Entscheidungsstichwort (Thema)

Staats vertrag. Einigungsvertrag. Bundesrecht. Zusatzversorgungsrenten. Überführungsprogramm. eigentumsgeschützte Rechtsposition. Einstehen müssen der Bundesrepublik Deutschland. Systementscheidung. Angleichungsziel. Zahlbetrag. Nominalwert-Garantie

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelungen über die Anpassung von Renten aus den Zusatzversorgungssystemen in den auf Grund des Überführungsprogramms des EinigVtr Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 ergangenen Rentenanpassungsverordnungen zum 1.1. und zum 1.7.1991 sind gesetz- und verfassungsgemäß (Fortführung von BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 und BSG vom 30.3.1994 – 4 RA 62/93).

 

Normenkette

EinigVtr Art. 9 Abs. 2, 4; EinigVtr Anlage II Kap. VIII H. III Nr. 9 Buchst. b, f.; RAnglG § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 5; RAV 1 § 6; RAV 2 § 8; AAÜG § 10 Abs. 1; SGB VI § 307b; GG Art. 80 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Urteil vom 31.01.1994; Aktenzeichen S 14 Z-An 248/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersversorgung des Klägers, ua darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Dynamisierung der Leistungen aus einem Zusatzversorgungssystem der ehemaligen DDR hat.

Der im Jahr 1924 geborene Kläger bezog seit 1. Oktober 1989 eine Rente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von monatlich 300,00 M (Bescheid des FDGB – Verwaltung der Sozialversicherung – vom 6. Oktober 1989). Daneben erhielt er eine – weitere – Rente auf Grund der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI) vom 12. Juli 1951 (GBl S 675, geändert durch die Verordnung vom 13. Mai 1959, GBl S 521) in Höhe von 2.032,50 M monatlich (60 vH des Durchschnittsmonatsgehalts vom 1. Oktober 1988 bis 30. September 1989 in Höhe von 3.387,50 M; Bescheid der Staatlichen Versicherung der DDR vom 5. November 1989). Mit dem Gesamtzahlbetrag von 2.402,50 DM (vgl. hierzu Bescheid zum 1. Januar 1991, „bisherige” Rente: 2.032,50 DM – Zusatzversorgung – sowie Bescheid der Verwaltung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten gemäß Art. 20 und 23 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland: 370,00 DM – Sozialpflichtversicherung –) wurde die Altersversorgung des Klägers ab Juli 1990 auf DM umgestellt.

Der gemeinsame Träger der Sozialversicherung verfügte mit Bescheid nach der ersten Rentenanpassungsverordung (1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867), der Gesamtauszahlbetrag belaufe sich ab Januar 1991 auf 2.402,50 DM. Mit Bescheid über die Rentenanpassung nach der zweiten Rentenanpassungsverordung (2. RAV) vom 19. Juni 1991 (BGBl I S 1300) bestimmte der Träger der Rentenversicherung – Überleitungsanstalt Sozialversicherung – den Gesamtauszahlbetrag ab 1. Juli 1991 – weiterhin – auf 2.402,50 DM. In beiden – undatierten und nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen – Bescheiden (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1992) war die Rente des Klägers aus der Sozialversicherung erhöht worden unter gleichzeitiger Kürzung der Rente aus der Zusatzversorgung um den entsprechenden Betrag. Mit Kürzungsbescheid zum 1. August 1991 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 1991) wurde der Gesamtzahlbetrag ab August 1991 gemäß § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonder Versorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ≪AAÜG≫ vom 25. Juli 1991, BGBl I S 1606, 1677) auf 2.010,00 DM festgesetzt. Durch Bescheid vom 2. Dezember 1991 „über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” wurde die bisherige Versichertenrente als Regelaltersrente gewährt; der monatliche Zahlbetrag betrug weiterhin 2.010,00 DM, Mit Bescheid vom 30. August 1993 nahm die Beklagte gemäß § 10 Abs. 1 AAÜG idF des Gesetzes zur Ergänzung des Rentenüberleitungsgesetzes (Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S 1038) den Kürzungsbescheid zum 1. August 1991 zurück, soweit der Gesamtzahlbetrag auf 2.010,00 DM begrenzt worden war und stellte fest, der Gesamtzahlbetrag aus der Rentenversicherung und der Zusatzversorgung belaufe sich nunmehr ab 1. August 1991 auf monatlich 2.402,50 DM.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1993 stellte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) – Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme – die bei der Rentenberechnung unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigenden Entgelte fest und führte ua aus: Die Berücksichtigung des gesamten und nicht nur des versicherten Arbeitsverdienstes erfolge als Ausgleich für den bisherigen Zusatzversorgungsanspruch; auf die eigene Beitragsleistung komme es dabei nicht an; für Rentenbezieher, die am 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf eine überführte Leistung gehabt hätten, werde die nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) berechnete Rente mit der bisherigen Leistung verglichen; der höhere Betrag werde gegebenenfalls rückwirkend ab 1. Juli 1990 gezahlt.

