Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagter und Revisionsbeklagter, beigeladen: …

 

Tatbestand

I.

Umstritten ist der teilweise Widerruf einer Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung.

Der Kläger ist Chefarzt der Urologischen Abteilung des Städt. Krankenhauses in W.. Im Jahre 1976 wurde ihm die Beteiligung an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung für die von Kassenärzten überwiesenen Behandlungsfälle "nach § 29 Abs. 2 a, c und d ZO in Verbindung mit § 368a Abs. 8 RVO wie folgt erteilt:

a)

Untersuchungen zum Zwecke der Krankheitserkennung,

c)

Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, insbesondere ärztlicher Sachleistungen, soweit diese bei Untersuchungen nach Abschnitt 2 a notwendig sind,

d)

ambulante Nachuntersuchung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt".

Mit Schreiben vom 4. Juli 1979 beantragte die Kassenärztliche Vereinigung (KEV) Bayerns (die Beigeladene zu 1.) die Beteiligung zu widerrufen, weil jetzt mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, daß die kassenärztliche Versorgung durch die drei niedergelassenen Urologen in vollem Umfange sichergestellt sei; im Zeitpunkt der Beteiligung des Klägers im Jahre 1976 hätten dagegen Erfahrungswerte aufgrund der Zulassung des zweiten Urologen in W. am 1. Januar 1976 noch nicht vorgelegen. Der Zulassungsausschuß schränkte daraufhin die Beteiligung des Klägers ein auf Leistungen "nach § 29 Abs. 2 Buchst

c)

für die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, insbesondere ärztlicher Sachleistungen, und zwar für

i

Miktionscystourethrographie (radiol. Toilettenstahl-Untersuchg.)

i

Radiologische bzw. sonographische Restharnbestimmung

i

Cystometrie

i

Urethro- bzw. Sphinkterometrie

i

Uroflowmetrie

i

Elektromyographie des Beckenbodens

i

Dynamische Endoskopie

i

Urotomographie

i

retrograde Urethrocystographie im Zusammenhang mit dem übrigen Beteiligungsumfang

i

Ultraschall-Schnittbilduntersuchungen

i

Laboruntersuchungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsumfang

i

Harnsteinmetaphylaxe

i

Spezielle andrologische Untersuchungen und Behandlungen

i

ambulante operative Eingriffe im Zusammenhang mit dem vorstehenden Beteiligungsumfang

d)

Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt".

Die vom Kläger und der KÄV erhobenen Widersprüche wies der beklage Berufungsausschuß mit der Begründung zurück, die Untersuchungen nach Buchst a) des § 29 Abs. 2 der Zulassungsordnung für Ärzte (ZO-Ä) könnten von den drei im Planungsbereich W. niedergelassenen Urologen erbracht werden, dagegen zeige ein Vergleich zwischen den Leistungen des Klägers und den Leistungen der niedergelassenen Urologen, daß diese einen gewissen Anteil von besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht erbrächten und es deshalb angezeigt sei, eine eingeschränkte Beteiligung nach Buchst c) zu belassen. Auch für den Widerruf der Beteiligung nach Buchst d) sehe er keine hinreichende Gründe. Im Verlaufe einer stationären Krankenhausbehandlung entwickele sich häufig zwischen den Patienten und dem sie betreuenden Krankenhausarzt ein besonderes Vertrauensverhältnis, weshalb auch nach der Entlassung der Patienten aus stationärer Behandlung dem Krankenhausarzt die weitere Kontrolle im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt belassen werden sollte.

Dagegen haben sowohl der Arzt als auch die KÄV Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage des Arztes abgewiesen und auf die Klage der KÄV den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 26. September 1979 in der Gestalt des Beschlusses des Beklagten vom 30. April 1980 insoweit aufgehoben, "als die Beteiligung des Klägers … an der kassenärztlichen Versorgung nicht widerrufen wurde, außer für folgende Leistungen auf Überweisung durch Kassenärzte:

i

Cystometrie,

i

Urethro- bzw. Sphinkterometrie,

i

Elektromyographie des Beckenbodens,

i

Dynamische Endoskopie,

i

Ultraschall - Schnittbilduntersuchungen".

