Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersversorgung der Intelligenz. Freiwillige Zusatzrentenversicherung. überhöhte Leistungen. Anpassung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gesamtanspruch aus Sozialpflichtversicherungsrente und Zusatzversorgungsrente, der erstmals ab dem 3.10.1990 zuerkannt wird, darf für Leistungszeiten ab dem 1.7.1990 90 % des letzten maßgeblichen Nettoarbeitsentgelts nicht überschreiten (Fortführung von BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1).

 

Normenkette

EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nr. 9; FZRV § 28; ZAVOtechnInt § 3; RAnglG §§ 23, 24 Abs. 3 Buchst. b; RAV 1 § 6; RAV 2 § 8; SGB VI § 307b

 

Verfahrensgang

Sächsisches LSG (Urteil vom 22.04.1993; Aktenzeichen L 4 An 2/92)

KreisG Leipzig-Stadt (Urteil vom 19.12.1991; Aktenzeichen So II An 14/91)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Chemnitz vom 22. April 1993 und des Kreisgerichts Leipzig – Kammer für Sozialrecht – vom 19. Dezember 1991 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 1990, die Bescheide nach der 1. und 2. Rentenanpassungsverordnung sowie den weiteren Bescheid vom 29. November 1991 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersversorgung des Klägers für den Zeitraum ab 1. Juli 1990.

Der am 26. Juli 1925 geborene Kläger war zuletzt ab Mai 1946 als Technologe für Rationalisierung bei dem VEB Fahrzeugbetrieb J…. -C.…. beschäftigt. Mit “Versicherungsschein” vom 2. März 1961 erhielt er mit Wirkung vom 1. Januar 1961 auf der Grundlage der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 17. August 1950 (ZAVO-technlnt, GBl DDR I Nr 93, S 844) eine Versorgungszusage. Danach bestand ua nach Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine monatliche Rente in Höhe von 60 % des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts. Am 1. Oktober 1972 trat der Kläger außerdem in die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) ein. In der Zeit vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1990 bezog er ein monatliches Bruttogehalt von 1.250,00 M bzw ein durchschnittliches monatliches Nettogehalt von 962,63 M.

Durch Bescheid vom 18. Mai 1990 bewilligte der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB ≪Verwaltung der Sozialversicherung≫) ab dem 1. Juli 1990 eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von monatlich 370,00 M. Mit weiterem Bescheid vom 17. Oktober 1990 wurde außerdem – beginnend ebenfalls mit dem 1. Juli 1990 – eine Zusatzrente nach den Grundsätzen des § 28 Abs 1 der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR-VO) vom 17. November 1977 (GBl DDR I Nr 35, S 395) zuerkannt. Die Verwaltung der Sozialversicherung benannte dabei als Anspruchsgrund nunmehr die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik (AVVO-Int) vom 12. Juli 1951 (GBl DDR I Nr 5, S 675) bzw die Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Mai 1959 (GBl DDR I Nr 32, S 521). Den (gerundeten) Zahlbetrag von 497,00 DM errechnete sie in der Weise, daß von der sich aus der Versorgungszusage ergebenden Leistung der Betrag in Abzug gebracht wurde, um den Altersrente (370,00 DM) und Zusatzrente (750,00 DM) zusammen 90 % des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalls durchschnittlich erzielten Nettogehalts (866,36 DM) übersteigen.

Der hiergegen mit Schreiben vom 30. Oktober 1990 zunächst eingelegte Widerspruch blieb erfolglos und führte zur Bestätigung der Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 1990.

Mit der daraufhin am 6. Februar 1991 zum Kreisgericht Leipzig – Kammer für Sozialrecht – erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der ungekürzten Zusatzrente in Höhe von 750,00 DM für die Zeit ab 1. Juli 1990 begehrt.

Im Laufe des Verfahrens hat der gemeinsame Träger der Sozialversicherung durch die undatierte und nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Mitteilung nach der 1. Rentenanpassungsverordnung (1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867) den Gesamtzahlbetrag auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 unverändert auf 867,00 DM festgesetzt. Dieser Umstand findet seine Erklärung darin, daß die Erhöhungsbeträge aus der Neufestsetzung (140,00 DM), Angleichung (93,00 DM) und Anpassung (91,00 DM) der Altersrente auf den Anspruch aus der Zusatzversorgung angerechnet worden sind.

Mit der weiteren Mitteilung der Überleitungsanstalt Sozialversicherung gemäß der 2. Rentenanpassungsverordnung (2. RAV) vom 19. Juni 1991 (BGBl I S 1300) ist die Altersrente zum 1. Juli 1991 auf 799,00 DM angepaßt und unter Einbeziehung des unveränderten Betrags der Zusatzversorgung (173,00 DM) ein Gesamtzahlbetrag von 972,00 DM bestimmt worden.

Schließlich hat die nunmehrige Beklagte mit Bescheid vom 29. November 1991 “über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” die bisher gezahlte Versichertenrente als Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.179,56 DM gewährt. Nach Abzug des Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 75,49 DM hat sich ein monatlicher Zahlbetrag von 1.104,07 DM ergeben. Die Rentenberechnung ist im maschinellen Verfahren nach § 307b Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erfolgt.

Mit Urteil vom 19. Dezember 1991 hat das Kreisgericht Leipzig die genannten Bescheide abgeändert und die Beklagte ab 1. Juli 1990 zur Zahlung einer ungekürzten Zusatzaltersrente verurteilt.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte am 9. März 1992 Berufung eingelegt: Im Rahmen der Neufestsetzung von Renten ab dem 1. Juli 1990 sei gemäß § 24 Buchst b Satz 2 des Gesetzes zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (RAG) vom 28. Juni 1990 (GBl DDR I Nr 38, S 495) die Zusatzrente des Klägers zu Recht auf 90 % des Nettoverdienstes begrenzt worden. In diese Festlegung habe der Einigungsvertrag (EV) nicht erneut eingegriffen. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Verfassung lägen nicht vor.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. April 1993 hat der Kläger sein Begehren erweitert und zusätzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die ihm zustehenden Rentenleistungen nach den Vorschriften des RAG und der 1. und 2. RAV zu erhöhen und der ihm ab 1. Januar 1992 zu gewährenden Rente mindestens den sich daraus zum 31. Dezember 1991 ergebenden Zahlbetrag zugrunde zu legen.

