Verfahrensgang

Sächsisches LSG (Urteil vom 22.04.1993; Aktenzeichen L 4 An 6/92)

Sächsisches LSG (Urteil vom 24.03.1992)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Chemnitz vom 22. April 1993 sowie des Kreisgerichts Dresden – 1. Kammer für Sozialrecht – vom 24. März 1992 aufgehoben. Die Klage gegen die Mitteilungen über die Rentenanpassung gemäß der 1. und 2. Rentenanpassungsverordnung sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. November 1991 und den Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1991 wird in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersversorgung des Klägers für den Zeitraum ab 1. Juli 1990.

Der am 19. Februar 1923 geborene Kläger war zuletzt seit dem 1. Dezember 1991 beim VEB Stahl- und Walzwerk R. … als Diplomingenieur und Leiter der technischen Kontrollorganisation tätig. Neben seiner Versicherung in der allgemeinen Sozialpflichtversicherung der früheren DDR war ihm ab 1. Juni 1951 (erweitert ab 1. Juli 1952) aufgrund der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (ZAVO-technInt) vom 17. August 1950 (GBl DDR I Nr 93 S 844) ua eine monatliche Rente in Höhe von 60 % des durchschnittlichen Bruttogehalts im letzten Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalles ab dem 65. Lebensjahr bzw beim Eintritt vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit (EU) zugesagt. Zum 1. Juni 1973 trat der Kläger außerdem in die freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) ein.

Mit Bescheid vom 26. November 1987 bewilligte der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), Kreisvorstand R., … – Verwaltung der Sozialversicherung -ab dem 1. Februar 1988 eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von monatlich 300,00 M und ausweislich der Anlage zu diesem Bescheid eine „nach den Grundsätzen der §§ 28 und 29 der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR-VO) vom 17. November 1977 (GBl DDR I Nr 35 S 395)” berechnete Zusatzrente aufgrund der Altersversorgung der Intelligenz (AVI) in Höhe von 1.560,00 M (= 60 % des in der Zeit vom 1. Februar 1987 bis 31. Januar 1989 erzielten durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts von 2.600,00 M). Die Sozialversicherungsrente wurde in der Folgezeit auf 370,00 M angehoben und der sich damit ergebende Gesamtbetrag von 1.930,00 M zum 1. Juli 1990 im Verhältnis 1:1 auf DM umgestellt.

Der gemeinsame Träger der Sozialversicherung bestimmte mit dem – undatierten und nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen – Bescheid nach der Ersten Rentenanpassungsverordnung (1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867) den Gesamtzahlbetrag für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 unverändert auf 1.930,00 DM. Dieser Umstand findet seine Erklärung darin, daß die Zusatzversorgungsleistung nur noch insoweit gezahlt wurde, als sie die Erhöhungsbeträge aus der Neufestsetzung (140,00 DM), Angleichung (117,00 DM) und Anpassung (95,00 DM) der Altersrente überstieg. Der Kläger erhob daraufhin am 27. Februar 1991 Widerspruch und am 29. April 1991 Klage.

Im Laufe dieser Verfahren erfolgte eine weitere Erhöhung der Altersrente zum 1. Juli 1991 um 109,– DM auf nunmehr 831,– DM (Mitteilung der Überleitungsanstalt Sozialversicherung gemäß der Zweiten Rentenanpassungsverordnung ≪2. RAV≫ vom 19. Juni 1991 ≪BGBl I S 1300≫). Infolge der Anrechnung auch dieses Betrags verblieb es weiterhin bei einem Gesamtauszahlungsbetrag von 1.930,00 DM. Hiergegen erhob der Kläger erneut Widerspruch (Schreiben vom 22. Juni 1991).

Durch Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1991 bestätigte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen – Überleitungsanstalt Sozialversicherung – inhaltlich die nach der 1. RAV getroffenen Regelungen.

Mit dem weiteren Bescheid vom 29. November 1991 „über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” gewährte schließlich die Beklagte die bisher gezahlte Versichertenrente als Regelaltersrente in Höhe von monatlich 2.062,01 DM. Nach Abzug des Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 131,97 DM ergab sich nunmehr ein monatlicher Zahlbetrag von 1.930,04 DM. Die Rentenberechnung erfolgte im maschinellen Verfahren nach § 307b Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Erneut legte der Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 1991 Widerspruch ein.