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG mit der Maßgabe abgeändert, daß die Beteiligung des Klägers um die "Funktionsurographie mit der 100 mm-Serienbildkamera" erweitert wird. Im übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen und dazu ausgeführt: Ein Bedürfnis für eine weitergehende Beteiligung des Klägers bestehe weder aus qualitativen noch aus quantitativen Gründen. Im Planungsbereich nähmen nun drei Urologen die Versorgung der Bevölkerung wahr, während nach den Planungsrichtlinien nur zwei Gebietsärzte für Urologie ausgewiesen seien. Dem Berufungsvorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, daß er auf dem Gebiet der ambulanten Krankenpflege gegenüber allen übrigen im Planungsbereich niedergelassenen Urologen über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. Es sei nicht ersichtlich, daß er wegen seines qualifizierten Berufsweges und seiner Stellung als Chefarzt bei der Diagnose und der Behandlung im ambulanten Bereich Leistungen erbringe, welche die niedergelassenen Ärzte nicht bieten. Dr. Z. und Dr. B. hätten dem Gericht auf Befragen mitgeteilt, daß sie die vom Kläger herausgestellten urologischen Leistungen bis auf die im Urteil des SG aufgeführten Leistungen gleichfalls erbrächten. Auch aus den von der KÄV vorgelegten Frequenzstatistiken ergäbe sich, daß der Kläger im wesentlichen keine anderen Leistungen abrechne als die im Planungsbereich niedergelassenen Urologen. Bei zutreffender Auslegung des § 368a Abs. 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erscheine es nicht sachdienlich, die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers durch ein medizinisches Sachverständigengutachten abzuklären (vgl. BSGE 21, 230).