Mit dem Berufungsurteil vom 22. April 1993 hat das Landessozialgericht (LSG) daraufhin das Urteil des Kreisgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Gesamtleistung ab 1. Juli 1990 in Höhe von 1.187,00 DM, ab 1. Januar 1991 in Höhe von 1.365,00 DM und ab 1. Juli 1991 – auch über den 31. Dezember 1991 hinaus – mindestens in Höhe von 1.570,00 DM zu zahlen. Zur Begründung hat das Gericht im wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Zusatzrente beruhe allein auf der FZR-VO. Eine Grundlage für die Begrenzung der sich hieraus ergebenden Leistung sei weder § 9 Abs 2 der Verordnung vom 12. Juli 1951 noch den §§ 23 bis 25 RAG zu entnehmen, die auf Bezieher einer Rente aus der FZR nicht angewandt werden könnten. Für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 habe es die Beklagte rechtswidrig unterlassen, die Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung gemäß § 10 RAG um den sich für das Jahr 1990 bei 50 Arbeitsjahren ergebenden Faktor 18,14 zu erhöhen, so daß sich zutreffend eine Gesamtleistung von 1.187,00 DM monatlich ergebe. Ab 1. Januar 1991 sei gleichermaßen die Rente aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR um 15 % aus 1.187,00 DM auf 1.365,00 DM zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung um 15 % bei einer Gesamtleistung von mithin 1.570,00 DM sei aufgrund der 2. RAV ab 1. Juli 1991 vorzunehmen. Dieser Betrag bleibe gemäß § 307b Abs 3 Satz 2 SGB VI zunächst auch maßgebend für den Bescheid vom 29. November 1991.

Hiergegen hat die Beklagte am 1. Juli 1993 die vorliegende Revision zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Die zur Entscheidung stehende Rechtsfrage sieht sie darin, ob Leistungen, auf die § 28 FZR-VO anzuwenden war, nach wie vor Zusatzversorgungsleistungen sind, die nicht an der Rentenanpassung und -angleichung teilnehmen. Das Urteil des LSG verkenne, daß es sich bei der Zusatzrentenversicherung gemäß § 28 FZR-VO auch bei Anwendung des RAG um eine Zusatzversorgung handele und damit gemäß § 23 Abs 1 RAG eine Angleichung und Erhöhung der Rente aus der Sozialversicherung nicht zu erfolgen hatte. Für die Anpassung der Rente seien § 6 1. RAV und § 8 2. RAV, für die Umwertung § 307b Abs 1 SGB VI einschlägig. § 28 FZR-VO werde vom LSG unzutreffend interpretiert. Das hiermit vom DDR-Gesetzgeber verfolgte Ziel habe darin bestanden, die Angehörigen der Intelligenz bei ungeschmälerter Erhaltung ihrer bisher erworbenen Ansprüche zur finanziellen Beteiligung an den Kosten der zugesicherten Versorgung zu bewegen und die Vorbildwirkung dieses Verhaltens auf andere Personen, die ohne Anspruch auf Zusatzversorgung für den Beitritt zur FZR gewonnen werden sollten, zu nutzen. Daß es sich bei der im Rentenfall zu zahlenden Zusatzrente in Höhe der zugesicherten Leistung aus der Altersversorgung der Intelligenz (AVl) auch weiterhin um den Anspruch aus der AVl handele, ergebe sich aus den in § 28 Abs 1 FZR-VO normierten Voraussetzungen (Ausübung einer Tätigkeit in einem Betrieb bzw einer Einrichtung, die zur Einbeziehung in die AVl berechtigen würde, bei Eintritt des Rentenfalls). Zudem hätte sich die Höhe einer echten Zusatzrente aus der FZR aus der Gesamtzeit der Zugehörigkeit zu diesem System und dem während dieser Zeit erzielten monatlichen Durchschnittseinkommen über 600,00 M, für das Beiträge entrichtet wurden, ergeben. Für den hypothetischen Fall, daß ein Versicherter zum frühestmöglichen Termin, dem 1. März 1971, in die FZR eintrat und dort bis zur Schließung am 30. Juni 1990 verblieb, hätte bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 601,00 M bis 1.200,00 M im Höchstfall ein Anspruch auf knapp 300,00 M an Zusatzrente aus eigener Beitragsleistung erworben werden können. Für die Auffassung, daß es sich bei der bezogenen Zusatzrente um eine solche aus der AVl handele, sprächen auch weitere Bestimmungen des Rechts der früheren DDR und die Vorgehensweise des bundesdeutschen Gesetzgebers im Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) bzw dem SGB VI. Die bei der Zusatzrente des Klägers vorgenommene Abschmelzung verstoße auch nicht gegen Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).

Mit dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheid vom 27. Oktober 1995 hat die Beklagte unter erneuter Bezugnahme auf die Verordnung vom 12. Juli 1951 für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 eine Neufeststellung der Zusatzversorgung des Klägers “nach AVl-Vorschriften” vorgenommen und mitgeteilt, sie habe “das LSG-Urteil insoweit ausgeführt”. Ihre Revision beziehe sich daher nicht mehr auf die Frage, nach welchen Vorschriften die erstmalige Festsetzung der Zusatzversorgung vorzunehmen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Chemnitz vom 22. April 1993 abzuändern, soweit sie verurteilt worden ist, dem Kläger ab 1. Juli 1991 eine höhere Gesamtleistung als 1.225,00 DM monatlich und ab 1. Januar 1992 eine höhere Mindestrente als eine solche von 1.225,00 DM monatlich nach § 307b Abs 3 SGB VI zu zahlen und das Urteil des Kreisgerichts Leipzig vom 19. Dezember 1991 abzuändern und die weitergehende Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er schließt sich im wesentlichen den Ausführungen des Berufungsurteils an.