Auf die Klage vom 29. April 1991 hat das Kreisgericht Dresden – 1. Kammer für Sozialrecht – die Mitteilungen nach der 1. und 2. RAV und den Bescheid vom 29. November 1991 abgeändert, den Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1991 aufgehoben, und die Beklagte verurteilt, „dem Kläger ab 1. Juli 1990 jene Leistungen zu gewähren, die sich aus der Angleichung und Anpassung der am 30. Juni 1990 zustehenden Renten der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung gemäß § 2 Abs 1 Rentenangleichungsgesetz (RAG) vom 28. Juni 1990 (GBl DDR I 1990 Nr 38 S 495) und § 2 der 1. RAV vom 19. Juni 1991 sowie mit Wirkung ab 1. Januar 1992 aus den Vorschriften des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) hinsichtlich des für den 31. Dezember 1991 ermittelten Zahlbetrages ergeben”. Die hiergegen am 11. Juni 1992 eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Rechtsmittel im Urteil vom 22. April 1993 „mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger eine Gesamtleistung ab 01.07.1990 in Höhe von 2.403,00 DM, ab 01.01.1991 in Höhe von 2.764,00 DM und ab 01.07.1991 über den 31.12.1991 hinaus in Höhe von 3.179,00 DM zu zahlen”. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, die auf der Grundlage des vor dem 1. Juli 1990 geltenden Rechts der Höhe nach zutreffend bestimmte Rente aus der Sozialpflichtversicherung und die Zusatzrente des Klägers seien gemäß § 2 RAG ab dem 1. Juli 1990 unter Außerachtlassung von § 6 Abs 2 der 1. RAV iVm § 23 Abs 1 RAG zu erhöhen. Der Anspruch auf Zusatzrente in Höhe der zugesicherten AVI habe seine Grundlage nämlich in der FZR-VO und sei damit der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zuzuordnen. Entsprechend dem Bestreben des DDR-Gesetzgebers, das System der AVI durch die FZR abzulösen, werde auch in § 28 Abs 1 FZR-VO ein Anspruch auf Zusatzrente ausdrücklich „anstelle” der AVI-Leistung eingeräumt. Folgerichtig bestimme § 28 Abs 3 Satz 1 FZR-VO, daß bei Austritt aus der FZR der Anspruch auf die AVI nicht wiederauflebt. Der Umstand, daß die Zusatzrente in Höhe der zugesicherten AVI-Leistung gezahlt werde, mache die betroffenen Werktätigen für sich nicht zu Empfängern einer Zusatzversorgung. Ebenso beschränke sich die Gleichstellung mit Empfängern einer AVI-Leistung in § 28 Abs 2 FZR-VO ausdrücklich nur auf die Berechnung der Sozialversicherungspflichtrente, lasse aber den Charakter der Zusatzrente im übrigen unberührt. Darüber hinaus sei zwischen Angehörigen eines Zusatzversorgungssystems und FZR-Gleichgestellten etwa in § 20 Vierte Rentenverordnung (vom 8. Juni 1989, GBl DDR I Nr 39 S 229) und § 17 Zweite Rentenverordnung (vom 26. Juli 1984, GBl DDR I Nr 23 S 281) deutlich unterschieden worden. Insbesondere spreche die letztgenannte Bestimmung dafür, daß allein die AVI dem Recht der Sozialpflichtversicherung habe angenähert werden sollen. Daraus ergebe sich, daß gleichermaßen die (auf der Basis des reduzierten Festbetrags nach § 20 Vierte Rentenverordnung ermittelte) Altersrente aus der Pflichtversicherung in Höhe von 730,00 DM wie auch die Zusatzrente von 1.560,00 DM um den sich aus der Anlage zu §§ 2 und 10 RAG ergebenden Faktor von 22,81 % zu erhöhen seien und sich damit für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1990 ein monatlicher Gesamtzahlbetrag von 2.403,00 DM ergebe.