Mit der Revision rügt der Kläger, die angefochtenen Entscheidungen verletzten § 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä i.V.m. § 368a Abs. 8 RVO insoweit, als die Begriffe über den Wegfall der Voraussetzungen, insbesondere über den Wegfall des Bedürfnisses fehlerhaft angewendet worden seien und die Vorinstanzen außerdem verkannt hätten, daß im Rahmen des § 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä eine Ermessensentscheidung und nicht eine gebundene Entscheidung zu treffen sei. Außerdem rügt er die Verletzung von § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil das LSG seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht stattgegeben habe. Zur Begründung trägt er vor: Um eine Beteiligung widerrufen oder einschränken zu können, müsse der Wegfall des Bedürfnisses positiv festgestellt werden. Entgegen der Auffassung des LSG sei das Bedürfnis in quantitativer Hinsicht nicht schon deshalb entfallen, weil sich ein dritter Urologe in W. niedergelassen habe und die Bedarfsplanungsrichtlinien von einem Bedarf von zwei Urologen im Planungsbereich W. ausgingen. Entscheidend komme es vielmehr darauf an, welche Nachfrage nach einer bestimmten medizinischen Leistung bestehe. Zudem habe das LSG bei der Würdigung der unterdurchschnittlichen Fallzahlen von zwei niedergelassenen Urologen nicht berücksichtigt, daß der eine aus Altersgründen seine Praxis einschränke und der andere seine Praxis erst begonnen habe. Das LSG hätte sich höchstens auf den Bedarfsplan, nicht aber auf die Bedarfsplanungsrichtlinien berufen dürfen. Die Richtlinien könnten auch deshalb nicht Prüfungsmaßstab sein, weil sie nicht der Erstbeteiligung zugrunde gelegen hätten. Eine Veränderung des quantitativen Bedürfnisses hätte aufgrund eines Vergleiches der durchschnittlichen Fallzahl der Urologen in seinem Einzugsbereich mit der entsprechenden Fallzahl auf Landes- und Bundesebene im Jahre 1976 und einer Relation dieser Fallzahlen zu den heutigen geprüft werden können. Bedarfsplanungsrichtlinien und Bedarfsplan sollten ausschließlich der Beseitigung einer ärztlichen Unterversorgung dienen und einem regionalen Ungleichgewicht entgegenwirken, sie könnten daher nicht zum Maßstab einer Chefarztbeteiligung gemacht werden. Wie fragwürdig die für das Gebiet der Urologie aufgestellte Meßzahl von 1 : 66.000 sei, zeige der Umstand, daß die Weltgesundheitsorganisation eine Verhältniszahl von 1 : 30.000 empfehle. Seine Beteiligung sei zudem von überregionaler Bedeutung, denn er sei Chefarzt der einzigen hauptamtlich geleiteten Urologischen Abteilung in der Oberpfalz. Bei der Prüfung des qualitativen Bedürfnisses gehe das LSG zu Unrecht davon aus, daß es außer auf die Kenntnisse nur noch auf die Fähigkeiten des Arztes ankomme; vielmehr sollten auch die Erfahrungen des Arztes den Versicherten zugänglich gemacht werden (BSGE 21, 233). Unzutreffenderweise stelle das LSG auf einen Vergleich der abgerechneten Leistungsziffern und auf die Auskünfte der niedergelassenen Fachkollegen ab. Die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen äußerten sich darin, daß der Arzt entweder durch die Bestimmung der Kombination verschiedener Leistungen oder aber durch die besonders hervorragende Erbringung einer bestimmten Leistung einen besseren Erfolg als andere Ärzte erzielen könne. Anhand der abgerechneten Leistungsziffern werde nicht deutlich, welche konkrete ärztliche Leistung hinter diesen Gebührenziffern stehe. Es sei nicht ersichtlich, wie überhaupt eine besondere Qualifikation nachgewiesen werden könne, wenn man mit dem LSG Art und Umfang der Aus- und Weiterbildung, die Tätigkeit an Universitätskliniken in Oberarzt-Stellung, die Vorlage zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen usw. als ungeeignete Kriterien einer qualitativen Bedürfnisprüfung, ja sogar als "subjektive Qualitätsmerkmale" beurteile. Das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil das LSG die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht dahin überprüft habe, ob die Verwaltungsbehörde überhaupt ein Ermessen ausgeübt habe und ob dies in richtiger Weise erfolgt sei. Die Verwaltungsinstanzen machten keine Ausführungen, die eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung ermöglichten (vgl. BSG vom 3. Dezember 1980 - 6 RKa 1/78 -). Das SG habe in unzulässiger Weise sein Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens gesetzt. Es habe dem Antrag der KÄV auf weitergehende Einschränkung des Beteiligungsumfangs stattgegeben, obwohl es dazu nicht befugt gewesen sei. Zur Begründung seines vor dem LSG gestellten Beweisantrages habe er geltend gemacht, daß die überalteten Röntgeneinrichtungen der niedergelassenen Urologen zum Teil die Patienten zu stark belasteten, im übrigen aber auch ungeeignet seien, dynamische Abläufe darzustellen und somit eine exakte Diagnose zu liefern. Hätte das LSG dem Beweisantrag entsprochen, so wäre ein Bedürfnis für die Beteiligung zumindest insoweit zu bejahen gewesen, als Untersuchungen mit Röntgenstrahlen erforderlich sind.

Der Kläger beantragt sinngemäß:unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. März 1983 und des Urteils des Sozialgerichts München vom 16. Oktober 1981 den teilweisen Widerruf seiner Beteiligung aufzuheben, hilfsweise, die ihm belassene Beteiligung zu erweitern gemäß § 29 Abs. 2 Buchst a ZO-Ä auf Abklärung der Operationsindikation und der Operabilität, Abklärung eines Tumors, Andrologie und Kinderurologie, gemäß § 29 Abs. 2 Buchst c ZO-Ä auf Tomographie, Cystostatische Therapie, Retrograde Ureteopyelographie, Urologische Nephrologie und Kinderurologie sowie gemäß § 29 Abs. 2 Buchst d für ambulante Nachbehandlung.