 

Entscheidungsgründe

II

Die statthafte und zulässige Revision der Beklagten erweist sich auch in vollem Umfang als begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 2, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend gemachter Anspruch auf höhere Altersversorgung für die Zeit ab dem 1. Juli 1990. Die Revision greift den hierüber ergangenen Urteilsausspruch des LSG in vollem Umfang an. Insofern ist auch durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Beklagten eine Änderung nicht eingetreten; die ausdrücklich begehrte umfassende Überprüfung der ab dem 1. Juli 1991 zu erbringenden Gesamtleistung ist nämlich nach dem Sachzusammenhang allein dann denkbar, wenn nicht bereits vorgreifliche Regelungen in Bindung erwachsen sind, insbesondere für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 noch kein Zahlbetrag oberhalb des von der Beklagten zugestandenen Maximums festgelegt ist.

Streitgegenstand sind damit der ursprünglich angefochtene Bescheid vom 17. Oktober 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 1990 sowie die Bescheide nach der 1. und 2. RAV und der weitere Bescheid über die Umwandlung und Anpassung der Rente ab dem 1. Januar 1992, die jeweils gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Hingegen ist nicht zu überprüfen, ob der im Verlauf des Revisionsverfahrens ergangene Bescheid vom 27. Oktober 1995 bezüglich der Neufeststellung der Zusatzversorgung des Klägers nach AVl-Vorschriften für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 rechtmäßig ist. Er gilt – entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung – gemäß § 171 Abs 2 SGG als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten.

Auf der Grundlage des allein maßgeblichen Bundesrechts (§ 162 SGG) hat der Kläger jedoch abweichend von der Auffassung der Vorinstanzen im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf eine höhere als die ihm durch die angefochtenen Bescheide bereits zuerkannte Altersversorgung. Insbesondere ergibt sich weder nach jenen Vorschriften der früheren DDR, die nach dem EV übergangsrechtlich anzuwenden waren, noch nach dem EV selbst, noch nach den Bestimmungen des AAÜG oder des SGB VI, daß seine Zusatzrente ein Niveau von 90 % des Nettoverdienstes überschreiten dürfte oder er Anspruch auf eine Leistung aus der FZR hätte, so daß die für Zusatzversorgungsberechtigte maßgeblichen Bestimmungen (§ 23 RAG, § 6 der 1. RAV, § 8 der 2. RAV, § 307b SGB VI) zu Unrecht angewandt worden wären.

I. Der Senat hält an den Grundsätzen seiner Rechtsprechung fest, die er in der Grundentscheidung vom 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; dazu BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 7. Juli 1993, 1 BvR 620/93; “Zahlbetragsbegrenzung auf 2.010,00 DM”) zusammengefaßt sowie in einer Vielzahl von Urteilen und Beschlüssen zu verschiedenen Bereichen des Rentenüberleitungsrechts näher entfaltet hat; vor allem: Urteil vom 30. September 1993, 4 RA 1/93; “Übergangszeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991”; Urteil vom 25. Januar 1994, SozR 3-1300 § 44 Nr 8; “Keine Einstandspflicht für DDR-Rentenansprüche vor dem 1. Juli 1990”; Beschluß vom 30. März 1994, 4 RA 33/92, SGb 1995, 37 ff; “Zahlbetragsbegrenzung MfS”; Urteil vom 30. März 1994, 4 RA 62/93, AuA 1994, 224, 256; “Systementscheidung und Rechtmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Urteil vom 10. Mai 1994, BSGE 74, 184 ff = SozR 3-8570 § 11 Nr 1; “Dienstbeschädigungsteilrente I”; Beschluß vom 24. August 1994, SozR 3-8570 § 17 Nr 1; “Berufsbezogene Zuwendung an Ballettänzer”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr 2; “Kürzung der Übergangsrente”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 12 Nr 1; “Krankenversicherung von Sonderversorgungsrentnern”; Urteil vom 31. August 1994, 4 RA 56/93; “Fortsetzung zu Dienstbeschädigungsteilrente I”; Urteil vom 29. September 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr 3; “Dienstbeschädigungsteilrente II”; Urteil vom 15. Dezember 1994, 4 RA 67/93, SozR 3-8560 § 26 Nr 2; “Unanwendbarkeit von § 26 Abs 1 Rentenangleichungsgesetz”; Urteil vom 14. Juni 1995, 4 RA 41/94, zur Veröffentlichung vorgesehen; “Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Vorlagebeschlüsse vom 14. Juni 1995, 4 RA 98/94 (§ 6 Abs 2 AAÜG) und 4 RA 54/94 (§ 7 AAÜG); vgl im übrigen auch Urteil vom 14. September 1995, 4 RA 90/94, zur Veröffentlichung vorgesehen; “Anzuwendendes Übergangsrecht bei der Überführung von Ansprüchen eines “FZR-Versicherten” mit Zusage aus einem Zusatzversorgungssystem”.