Eine Begrenzung gemäß § 6 Abs 2 der 1. RAV finde demgegenüber im Hinblick darauf, daß sich die Vorschrift in ihrer Gesamtheit auf § 23 Abs 1 RAG beziehe und dieser seinerseits nur das Zusammentreffen von Renten aus der Sozialpflichtversicherung mit zusätzlichen Versorgungen, nicht aber mit Zusatzrenten aus der FZR betreffe, nicht statt. Ebenso sei auch der ermittelte Zahlbetrag von 2.403,00 DM gemäß § 19 RAG iVm §§ 1 und 2 der 1. RAV ab 1. Januar 1991 in seiner Gesamtheit um 15 % auf 2.764,00 DM zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung um 15 % sei gemäß § 4 der 2. RAV ab 1. Juli 1991 vorzunehmen, so daß sich die Gesamtleistung (ohne Anwendung von § 8 Abs 2 Nr 1 der 2. RAV) auf 3.179,00 DM belaufe. Dieser Betrag bleibe gemäß § 307b Abs 3 Satz 2 SGB VI auch maßgebend für die zum 1. Januar 1992 auf der Grundlage des ab dann geltenden neuen Rentenrechts vorzunehmende Umwertung und Anpassung der Rente. Die Anwendbarkeit der genannten Vorschrift ergebe sich daraus, daß der bundesdeutsche Gesetzgeber in berechtigter Ausübung seiner Kompetenzen durch § 2 Abs 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) sowie Anlage 1 Nr 1 iVm § 1 Abs 1 und 2 AAÜG die zusätzliche AVI als Zusatzversorgungssystem iS des AAÜG klassifiziert habe. Eine Zahlbetragsbegrenzung gemäß § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm Abs 3 AAÜG auf 2.010,00 DM ab 1. August 1991 komme für den Kläger nicht in Betracht, da er keine der in § 6 Abs 3 Satz 3 AAÜG abschließend aufgezählten Beschäftigungen ausgeübt habe. Der somit über den 31. Dezember 1991 hinaus zu zahlende Betrag entspreche im übrigen überschlägig demjenigen, der sich bei Zugrundelegung des individuellen Arbeitsentgelts für die letzten 20 Jahre vor Eintritt des Versicherungsfalls ermitteln lasse.

Gegen dieses ihr am 1. Juli 1993 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Juli 1993 die vorliegende Revision eingelegt. Sie hat im wesentlichen darauf hingewiesen, daß der Kläger bis zum 30. Juni (1990) neben seiner Rente aus der Sozialpflichtversicherung eine zusätzliche Versorgung erhalten habe und damit unter § 23 Abs 1 RAG falle. Eine Verpflichtung zur Angleichung und Erhöhung habe damit nicht bestanden. Für die Anpassung der Rente seien § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV, für die Umwertung der Rente § 307b Abs 1 SGB VI einschlägig. Die Vorschrift des § 28 der 1. FZR-VO werde vom LSG unzutreffend interpretiert. Das mit ihr vom DDR-Gesetzgeber verfolgte Ziel habe darin bestanden,

die Angehörigen der Intelligenz bei ungeschmälerter Erhaltung ihrer bisher erworbenen Ansprüche zur finanziellen Beteiligung an den Kosten der zugesicherten Versorgung zu bewegen und die Vorbildwirkung dieses Verhaltens auf andere Personen zu nutzen, die ohne Anspruch auf Zusatzversorgung für den Beitritt zur FZR gewonnen werden sollten. Daß es sich bei der im Rentenfall zu zahlenden Zusatzrente in Höhe der zugesicherten Leistung aus der AVI weiterhin auch um den Anspruch aus der AVI handelte, ergebe sich aus den in § 28 Abs 1 der 2. FZR-VO normierten Voraussetzungen (Ausübung einer Tätigkeit in einem Betrieb bzw einer Einrichtung, die zur Einbeziehung in die AVI berechtigen würde, bei Eintritt des Rentenfalls). Zudem hätte sich die Höhe einer echten Zusatzrente aus der FZR aus der Gesamtheit der Zugehörigkeit zu diesem System und dem während dieser Zeit erzielten monatlichen Durchschnittseinkommen über 600,00 M, für das Beiträge entrichtet wurden, ergeben. Für den hypothetischen Fall, daß ein Versicherter zum frühestmöglichen Termin, dem 1. März 1971 in die FZR eintrat und dort bis zur Schließung am 30. Juni 1990 verblieb, hätte bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 601,00 M bis 1.200,00 M im Höchstfall ein Anspruch auf knapp 300,00 M an Zusatzrente aus eigener Beitragsleistung erworben werden können. Für die Auffassung, daß es sich bei der bezogenen Zusatzrente um eine solche aus der AVI handele, sprächen auch weitere Bestimmungen des Rechts der früheren DDR und die Vorgehensweise des bundesdeutschen Gesetzgebers im AAÜG bzw dem SGB VI. Die bei der Zusatzrente des Klägers vorgenommene Abschmelzung verstoße auch nicht gegen Art 14 Abs 1 und 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG).

