Orientierungssatz

1. Zur Frage der Förderung der Teilnahme eines Seefunkers an einem Lehrgang zum Erwerb der Befähigung eines Radio- und Fernsehtechnikers.

2. Die Begriffsbestimmung der Fortbildung ist an dem Ziel der Bildungsmaßnahme selbst ausgerichtet, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, was die Zielsetzung der Bildungsmaßnahme bezogen auf den betreffenden Teilnehmer bedeutet. Sowohl bei der Fortbildung als auch bei der Umschulung ist der bisherige Beruf mit den erlernten Fertigkeiten der maßgebende Anknüpfungspunkt für die Unterscheidung beider Bildungsmaßnahmen, jedoch ist entscheidend, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden oder diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die "andere geeignete berufliche Tätigkeit" iS des AFG § 47 Abs 1 Bedeutung haben.

3. Nicht maßgebend für den Charakter der Teilnahme an einer Maßnahme (als Fortbildung oder Umschulung) ist, wie der einzelne nach Abschluß der Maßnahme die erworbenen Kenntnisse zu verwerten gedenkt. Die Teilnahme an einer Maßnahme, die dem einzelnen Kenntnisse für eine Berufstätigkeit mit neuem Inhalt vermittelt, bleibt auch dann eine Umschulung, wenn der Betreffende atypischerweise die Absicht hat, die neuen Fertigkeiten zur besseren Ausübung seines schon bisher innegehabten Berufes zu verwerten. Unabhängig davon ist die Frage, ob und inwieweit in einem solchen Falle die Zweckmäßigkeit der Förderung zu bejahen ist.

 

Normenkette

AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 47 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 36 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 28.11.1975; Aktenzeichen L 1 Ar 35/74)

SG Lübeck (Entscheidung vom 23.09.1974; Aktenzeichen S 8 Ar 59/73)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 28. November 1975 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Ausbildung des Klägers zum Radio- und Fernsehtechniker an der Berufsfachschule für Radio- und Fernsehtechnik in H zu fördern hat.

Der Kläger schloß 1951 die Betriebselektrikerlehre ab, erwarb 1955 das Seefunkerzeugnis II. Klasse und fuhr darauf mit Unterbrechungen bis zum Herbst des Jahres 1971 als Funker zur See. Danach besuchte er Lehrgänge für Elektronik I - III an der Fachhochschule der Innung für Radio- und Fernsehtechnik in H. Die Beklagte förderte die Teilnahme des Klägers an diesen Lehrgängen.

Im Juli 1972 beantragte der Kläger, seine Teilnahme an einer Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker an der Berufsfachschule für Radio- und Fernsehtechnik in H zu fördern, die in der Zeit vom September 1972 bis August 1973 stattfinden sollte. Zur Begründung trug er vor: Die Teilnahme an den Elektroniklehrgängen habe ihm bewußt gemacht, welche großen Veränderungen sich auf diesem Gebiet in der letzten Zeit vollzogen hätten. Darum sehe er sich in seinem Beruf als Funkoffizier nur dann gesichert, wenn er die Fähigkeit erwerbe, die von ihm bedienten modernen Geräte ordnungsgemäß zu warten und zu reparieren. Auch habe er erfahren, daß für ihn die Möglichkeit bestehe, in verhältnismäßig kurzer Zeit das Handwerk eines Radio- und Fernsehtechnikers zu erlernen. Aufgrund der von ihm erworbenen elektronischen Grundkenntnisse werde ihm die Stufe A der dreisemestrigen Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker erlassen werden.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers unter Hinweis auf §§ 36 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 8 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 - Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit - ANBA - 1971/797 - AFuU 1971 -) ab (Bescheid vom 12. Januar 1973; Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1973). Ihre Ermittlungen hätten ergeben, daß die vom Kläger angestrebte Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker für die Sicherung und Verbesserung seiner beruflichen Beweglichkeit als Seefunker nicht erforderlich sei. Infolgedessen bestehe kein arbeitsmarktpolitisches Interesse an der begehrten Förderung.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. September 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 28. November 1975 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat ausgeführt:

Bei der vom Kläger beabsichtigten Teilnahme an einem Lehrgang mit dem Ziel der Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker handele es sich nicht um eine Umschulung, weil der Kläger nicht den Beruf eines Radio- und Fernsehtechnikers ergreifen wolle, sondern Funkoffizier bleiben wolle. Die unter den Begriff der Fortbildung fallende, an vorhandenes berufliches Wissen anknüpfende Erweiterung der beruflichen Kenntnisse könne im Ausnahmefall soweit führen, daß der Maßnahmeteilnehmer durch sie ein Wissen erwerbe, welches ihn zur Ausübung einer anderen beruflichen Tätigkeit befähige. Fälle dieser Art könnten insbesondere im Bereich von Berufen auftreten, die wie derjenige des Seefunkers, nicht über eine einheitliche, unmittelbar berufsbezogene Ausbildung, sondern nur auf dem Wege über den Erwerb beruflicher Qualifikationen zu erreichen seien, die an sich nicht mit dem Ziel vermittelt würden, sie in dem angestrebten Beruf einzusetzen. In diesem Falle sei der Berufsanwärter gezwungen, Bildungswege zu beschreiten, die zu anderen als den von ihm angestrebten Zwecken eingerichtet worden seien und ihn in den Bereich anderer Berufe führten. Die Fortbildung des Klägers sei auch zweckmäßig (§ 36 AFG). Der Nutzen, den der Kläger aus einer Teilnahme an dem Lehrgang für Radio- und Fernsehtechnik ziehen könne, entfalle nicht schon deshalb, weil der Kläger die notwendigen Kenntnisse durch Besuch des Elektronikkurses I - III bereits erworben habe. Dieser Umstand habe zwar Einfluß auf die Erweiterungs- und Anpassungsbedürftigkeit seiner Kenntnisse, würde aber die Teilnahme an dem Radio- und Fernsehtechnikkurs nur dann überflüssig machen, wenn der im Elektronikkurs gebotene Wissensstoff mit demjenigen des Lehrgangs für Radio- und Fernsehtechnik inhaltlich übereinstimme. Das sei aber nicht der Fall. Zwischen beiden Maßnahmen bestehe auch insofern ein inhaltlicher Unterschied, als der Elektronikkurs theoretisch ausgerichtet sei, während das Schwergewicht des Lehrgangs für Radio- und Fernsehtechnik auf praktischem Gebiet liege.

Dennoch führe der Umstand, daß der Kläger mit finanzieller Förderung der Beklagten bereits den Elektronikkurs I - III besucht habe, zum Ausschluß eines zusätzlichen Anspruchs auf Förderung der Teilnahme an dem Lehrgang für Radio- und Fernsehtechnik. Ständen zur Erreichung eines Fortbildungsziels mehrere Möglichkeiten der beruflichen Bildung zur Verfügung, die inhaltlich zwar bis zu einem gewissen Grade voneinander abwichen, im übrigen aber in ihrer Eignung zur Erreichung des Fortbildungsziels derart übereinstimmten, daß es unwirtschaftlich wäre, an mehr als einer von ihnen teilzunehmen, sei der Förderungsanspruch verbraucht, wenn ein Antragsteller sich für die Teilnahme an einer dieser Maßnahmen entschiede und dafür Förderungsleistungen beantrage und erhalte. Anders wäre die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn eine dieser Maßnahmen den anderen in ihrer auf den konkreten Fortbildungszweck bezogenen Bildungswirkung so eindeutig überlegen wäre, daß die Teilnahme an den anderen von vornherein und offensichtlich als relativ unzweckmäßig erscheinen würde. Gegebenenfalls wäre es dann von der Beklagten zu vertreten, wenn sie zunächst eine unzweckmäßige Maßnahme fördere. Der Radio- und Fernsehlehrgang sei im vorliegenden Fall dem Elektronikkurs als Maßnahme der Fortbildung für einen Seefunker nicht eindeutig überlegen. Da sich der Kläger für die Teilnahme an dem Elektronikkurs entschieden und von der Beklagten dafür Förderungsleistungen erhalten habe, sei sein Leistungsanspruch durch Verbrauch erloschen.