Der EV ist durch das Vertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II S 885) in innerstaatlichen Recht transformiert worden; er gilt damit als – einfaches – Bundesgesetz fort (stellvertretend ebenso Badura, Die innerdeutschen Verträge, insbesondere der EV, in; Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd VIII, S 192 ff – “fortbestehende Rechte” stehen hier nicht in Frage), das der Gesetzgeber innerhalb seiner Regelungskompetenz auch ändern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 9. August 1995, 1 BvR 2263/94, 1 BvR 229/95, 1 BvR 534/95). Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung findet danach Bundesrecht seit dem 3. Oktober 1990 Anwendung, mit den Maßgaben des EV aber auch rückwirkend für die Zeit ab 1. Juli 1990; denn die demokratisierte DDR konnte in der Zeit vom Inkrafttreten des RAG bis zur Wiedervereinigung nur ansatzweise ihr Programm umsetzen, ein dem westdeutschen Rentenversicherungsrecht im wesentlichen gleichartiges Rentenrecht zu schaffen. Deshalb gilt nach dem EV dasjenige Recht der früheren DDR, welches thematisch dem öffentlich-rechtlichen Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland entspricht, nur weiter, wenn es den Geltungsbedingungen des Art 9 Abs 2 und 4 EV iVm den maßgeblichen Bestimmungen in den Anlagen hierzu entspricht. Derartiges DDR-Recht gilt also nur als sekundäres Bundesrecht, und zwar nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen, soweit es nicht von nach Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV und in dessen Anlage II verdrängt worden ist.

II. Die mit Bescheid vom 17. Oktober 1990 bewilligte Zusatzrente findet damit ihre Rechtsgrundlage – wie mittlerweile in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 1995 auch die Beklagte eingeräumt hat – in der ZAVO-technlnt vom 17. August 1950 iVm § 28 Abs 1 Satz 1 Buchst b FZR-VO. Die leistungsrechtlichen Regelungen der Zusatzversorgungssysteme waren nämlich bis zur Überführung der erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung bis längstens 31. Dezember 1991 weiter anzuwenden (EV Nr 9 Buchst b Satz 1 und 2). Daneben sind insbesondere für die Problematik der Leistungskonkurrenz die Bestimmungen der ebenfalls übergangsrechtlich fortgeltenden (EV Anlage II Sachgebiet H Abschnitt III Nr 1) FZR-VO maßgeblich.

1. Der Kläger unterfällt bereits ausweislich der ihm erteilten Versorgungszusage (“Versicherungsschein” vom 2. März 1961) dem Kreis der nach der Verordnung vom 17. August 1950 Leistungsberechtigten, wie er aufgrund § 5 der Verordnung in § 1 Abs 1 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl DDR I Nr 62, S 487) umschrieben ist. Darüber hinaus wurde noch bei Eintritt des Rentenfalls eine zur Einbeziehung in die AVl berechtigende Tätigkeit ausgeübt bzw war die Zugehörigkeit zur FZR nicht durch Austritt beendet (§ 28 Abs 1 Satz 2 FZR-VO). Zutreffend ist demgemäß die Zusatzrente des Klägers in Übereinstimmung mit § 3 Buchst a ZAVO-technlnt zunächst mit einem Betrag von 750,00 DM (= 60 % des in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1990 bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts von 1.250,00 M) ermittelt worden. Das auf diese Weise bestimmte Anspruchsniveau liegt schließlich – auch nach der noch zu erörternden Beschränkung auf 90 % des maßgeblichen Nettoeinkommens – offensichtlich so weit oberhalb des sich unter Zugrundelegung der zur FZR geleisteten Beiträge ergebenden Betrags, daß sich eins ins einzelne gehende Vergleichsberechnung erübrigt: Der Kläger war vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1990, insgesamt also 17 Jahre und neun Monate Mitglied der FZR. Bei dem sich hieraus ergebenden Satz von 44,3 % (§ 20 Abs 2 FZR-VO) hätte es eines während der Gesamtdauer der Zugehörigkeit erzielten monatlichen Durchschnittseinkommens von 1.121,90 M über 600,00 M – ; insgesamt also 1.721,90 M – bedurft, um eine FZR-Rente in Höhe der AVl-Leistung zu erreichen. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Kläger jedoch zuletzt als Maximum seiner individuellen Einkommensentwicklung lediglich ein monatliches Entgelt von 1.250,00 M erzielt.

2. Im Ergebnis ebenfalls zutreffend ist auf dieser Grundlage der bescheidmäßig festgesetzte Zahlbetrag von (gerundet) zunächst 497,00 DM abschließend in der Weise berechnet worden, daß von der sich aus der Versorgungszusage ergebenden Leistung der Betrag in Abzug gebracht wurde, um den Altersrente (370,00 DM) und Zusatzrente (750,00 DM) zusammen 90 % des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalls durchschnittlich erzielten Nettogehalts (– 866,36 DM) übersteigen.

Dieses Vorgehen läßt sich indessen nicht auf § 9 Abs 2 der AVVO-Int vom 12. Juli 1951 stützen. Ersichtlich gehört der Kläger weder dem hiervon erfaßten Personenkreis (§§ 2 bis 5 AVVO-Int) an, noch war er an einer der in §§ 1 und 6 AVVO-Int genannten Einrichtungen tätig.

Jedenfalls nicht unmittelbar anzuwenden ist auch § 24 Abs 3 Buchst b RAG. Zwar hat das RAG, das aufgrund des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 (BGBl II S 537) beschlossen worden und am 1. Juli 1990 in Kraft getreten ist, nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 – mit den dort im einzelnen bestimmten Maßgaben – grundsätzlich weitergegolten (BSGE 72, 50 ff, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1, S 5 sowie im übrigen Teilurteil und Vorlagebeschluß vom 14. Juni 1995, 4 RA 98/94). Jedoch ist Recht der früheren DDR nach den vorstehend zitierten Grundsätzen stets nur insoweit anzuwenden, als es nicht von und nach EV Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV verdrängt ist (vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 3, S 31). § 24 RAG geht nach den Maßgaben des Staatsvertrages noch von dem überholten Programm der Überführung von Renten und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in die Rentenversicherung der ehemaligen DDR aus. Hierzu ist es nach Inkrafttreten des EV nicht mehr gekommen. EV Nr 9 ersetzt die Rahmenvorgaben von Art 20 des Staatsvertrages durch abschließende – “soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergibt” – Bestimmungen über Voraussetzungen und Umfang einer Überführung in das SGB VI, dessen Inkrafttreten zum 1. Januar 1992 ohnehin anstand, und macht damit den Zwischenschritt eines an die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland angepaßten DDR-Rentenversicherungsrechts überflüssig. Soweit die Vorschriften des RAG (zB: in den §§ 24, 25 aaO) im Gegensatz zum hierdurch entscheidend veränderten (ständige Rechtsprechung seit BSGE 72, 65) Überführungsprogramm stehen, sind sie für ihren gesamten zeitlichen Geltungsbereich ab dem 1. Juli 1990 verdrängt.