Auf Anfrage hat die Beklagte ergänzend mitgeteilt, daß während des Berufungsverfahrens weitere Bescheide nicht erteilt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Kreisgerichts Dresden vom 24. März 1992 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er führt aus, daß die Beklagte die Rechtsnatur des Zusatzrentenanspruchs verkenne. § 28 FZR-VO weise diesen eindeutig als einen solchen aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung aus. Abgesehen davon, daß seit 1977 auch das 1.200,00 M übersteigende Einkommen der Beitragspflicht zur FZR habe unterworfen werden können (was sich im vorliegenden Fall relativ geringfügig auswirke), sei zudem insbesondere darauf hinzuweisen, daß die Regelungen der Norm vom Fortbestand der DDR ausgegangen seien und damit nach 40 anrechnungsfähigen Jahren bei kontinuierlicher Beitragszahlung während 25 Jahren und einer weiteren betrieblichen Beitragszahlung von 15 Jahren der volle während dieser Zeit über 600,00 M erzielte Durchschnittsverdienst als FZR zusätzlich zu den Leistungen der Pflichtversicherung gezahlt worden wäre. Ein Überschreiten der nach der AVI zugesicherten Leistungshöhe habe damit durchaus im Bereich des möglichen gelegen. Der Eigenständigkeit der Regelung des § 28 Abs 1 FZR-VO gegenüber der AVI ergebe sich auch aus dem System des Beitragsaufkommens. § 28 FZR-VO sei als Ausdruck des Vertrauensschutzes zu sehen, den der ehemalige DDR-Gesetzgeber, auf dessen Intention es allein ankomme, nach dem historischen Gesamtzusammenhang und der Funktion der AVI-Leistungen als verzögerten Ausgleich für einen ursprünglichen Konsumverzicht zu berücksichtigen gehabt habe. Der bundesdeutsche Gesetzgeber habe in diesen bereits zu Zeiten der ehemaligen DDR grundrechtlich geschützten Bereich mangels eines zulässigen gesetzgeberischen Zwecks nicht eingreifen dürfen. Hieran ändere auch Art 135a GG nichts. Hinsichtlich der Frage der Anwendung von § 10 Abs 1 AAÜG habe das LSG Chemnitz seine Entscheidung vom 22. April 1993 auf die damals geltende Fassung des Gesetzes gestützt. Sollte der Senat die mittlerweile durch Gesetz vom 24. Juni 1993 geänderte Vorschrift für verfassungsmäßig erachten, werde zu erwägen sein, ob das angegriffene Urteil insofern der Änderung bedürfe.

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte das Urteil des LSG mit Bescheid vom 25. April 1994 für die Zeit ab dem 24. März 1992 vorläufig ausgeführt und mit weiterem Bescheid vom 18. August 1994 auch die Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung in ihre Berechnung mit einbezogen. Gegen den Bescheid vom 25. April 1994 hat der Kläger abermals Widerspruch eingelegt. Die Beklagte hat im Hinblick auf § 171 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beide Bescheide dem Sozialgericht (SG) Dresden zugeleitet.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision der Beklagten erweist sich auch in vollem Umfange als begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 2, Abs 4 SGG) geltend gemachter Anspruch auf höhere Gesamtversorgung für die Zeit ab dem 1. Juli 1990.

Revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegen damit der Bescheid nach der 1. RAV in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 1991, der Bescheid nach der 2. RAV sowie der Bescheid vom 29. November 1991. Der Widerspruchsbescheid und die genannten weiteren Regelungen sind unmittelbar Gegenstand des zum Zeitpunkt ihres Ergehens abhängigen Klageverfahrens geworden (§ 96 SGG). Unschädlich ist, daß die Klage gegen den Bescheid nach der 1. RAV mangels Durchführung des vorher eingeleiteten Widerspruchsverfahrens zunächst unzulässig war (§ 78 Abs 1 SGG; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 5. Aufl 1993, § 96 SGG RdNr 2). Hinsichtlich der einbezogenen Bescheide bedurfte es keines zusätzlichen Widerspruchsverfahrens (Meyer-Ladewig, Anm 1 zu § 96; BSG SozR 4600 § 143d AVAVG mwN), so daß SG und LSG hierüber zu Recht mitentschieden haben. Im Hinblick auf die in den Jahren 1990 und 1991 für die Bürger des Beitrittsgebietes und die Beklagte besonders schwierige Umbruchsituation wäre das Fehlen eines an sich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens darüber hinaus ohnehin ausnahmsweise unerheblich (Urteile des Senats vom 14. Juni 1995, 4 RA 28/94 und vom 25. Januar 1994 in SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 8), zumal sich beide Beteiligte nicht hierauf berufen. Hingegen ist nicht zu prüfen, ob die während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheide rechtmäßig sind; sie gelten gemäß § 171 Abs 2 Satz 1 SGG als mit der Klage beim SG angefochten.