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) beantragen: die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Der Beklagte hat sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist nur zu einem geringeren Teil begründet. Sie hat keinen Erfolg, soweit die Vorinstanzen seine Klage abgewiesen haben. Sie führt dagegen zu einer Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen, soweit auf die Klage der KÄV die Beteiligung des Klägers an der kassenärztlichen Versorgung über den Widerruf des Zulassungsausschusses hinaus weiter eingeschränkt worden ist. Hinsichtlich dieses Teils der Beteiligung hat der beklagte Berufungsausschuß unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Entscheidung zu treffen.

Die Entscheidung des LSG läßt eine unrichtige Rechtsanwendung nicht erkennen, soweit sie den teilweisen Widerruf der Beteiligung des Klägers durch den Zulassungsausschuß bestätigt hat. Die Zulassungsinstanzen sind verpflichtet, die Beteiligung eines Krankenhausarztes an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen der Beteiligung nicht mehr vorliegen. Das ergibt sich aus § 368a Abs. 8 und § 368c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 11 RVO i.V.m. 29 ZO-Ä. Diese Vorschriften befassen sich zwar hauptsächlich mit der Beteiligung als solcher, lediglich Absatz 5 des § 29 ZO-Ä enthält auch Bestimmungen zu ihrem Widerruf. Die letztgenannte Vorschrift stellt aber keine selbständige Regelung dar, sondern ist Teil der Gesamtregelung. Sie ist daher i.S. dieser Gesamtregelung auszulegen. Nach § 368a Abs. 8 RVO ist ein leitender Krankenhausarzt an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen, sofern die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung des Versicherten zu gewährleisten. Demzufolge ist die einem leitenden Krankenhausarzt eingeräumte Beteiligung zu widerrufen, wenn sie nicht mehr notwendig ist. Da es auf die Sicherstellung der aktuellen ärztlichen Versorgung ankommt, sind sowohl für die Beteiligung als auch für ihren Widerruf die jeweils gegenwärtigen Verhältnisse maßgebend. Der Widerruf ist demnach nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen eventuell schon früher nicht vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse also nicht nachzuweisen ist.

An dieser Rechtslage hat das am 1. Januar 1981 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X Kapitel 1) nichts geändert. Die Rechtsvorschriften über die Beteiligung eines Krankenhausarztes an der kassenärztlichen Versorgung regeln einen Teilbereich des Kassenarztrechts. Soweit sich aus dieser eigenständigen Regelung die Berechtigung und Verpflichtung zum Widerruf der Beteiligung ergibt, handelt es sich nicht um ein dem neuen Verwaltungsverfahrensrecht entgegenstehendes Recht, das durch Art. 2 § 40 Abs. 1 SGB X aufgehoben worden ist, sondern um abweichendes Recht eines besonderen Teils des SGB, das nach § 37 SGB I i.d.F. des Art. II § 15 Buchst. p SGB X, 3. Kapitel vom 4. November 1982 (BGBl. I 1450) bzw. nach § 1 Abs. 1 SGB X in der vorher geltenden Fassung vom 18. August 1980 (BGBl. I 1469) fortgilt.

