Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatztatbestand für Arbeitslosenhilfe durch Aufgabe selbständiger Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe geforderte entlohnte Beschäftigung wird auch durch die im Geltungsbereich des AFG hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Selbständiger, wenn sie nicht nur vorübergehend aufgegeben worden ist erfüllt (§ 1 Nr 3 AlhiV Fassung: 1974-08-07).

2. Das entscheidende Merkmal einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger liegt darin, daß sie ausgeübt wird um Erwerbseinkommen zur Sicherung der Existenz zu erzielen (vgl BSG 1980-05-21 7 RAr 22/79 = SozR 4220 § 1 Nr 3). Dafür können auch Tätigkeiten ausreichen, die die Arbeitskraft des Selbständigen nach ihrem wöchentlichen Umfang nur kurzzeitig iS des § 102 AFG oder geringfügig iS des § 66 AVAVG in Anspruch nehmen.

 

Normenkette

AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c Fassung: 1975-12-18; AFG § 134 Abs 1 S 2 Nr 4 Buchst c Fassung: 1975-12-18; AlhiV § 1 Nr 3 Fassung: 1974-08-07; AFG § 102; AVAVG § 66; AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1975-12-18; AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1975-12-18

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 01.04.1982; Aktenzeichen L 9 Al 214/81)

SG München (Entscheidung vom 23.03.1978; Aktenzeichen S 33 Al 1367/76)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Der 1919 geborene Kläger studierte von 1939 bis 1941 an der Universität P. katholische Theologie und Philosophie. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft studierte er an der Universität M. - ohne Erreichung eines Abschlusses - vom Sommersemester 1948 bis Wintersemester 1953/54 und danach vom Sommersemester 1968 bis Wintersemester 1974/75, und zwar zunächst Deutsch, Geschichte und Tschechisch (mit dem Ziel Promotion) und danach Deutsch und katholische Religionslehre. Wegen Überschreitung der Regelstudienzeit wurde ihm die Rückmeldung zum Sommersemester 1975 verweigert.

Während der Studien in M. und in der Zwischenzeit erhielt der Kläger bis Oktober 1962 Ausbildungsbeihilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz und dann zeitweise Sozialhilfeleistungen sowie Stipendien.

Von Oktober 1966 bis zum Sommertrimester 1969 hielt der Kläger gegen Vergütung an der Volkshochschule M. Vorträge und Sprachkurse. Daneben wirkte er von Juni 1967 bis zum Jahresende gleichfalls gegen Vergütung bei der A.-G. e.V. in M. an der erweiterten Neuauflage des Buches "Dokumente zur Sudetendeutschen Frage 1916 bis 1967", an der Gestaltung des Buches "Zwanzig Jahre danach" und an der Herausgabe eines Mitteilungsblattes mit. Außerdem übernahm er im Jahre 1968 für das C. C. e.V. zeitweise Übersetzungen. Vom 10. Oktober 1977 an erteilte er aufgrund eines bis 31. August 1978 befristeten Dienstvertrages nebenberuflichen Unterricht am Staatlichen Gymnasium in St.; dieses Arbeitsverhältnis endete vorzeitig am 12. Juli 1978.

Auf den Antrag des Klägers vom 1. August 1975 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi) von diesem Tage an.

Mit Wirkung ab 1. Juli 1976 hob die Beklagte diese Alhi-Bewilligung rückwirkend auf; von der Rückforderung der dem Kläger darüber hinaus bis zum 4. Oktober 1976 bereits ausgezahlten Alhi sah sie ab (Bescheid vom 3. November 1976; Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1976). Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die Neufassung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch das ab 1. Januar 1976 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger dem Grunde nach auch über den 4. Oktober 1976 hinaus Alhi zu gewähren (Urteil vom 23. März 1978).

Die Beklagte hat Berufung eingelegt und mit Bescheid vom 12. September 1978 ausgesprochen, daß der Kläger für die Zeit vom 23. März bis 12. Juli 1978 wegen seiner Tätigkeit beim Gymnasium St. der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe und ihm deshalb in dieser Zeit auch keine Alhi- Zahlung zustehe. Wegen vorzeitiger Beendigung dieser Tätigkeit hat sie mit einem weiteren Bescheid vom selben Tage den Eintritt einer Sperrzeit vom 13. Juli bis 9. August 1978 wegen unberechtigter vorzeitiger Arbeitsaufgabe festgestellt. Der Kläger hat vor dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) die Zurückweisung der Berufung der Beklagten und die Aufhebung der oa Bescheide beantragt.

