgung ausnahmsweise beteiligte leitende Krankenhausarzt im Bereich der ambulanten kassenärztlichen Versorgung keine auf Dauer angelegte Rechtsposition erlangt. Vertraut er dennoch auf den Bestand der ihm zuerkannten Beteiligung auch für die Zukunft, so ist sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Beendigung eines rechtswidrigen Beteiligungsverhältnisses nicht schutzwürdig. Bei der Abwägung der Interessen ist einerseits zu berücksichtigen, daß dem leitenden Krankenhausarzt die zeitliche Begrenzung einer Beteiligung bekannt sein muß und daß seine berufliche Existenz im wesentlichen durch die Chefarzttätigkeit bestimmt wird, andererseits, daß die Funktionsfähigkeit des kassenärztlichen Systems von überragender öffentlicher Bedeutung ist und es deshalb im öffentlichen Interesse liegt, den niedergelassenen Ärzten das Betätigungsfeld im ambulanten kassenärztlichen Bereich zu erhalten.

Soweit es in § 29 Abs 5 Satz 2 ZO-Ä heißt, daß die Beteiligung widerrufen werden kann, steht den Zulassungsinstanzen kein Handlungsermessen zu. Die Berechtigung der Zulassungsinstanzen zum Widerruf wird zu einer Verpflichtung, wenn die Voraussetzungen der Beteiligung nicht mehr vorliegen. Der Gesetzgeber hat mit § 368a Abs 8 Satz 1 RVO eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß ein leitender Krankenhausarzt nur unter den dort genannten Voraussetzungen an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen ist. Daß mit Satz 2 des § 29 Abs 5 ZO-Ä den Zulassungsinstanzen kein Handlungsermessen eingeräumt ist, ergibt sich auch aus den nachfolgenden Sätzen 3 und 4 (in § 29 ZO-Ä eingefügt mit Wirkung vom 30. Juli 1978 durch Art 1 Nr 3 der 2. Verordnung zur Änderung der Zulassungsordnung für Kassenärzte vom 24. Juli 1978, BGBl I 1085). Diese Prüfungsbestimmungen hätten keinen Sinn, wenn die Zulassungsinstanzen trotz der etwaigen Feststellung, daß die Voraussetzungen der Beteiligung entfallen seien, zu widerrufen gar nicht verpflichtet wären. Soweit der Senat insoweit früher eine andere Ansicht vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten (s auch Urteil des Senats vom 23. Mai 1984 - 6 RKa 21/83 -).

Den Zulassungsinstanzen steht aber bei der Prüfung der Frage, ob die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, ein Beurteilungsspielraum zu. Der Begriff der Notwendigkeit in diesem Sinne ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er ist zwar durch gesetzliche Bestimmungen weitgehend inhaltlich ausgefüllt (§ 368 Abs 2 und 3, § 368e, § 368g Abs 1 RVO). Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte ausreicht, die Beteiligung eines Krankenhausarztes also nicht notwendig ist, hängt aber von mehreren Faktoren ab (zB Anzahl der Ärzte, Krankenhausversorgung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der Nachfrage, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen), die wiederum nicht nur als Einzelfaktoren, sondern auch in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten durch die niedergelassenen Kassenärzte gewährleistet ist, werden deshalb auch die fachkundigen und ortsnahen Zulassungsinstanzen oft nur ungefähr sagen können. Es müssen daher alle Entscheidungen der Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der ungefähren Richtigkeit halten, als rechtmäßig angesehen werden. Der Gesetzgeber hat durch die Regelung über die Besetzung der Zulassungs- und Berufungsausschüsse zu erkennen gegeben, daß er die Entscheidung innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens denjenigen anvertraut, die es angeht, also den Kassenärzten und den Krankenkassen. Die Kontrolle des Gerichts beschränkt sich deshalb darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlich und begründet hat, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (s BSGE 38, 138, 143 f sowie 282, 289 mwN; BVerwGE 39, 197, 204; vgl auch BVerwGE 59, 213, 216; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht 1982 § 17 RdNr 46; Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht 6. Aufl § 12 II, 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl § 7 RdNr 20; vgl weiter Bachof, JZ 1972, 641, 644).

Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch, daß dem Antrag der Klägerin auf Widerruf der Beteiligung aus rechtlichen Gründen stattzugeben ist, die Zulassungsinstanzen also keinen Entscheidungsspielraum mehr haben. Soweit die Zulassungsinstanzen und das LSG die Notwendigkeit der Beteiligung begründen, stützen sie sich darauf, daß Dr. M. aufgrund seiner wissenschaftlichen Qualifikation und seiner Chefarzttätigkeit über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die Durchführung von Mammographien verfügt. Damit wird jedoch nicht gesagt, daß die auf diesem Gebiet von den niedergelassenen Ärzten angebotene Versorgung der Versicherten unzureichend wäre. Die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, insbesondere die Feststellungen in dem die Ersatzkassen-Beteiligung betreffenden Rechtsstreit (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8. Dezember 1982 - L 1 Ka 2042/81 -), auf den das Berufungsgericht verweist, lassen es nicht zu, eine Versorgungslücke in diesem Sinne in Betracht zu ziehen.

Das LSG hat ausdrücklich die Auffassung des SG bestätigt, daß eine Versorgungslücke in quantitativer Hinsicht nicht vorliegt. Die Tatsachenfeststellungen der gerichtlichen Vorinstanzen und der Zulassungsgremien ergeben darüber hinaus, daß eine Beteiligung des Dr. M. zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung auch nicht aus anderen Gründen notwendig ist. Das LSG kommt nur deshalb zu einem gegenteiligen Ergebnis, weil es aus seinen Tatsachenfeststellungen unzutreffende rechtliche Schlußfolgerungen gezogen hat. Es ist zunächst unter Hinweis auf eine Entscheidung des Senats (BSGE 21, 230, 232, 233) davon ausgegangen, daß die Tätigkeit am Krankenhaus dem leitenden Arzt die Möglichkeit geben könne, sich ein diagnostisches und therapeutisches Erfahrungswissen anzueignen, wie es in diesem Umfang bei niedergelassenen Ärzten einschlägiger Fachrichtung nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden könne. Es hat dann festgestellt, daß Dr. M. im Bereich der Mammographie über ein derartiges Wissen verfüge, daß dieses aber insofern nicht anders als das der freipraktizierenden Röntgenologen und Gynäkologen sei, als auch jene diese Untersuchungsmethoden anwendeten. Diese Feststellungen besagen also, die Untersuchungsleistungen des Dr. M. und der niedergelassenen Röntgenologen und Gynäkologen sind der Art nach die gleichen. Da ferner außer Frage steht, daß genügend niedergelassene Ärzte diese Leistungen erbringen, ist die Beteiligung des Dr. M. insoweit zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung nicht notwendig.

Das LSG entspricht dem Begehren des Dr. M. im wesentlichen deshalb, weil dessen Kenntnisse und Erfahrungen aufgrund seiner wissenschaftlichen Betätigung und seiner einschlägigen Praxis als Chefarzt so speziell und so ausgeprägt seien, daß sie im Vergleich zu den Kenntnissen und Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte eine Besonderheit darstellten, die nicht mehr nur in den Bereich einer unzulässigen vergleichenden Wertung ärztlichen Könnens gehöre, sondern in dieser ausgeprägten Form andersartigen Kenntnissen und Erfahrungen gleichzustellen sei, die sonst die Notwendigkeit einer Beteiligung begründeten. Dieser Schlußfolgerung kann nicht beigetreten werden. Die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen reichen für sich allein nicht aus, um eine Beteiligung an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung zu rechtfertigen. Für die kassen- und vertragsärztliche Versorgung können sie erst von Bedeutung sein, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen. Es muß sich dabei um Leistungen handeln, die im Rahmen einer ausreichenden ambulanten ärztlichen Versorgung benötigt und von den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend angeboten werden. Die Tatsachenfeststellungen des LSG ergeben, daß Dr. M. keine besonderen Leistungen in diesem Sinne zur Verfügung stellt.