Beschränkungen des sich aus der ZAVO-technint ergebenden Anspruchs sind jedoch entgegen § 6 Abs 2 der hierzu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl DDR I Nr 62, S 487) unmittelbar durch den EV geboten. Die dort grundsätzlich angeordnete Fortgeltung leistungsrechtlicher Bestimmungen der Versorgungssysteme bis zur Überführung in die Rentenversicherung steht nämlich unter dem Vorbehalt abweichender Bestimmungen im Vertrag, insbesondere den nachfolgenden Bestimmungen (EV Nr 9 Buchst b Satz 2). Der auf diese Weise für denjenigen Personenkreis, der – wie der Kläger – am 1. Oktober 1990 anspruchsberechtigt ist, garantierte Leistungsumfang ergibt sich aus EV Nr 9 Buchst b Satz 4. Die Vorschrift regelt unmittelbar die bei der künftigen Überführung zu beachtende Untergrenze des Gesamtbetrages aus Sozialversicherungsrente und Versorgungsleistungen. Als inhaltsbestimmendes Gesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG (s Vorlagebeschluß des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92) legt sie jedoch darüber hinaus das nach EV Nr 9 rechtmäßig Zustehende fest und definiert damit auch den sich bei erstmaliger Bewilligung für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 ergebenden Zahlbetrag.

Dieser ist, wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 72, 50 ff, 68), auf der Grundlage des – nach dem RAG und EV Nr 9 Buchst b Satz 3 Nr 1 um abzuschaffende, abzubauende und zu beseitigende Elemente bereinigten – Gesamtleistungsanspruchs zu ermitteln. Andernfalls würde – selbstwidersprüchlich – auf Dauer gewährleistet, was der EV als Ermächtigung für den Erlaß nach Buchst f aaO zu erlassender Verordnungen (Art 80 Abs 1 Satz 2 GG) bereits unmittelbar selbst künftig abzubauen befiehlt (EV Nr 9 Buchst b Satz 3 Nr 1). Demgegenüber ist der Verordnungsgeber durch EV Nr 9 folgerichtig nicht ermächtigt, den nach Satz 4 aaO so garantierten Zahlbetrag seinerseits nochmals nach Maßgabe von Buchst b Satz 3 Nr 1 aaO anzupassen, abzubauen oder abzuschaffen; seine Anwendbarkeit ist gerade für diesen Fall (Garantie des zum 1. Juli 1990 rechtmäßig – ohne Vergünstigung oder Unrechtsentgelt – zustehenden Betrages) ausgeschlossen (vgl die Vorlagebeschlüsse des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 4/94 und 4 RA 28/94).

Indessen legt der Text des EV allein noch nicht abschließend selbst fest, welche Leistungen als “überhöht” iS von Nr 9 Buchst b Satz 3 Nr 1 anzusehen sind. Der hierfür erforderliche Bewertungsmaßstab ergibt sich jedoch ausreichend eindeutig (vgl zur Auslegung von Ermächtigungsnormen allgemein Leibholz/Rinck/Hesselberger, Kommentar zum Grundgesetz, 7. Aufl, RdNr 180 ff zu Art 80 GG) aus dem vorgegebenen Ziel einer Überleitung in das SGB VI und den einschlägigen Bestimmungen des DDR-Rechts, deren Fortgeltung als sekundäres Bundesrecht der EV anordnet. In diesem Sinne lassen sich Anhaltspunkte in einem ersten Schritt der Konkretisierung zunächst dem Sicherungsziel des SGB VI entnehmen. Die leistungsrechtlichen Bestimmungen des dort geregelten Systems der gesetzlichen Rentenversicherung führen (bezogen auf die Verhältnisse eines Durchschnittsverdieners mit einem “erfüllten Arbeitsleben”, das der Gesetzgeber in § 68 Abs 3 Satz 3 SGB VI mit 45 Versicherungsjahren annimmt) zu einer Nettostandardrentenrelation zwischen der sog Eckrente und dem verfügbaren Durchschnittseinkommen von derzeit rund 70 % (vgl Ruland in Gesamtkomm SGB VI Einl Anm IX und Buchert, Deutsche Rentenversicherung 1995, S 733 ff, 739). Zahlbeträge oberhalb des durchschnittlichen Nettolohnniveaus eines aktiven Erwerbstätigen ergeben sich damit für eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nicht. Hiermit wird ua dem Umstand Rechnung getragen, daß Aufwendungen für eine berufliche Tätigkeit nicht mehr anfallen (Ruland, aaO) und die Berechnung laufender Lohnersatzleistungen die wirtschaftliche Situation des Versicherten nicht verzerren oder ihn gar besserstellen darf als er ohne Eintritt des Versicherungsfalls stünde (BVerfG in NZA 1995, S 752 ff, 753). In Übereinstimmung hiermit hat auch der demokratisch legitimierte DDR-Gesetzgeber das Angleichungsziel des RAG ausdrücklich in der Weise umschrieben (§ 1 Abs 1 Satz 1 RAG), daß die (Zusatz-)Alters- und Invalidenrenten auf ein Nettorentenniveau festgesetzt werden, das bei einem Rentner, der 45 Arbeitsjahre hat und dessen Verdienst jeweils dem volkswirtschaftlichen Durchschnittsverdienst entsprach, 70 % des durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienstes in der DDR beträgt.