Der Kläger hält, wie seinem Vorbringen zu entnehmen ist, den Widerruf der Beteiligung nur dann für zulässig, wenn eine Änderung der Verhältnisse nachgewiesen werden kann. Es ist ihm zuzugestehen, daß der Wortlaut des § 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä zunächst für seine Auffassung spricht. Nach der hier allein in Betracht kommenden zweiten Alternative der Verordnungsvorschrift kann die Beteiligung widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen, die zur Beteiligung geführt haben, nicht mehr vorliegen. Diese Wortfassung läßt aber auch die Auslegung zu, der Verordnungsgeber habe den Widerruf für den Fall vorgeschrieben, daß die - bei der Gewährung der Beteiligung angenommenen - Voraussetzungen jedenfalls nun nicht mehr vorliegen, ohne der Frage entscheidende Bedeutung beizumessen, ob die Voraussetzungen überhaupt jemals vorgelegen haben. Für eine Auslegung in diesem Sinne spricht die gesetzliche Regelung, der die Verordnungsbestimmungen untergeordnet sind. Aber selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen wollte, § 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä regele nur den Widerruf einer Beteiligung, für die die Voraussetzungen vorgelegen haben, also den Widerruf einer rechtmäßigen Beteiligung, so wäre damit der Widerruf einer von Anfang an rechtswidrigen Beteiligung nicht ausgeschlossen. Vor Inkrafttreten des SGB X war auf die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts zurückzugreifen, soweit in einem Rechtsgebiet der öffentlichen Verwaltung der Widerruf bzw. die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nicht geregelt war. Nach diesen Grundsätzen durfte ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt für die Zukunft zurückgenommen werden, wenn nicht ein dem Begünstigten zustehender Vertrauensschutz dies ausschloß. Die Grundsätze des Verwaltungsrechts haben ihren Niederschlag in den Vorschriften des SGB X gefunden, durch die nun das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren im allgemeinen geregelt ist (zur Bestandskraft des Verwaltungsaktes: 39 ff.).

Die Vorschrift des § 29 Abs. 5 ZO-Ä beschränkt sich darauf, zur Realisierung der gesetzlichen Regelung beizutragen. Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag enthält sie Bestimmungen über die Dauer der Beteiligung sowie über das Erfordernis, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beteiligung in bestimmten Zeitabständen zu überprüfen (§ 368c Abs. 2 Nr. 11 RVO). Sie sieht die Möglichkeit der Befristung (Satz 1) und des Widerrufs vor (Satz 2), sie verpflichtet den Zulassungsausschuß in angemessenen Zeitabständen, die zwei Jahre nicht überschreiten dürfen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die zur Beteiligung geführt haben, noch vorliegen (Satz 3), und räumt der KÄV und den Landesverbänden der Krankenkassen das Recht ein, eine Prüfung nach Satz 3 zu beantragen (Satz 4). Damit wird dem § 368a Abs. 8 RVO Rechnung getragen, der die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes davon abhängig macht, daß sie notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten; die Beteiligung ist also nur auf die Zeit beschränkt, in der diese Voraussetzung vorliegt. Das ist bei der Auslegung von Satz 2 des § 29 Abs. 5 ZO-Ä zu beachten. Die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes kann somit nicht fortbestehen, wenn sie zur Gewährleistung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten jedenfalls jetzt nicht mehr notwendig ist. Übergeordnete Rechtsgrundsätze stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Das gilt insbesondere in bezug auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Bereits die Aufgabenteilung zwischen ambulanter kassenärztlicher und stationärer Krankenhaus-Versorgung macht deutlich, daß der an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung ausnahmsweise beteiligte leitende Krankenhausarzt im Bereich der kassenärztlichen Versorgung keine auf Dauer angelegte Rechtsposition erlangt. Vertraut er dennoch auf den Bestand der ihm zuerkannten Beteiligung auch für die Zukunft, so ist sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Beendigung eines rechtswidrigen Beteiligungsverhältnisses nicht schutzwürdig. Bei der Abwägung der Interessen ist einerseits zu berücksichtigen, daß dem leitenden Krankenhausarzt die zeitliche Begrenzung einer Beteiligung bekannt sein muß und daß seine berufliche Existenz im wesentlichen durch die Chefarzttätigkeit bestimmt wird, andererseits, daß die Funktionsfähigkeit des kassenärztlichen Systems von überragender öffentlicher Bedeutung ist und es deshalb im öffentlichen Interesse liegt, den niedergelassenen Ärzten das Betätigungsfeld im ambulanten kassenärztlichen Bereich zu erhalten.