Durch Urteil vom 1. April 1982 hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte habe die Alhi- Bewilligung zu Recht aufgehoben, da der Kläger die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG idF des HStruktG-AFG nicht erfülle. Danach sei eine Tätigkeit bestimmten Umfanges im letzten Jahr vor Beginn einer später endgültig beendeten Hochschulausbildung Anspruchsvoraussetzung. Zweifelhaft sei bereits, ob beim Kläger eine abgeschlossene oder endgültig aufgegebene Ausbildung iSd § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG vorliege. Zwar habe der Kläger sein im Sommersemester 1968 aufgenommenes zweites Studium mit Ablauf des Wintersemesters 1974/75 zwangsweise aufgeben müssen. Damit sei jedoch noch nicht gesagt, daß der Kläger, der mit seinem Studium die noch fehlenden Prüfungen für die Ausübung des Lehramtes an Gymnasien habe nachholen und vor allem seine Doktorarbeit habe abschließen wollen, das Studium auch endgültig aufgegeben habe, denn zumindest den Abschluß der Doktorarbeit verfolge der Kläger nach wie vor weiter. Dessen ungeachtet habe aber der Kläger in dem vor Beginn des Studiums ab Sommersemester 1968 maßgeblichen Jahr - Mai 1967 bis April 1968 - keine 26 Wochen in entlohnter Beschäftigung iS des Buchst b des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG gestanden. Seinen für diese Zeit nachgewiesenen Tätigkeiten für die Volkshochschule M., für die A.-G.  und das C. C. fehlten nämlich alle für eine abhängige Beschäftigung erforderlichen Merkmale. Was die Tätigkeit als Lehrer bei der Volkshochschule, die je Trimester 6 Abende zu 3 Stunden oder höchstens 10 Doppelstunden ausgemacht habe, oder als Übersetzer für das C. C. anlange, stehe dies außer Frage; denn der Kläger sei weder örtlich, zeitlich oder rein organisatorisch in den Betrieb eingegliedert, noch sei er weisungsgebunden gewesen. Auch die Art der dem Kläger in den beiden Tätigkeiten bezahlten Vergütung spreche eindeutig gegen die Annahme einer entlohnten Beschäftigung. Der Kläger habe keinen Lohn für die zur Verfügungstellung seiner Arbeitskraft erhalten, sondern sei ausschließlich für das Ergebnis seiner Tätigkeit bezahlt worden. Hinsichtlich seiner Tätigkeit als Dozent folge dies daraus, daß er im Falle des Ausfalls von Vorlesungen keinen Anspruch auf Honorar gehabt habe. Aber auch während seiner Tätigkeit für die A.-G. habe der Kläger in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er habe auch hier Arbeiten verrichtet, die im wesentlichen in der Beschaffung von Unterlagen aus der Stadtbibliothek und in der Mitbetreuung der Korrekturen (für ein von der A.-G. herausgebrachtes Buch) bestanden haben; dabei sei er in freier Zeiteinteilung und eigenverantwortlicher Gestaltung der ihm übertragenen Aufgaben und insbesondere ohne Mitwirkung der übrigen Angestellten des Vereins tätig gewesen. Seine einzige Bindung zum Auftraggeber habe darin bestanden, daß er die verlangten Arbeiten rechtzeitig zu fertigen und abzugeben gehabt habe. Ihm habe weder Urlaub oder im Krankheitsfalle Lohnfortzahlung zugestanden, noch sei bei Beendigung der Tätigkeit eine Kündigungsfrist einzuhalten gewesen. Er sei auch nicht in den Betrieb der A.-G. eingegliedert gewesen, denn er habe nach eigenen Angaben und nach der Aussage des Zeugen N. seine Aufgaben völlig außerhalb der Geschäftsräume der A.-G. erledigt, wobei er seine Aufträge auf kollegialer Basis ausschließlich von dem Zeugen N. erhalten habe.

Diese Tätigkeit sei zudem kurzzeitig iS des § 102 AFG gewesen. Ob eine Tätigkeit als kurzzeitig iS des § 102 AFG anzusehen sei, beurteile sich nämlich entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht nach der derzeitig gültigen Regelung der geringfügigen Beschäftigung in § 102 AFG, sondern nach der Rechtslage, die zZt der Ausübung der Beschäftigung gegolten habe, hier also dem damals gültigen § 66 Abs 2 Nr 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG). Danach sei eine Beschäftigung bereits dann geringfügig gewesen, wenn sie auf nicht mehr als wöchentlich 24 Stunden nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt war. Die vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten seien in diesem Sinne geringfügig gewesen, da sie nach jeder denkbaren Berechnungsart weniger als 24 Stunden wöchentlich betragen hätten.