Gegen das am 19. Januar 1976 zugestellte Urteil des LSG hat der Kläger die zugelassene Revision eingelegt. Die Revisionsbegründungsschrift ist am 19. März 1976 eingegangen, die Revisionsschrift zusammen mit einem Wiedereinsetzungsantrag am 15. April 1977. Der Klägervertreter hat an Eides statt versichert, daß er am 30. Januar 1976 eine formelle Revisionsschrift abgefaßt und in einen Postkasten im Hauptbahnhof Hamburg eingeworfen habe.

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung der §§ 36, 41 Abs 1, 47 Abs 1 AFG sowie des § 8 AFuU 1971. Durch den Erwerb praktischer Fertigkeiten zum Reparatur- und Wartungsdienst an den Funkgeräten werde er als Arbeitnehmer erheblich aufgewertet, so daß ihm die Möglichkeit einer Entlassung weniger drohe als bei seinem gegenwärtigen Ausbildungsstand. Außerdem werde er bei Seeuntauglichkeit nicht zwangsläufig arbeitslos, weil er in diesem Falle als Radio- und Fernsehtechniker arbeiten könne.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 23. September 1974 und die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar und 28. Mai 1973 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Teilnahme des Klägers an einem Lehrgang zum Erwerb der Befähigung eines Radio- und Fernsehtechnikers zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig. Zwar ist das Urteil des LSG dem Kläger bereits am 19. Januar 1976 zugestellt worden, die Revisionsschrift erst am 15. April 1977 beim Revisionsgericht eingegangen. Der Kläger hat jedoch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und durch eidesstattliche Versicherung seines Prozeßbevollmächtigten glaubhaft gemacht, daß er am 30. Januar 1976 eine Revisionsschrift an das Revisionsgericht abgesandt hat. Bei ordnungsgemäßer Beförderung dieses Schreibens wäre es rechtzeitig eingegangen. Der Kläger war daher ohne sein Verschulden verhindert, die Revisionsfrist einzuhalten. Den Antrag auf Wiedereinsetzung hat er rechtzeitig gestellt und die versäumte Rechtshandlung, die Revision, nachgeholt. Ihm ist daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Revisionsbegründung ist rechtzeitig eingegangen.

Die Revision ist auch in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.

Das LSG hat nicht festgestellt, ob der Kläger an dem Kurs der Berufsfachschule mit dem Ziel einer Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker teilgenommen hat. Es geht bei der rechtlichen Prüfung stillschweigend davon aus, daß der Kläger den Lehrgang durchlaufen hat. Selbst wenn dem so wäre, ließe sich aufgrund der festgestellten Tatsachen nicht abschließend in der Sache entscheiden.

Nach § 41 Abs 1 AFG fördert die Bundesanstalt die Teilnahme an Maßnahmen, die das Ziel haben, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, und die eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzen (berufliche Fortbildung). Die vom Kläger erstrebte Teilnahme an einem Lehrgang zum Erwerb der Befähigung eines Radio- und Fernsehtechnikers stellt für ihn eine berufliche Fortbildung dar.

Da der Kläger bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, kann die von ihm ins Auge gefaßte Bildungsmaßnahme keine Ausbildung sein. Ausbildung im Sinne des § 40 AFG ist stets nur die erste zu einem Abschluß führende berufliche Bildungsmaßnahme. Alle späteren Schritte zur weiteren beruflichen Bildung (Ausbildung im weiteren Sinne) sind entweder Fortbildung oder Umschulung (BSGE 37, 163 = SozR 4100 § 41 Nr 1). Für die Unterscheidung von Fortbildung und Umschulung ist maßgebend, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (Fortbildung) oder ob diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die "andere geeignete berufliche Tätigkeit" im Sinne des § 47 Abs 1 AFG Bedeutung haben (Umschulung). - BSGE 38, 174; SozR 4100 § 41 Nr 11 -. Die Begriffsbestimmung der Fortbildung ist an dem Ziel der Bildungsmaßnahme selbst ausgerichtet, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, was die Zielsetzung der Bildungsmaßnahme bezogen auf den betreffenden Teilnehmer bedeutet. Sowohl bei der Fortbildung als auch bei der Umschulung ist der bisherige Beruf mit den erlernten Fertigkeiten der maßgebende Anknüpfungspunkt für die Unterscheidung beider Bildungsmaßnahmen, jedoch ist entscheidend, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden oder diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die "andere geeignete berufliche Tätigkeit" im Sinne des § 47 Abs 1 AFG Bedeutung haben. Da Personen mit verschiedenen Vorkenntnissen an demselben Lehrgang teilnehmen können, kann dieselbe Maßnahme für den einen eine berufliche Umschulung, für den anderen eine berufliche Fortbildung darstellen. Nicht maßgebend für den Charakter der Teilnahme an einer Maßnahme (als Fortbildung oder Umschulung) ist dagegen, wie der einzelne nach Abschluß der Maßnahme die erworbenen Kenntnisse zu verwerten gedenkt. Die Teilnahme an einer Maßnahme, die dem einzelnen Kenntnisse für eine Berufstätigkeit mit neuem Inhalt vermittelt, also in der Weise, daß er die bisher erworbenen Fähigkeiten in den durch die Maßnahme angestrebten Beruf inhaltlich nicht mit übernehmen kann, bleibt auch dann eine Umschulung, wenn der Betreffende atypischerweise die Absicht hat, die neuen Fertigkeiten zur besseren Ausübung seines schon bisher innegehabten Berufes zu verwerten. Unabhängig davon ist die Frage, ob und inwieweit in einem solchen Falle die Zweckmäßigkeit der Förderung zu bejahen ist.