Hinsichtlich der vom EV zwingend vorgeschriebenen (“sind … abzubauen”) Reduktion überhöhter Leistungen ergibt sich vor diesem Hintergrund folgendes: Mit dem Sicherungsziel der gesetzlichen Rentenversicherung sind Leistungen erheblich oberhalb der Nettostandardrentenrelation unvereinbar. Zur Bestimmung einer in diesem Sinne “erheblichen” Abweichung kann weiterhin auf den in § 24 Abs 3 Buchst b RAG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken zurückgegriffen werden. Auch wenn das der Vorschrift zugrundeliegende Konzept nicht zur Durchführung gelangt ist (s oben), ist doch zu beachten, daß der EV zwar das Überführungsziel geändert hat, ansonsten aber in der mit Art 20 Abs 2 Satz 3 des Staatsvertrages begonnenen Tradition steht. Da der Wille des bundesdeutschen Gesetzgebers im primären Bundesrecht keinen spezielleren Ausdruck gefunden hat, bleiben damit für die Qualifizierung – im Hinblick auf das von Anfang an maßgebliche bundesdeutsche Rentenniveau – überhöhter Leistungen entwickelte Gesichtspunkte unverändert einschlägig. Sie repräsentieren die vom EV vorgefundene Situation und liefern als Bestandteil des von ihm übernommenen Normbestandes im vorliegenden Zusammenhang verläßliche Anhaltspunkte für seine Interpretation Zutreffend hat demgemäß die Beklagte § 3 Buchst a ZAVO-technlnt nur unter Berücksichtigung der durch den EV gebotenen Modifikationen zur Anwendung gebracht. Sie war hierzu bereits ab Beginn des Bezugszeitraums der Zusatzrente am 1. Juli 1990 berechtigt.

Anders liegen die Verhältnisse nur im Fall durch Verwaltungsakt bereits bindend festgesetzter Versorgungen (Art 19 EV), bei denen eine eventuell vorliegende Überhöhung vom Bundesrecht ursprünglich noch bis zum Zeitpunkt der Überführung in die Rentenversicherung hingenommen wurde. Bis zur Überführung der Versorgungsansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung durch § 2 Abs 2 Satz 1 AAÜG zum 31. Dezember 1991 ist nämlich (abgesehen von § 10 AAÜG) eine gesetzliche Ermächtigung, die DDR-Verwaltungsakte um den überhöhten Betrag abzuändern, vom Gesetz- oder. Verordnungsgeber nicht geschaffen worden. Demgemäß wäre eine Beschränkung allein auf der Grundlage von Art 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erstmals für Zahlungszeiträume ab Januar 1992 zulässig (Senat in BSGE 72, 50 ff, 66). Die insoweit im wirtschaftlichen Ergebnis unterschiedliche Behandlung von schon nach DDR-Recht anerkannten Bestandsrentnern und Rentenneuzugängen findet ihre Rechtfertigung in dem durch die bindende Verwaltungsentscheidung gewährleisteten Vertrauensschutz. Der Kläger verfügt aber noch nicht über eine verfahrensrechtlich gesicherte Position in Gestalt eines bestandskräftigen Bescheides über seine Zusatzversorgungsrente. Auf ihn finden daher die Bestimmungen des EV für ihren gesamten zeitlichen Geltungsbereich, der mit dem Leistungszeitraum identisch ist, Anwendung.

III. Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Anspruch auf eine Neufestsetzung und Angleichung der Rente aus der Sozialpflichtversicherung bereits ab dem 1. Juli 1990 bzw auf eine Rente nach der FZR-VO, die nach dem RAG und den beiden RAVen zu dynamisieren und nach § 307a SGB VI zu beurteilen wäre.

1. Die insofern von der Beklagten angewandten Vorschriften sind – wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat – nicht zu beanstanden. Hierzu gilt im einzelnen folgendes:

a) § 23 Abs 1 RAG, der am 1. Juli 1990 in Kraft getreten und aufgrund des Art 20 des Staatsvertrages beschlossen worden ist, hat zwar nach EV Anlage II Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 grundsätzlich bis 31. Dezember 1991 mit den Maßgaben des EV als sekundäres Bundesrecht weitergegolten. Er gibt jedoch keinen Anspruch auf eine Dynamisierung der Zusatzversorgungsrenten. Danach waren Renten aus der Sozialpflichtversicherung und Renten aus Zusatzversorgungssystemen lediglich nominell in unveränderter Höhe, umgestellt im Verhältnis 1:1 von Mark auf DM, weiterzuzahlen.

b) Die in § 24 Abs 5 RAG vorgesehene schonende Überführung in Form einer Abschmelzung der Zusatzversorgungsrente bei Erhöhung des Gesamtzahlbetrages gelangte nach Inkrafttreten des EV – im Gegensatz zu § 23 RAG – als “Bundesrecht” nicht mehr zur Anwendung.

c) Die aufgrund von EV Nr 9 Buchst f zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Rechtsverordnungen, die 1. und 2. RAV, entsprechen der Rechtslage. Verfahrensrechtlich konnten die Bescheide des FDGB, die gemäß Art 19 EV auch über den 3. Oktober 1990 bindend waren, wegen Änderung der rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 SGB X im Hinblick auf die RAV geändert (Art 19 Satz 3 EV) und im Hinblick auf das Angleichungsziel des EV, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in eine SGB VI-Rente einmünden zu lassen, um ein einheitliches Rentenversicherungsrecht in ganz Deutschland herzustellen, in einem einzigen Bescheid zusammengefaßt werden.