Der Kläger hat jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanzen auf der Grundlage des allein maßgeblichen Bundesrechts (§ 162 SGG) im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf eine höhere als die ihm durch die angefochtenen Bescheide bereits zuerkannte Altersversorgung. Soweit das LSG für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, hat es die Höhe des ermittelten Anspruchs bereits rechnerisch falsch hergeleitet. Das Gericht hat nämlich ausgehend von dem jeweils ab 1. Dezember 1989 maßgeblichen Betrag der Sozialversicherungsrente von 370,00 M und einem Anpassungsfaktor von 22,81 % einen Erhöhungsbetrag von (gerundet) 117,00 M – anstelle von richtig 85,00 M – errechnet und seinen weiteren Ausführungen zugrunde gelegt. Es fehlt jedoch bereits an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Insbesondere ergibt sich weder nach jenen Vorschriften der ehemaligen DDR, die nach dem Einigungsvertrag (EV) übergangsrechtlich anzuwenden waren, noch nach dem EV selbst noch nach den Bestimmungen des AAÜG oder denjenigen des SGB VI, daß die Zusatzrente des Klägers bundesrechtlich als Leistung aus der FZR zu qualifizieren und demgemäß die für Zusatzversorgungsberechtigte maßgeblichen Bestimmungen (§ 23 RAG, § 6 der 1. RAV, § 8 der 2. RAV, § 307b SGB VI) zu Unrecht angewandt worden wären. Hiervon ausgehend hat die Beklagte die vom FDGB bindend und nach Art 19 EV weiterhin wirksam festgestellte Höhe des Anspruchs auf Gesamtversorgung – was zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht – auch inhaltlich zutreffend fortgeschrieben und angepaßt.

I. Die von der Beklagten angewandten Vorschriften sind nicht zu beanstanden:

Dies hat der Senat bereits entschieden. Er hält an den Grundsätzen seiner Rechtsprechung fest, die er in der Grundentscheidung vom 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; dazu BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 7. Juli 1993, 1 BvR 620/93: „Zahlbetragsbegrenzung auf 2.010,00 DM”) zusammengefaßt sowie in einer Vielzahl von Urteilen und Beschlüssen zu verschiedenen Bereichen des Rentenüberleitungsrechts näher entfaltet hat; vor allem: Urteil vom 30. September 1993, 4 RA 1/93: „Übergangszeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991”; Urteil vom 25. Januar 1994, SozR 3-1300 § 44 Nr 8: „Keine Einstandspflicht für DDR-Rentenansprüche vor dem 1. Juli 1990”; Beschluß vom 30. März 1994, SGb 1995, 37 ff: „Zahlbetragsbegrenzung MfS”; Urteil vom 30. März 1994, 4 RA 62/93, AuA 1994, 224, 256: „Systementscheidung und Rechtmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Urteil vom 10. Mai 1994, BSGE 74, 184 ff = SozR 3-8570 § 11 Nr 1: „Dienstbeschädigungsteilrente I”; Beschluß vom 24. August 1994, SozR 3-8570 § 17 Nr 1: „Berufsbezogene Zuwendung an Ballettänzer”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr 2: „Kürzung der Übergangsrente”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 12 Nr 1: „Krankenversicherung von Sonderversorgungsrentnern”; Urteil vom 31. August 1994, 4 RA 56/93: „Fortsetzung zu Dienstbeschädigungsteilrente I”; Urteil vom 29. September 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr 3: „Dienstbeschädigungsteilrente II”; Urteil vom 15. Dezember 1994, 4 RA 67/93, SozR 3-8560 § 26 Nr 2: „Unanwendbarkeit von § 26 Abs 1 Rentenangleichungsgesetz”; Urteil vom 14. Juni 1995, 4 RA 41/94, zur Veröffentlichung vorgesehen: „Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Vorlagebeschlüsse vom 14. Juni 1995, 4 RA 98/94 (§ 6 Abs 2 AAÜG) und 4 RA 54/94 (§ 7 AAÜG); im übrigen auch Urteil vom 14. September 1995, 4 RA 90/94, zur Veröffentlichung vorgesehen: „Anzuwendendes Übergangsrecht bei der Überführung von Ansprüchen eines ‚FZR-Versicherten’ mit Zusage aus einem Zusatzversorgungssystem”.

Danach ist von folgendem auszugehen:

a) Bundesrecht gilt für Ansprüche, die für die Zeit ab 1. Juli 1990 geltend gemacht werden. Nach dem EV, der durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II S 885) in innerstaatliches Recht transformiert und damit einfaches Bundesgesetz geworden ist, findet Bundesrecht seit dem 3. Oktober 1990 auch für die Zeit ab 1. Juli 1990 mit den Maßgaben des EV rückwirkend Anwendung. Das Recht der früheren DDR gilt nur weiter, soweit es im EV angeordnet worden ist, und zwar nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen.