Der Alhi-Anspruch des Klägers gründe sich auch nicht auf § 1 Nr 3 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 (BGBl I 1929 - Alhi-VO -) iVm § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG. Danach könne an die Stelle einer fehlenden entlohnten Beschäftigung auch die endgültige Aufgabe einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger treten, um einen Anspruch auf Alhi zu begründen. Der Kläger sei aber während seiner Tätigkeiten für die Volkshochschule, die A.-G. und das C. C. nicht hauptberuflich als Selbständiger tätig gewesen. Der Umstand, daß er zum Teil seinen Lebensunterhalt aus den Einkünften dieser Tätigkeiten bestritten habe, reiche für die Annahme einer hauptberuflich ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht aus. Zwar sei richtig, daß kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit in erster Linie das Streben nach Erwerbseinkommen sei. Aus dem Erfordernis im § 1 Nr 3 Alhi-VO, daß die Tätigkeit als Selbständiger hauptberuflich ausgeübt werden müsse, ergebe sich jedoch, daß eine Tätigkeit als Selbständiger iS dieser Bestimmung nur dann gegeben sei, wenn die selbständige Tätigkeit nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer ausgeübt werden solle. Die Gesamtschau der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zur damaligen Zeit lasse jedoch nicht den Schluß zu, daß er seine Lebensgrundlage in der Ausübung einer auf Dauer ausgerichteten selbständigen Tätigkeit habe suchen wollen. Die Beschäftigungen des Klägers seien insgesamt erkennbar vielmehr darauf abgestellt gewesen, bei sich bietender Gelegenheit das Studium wieder aufzunehmen und die Arbeit an der Dissertation fortzusetzen. Diese beiden Ziele hätten im Vordergrund gestanden und nicht der Eintritt in das Erwerbsleben, sei es als Arbeitnehmer, sei es als Selbständiger.

Im übrigen habe der Kläger selbst bei Annahme einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger diese im Zeitpunkt der Aufnahme des Studiums im Sommersemester 1968, auf den abzustellen sei, nicht endgültig aufgegeben; denn an der M. Volkshochschule habe der Kläger noch bis einschließlich Sommertrimester 1969 Sprachkurse abgehalten und zudem mindestens bis August 1968 für das C. C. Übersetzungen getätigt. Der Kläger habe also sein von ihm als selbständige Tätigkeit bezeichnetes Tun noch nach der Wiederaufnahme des Studiums im Mai 1968 für eine gewisse Zeit fortgesetzt, so daß der Ersatztatbestand des § 1 Nr 3 Alhi-VO keine Anwendung finden könne.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG idF des HStruktG-AFG. Er macht in erster Linie geltend, daß er 1967/68 bei der Volkshochschule M., bei der A.-G. und beim C. C. hauptberuflich Tätigkeiten als Selbständiger iS des § 1 Nr 3 Alhi-VO ausgeübt und diese mit Beginn seines Studiums im Sommersemester 1968 endgültig aufgegeben habe. Auf die Höhe des daraus erzielten Einkommens könne es insoweit nicht ankommen. Diese Tätigkeiten hätten jedenfalls die Existenzgrundlage für ihn gebildet. Dem Klageanspruch könne auch nicht entgegengehalten werden, daß die hauptberuflich ausgeübte selbständige Tätigkeit des Klägers ihrem Umfang nach kurzzeitig gewesen sei. Zum einen finde weder die Geringfügigkeitsgrenze des § 66 Abs 1 AVAVG noch § 102 AFG im Rahmen der Ersatztatbestände des § 1 Alhi-VO Anwendung. Zum anderen könnten bei wissenschaftlich, künstlerisch oder schriftstellerisch Tätigen nicht nur die tatsächlichen produktiven Arbeitszeiten als Arbeitszeit angenommen werden; vielmehr müsse auch die mit dem Honorar für Vorlesungen, Korrekturarbeiten usw abgegoltene Zeit für Vor- und Nacharbeiten mitberücksichtigt werden. Infolgedessen sei der Kläger allein für die A.-G. wöchentlich mindestens an die 30 Stunden tätig gewesen. Diese Frage hätte das Berufungsgericht durch Einholung eines entsprechenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens klären müssen. Im übrigen habe das Berufungsgericht bei der Errechnung der tatsächlichen klägerischen Arbeitszeit nur die für die A.-G. erbrachte Arbeitszeit berücksichtigt, nicht aber den daneben für die Sprachkurse bei der Volkshochschule erbrachten Arbeitsaufwand. Beide Tätigkeiten gemeinsam lägen über jeder Geringfügigkeitsgrenze, so daß die Frage, ob eine solche und welche vorliegend zur Anwendung komme, dahingestellt bleiben könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 1. April 1982 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. März 1978 zurückzuweisen, hilfsweise, die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe über den 4. Oktober 1976 hinaus zu verurteilen, soweit die Ansprüche nicht auf die Beigeladene übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit er damit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi über den 4. Oktober 1976 hinaus begehrt; entsprechendes gilt für seinen Hilfsantrag.