Soweit es in § 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä heißt, daß die Beteiligung widerrufen werden kann, steht den Zulassungsinstanzen kein Handlungsermessen zu. Die Berechtigung der Zulassungsinstanzen zum Widerruf wird zu einer Verpflichtung, wenn die Voraussetzungen der Beteiligung nicht mehr vorliegen. Der Gesetzgeber hat mit § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß ein Leitender Krankenhausarzt nur unter den dort genannten Voraussetzungen an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen ist. Daß mit Satz 2 des § 29 Abs. 5 ZO-Ä den Zulassungsinstanzen kein Handlungsermessen eingeräumt ist, ergibt sich auch aus den nachfolgenden Sätzen 3 und 4 (in den § 29 ZO-Ä eingefügt mit Wirkung vom 30. Juli 1978 durch Art. 1 Nr. 3 der 2. Verordnung zur Änderung der Zulassungsordnung für Kassenärzte vom 24. Juli 1978, BGBl. I 1085). Diese Prüfungsvorschriften hätten keinen Sinn, wenn die Zulassungsinstanzen trotz der etwaigen Feststellung, daß die Voraussetzungen der Beteiligung entfallen seien, zu widerrufen gar nicht verpflichtet wären. Soweit der Senat insoweit früher eine andere Ansicht vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten (vgl. Urteil des Senats vom 23. Mai 1984 - 6 RKa 21/82 -).

Den Zulassungsinstanzen steht aber bei der Prüfung der Frage, ob die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, ein Beurteilungsspielraum zu. Der Begriff der Notwendigkeit in diesem Sinne ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er ist zwar durch gesetzliche Bestimmungen weitgehend inhaltlich ausgefüllt (§ 368 Abs. 2 und 3, § 368e, § 368g Abs. 1 RVO). Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte ausreicht, die Beteiligung eines Krankenhausarztes also nicht notwendig ist, hängt aber von mehreren Faktoren ab (z.B. Anzahl der Ärzte, Krankenhausversorgung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der Nachfrage, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen), die wiederum nicht nur als Einzelfaktoren, sondern auch in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten durch die niedergelassenen Kassenärzte gewährleistet ist, werden deshalb auch die fachkundigen und ortsnahen Zulassungsinstanzen nur ungefähr sagen können. Es müssen daher alle Entscheidungen der Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der ungefähren Richtigkeit halten, als rechtmäßig angesehen werden. Der Gesetzgeber hat durch die Regelung über die Besetzung der Zulassungs- und Berufungsausschüsse zu erkennen gegeben, daß er die Entscheidung innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens denjenigen anvertraut, die es angeht, also den Kassenärzten und den Krankenkassen, denen die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung obliegt. Die Kontrolle des Gerichts beschränkt sich deshalb darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.

Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Zulassungsinstanzen bei dem teilweisen Widerruf der Beteiligung des Klägers das Recht verletzt, insbesondere den Beurteilungsspielraum verkannt haben oder daß ihren Entscheidungen ein unrichtiger oder unvollständiger Sachverhalt zugrunde liegt. Der Beklagte kommt zu dem Ergebnis, daß alle Leistungen, auf die sich der Widerruf der Beteiligung erstreckt, von den drei im Planungsbereich niedergelassenen Urologen erbracht werden können. Dieses Ergebnis hat sich nicht als unrichtig herausgestellt. Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG, von denen auch der Senat auszugehen hat, nehmen in dem hier maßgebenden Planungsbereich drei Urologen die Versorgung der Bevölkerung wahr, während nach den Planungsrichtlinien nur zwei Urologen erforderlich sind. Bis auf die nicht strittige "Funktionsurographie mit der 100 mm Serienbildkamera" hat das LSG keine - von der Beteiligung des Klägers nicht umfaßten - Leistungen festgestellt, die zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung der Versicherten benötigt, aber von den niedergelassenen Urologen nicht oder nicht ausreichend angeboten werden. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Zulassungsausschuß und der Beklagte sich an den Bedarfsplanungsrichtlinien (Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung in der kassenärztlichen Versorgung vom 4. Juli 1977, Beilage Nr. 28/77 zum Bundesanzeiger Nr. 237 vom 20. Dezember 1977) und dem Bedarfsplan der KÄV orientiert und daß die Frequenzstatistiken der KÄV und die Auskünfte der niedergelassenen Urologen Berücksichtigung gefunden haben. Der Auffassung des Klägers, die Bedarfsplanungsrichtlinien und der Bedarfsplan sollten ausschließlich der Beseitigung einer ärztlichen Unterversorgung dienen und einem regionalen Ungleichgewicht entgegenwirken, kann nicht zugestimmt werden. Die Vorschriften, die sich mit der Bedarfsplanung befassen, zeigen vielmehr, daß ihre Bedeutung nicht derart eingeschränkt ist, der Regelungszweck vielmehr umfassend auf die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung gerichtet ist (§ 368 Abs. 4, § 368c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 368n Abs. 7, 368p Abs. 7 RVO, §§ 12 ff. ZO-Ä). Die Frequenzstatistiken können Schlußfolgerungen hinsichtlich der Frage zulassen, ob die zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung notwendigen Untersuchungs- und Behandlungsleistungen von den niedergelassenen Ärzten ausreichend erbracht werden. Dem Krankenhausarzt bleibt es unbenommen, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, daß er darüber hinaus besondere Leistungen, eventuell besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden anbieten kann, welche ebenfalls für die ambulante Versorgung der Versicherten benötigt, aber von den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung gestellt werden.

Ein solches Leistungsangebot ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers, die überalteten Röntgen - Einrichtungen der niedergelassenen Urologen führten zum Teil zu einer starken Belastung der Patienten und seien im übrigen ungeeignet, eine exakte Diagnose zu liefern. Dieses Vorbringen beschränkt sich im wesentlichen darauf, ganz allgemein die Röntgen - Untersuchungen der niedergelassenen Urologen zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat dadurch, daß es dieser Beanstandung nicht nachgegangen ist, seine Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger vorgebrachte Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Röntgen - Leistungen der Kassenärzte unterliegen einer Kontrolle, die sich sowohl auf die fachliche Befähigung als auch auf die apparative Ausstattung erstreckt (Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Radiologie und Nuklearmedizin vom 8. Dezember 1979, letzte Fassung vom 18. Mai 1981). Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, daß auch die röntgenologischen Leistungen der Kassenärzte den an sie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung zu stellenden Anforderungen genügen. Wollte der Kläger seinen Beweisantrag aber dahin verstanden wissen, daß er ein besonderes Leistungsangebot geltend macht, so hätte er vor dem LSG darlegen müssen, um welche Leistungen es sich hierbei handelt, welche diagnostische oder therapeutische Bedeutung ihnen für die ambulante ärztliche Behandlung zukommt und warum gleichwertige Leistungen nicht von den niedergelassenen Ärzten erbracht werden können. Da sein Vorbringen vor dem LSG nicht in diesem Sinne spezifiziert gewesen ist, mußte sich das LSG nicht zu einer weiteren Sachaufklärung veranlaßt sehen. Auch die von ihm vorgelegte "Vergleichende Zusammenstellung einiger Beispiele unterschiedlicher Leistungsspektren - Versorgungslücken" vom 18. März 1983 läßt nicht erkennen, ob die aufgeführten Leistungen für die ambulante Versorgung der Versicherten benötigt werden und, soweit dies der Fall ist, ob die niedergelassenen Urologen, wenn schon nicht dieselben, auch keine gleichwertigen Leistungen erbringen.