b) § 23 Abs 1 RAG, der am 1. Juli 1990 in Kraft getreten und aufgrund des Art 20 des Staatsvertrages beschlossen worden ist, hat zwar nach EV Anlage II Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 grundsätzlich bis 31. Dezember 1991 mit den Maßgaben des EV als sekundäres Bundesrecht weitergegolten. Er gibt jedoch keinen Anspruch auf eine Dynamisierung der Zusatzversorgungsrenten. Danach waren Renten aus der Sozialpflichtversicherung und Renten aus Zusatzversorgungssystemen lediglich nominell in unveränderter Höhe, umgestellt im Verhältnis 1:1 von Mark auf DM, weiterzuzahlen.

c) Die in § 24 Abs 5 RAG vorgesehene schonende Überführung in Form einer Abschmelzung der Zusatzversorgungsrente bei Erhöhung des Gesamtzahlbetrags gelangte nach Inkrafttreten des EV – im Gegensatz zu § 23 RAG – als „Bundesrecht” nicht mehr zur Anwendung.

d) Die aufgrund von EV Nr 9 Buchst f zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Rechtsverordnungen, die 1. und 2. RAV, entsprechen der Rechtslage.

Verfahrensrechtlich konnten die Bescheide des FDGB, die gemäß Art 19 EV auch über den 3. Oktober 1990 bindend waren, wegen Änderung der rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Hinblick auf die RAV geändert (Art 19 Satz 3 EV) und im Hinblick auf das Angleichungsziel des EV, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in eine SGB VI-Rente einmünden zu lassen, um ein einheitliches Rentenversicherungsrecht in ganz Deutschland herzustellen, in einem einzigen Bescheid zusammengefaßt werden.

Die Ermächtigungsnorm der beiden RAVen, EV Nr 9 Buchst f, und die darauf beruhenden RAVen entsprechen in formeller und materieller Hinsicht geltendem Recht. Die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen RAVen und auch die Ermächtigungsnorm genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 80 Abs 1 GG.

Das Überführungsprogramm des EV Nr 9, das Grundlage für die Auslegung der Ermächtigungsnorm EV Nr 9 Buchst f ist, und deren Inhalt bestimmt, steht im Einklang mit dem GG.

e) § 307b Abs 5 SGB VI ermächtigte die Beklagte, für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1992 die für die Höhe der überführten Rente maßgeblichen Entgeltpunkte in einem „maschinellen Verfahren” zu ermitteln. Sie konnte, solange die für die Rentenberechnung in jedem Einzelfall erforderlichen Daten aus dem gesamten Versicherungsverlauf noch nicht ermittelt werden konnten, die Rentenhöhe vorab aufgrund abstrakter, gesetzlich vorgegebener Werte verbindlich feststellen. Der Anspruch des Versicherten auf eine seinen individuellen Verhältnissen entsprechende Festsetzung der Höhe seines Rentenanspruchs blieb dadurch dem Grunde nach unberührt, wurde aber zunächst hintangehalten (vgl § 307c SGB VI). Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht. Denn das maschinelle Verfahren sollte gerade für eine Übergangszeit ermöglichen, daß bis zur individuellen Rentenberechnung einerseits Überzahlungen vermieden werden, andererseits aber dem Betroffenen ein monatlicher Rentenanspruch wenigstens auf der Grundlage eines Entgeltpunktes gewährt werden kann.

II.1. Das Begehren des Klägers könnte nach alledem nur Erfolg haben, wenn er keine „Rente mit Zusatzversorgung” iS von § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV bzw keinen Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente iS von § 307b Abs 1 SGB VI gehabt hätte. Der Kläger ist der Ansicht, dies sei deswegen der Fall gewesen, weil die ihm aus der AVI im Jahre 1951 zugesagte und seit 1988 gewährte Rente von 1.560,00 M/DM monatlich nach § 28 FZR-VO in Wirklichkeit als Zusatzrente aus der FZR-Versicherung in Höhe der zugesicherten AVI und an deren Stelle gezahlt worden wäre; er mithin eine Rente aus der FZR-Versicherung erhalten habe. Träfe dies zu, hätte die Beklagte die übergangsrechtlichen Bestimmungen für Zusatzversorgungsberechtigte (§ 23 RAG, § 6 der 1. RAV, § 8 der 2. RAV, § 307b SGB VI) zu Unrecht angewandt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

2. Der dem Kläger zuerkannte Anspruch auf Zusatzrente in Höhe der zugesicherten Altersrente der AVI ist nach Bundesrecht ein Recht aus der Zusatzversorgung; er geht auf eine Rente, die nach § 4 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 2 AAÜG in die Rentenversicherung überführt ist. Es kommt nämlich entscheidend darauf an, wie das Bundesrecht Ansprüche auf diese Leistungen rechtlich qualifiziert. Nach Bundesrecht ist aber die sog FZR-AVI-Rente als Zusatzversorgungsrente einzuordnen.