Der Kläger verfolgt zwar mit seiner Klage das Ziel, von der Beklagten über den 4. Oktober 1976 hinaus Alhi zu erhalten. Er hat sich deshalb in verfahrensrechtlich zulässiger Weise mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. November 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 1976 gewandt; denn die Beklagte hat darin die im Bescheid vom 20. Oktober 1975 unbefristet ausgesprochene Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 1. Juli 1976 - unter Verzicht auf die Rückforderung der bereits bis 4. Oktober 1976 gezahlten Alhi - aufgehoben. Die vom Kläger mit der Anfechtungsklage begehrte Beseitigung des angefochtenen Aufhebungsbescheides hätte ohne weiteres zur Folge, daß der Bewilligungsbescheid vom 20. Oktober 1975 in seiner ursprünglichen Fassung wiederhergestellt würde und die Beklagte daraus zur Leistung der bewilligten und begehrten Alhi auch über den 4. Oktober 1976 hinaus verpflichtet wäre. Daraus folgt aber, daß für die vom Kläger weiter erhobene Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) kein Raum bestand (vgl BSGE 48, 34 = SozR SGG § 54 Nr 33); denn er konnte sein Klageziel bereits mit der Anfechtungsklage voll erreichen. Das LSG hat deshalb im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG im Leistungsausspruch aufgehoben und insoweit die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers ist hingegen begründet, soweit das LSG das Urteil des SG vollständig aufgehoben und auch die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 3. November 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 1976 abgewiesen hat. Im übrigen, dh hinsichtlich der Anfechtung der Alhi für die Zeit vom 23. März bis 9. August 1978 verweigernden Bescheide vom 12. September 1978 ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

Gegenstand der Klage (§ 95 SGG) ist der bereits angeführte Aufhebungsbescheid vom 3. November 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 1976. Seine Rechtsgrundlage fand sich in § 151 Abs 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582). Diese Vorschrift ist zwar durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) aufgehoben worden. Das SGB 10 ist jedoch gemäß Art II § 40 Abs 1 SGB 10 erst am 1. Januar 1981 in Kraft getreten. Die Rechtmäßigkeit der vor dem 1. Januar 1981 erfolgten Aufhebungen von Bewilligungen im Arbeitsförderungsrecht ist daher weiterhin nach § 151 Abs 1 AFG aF zu beurteilen (vgl Urteil des Senats vom 16. Februar 1983 - 7 RAr 105/81 -). Danach sind Entscheidungen, durch die Leistungen bewilligt worden sind, insoweit aufzuheben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Vorliegend haben die Leistungsvoraussetzungen vorgelegen und sie sind auch nicht ab 1. Juli 1976 weggefallen.

Maßgebend für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also des Widerspruchsbescheides, da zulässig nur eine reine Anfechtungsklage vorliegt. Der Einfluß späterer Rechtsänderungen auf den Alhi- Anspruch des Klägers ist daher für die Begründetheit der Klage grundsätzlich ohne Bedeutung (ständige Rechtsprechung, vgl Meyer-Ladewig, Komm z SGG, 2. Aufl, RdNr 32 zu § 54). Auszugehen ist deshalb von § 134 Abs 1 AFG idF des HStruktG-AFG. Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Alhi, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat, bedürftig ist und außerdem die Voraussetzungen der Nr 4 dieser Vorschrift erfüllt. Nach den Feststellungen des LSG lagen diese Voraussetzungen im Falle des Klägers vor.

Die Bewilligung der Alhi an den Kläger vom 1. August 1975 an beruhte auf § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG in der damals gültigen Fassung iVm § 2 Nr 2 Alhi-VO. Danach genügte zur Begründung eines Alhi-Anspruchs neben der Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen, daß der Antragsteller eine Ausbildung abgeschlossen oder nicht nur vorübergehend aufgegeben hat und innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung mindestens 26 Wochen oder 6 Monate oder ein Semester im Geltungsbereich des AFG ua eine Hochschule besucht hat. Diese Anspruchsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber durch das am 1. Januar 1976 in Kraft getretene HStruktG-AFG geändert. § 2 Nrn 1 und 2 Alhi-VO sind mit Ablauf des 31. Dezember 1975 außer Kraft getreten (vgl Art I § 2 Abs 12 HStrukG-AFG), in § 134 Abs 1 Nr 4 wurde Buchst c eingefügt (Art I § 1 Nr 33 HStruktG- AFG).

Nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG idF des HStruktG-AFG hat Anspruch auf Alhi, wer innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, mindestens 26 Wochen oder 6 Monate oder ein Semester im Geltungsbereich dieses Gesetzes ua eine Hochschule besucht hat, diese Ausbildung abgeschlossen oder nicht nur vorübergehend aufgegeben hat und innerhalb des letzten Jahres vor Beginn der Ausbildung mindestens 26 Wochen in entlohnter Beschäftigung iS des Buchstaben b gestanden hat.

Diese Vorschrift, die strengere Anforderungen an den Erwerb einer Anwartschaft auf Alhi als das Vorläuferrecht aufstellt, ist zwar auch auf laufende Leistungsfälle anzuwenden, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 12. November 1981 - 7 RAr 51/80- ). Sie berechtigte die Beklagte jedoch im vorliegenden Falle nicht zur Aufhebung der früheren Alhi-Bewilligung.

Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des LSG im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung mehr als ein Semester lang die Universität M. besucht. Ihm wurde die Rückmeldung zum Sommersemester 1975 verweigert, dh er wurde zwangsexmatrikuliert. Dadurch ist ihm objektiv unmöglich geworden, sein Studium fortzusetzen; er mußte vielmehr seine Ausbildung nicht nur vorübergehend aufgeben, denn die Zwangsexmatrikulation kommt einem endgültigen Abbruch der Ausbildung gleich. Ohne Bedeutung ist dabei, daß der Kläger weiterhin gehofft habe - wie das LSG meint - seine Doktorarbeit doch einmal abschließen zu können. Die Anfertigung einer Doktorarbeit gehört nicht in jedem Fall zur Hochschulausbildung. Eine regelförmige Hochschulausbildung ist aber ohne Immatrikulation nicht denkbar.

Der Kläger hat auch im letzten Jahr vor Beginn der Ausbildung mehr als 26 Wochen in entlohnter Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gestanden, denn er hat den Ersatztatbestand des § 1 Nr 3 Alhi-VO erfüllt. Danach tritt an die Stelle der ganz oder teilweise fehlenden entlohnten Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG ua eine hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Selbständiger, wenn sie nicht nur vorübergehend aufgegeben worden ist. Die Ersatztatbestände des § 1 Alhi-VO kommen auch im Rahmen des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG zur Anwendung. Darin wird auf die entlohnte Beschäftigung "im Sinne des Buchst b" verwiesen. Diese Verweisung erfolgt ohne jegliche Einschränkung; die anspruchsbegründende entlohnte Beschäftigung ist deshalb ihrer Art nach sowohl in der Vorschrift des Buchst b als auch in der des Buchst c gleich. Der Senat hat dies bereits für die Tatbestände nach § 1 Nrn 1 und 2 Alhi-VO entschieden (BSGE 46, 228 = SozR 4100 § 134 Nr 7; BSGE 46, 264 = SozR 4100 § 134 Nr 9). Es bestehen keine Anhaltspunkte, daß gleiches nicht auch für den Tatbestand nach § 1 Nr 3 Alhi-VO gelten soll.

§ 1 Alhi-VO unterscheidet nicht zwischen den in einzelnen Nummern angeführten Tatbeständen hinsichtlich ihrer Bedeutung; die der "entlohnten Beschäftigung" gleichgestellten Tatbestände werden lediglich der Reihe nach aufgeführt. Es ist kein Grund ersichtlich, die einzeln aufgeführten Ersatztatbestände in ihrer Wirkung für die (ersatzweise) Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung ungleich zu behandeln. Es sind deshalb bei Anwendung dieser Vorschrift alle dort genannten Ersatztatbestandsgruppen wie eine entlohnte Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG anzusehen.

Die anspruchsbegründende Tätigkeit iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG iVm § 1 Nr 3 Alhi-VO hat der Kläger im letzten Jahr vor Beginn der Ausbildung ausgeübt. Als Beginn der Ausbildung ist die Aufnahme des Studiums in einer Fachrichtung nur solange anzusehen, als dieser Studiengang weiterverfolgt und ein neuer Studiengang im Anschluß daran aufgenommen wird. Der Student muß kontinuierlich eine Hochschule besuchen (BSGE 50, 221, 225 = SozR 4100 § 134 Nr 22). Die hier maßgebliche Jahresfrist erstreckt sich von Mai 1967 bis April 1968; zum letztgenannten Zeitpunkt (Sommersemester 1968) hat der Kläger sein Studium wieder aufgenommen. Die vorhergehenden Studienabschnitte (1939 - 1941 und 1948 - 1954) können schon wegen der langen Unterbrechungszeiten nicht berücksichtigt werden. Der Kläger hat auch in jeder Studienperiode andere Ziele verfolgt, so daß die drei Studienabschnitte keine einheitliche Ausbildung darstellen.

In der Zeit von Mai 1967 bis April 1968 war der Kläger - wie das LSG bindend festgestellt hat - nacheinander oder zum Teil nebeneinander zeitweise für die Volkshochschule, die A.-G.  und das C. C. tätig. Bei allen diesen Tätigkeiten hatte es sich zwar nicht unmittelbar um eine entlohnte Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gehandelt; der Kläger hat aber diese Tätigkeiten hauptberuflich als Selbständiger ausgeübt (§ 1 Nr 3 Alhi-VO).

Der Begriff der "entlohnten Beschäftigung" wird im Gesetz nicht näher umschrieben. Nach der Rechtsprechung des Senats bedeutet "Beschäftigung" iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG eine Tätigkeit als Arbeitnehmer (BSGE 48, 129, 133 = SozR 4100 § 134 Nr 13). Die Arbeitnehmertätigkeit wird in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Ein solches Verhältnis setzt voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl BSGE 45, 199, 200 = SozR 2200 § 1227 Nr 8 mwN). Das kann allerdings - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß" verfeinert sein (BSG aaO mwN). Andererseits kennzeichnen vornehmlich das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit eine selbständige Tätigkeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Daher sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen. Maßgebend hat stets das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu sein (BSG aaO mwN).