Das LSG ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß der Kläger seine Kenntnisse als Seefunker, die durch die Teilnahme an Lehrgängen für Elektronik gefestigt und erweitert worden sind, bei der Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker verwerten kann. Der Kläger hat vorgetragen, und das LSG hat das in zulässiger Weise übernommen, daß er wegen dieser Kenntnisse bei der Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker nur eine verkürzte Ausbildung zu durchlaufen habe. Daraus ergibt sich, daß der Kläger bei der Teilnahme an einem Lehrgang zum Erwerb der Befähigung eines Radio- und Fernsehtechnikers die in seinem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernehmen kann. Es handelt sich daher für ihn insoweit um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung iS § 41 AFG.

Auch die Voraussetzungen des § 36 AFG sind gegeben.

Der Anspruch des Klägers auf Fortbildung entfällt insbesondere nicht deshalb, weil die Förderung wegen seiner Teilnahme an den Elektronikkursen nicht mehr zweckmäßig ist. Zur Erreichung ein und desselben Fortbildungsziels kann ein Bildungswilliger allerdings grundsätzlich nicht die Förderung der Teilnahme an mehreren Maßnahmen begehren (BSG SozR 4100 § 36 Nr 6). In der Regel ist es nämlich nicht zweckmäßig, die Teilnahme an zwei auf dasselbe Ausbildungsziel gerichteten Maßnahmen nebeneinander oder nacheinander zu fördern. Nach den Feststellungen des LSG decken sich indessen die Kenntnisse, die in den Elektronikkursen vermittelt werden, nicht völlig mit denen, die der Kläger mit der Ausbildung für Radio- und Fernsehtechniker zu erwerben suchte. Das LSG sieht allerdings die Übereinstimmung der Maßnahmen in ihrer Eignung zur Erreichung des Fortbildungsziels als so erheblich an, daß es unwirtschaftlich wäre, an mehr als einer von ihnen teilzunehmen. Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich aber nicht, daß die Förderung unter Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unzweckmäßig wäre. Das LSG hat dargelegt, daß der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen H die "notwendigen" Kenntnisse bereits durch den Besuch des Elektronikkurses erworben habe. Die Förderung einer Fortbildungsmaßnahme ist aber nicht nur dann zweckmäßig, wenn sie die notwendigen Kenntnisse für den angestrebten Beruf vermittelt. Es genügt, wenn die zusätzlichen Kenntnisse für den Beruf nur nützlich sind (vgl BSG vom 21.6.1977 - 7/12/7 RAr 54/75 - S. 9/10). Die Nützlichkeit der hier streitigen Förderung für den Kläger ergibt sich aber aus den Feststellungen des LSG, daß der als Radio- und Fernsehtechniker ausgebildete Seefunker auf dem Arbeitsmarkt gewisse Vorteile genießt. Der Absolvent des Elektronikkurses erwirbt, wie das LSG festgestellt hat, in einem Lehrgang für Radio- und Fernsehtechnik zusätzliche Kenntnisse in Form einer praktischen Ergänzung seines theoretischen Wissens.