a) EV Nr 9 enthält als originäres Bundesrecht eine spezielle und grundsätzlich abschließende Regelung für die Überführung von Ansprüchen ua wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alters, die nach Maßgabe eines ua Zusatzversorgungssystems „erworben” worden sind (EV Nr 9 Buchst b Satz 1). Das bundesrechtliche Übergangsrecht unterscheidet bei der Überführung von Bestandsrenten danach, ob der Gesamtanspruch ua auf Altersversorgung bzw auf Versorgung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sich nach Grund und Höhe ausschließlich aus individuellen Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung und zur FZR-Versicherung ergab; dann sind die für die überwältigende Mehrzahl der Bestandsrentner gültigen Überführungsregeln anzuwenden. Beruht der Gesamtanspruch des Bestandsrentners jedoch auch nur zum Teil auf einem Rentenanspruch, der durch eine Erwerbstätigkeit erworben wurde, derentwegen eine Zusatzversorgung (oder Sonderversorgung) zugesagt worden ist, findet für die Überführung der Rente in das SGB VI – übergangsrechtlich – das Sonderrecht von EV Nr 9 iVm den Vorschriften des AAÜG und § 307b Abs 5 (oder Abs 6) SGB VI Anwendung.

Das Bundesrecht trennt also zwischen „echten” Sozialversicherungsansprüchen und -anwartschaften (Sozialpflicht- und FZR-Versicherung) einerseits und Ansprüchen und Anwartschaften kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung andererseits. Der Sachgrund hierfür besteht wesentlich in folgendem:

Nur bei Ansprüchen der ersten Gruppe kann annähernd von der das Rentenversicherungssystem des SGB VI kennzeichnenden konkreten Entgelt- und Beitragsbezogenheit der Renten ausgegangen werden. Ferner war aufgrund der Entgeltverhältnisse und der Beitragshöhe in der früheren DDR absehbar, daß insoweit das Niveau der SGB VI-Renten nicht überschritten und damit die Gleichheit gegenüber den westdeutschen Versicherten nicht verletzt werden würde. Außerdem war hier mit der Dynamisierung dieser einzelnen Renten die Gefahr einer gleichheitswidrigen Überzahlung gegenüber den anderen Rentnern im Beitrittsgebiet in aller Regel nicht verbunden. Schließlich waren (nur) insoweit verwaltungstechnisch für das SGB VI brauchbare Versicherungsunterlagen vorhanden.

Demgegenüber war die Ausgangslage bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sehr unübersichtlich: Rechtsgrundlagen waren häufig nicht veröffentlicht, Leistungsvoraussetzungen ungeklärt, individuelle Beitragsleistungen nur teilweise und in unterschiedlicher Höhe erforderlich. Das Leistungsniveau lag zumeist, wenn auch in den verschiedenen Systemen in unterschiedlicher Höhe, über dem der Sozialpflichtversicherung und der FZR-Versicherung. Rentenversicherungsrechtlich verwertbare Unterlagen über Versicherungsverläufe der Begünstigten waren zumeist nicht vorhanden. Schließlich waren wegen der augenfälligen, wenn auch in sich unterschiedlich begründeten Systemnützlichkeit der von Versorgungssystemen erfaßten Tätigkeiten Anhaltspunkte dafür gegeben, daß die der Berechnung der Zusatzrenten zugrundeliegenden Arbeitsentgelte möglicherweise aus politischen Gründen gegenüber den sonstigen Erwerbstätigen in der früheren DDR überhöht oder sogar Unrechtsentgelte waren.

Vor diesem Hintergrund ist für Ansprüche, die aufgrund von Zusagen einer (Sonder- oder) Zusatzversorgung „erworben” worden sind, das besondere Überführungsprogramm in EV Nr 9 angeordnet worden, nach dem zunächst die bisherigen leistungsrechtlichen Regelungen (soweit zu sekundärem Bundesrecht geworden) bis zur Überführung der überführbaren Ansprüche in die Rentenversicherung des SGB VI weiterhin anzuwenden sind.