Die Ermächtigungsnorm der beiden RAVen, EV Nr 9 Buchst f, und die darauf beruhenden RAVen entsprechen in formeller und materieller Hinsicht geltendem Recht. Die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen RAVen und auch die Ermächtigungsnorm genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 80 Abs 1 GG.

Das Überführungsprogramm des EV Nr 9, das Grundlage für die Auslegung der Ermächtigungsnorm EV Nr 9 Buchst f ist, und deren Inhalt bestimmt, steht im Einklang mit dem GG.

d) § 307b Abs 5 SGB VI ermächtigte die Beklagte, für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1992 die für die Höhe der überführten Rente maßgeblichen Entgeltpunkte in einem “maschinellen Verfahren” zu ermitteln. Sie konnte, solange die für die Rentenberechnung in jedem Einzelfall erforderlichen Daten aus dem gesamten Versicherungsverlauf noch nicht ermittelt werden konnten, die Rentenhöhe vorab aufgrund abstrakter, gesetzlich vorgegebener Werte verbindlich feststellen. Der Anspruch des Versicherten auf eine seinen individuellen Verhältnissen entsprechende Festsetzung der Höhe seines Rentenanspruchs blieb dadurch dem Grunde nach unberührt, wurde aber zunächst hintangehalten (vgl § 307c SGB VI). Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht. Denn das maschinelle Verfahren sollte gerade für eine Übergangszeit ermöglichen, daß bis zur individuellen Rentenberechnung einerseits Überzahlungen vermieden werden, andererseits aber dem Betroffenen ein monatlicher Rentenanspruch wenigstens auf der Grundlage eines Entgeltpunktes gewährt werden kann.

2. Das Begehren des Klägers könnte nach alledem nur Erfolg haben, wenn er keine “Rente mit Zusatzversorgung” iS von § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV bzw keinen Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente iS von § 307b Abs 1 SGB VI gehabt hätte. Der Kläger ist der Ansicht, dies sei deswegen der Fall gewesen, weil die ihm 1961 aus der AVI zugesagte und seit 1990 gewährte Rente nach § 28 FZR-VO in Wirklichkeit als Zusatzrente aus der FZR-Versicherung in Höhe der zugesicherten AVI und an deren Stelle gezahlt worden wäre, er mithin eine Rente aus der FZR-Versicherung erhalten habe. Träge dies zu, hätte die Beklagte die übergangsrechtlichen Bestimmungen für Zusatzversorgungsberechtigte (§ 23 RAG, § 6 der 1. RAV, § 8 der 2. RAV, § 307b SGB VI) zu Unrecht angewandt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

3. Der dem Kläger zuerkannte Anspruch auf Zusatzrente in Höhe der zugesicherten Zusatz-Altersinvalidenrente des Zusatzversorgungssystems der Intelligenz ist nach Bundesrecht ein Recht aus der Zusatzversorgung; er geht auf eine Rente, die nach § 4 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 2 AAÜG in die Rentenversicherung überführt ist. Es kommt nämlich entscheidend darauf an, wie das Bundesrecht Ansprüche auf diese Leistungen rechtlich qualifiziert. Nach Bundesrecht ist aber die sog FZR AVI-Rente als Zusatzversorgungsrente einzuordnen.

a) EV Nr 9 enthält als originäres Bundesrecht eine spezielle und grundsätzlich abschließende Regelung für die Überführung von Ansprüchen ua wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alters, die nach Maßgabe eines ua Zusatzversorgungssystems “erworben” worden sind (EV Nr 9 Buchst b Satz 1). Das bundesrechtliche Übergangsrecht unterscheidet bei der Überführung von Bestandsrenten danach, ob der Gesamtanspruch ua auf Altersversorgung bzw auf Versorgung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sich nach Grund und Höhe ausschließlich aus individuellen Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung und zur FZR-Versicherung ergab; dann sind die für die überwältigende Mehrzahl der Bestandsrentner gültigen Überführungsregeln anzuwenden. Beruht der Gesamtanspruch des Bestandsrentners jedoch auch nur zum Teil auf einem Rentenanspruch, der durch eine Erwerbstätigkeit erworben wurde, derentwegen eine Zusatzversorgung (oder Sonderversorgung) zugesagt worden ist, findet für die Überführung der Rente in das SGB VI – übergangsrechtlich – das Sonderrecht von EV Nr 9 iVm den Vorschriften des AAÜG und § 307b Abs 5 (oder Abs 6) SGB VI Anwendung.

Das Bundesrecht trennt also zwischen “echten” Sozialversicherungsansprüchen und -anwartschaften (Sozialpflicht- und FZR-Versicherung) einerseits und Ansprüchen und Anwartschaften kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung andererseits. Der Sachgrund hierfür besteht wesentlich in folgendem:

Nur bei Ansprüchen der ersten Gruppe kann annähernd von der das Rentenversicherungssystem des SGB VI kennzeichnenden konkreten Entgelt- und Beitragsbezogenheit der Renten ausgegangen werden. Ferner war aufgrund der Entgeltverhältnisse und der Beitragshöhe in der früheren DDR absehbar, daß insoweit das Niveau der SGB VI-Renten nicht überschritten und damit die Gleichheit gegenüber dem westdeutschen Versicherten nicht verletzt werden würde. Außerdem war hier mit der Dynamisierung dieser einzelnen Renten die Gefahr einer gleichheitswidrigen Überzahlung gegenüber den anderen Rentnern im Beitrittsgebiet in aller Regel nicht verbunden. Schließlich waren (nur) insoweit verwaltungstechnisch für das SGB VI brauchbare Versicherungsunterlagen vorhanden.