Soweit der Kläger auf seine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen verweist, die er durch seine wissenschaftliche Betätigung und als Chefarzt einer Krankenhausabteilung erworben habe, ergibt sich ebenfalls nicht, daß die Zulassungsinstanzen die Beteiligung zu Unrecht eingeschränkt haben. Die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines Arztes reichen für sich allein nicht aus, um eine Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung zu rechtfertigen. Für die kassenärztliche Versorgung erlangen sie erst Bedeutung, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen (Urteil des Senats vom 23. Mai 1984 - 6 RKa 2/83 -). Die Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes an der kassenärztlichen Versorgung setzt eine Versorgungslücke im ambulanten Bereich voraus. Eine solche Versorgungslücke liegt nur dann vor, wenn die Leistungen der Kassenärzte nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Diese Anforderungen ergeben sich vor allem aus § 368 Abs. 3, § 368e und § 368g Abs. 1 RVO. Danach ist es Ziel der kassenärztlichen Versorgung, den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ärztliche Versorgung in zumutbarer Entfernung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie der Möglichkeiten der Rationalisierung und Modernisierung zur Verfügung zu stellen. Der Versicherte hat Anspruch auf die ärztliche Versorgung, die zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist. Schließlich ist die kassenärztliche Versorgung so zu regeln, daß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Das hohe wissenschaftliche Niveau eines in der medizinischen Forschung tätigen Arztes ist nicht Maßstab der allgemeinen kassenärztlichen Versorgung. Eine Versorgungslücke ist also nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistungen der niedergelassenen Ärzte nicht diesem hohen Niveau entsprechen. Eine andere Frage ist es, ob die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines wissenschaftlich tätigen Chefarztes nicht auf andere Weise auch der ambulanten Versorgung der Versicherten nutzbar gemacht werden sollte, z.B. durch eine Beteiligung auf Überweisung durch niedergelassene Fachkollegen. Um eine solche Form der Beteiligung geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Die Revision des Klägers führt jedoch zu einer Abänderung der vorinstanzlichen Urteile, soweit diese die Beteiligung des Klägers über den von den Zulassungsinstanzen ausgesprochenen Widerruf hinaus weiter einschränken. Die Vorinstanzen entsprachen damit dem Antrag der KÄV. Diese hat den Widerruf der Beteiligung beim Zulassungsausschuß beantragt und gegen die ihrem Begehren nur teilweise entsprechenden Beschlüsse der Zulassungsinstanzen ebenfalls Klage erhoben. Auch wenn die Vorinstanzen aufgrund ihrer Tatsachenfeststellungen rechtlich bedenkenfrei zu dem Ergebnis kommen, daß die Beschlüsse der Zulassungsinstanzen, soweit sie den Antrag der KÄV ablehnen, zu beanstanden und deshalb aufzuheben sind, konnten sie nicht selbst die Beteiligung weiter einschränken. Für den Widerruf der Beteiligung ist der Zulassungs- bzw. Berufungsausschuß zuständig. Den Zulassungsinstanzen steht bei dieser Entscheidung, wie oben ausgeführt, ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Entscheidung hat sich deshalb grundsätzlich darauf zu beschränken, die rechtsfehlerhaften Verwaltungsentscheidungen aufzuheben und den Berufungsausschuß zur Erteilung eines neuen Bescheides zu verurteilen. Der Urteilsausspruch des SG beschränkt sich zwar nach seinem Wortlaut auf die Aufhebung der Verwaltungsentscheidungen, die Gründe des Urteils, die zu seiner Auslegung heranzuziehen sind, lassen jedoch keinen Zweifel daran, daß über den Umfang der dem Kläger verbleibenden Beteiligung endgültig entschieden werden sollte. Damit hat das SG seine Kompetenz überschritten. Dies war nun zu berichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518939

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