Der Kläger war in allen drei oa Tätigkeiten nicht als Arbeitnehmer beschäftigt. Er war weder in die Betriebe der Vertragspartner eingegliedert noch war er bei der Ausführung der Tätigkeiten weisungsgebunden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) beschränkten sich seine Kontakte zu den Partnern im wesentlichen auf die Entgegennahme der Aufträge. Am deutlichsten wird dies bei der Tätigkeit für das C. C. erkennbar; hier hat der Kläger nur die zu übersetzenden Texte abgeholt und die Übersetzungen abgeliefert. Die Tätigkeit für die A.-G. bestand in der Beschaffung von Unterlagen aus der Staatsbibliothek und in der Betreuung von Korrekturen. Auch diese Arbeit hat der Kläger in freier Zeiteinteilung und eigenverantwortlicher Gestaltung der ihm übertragenen Aufgaben verrichtet, und zwar ohne Mitwirkung der übrigen Angestellten des Vereins. Seine einzige Bindung zum Auftraggeber bestand darin, daß er die verlangten Arbeiten rechtzeitig zu fertigen und abzugeben hatte. Bei der Tätigkeit für die Volkshochschule mußte der Kläger absprachegemäß die vorgesehenen Vorlesungen abhalten. Im Falle des Ausfalls von Vorlesungen hatte er keinen Anspruch auf Honorar. Hieraus ergibt sich deutlich das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit. Nach dem Gesamtbild der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten war er nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig. Er hat somit den Tatbestand der "entlohnten Beschäftigung" im unmittelbaren Sinne des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG nicht erfüllt.

Der Kläger war jedoch hauptberuflich als Selbständiger iS des § 1 Nr 3 Alhi-VO tätig. Selbständiger ist eine Person, die für unbestimmte Dauer - nicht nur gelegentlich - eine selbständige Tätigkeit berufsmäßig zu Erwerbszwecken ausübt. Persönliche Unabhängigkeit, eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsgewalt über die Betriebseinrichtungen - Betriebsmittel - sind Hauptmerkmale der selbständigen Tätigkeit. Auszuscheiden sind Verrichtungen, die nur aus Liebhaberei, zum Zeitvertreib, aus Gründen des körperlichen Trainings - Sport -, aus caritativer Nächstenliebe oder aus ähnlichen Motiven vorgenommen werden (BSGE 16, 56, 59 = SozR AVAVG § 75 Nr 6).

Der Kläger war selbständig, denn er hat seine Tätigkeiten berufsmäßig zu Erwerbszwecken ausgeübt. Er war persönlich unabhängig, nicht in den Betrieb der Auftraggeber eingegliedert und hat auch die wirtschaftliche Verantwortung seiner Tätigkeiten getragen. Die Tätigkeiten des Klägers bei der Volkshochschule, bei der A.-G. und bei dem C. C. waren auch - entgegen der Auffassung des LSG - für unbestimmte Dauer angelegt. Der Kläger war bemüht, ständig für diese Institutionen tätig zu sein, und zwar als selbständiger freier Mitarbeiter (vgl dazu Becker, Die freie Mitarbeit, S 54). Das zeigt sich darin, daß er mehrmals Kurse in der Volkshochschule abgehalten, über längere Zeit hinweg Übersetzungen gemacht und bei mehreren Publikationen der A.-G. mitgewirkt hat. Das Erfordernis der "unbestimmten Dauer" ist nicht absolut zu sehen, sondern im Rahmen des § 134 AFG, dh bezogen auf die Jahresfrist vor der Arbeitslosmeldung. Dabei ist nicht eine Zukunftsprognose abzugeben (die Tätigkeit muß ohnehin aufgegeben worden sein), sondern die ausgeübte Tätigkeit ist, so wie sie sich darstellt, zu beurteilen. Vor allem darf die Tätigkeit nicht nur gelegentlich ausgeübt werden. Die Tätigkeit des Klägers war aber keinesfalls gelegentlich. Er hat - nach den Feststellungen des LSG - von Oktober 1966 bis Sommertrimester 1969 bei der Volkshochschule Vorträge und Sprachkurse gehalten; von Juni 1967 bis Jahresende hat er für die A.-G. gearbeitet und im Jahre 1968 hat er für das C. C. Übersetzungen gemacht. Die mutmaßlichen Absichten des Klägers, irgendwann sein Studium fortzusetzen, sind für die Beurteilung seiner Tätigkeiten - ob auf unbestimmte Dauer angelegt oder nur gelegentlich - ohne Bedeutung. Ohne Bedeutung ist auch, daß er nicht einen, sondern mehrere Berufe (Dozent, Übersetzer, Historiker und Korrekturmitarbeiter) gleichzeitig ausgeübt hat; entscheidend ist nur, daß er selbständig war und daß er seine Tätigkeiten ausgeübt hat, um Erwerbseinkommen zu erzielen.