b) Im Rahmen von EV Nr 9 Buchst b Satz 2 ist § 28 FZR-VO sekundär bundesrechtlich als eine Bestandsschutznorm für solche Zusatzrenten zu verstehen, die aufgrund der Zusage einer Versorgung iS von EV Nr 9, nämlich der AVI, „erworben” worden sind; keinesfalls qualifiziert er bundesrechtlich die von ihm geschützten Renten als solche aus der FZR-Versicherung: Hierfür spricht schon, daß die nach § 28 FZR-VO garantierte Höhe der Zusatzrente sich aus den Beiträgen zur FZR-Versicherung nicht, nämlich nur unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) herleiten läßt; denn es ist kein Sachgrund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, daß zwei Arbeitnehmer, die gleichhohes Arbeitsentgelt mit gleichhohen individuellen Beiträgen versichert haben, hieraus unterschiedlich hohe Rentenansprüche erwerben. Darüber hinaus muß der Berechtigte nach § 28 Abs 1 Satz 2 FZR-VO auch im Leistungsfall weiterhin die Voraussetzungen der Versorgungszusage erfüllen. Außerdem wird er gemäß § 28 Abs 2 FZR-VO bei der Berechnung der Rente aus der Sozialpflichtversicherung den Empfängern einer zusätzlichen Versorgung der Intelligenz gleichgestellt. Genau dies ist auch in § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV sowie in § 307b SGB VI geschehen.

Demgegenüber kommt der früheren Entscheidungs- und Zahlungszuständigkeit des FDGB (§ 31 FZR-VO) keine (sekundär bundesrechtliche) Bedeutung zu. Denn in der früheren DDR war den Zusatzversorgungsberechtigten geradezu nahegelegt worden, sich vorbildlich dadurch zu verhalten, daß man auch in die FZR-Versicherung eintrat; umgekehrt war es vorteilhaft, wenn ein FZR-Versicherter es außerdem erreichte, die ihm wesentlich günstigere Zusage einer Zusatzversorgung zu erhalten. Dementsprechend ist es (sekundär bundesrechtlich) gleichfalls ohne Belang, daß die in § 28 Abs 3 Satz 1 FZR-VO vorgesehene Rechtsfolge für den Austritt aus der FZR nach Satz 2 aaO gerade dann nicht galt, wenn die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Intelligenz vorlagen. Hierauf ist schon deswegen nicht näher einzugehen, weil § 28 Abs 3 FZR-VO schon seit dem 1. Juli 1990 keinen Anwendungsbereich mehr hat.

c) Die übergangsrechtliche Qualifizierung des Zusatzrentenanspruchs hängt mithin nach EV Nr 9 Buchst b Satz 2 iVm § 28 FZR-VO davon ab, ob er nach den für alle FZR-Versicherten geltenden Vorschriften der FZR-VO (als fortgeltendem sekundären Bundesrecht) ausschließlich durch individuelle Beiträge zur FZR-Versicherung „erworben” worden ist, ob also in Anwendung des § 20 FZR-VO ein die zugesagte Zusatzversorgung übersteigender Zahlungsanspruch festgestellt worden ist. Dies hätte gegebenenfalls zur Folge, daß der Berechtigte (mit Zusatzversorgungszusage) bis zur individuellen Rentenfestsetzung nach § 307b Abs 1 bis Abs 4 SGB VI bei Anwendung der 1. und 2. RAV gleichwohl wie ein FZR-Versicherter zu behandeln wäre.

Der Versicherte hat seinen Anspruch auf eine monatliche zusätzliche Rente nicht durch seine Beiträge zur FZR-Versicherung erworben; dieser beruhte vielmehr allein auf der 1951 erteilten Zusage, ihm nach der AVI zumindest eine Rente in Höhe von 60 vH des letzten maßgeblichen Bruttogehalts zu zahlen. Demgegenüber sind die Voraussetzungen für eine Rentenberechnung gemäß § 20 FZR-VO, insbesondere die Gesamtzeit der Zugehörigkeit zur FZR-Versicherung sowie das während dieser Jahre erzielte monatliche Durchschnittseinkommen über 600,00 M, soweit dafür Beiträge entrichtet wurden, in keiner Weise berücksichtigt worden. Die genannten Größen konnten auch ohne weiteres vernachlässigt werden; auf der Grundlage des sich bei einer Mitgliedschaft über 14 Jahre und acht Monate ergebenden Beitragssatzes von 36,6 % (§ 20 Abs 2 FZR-VO) hätte es nämlich während der Gesamtdauer der Zugehörigkeit eines monatlichen Durchschnittseinkommens von 4.262,30 M über 600,– M – insgesamt also 4.862,30 M – bedurft, um eine FZR-Rente in Höhe der gezahlten AVI-Leistung zu erreichen. Zu Recht hat der Träger der Sozialversicherung dem Kläger deshalb (neben dem Anspruch aus der Sozialpflichtversicherung) auch nur den durch die Versorgungszusage begründeten Anspruch, nicht aber den durch Beiträge finanzierten niedrigeren Anspruch aus der FZR-Versicherung zuerkannt.

Nach alledem waren die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173826

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