Seine hohe wissenschaftliche Qualifikation auf dem Gebiet der Mammographie und der Früherkennung des Mamma-Carcinoms ist sicher für die Medizin im allgemeinen und damit auch für die kassen- und vertragsärztliche Versorgung der Versicherten von großer Bedeutung. Sie wird dazu beigetragen haben und weiter dazu beitragen, die medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung zu verbessern. Dieses Ziel wird jedoch mit der hier umstrittenen Beteiligung nicht verfolgt. Vielmehr begehrt Dr. M. den Fortbestand der Beteiligung, um sich auf dem Gebiet der Mammographie in einem räumlich begrenzten Bereich wie ein Kassen- und Vertragsarzt an der ambulanten ärztlichen Versorgung der Versicherten beteiligen zu können. Das aber setzt voraus, daß insoweit eine Versorgungslücke besteht, die durch die Beteiligung des Dr. M. geschlossen wird. Da die Mammographie in dem hier fraglichen Versorgungsgebiet in ausreichendem Umfange von niedergelassenen Ärzten angeboten wird, wäre eine Versorgungslücke nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Leistungserbringung durch die niedergelassenen Ärzte in qualitativer Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche. Die gesetzlichen Anforderungen an die Leistungserbringung ergeben sich insbesondere aus § 368 Abs 3, § 368e und § 368g Abs 1 RVO. Danach ist es Ziel der kassenärztlichen Versorgung, den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ärztliche Versorgung in zumutbarer Entfernung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie der Möglichkeit der Rationalisierung und Modernisierung zur Verfügung zu stellen. Der Versicherte hat Anspruch auf die ärztliche Versorgung, die zur Heilung und Linderung - auch zur Früherkennung von Krankheiten - nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist. Schließlich ist die kassenärztliche Versorgung durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Das hohe wissenschaftliche Niveau von Dr. M. auf dem Gebiet der Mammographie ist nicht Maßstab der allgemeinen kassenärztlichen Versorgung. Eine Versorgungslücke ist also nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistungen der niedergelassenen Ärzte nicht diesem hohen Niveau entsprechen. Eine andere Frage ist es, ob die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen, die Dr. M. im Rahmen seiner wissenschaftlichen Forschung und seiner Tätigkeit als leitender Krankenhausarzt erworben hat, nicht auf andere Weise auch der ambulanten Versorgung der Versicherten nutzbar gemacht werden sollten, zB durch eine Beteiligung nach § 29 Abs 2 Satz 2 Buchst b ZO-Ä (konsiliarische Beratung von Kassenärzten) oder durch eine Beteiligung auf Überweisung durch niedergelassene Fachkollegen. Auf diese Weise könnte unter Umständen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den in der ambulanten Versorgung tätigen niedergelassenen Ärzten und den eventuell auch wissenschaftlich tätigen Ärzten in Krankenanstalten und Universitätskliniken gefördert werden und dadurch auch die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten verbessert werden. Um eine solche Form der Beteiligung geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Die Beanstandungen des Dr. M., die Mammographien der niedergelassenen Ärzte seien zu einem großen Teil mangelhaft, konnten nicht bestätigt werden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen soll die von der KÄV veranlaßte Überprüfung nur in einem Fall zu weiteren Maßnahmen Anlaß gegeben haben. Es obliegt der KÄV, dafür zu sorgen, daß die röntgenologischen Leistungen der Kassenärzte den Anforderungen entsprechen. Sie hat die erforderlichen Überprüfungen in die Wege zu leiten und darauf hinzuwirken, daß eventuelle Mängel der Leistungserbringung behoben werden (§ 24 des Bundesmantelvertrages-Ärzte -BMV-Ä- iVm den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Radiologie und Nuklearmedizin). Der Hinweis des LSG, Krebserkrankungen seien vielfach nur bei einem Erkennen in einem Frühstadium wirksam zu bekämpfen, macht lediglich auf ein allgemeines medizinisches Problem aufmerksam. Eine Beteiligung des Dr. M. zur Durchführung von Mammographien könnte unter diesem Aspekt allenfalls dann notwendig sein, wenn allgemein die im Krankenhaus durchgeführten Mammographien gegenüber den gleichen Untersuchungen der niedergelassenen Ärzte in bezug auf die Früherkennung von Krebserkrankungen überlegen wären (zB weil nur im Krankenhaus die erforderlichen Geräte zur Verfügung stehen) oder wenn die niedergelassenen Ärzte im Raum M. nicht über die entsprechenden Geräte oder Befähigungen verfügten. Dafür liegen in diesem Fall aber keine Anhaltspunkte vor. Es ist vielmehr auch bezüglich des hier fraglichen Versorgungsgebietes davon auszugehen, daß die niedergelassenen Kassenärzte, soweit sie Mammographien durchführen, dafür ausgerüstet sind und sich im Rahmen der ihnen obliegenden Weiterbildung die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft angeeignet haben. Zu gegenteiligen Folgerungen geben die Tatsachenfeststellungen des LSG keinen Anlaß.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659858

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