Dem Anliegen, einer "ununterbrochenen Fortbildung" Grenzen zu setzen, konnte angesichts der eindeutigen Regelung der Voraussetzungen der Fortbildungsförderung durch das Gesetz auch nicht seitens des Verwaltungsrates der Beklagten entsprochen werden, indem dieser zusätzliche Voraussetzungen für die Förderung der Fortbildung aufstellte (BSGE 37, 163, 168 = SozR 4100 § 41 AFG Nr 1), auch nicht, indem er unwiderlegbar die Eignung eines Anspruchstellers verneinte, solange dieser nach Abschluß seiner Berufsausbildung oder nach Teilnahme an einer Maßnahme nicht eine gewisse Zeit lang beruflich tätig gewesen war (BSG-Urteil vom 11. Mai 1976 - 7 RAr 5/75).

Die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme wird nach § 41 Abs 1 AFG jedoch nur gefördert, wenn die Maßnahme eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzt. Hierin ist, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl BSGE 36, 48; SozR 4100 § 41 Nr 1), eine generelle objektive Voraussetzung für die Teilnahme an einer Maßnahme zu sehen, damit diese als berufliche Fortbildung förderungsfähig ist. Die Teilnahme an einer Maßnahme ist nach § 41 Abs 1 AFG nur dann zu fördern, wenn der Maßnahmeträger zu der Maßnahme allgemein nur solche Personen zuläßt, die diese Voraussetzungen (abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung) mitbringen. Nur wenn der Maßnahmeträger von den Teilnehmern der Maßnahme generell diese Voraussetzungen fordert, ist gewährleistet, daß die Fortbildungsmaßnahme auf den vorhandenen beruflichen Kenntnissen aufbaut und entsprechend gestrafft ist.

Das LSG hat nicht festgestellt, ob die Berufsfachschule für Radio- und Fernsehtechniker in H bei ihren Kursen zur Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker in den Jahren 1972 und 1973 allgemein von den Teilnehmern eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung gefordert hat. Es wird dies ggf nachzuholen haben.

Aus den Feststellungen des LSG geht auch nicht eindeutig hervor, ob der Kläger - wovon das LSG bei seiner Prüfung stillschweigend ausgeht - in der Zeit vom September 1972 bis August 1973 überhaupt an dem Lehrgang teilgenommen hat, den er gefördert haben wollte. Der Antrag des Klägers, wie er ihn nunmehr stellt, und wie er ihn bereits in den Tatsacheninstanzen gestellt hat, ist lediglich darauf gerichtet, die Teilnahme an irgendeinem Lehrgang zum Erwerb der Befähigung als Radio- und Fernsehtechniker finanziell gefördert zu erhalten. Mit einem solchen unbestimmten Begehren könnte der Kläger nicht durchdringen. Für die Entscheidung darüber, ob die Teilnahme des Klägers an einem solchen Lehrgang gefördert werden kann, ist nämlich nicht nur die Prüfung der konkreten Maßnahme daraufhin erforderlich, ob sie die objektiven Zugangsvoraussetzungen besitzt, sondern auch, wann diese Maßnahme stattgefunden hat oder von wann ab der Kläger in Zukunft an einem konkret bezeichneten Lehrgang teilnehmen will.

Der Begriff der Fortbildungsmaßnahme und das Erfordernis der objektiven Zugangsvoraussetzungen sind seit Inkrafttreten des AFG zwar unverändert geblieben. Die übrigen Voraussetzungen haben sich jedoch, insbesondere durch das Haushaltsstrukturgesetz - AFG, das am 1. Januar 1976 in Kraft getreten ist, nicht unwesentlich geändert. Ob das Begehren des Klägers sich auf die Förderung einer bereits durchgeführten Teilnahme an einer Maßnahme bezieht oder ob der Kläger erst in Zukunft an einer solchen Maßnahme teilnehmen will, kann daher für die Frage bedeutsam sein, welches Recht der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Das LSG wird daher insoweit nicht nur den Sachverhalt zu klären haben, sondern auch auf einen klaren Antrag hinwirken müssen.

Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654358

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