Die Tätigkeiten des Klägers haben auch seine Existenzgrundlage dargestellt, denn er hat von dem erzielten Einkommen gelebt. Auf den Lebensstandard kommt es dabei nicht an. Der Senat hat schon entschieden, daß die Absicht, ein Erwerbseinkommen zu erzielen und dadurch die Existenzgrundlage zu sichern, die Hauptmerkmale einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit eines Selbständigen sind (BSG SozR 4220 § 1 Nr 3). Das folgt zum einen aus dem in § 1 Nr 3 Alhi-VO verwendeten Begriff der "hauptberuflichen" Tätigkeit als Selbständiger. Daneben ergibt sich auch aus der bis 31. Dezember 1981 geltenden Ermächtigungsregelung des § 134 Abs 3 AFG, wonach der Verordnungsgeber bestimmte andere Erwerbstätigkeiten von bestimmter Dauer der entlohnten Beschäftigung nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gleichstellen darf, daß nur eine die Existenz sicherstellende Tätigkeit gemeint ist. Nach dem Zweck der Ermächtigung in § 134 Abs 3 AFG sollte der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden, solche Personengruppen in den Schutz der Alhi gegen Arbeitslosigkeit einzubeziehen, die aus besonderen, objektiv gerechtfertigten Gründen die Voraussetzung einer entlohnten Beschäftigung von mindestens 10 Wochen im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung nicht erfüllen konnten, deren Schutz gegen vorübergehende Arbeitslosigkeit aber sozialpolitisch zweckmäßig und damit erwünscht ist (BSGE 46, 264, 270 = SozR 4100 § 134 Nr 9). Der Senat hat in dem zuletzt angeführten Urteil zwar auch solche Tätigkeiten zum Schutzbereich der Alhi-VO gerechnet, deren Hauptbestimmung nicht die Existenzsicherung durch Erwerb von Einkommen ist (Wehrdienst oder Polizeivollzugsdienst). Bei der Ausübung dieser Tätigkeiten ist jedoch, worauf der Senat auch hingewiesen hat, die Existenzsicherung gewährleistet.

Ob die vom Kläger sonach hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Selbständiger nach ihrem wochenzeitlichen Umfang kurzzeitig iSd § 102 AFG oder geringfügig iSd § 66 AVAVG gewesen ist, ist ohne Belang. Der Senat hat schon im Urteil vom 21. Mai 1980 (SozR 4220 § 1 Nr 3) ausgeführt, daß das entscheidende Merkmal einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger darin liegt, daß sie ausgeübt wird, um - wie hier - Erwerbseinkommen zur Sicherung der Existenz zu erzielen. Dafür können auch Tätigkeiten ausreichen, die die Arbeitskraft der Selbständigen nur in einem unterhalb der oa angeführten Grenzen liegenden zeitlichen Umfang in Anspruch nehmen. Zwar schließt § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG idF des HStruktG-AFG in seinem Satz 2 kurzzeitige Beschäftigungen iSd § 102 AFG vom Erwerb der sog kleinen Anwartschaft auf Alhi ausdrücklich aus. Diese Regelung betrifft jedoch nur abhängige Beschäftigungen, wie die Verweisung auf § 102 AFG zeigt. Für die Ersetzung des Fehlens einer solchen Beschäftigung durch eine entsprechend lange hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Selbständiger gem § 1 Nr 3 Alhi-VO ist eine gleichartige Beschränkung nicht vorgesehen. Dessen hätte es jedoch bedurft; denn wegen der Verschiedenheiten zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeiten und der danach ganz unterschiedlichen Bedeutung des Arbeitszeitaufwandes für den jeweiligen Arbeitserfolg läßt sich der Gedanke des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Satz 2 AFG nicht ohne ausdrückliche Bestimmung auf selbständige Tätigkeiten übertragen.

Der Kläger war in dem maßgeblichen Jahr vor Beginn seiner Ausbildung mindestens 1/2 Jahr als Selbständiger tätig und hat diese Tätigkeit in anspruchsbegründender Weise nicht nur vorübergehend aufgegeben (§ 1 Nr 3 Halbsatz 2 Alhi-VO). Die selbständige Tätigkeit muß dafür spätestens im Zeitpunkt der Alhi-Antragstellung aufgegeben worden sein und nicht schon vor Beginn der dem maßgeblichen Jahreszeitraum nachfolgenden Ausbildung. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung und entspricht der Interessenlage eines Arbeitslosen nach Abschluß oder Aufgabe einer Schulausbildung.