Demgegenüber war die Ausgangslage bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sehr unübersichtlich: Rechtsgrundlagen waren häufig nicht veröffentlicht, Leistungsvoraussetzungen ungeklärt, individuelle Beitragsleistungen nur teilweise und in unterschiedlicher Höhe erforderlich. Das Leistungsniveau lag zumeist, wenn auch in den verschiedenen Systemen in unterschiedlicher Höhe, über dem der Sozialpflichtversicherung und der FZR-Versicherung. Rentenversicherungsrechtlich verwertbare Unterlagen über Versicherungsverläufe der Begünstigten waren zumeist nicht vorhanden. Schließlich waren wegen der augenfälligen, wenn auch in sich unterschiedlich begründeten Systemnützlichkeit der von Versorgungssystemen erfaßten Tätigkeiten Anhaltspunkte dafür gegeben, daß die der Berechnung der Zusatzrenten zugrundeliegenden Arbeitsentgelte möglicherweise aus politischen Gründen gegenüber den sonstigen Erwerbstätigen in der früheren DDR überhöht oder sogar Unrechtsentgelte waren.

Vor diesem Hintergrund ist für Ansprüche, die aufgrund von Zusagen einer (Sonder- oder) Zusatzversorgung “erworben” worden sind, das besondere Überführungsprogramm in EV Nr 9 angeordnet worden, nach dem zunächst die bisherigen leistungsrechtlichen Regelungen (soweit zu sekundärem Bundesrecht geworden) bis zur Überführung der überführbaren Ansprüche in die Rentenversicherung des SGB VI weiterhin anzuwenden sind.

b) Im Rahmen von EV Nr 9 Buchst b Satz 2 ist § 28 FZR-VO sekundär bundesrechtlich als eine Bestandsschutznorm für solche Zusatzrenten zu verstehen, die aufgrund der Zusage einer Versorgung iS vom EV Nr 9, nämlich der AVI, “erworben” worden sind; keinesfalls qualifiziert er bundesrechtlich die von ihm geschützten Renten als solche aus der FZR-Versicherung: Hierfür spricht schon, daß die nach § 28 FZR-VO garantierte Höhe der Zusatzrente sich aus den Beiträgen zur FZR-Versicherung nicht, nämlich nur unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) herleiten läßt; denn es ist kein Sachgrund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, daß zwei Arbeitnehmer, die gleichhohes Arbeitsentgelt mit gleichhohen individuellen Beiträgen versichert haben, hieraus unterschiedlich hohe Rentenansprüche erwerben. Darüber hinaus muß der Berechtigte nach § 28 Abs 1 Satz 2 FZR-VO auch im Leistungsfall weiterhin die Voraussetzungen der Versorgungszusage erfüllen. Außerdem wird er gemäß § 28 Abs 2 FZR-VO bei der Berechnung der Rente aus der Sozialpflichtversicherung den Empfängern einer zusätzlichen Versorgung der Intelligenz gleichgestellt. Genau dies ist auch in § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV sowie in § 307b SGB VI geschehen.

Demgegenüber kommt der früheren Entscheidungs- und Zahlungszuständigkeit des FDGB (§ 31 FZR-VO) keine (sekundär bundesrechtliche) Bedeutung zu. Denn in der früheren DDR war den Zusatzversorgungsberechtigten geradezu nahegelegt worden, sich vorbildlich dadurch zu verhalten, daß man auch in die FZR-Versicherung eintrat; umgekehrt war es vorteilhaft, wenn ein FZR-Versicherter es außerdem erreichte, die ihm wesentlich günstigere Zusage einer Zusatzversorgung zu erhalten. Dementsprechend ist es (sekundär bundesrechtlich) gleichfalls ohne Belang, daß die in § 28 Abs 3 Satz 1 FZR-VO vorgesehene Rechtsfolge für den Austritt aus der FZR nach Satz 2 aaO gerade dann nicht galt, wenn die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Intelligenz vorlagen. Hierauf ist schon deswegen nicht näher einzugehen, weil § 28 Abs 3 FZRVO seit dem 1. Juli 1990 keinen Anwendungsbereich mehr hat.

c) Die übergangsrechtliche Qualifizierung des Zusatzrentenanspruchs hängt mithin nach EV Nr 9 Buchst b Satz 2 iVm § 28 FZR-VO davon ab, ob er nach den für alle FZR-Versicherten geltenden Vorschriften der FZR-VO (als fortgeltendem sekundären Bundesrecht) ausschließlich durch individuelle Beiträge zur FZR-Versicherung “erworben” worden ist, ob also in Anwendung des § 20 FZR-VO ein die zugesagte Zusatzversorgung übersteigender Zahlungsanspruch festgestellt worden ist. Dies hätte gegebenenfalls zur Folge, daß der Berechtigte (mit Zusatzversorgungszusage) bis zur individuellen Rentenfestsetzung nach § 307b Abs 1 bis Abs 4 SGB VI bei Anwendung der 1. und 2. RAV gleichwohl wie ein FZR-Versicherter zu behandeln wäre.

Der Versicherte hat seinen Anspruch auf eine monatliche zusätzliche Rente nicht durch seine Beiträge zur FZR-Versicherung erworben; dieser beruhte vielmehr allein auf der 1961 erteilten Zusage, ihm nach der AVI zumindest eine Rente in Höhe von 60 vH des letzten maßgeblichen Bruttogehalts zu zahlen. Demgegenüber waren die Grundlagen für eine Rentenberechnung gemäß § 20 FZR-VO, insbesondere die Gesamtzeit der Zugehörigkeit zur FZR-Versicherung sowie das während dieser Jahre erzielte monatliche Durchschnittseinkommen über 600,00 M, soweit dafür Beiträge entrichtet wurden, gerade in keiner Weise zu berücksichtigen.

Nach alledem waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 946357

BSGE, 65

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