Die Ersatztatbestände des § 1 Alhi-VO treten grundsätzlich an die Stelle der ganz oder teilweise fehlenden entlohnten Beschäftigung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG. Die Nr 4 des § 134 AFG bestimmt, daß "innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung" die entlohnte Beschäftigung des Buchst b ausgeübt werden muß oder an deren Stelle die Ersatztatbestände eintreten müssen. Hier, in dem Regelfall der Anwendung des § 1 Alhi-VO, muß die selbständige Tätigkeit naturgemäß innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist aufgegeben worden sein, denn diese Frist endet mit der Arbeitslosmeldung. Spätestens in diesem Zeitpunkt muß der bisher Selbständige dem Arbeitsamt zur Verfügung stehen, also als Arbeitnehmer tätig werden wollen. Bei der Regelung des Buchst c wurde die maßgebliche Jahresfrist um die Zeit der Ausbildung zurückversetzt. Dadurch sollten Studenten (und Schülern) früher erworbene Rechte (Anwartschaften) erhalten bleiben. Der Alhi-Anspruch entsteht aber erst mit der Arbeitslosmeldung und Antragstellung (§ 134 AFG). Während im Regelfalle das maßgebliche Jahr iSd § 134 Abs 1 Nr 4 AFG mit der Arbeitslosmeldung und Antragstellung abschließt, liegt im Falle des Buchst c unmittelbar vor der Arbeitslosmeldung die Studienzeit. Entscheidend für den Alhi-Anspruch ist aber, daß der Antragsteller zukünftig als Arbeitnehmer tätig werden will und dem Arbeitsamt zur Verfügung steht. Der ehemalige Student kann nicht anders behandelt werden als jeder andere Arbeitslose; auch von ihm kann die Entscheidung, ob er als Selbständiger oder als Arbeitnehmer künftig arbeiten will, erst dann verlangt werden, wenn er beabsichtigt, sich arbeitslos zu melden. Vor Beginn der Ausbildung wird es für den Studenten oft schwer möglich sein, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Um dem Gedanken der Erhaltung der erworbenen Rechte für die in der Ausbildung Stehenden gerecht zu werden, muß § 1 Nr 3 Alhi-VO diesem Sinn nach ausgelegt werden. Es ist iVm § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG so zu verstehen, daß die hauptberufliche Tätigkeit als Selbständiger zwar innerhalb des letzten Jahres vor Beginn der Ausbildung ausreichend lange ausgeübt worden sein muß, ihre endgültige Aufgabe braucht aber spätestens am Tag vor der Arbeitslosmeldung (wie im Regelfall) erfolgt zu sein. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut des § 1 Nr 3 Alhi-VO vereinbar, denn dort ist nur bestimmt, daß die selbständige Tätigkeit aufgegeben sein muß. Der Zeitpunkt der Aufgabe wird nicht festgelegt. Konsequenterweise ist dies - spätestens - der Tag vor der Arbeitslosmeldung. Nach dem Sinn des § 1 Nr 3 Alhi-VO ist das auch bei den ehemaligen Studenten der gleiche Zeitpunkt.

Bei dieser Rechtslage ergibt sich aus den Feststellungen des LSG, daß der Kläger seine hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit, wenn auch erst während des Verlaufes seines Studiums, so doch rechtzeitig und endgültig aufgegeben hat. Er hat damit alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi iSd § 134 Abs 1 Nr 4 AFG iVm § 1 Nr 3 Alhi-VO erfüllt. Sein Anspruch auf Alhi ist mithin nicht als Folge der Rechtsänderung durch das HStruktG-AFG entfallen, so daß der angefochtene Aufhebungsbescheid der Beklagten rechtswidrig ist. Das SG hat ihn zu Recht aufgehoben; die Berufung der Beklagten hiergegen war unter entsprechender Aufhebung des angefochtenen Urteils zurückzuweisen.

Soweit es die Verweigerung von Alhi durch die Bescheide der Beklagten vom 12. September 1978 für die Zeit vom 23. März bis 9. August 1978 betrifft, ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil das LSG über deren Rechtmäßigkeit noch nicht entschieden hat, es nach Aufhebung des Bescheides vom 3. November 1976 hierauf nunmehr jedoch ankommen kann. Die Bescheide vom 12. September 1978 sind gem § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden; sie lehnen die Gewährung von Alhi für die oa Zeiträume erneut, wenn auch aus anderen Gründen als der angefochtene Bescheid ab und beschweren den Kläger damit zusätzlich (vgl Meyer-Ladewig aaO, RdNr 4 zu § 96; Hennig/Danckwerts/König, SGG, Erl 6 zu § 96). Es handelt sich insoweit nicht um Bescheide, die in Ausführung des erstinstanzlichen Urteils ergangen sind; denn sie enthalten demgegenüber gerade eine - wenn auch zeitlich begrenzte - Leistungsverweigerung.

Das LSG hat die Existenz dieser Bescheide festgestellt, eine Entscheidung über die vom Kläger beantragte Aufhebung derselben aber für entbehrlich gehalten mit Rücksicht auf seine Bestätigung des Aufhebungsbescheides vom 3. November 1976. Es wird nunmehr als erstinstanzliches Gericht über deren Rechtmäßigkeit zu befinden haben (vgl BSGE 18, 231, 234 = SozR SGG § 96 Nr 17).

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658742

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