Mit seiner am 13. November 1991 bei dem Sozialgericht (SG) eingegangenen Klage hat der Kläger beantragt.

die Beklagte unter Aufhebung der undatierten Bescheide die 1. und 2. RAV betreffend in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1992, des Bescheides ohne Datum der Überleitungsanstalt betreffend die Zahlbetragsbegrenzung auf 2.010/00 DM nach § 10 Abs. 1 AAÜG. des Umwertungsbescheides vom 2. Dezember 1991 und des Bescheides vom 30. August 1993 zu verurteilen, ihm neben der zu dynamisierenden Regelaltersrente die Zusatzversorgung (Stand: Juli 1990) dynamisiert,

hilfsweise ungekürzt zu zahlen,

hilfsweise eine Gesamtversorgung in Höhe von 90 vH seines letzten Nettoverdienstes zu gewähren und diese entsprechend den Regelungen über die Gesamtversorgung für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in den alten Bundesländern anzupassen.

Mit Urteil vom 31. Januar 1994 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe bis 31. Dezember 1993 keine höhere Rente zu. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, sei nicht zu beanstanden. Bereits im ersten Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 (BGBl II S 537) sei die Schließung der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme und die Überführung der Anwartschaften und Ansprüche aus diesen Systemen in die gesetzliche Rentenversicherung vereinbart worden. Das Überführungsprogramm sei im Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAG) vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr. 38 S 495, 1457) sowie im Einigungsvertrag (EinigVtr – im folgenden: EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) fortgesetzt und – abschließend – im Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) geregelt worden. Mit dem 31. Dezember 1991 seien die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen des DDR-Rechts grundsätzlich untergegangen; an ihre Stelle seien diejenigen des SGB VI getreten. Ab Januar 1992 habe nur noch Anspruch auf eine SGB VI. Rente bestanden. Damit sei ein Anspruch des Klägers auf Weitergewährung seiner Rente aus der Zusatzversorgung nicht mehr gegeben. Die Zahlbetragsbegrenzung im AAÜG von zunächst 2.010,00 DM und von nunmehr 2.700,00 DM entspreche nach der amtlichen Begründung (BT-Drucks 12/4810 S 21) in etwa dem Betrag, der in den betroffenen Systemen nach einem repräsentativen Bruttoarbeitsentgelt zwischen 3.000,00 DM und 3.500,00 DM und einer Versorgungszusage zwischen 60 und 80 vH zum 30. Juni 1990 habe erreicht werden können. Der Betrag solle nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AAÜG auch gelten, wenn bei der Neuberechnung der Rente das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 6 Abs. 1 AAÜG unbegrenzt zugrunde zu legen sei. § 10 Abs. 1 AAÜG in der heutigen Fassung verstoße nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Dem Gesetzgeber stehe gerade im Sozialrecht ein weiter Ermessensspielraum zu, damit er auf neue Situationen adäquat reagieren könne. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes würden demgegenüber zurücktreten. Art. 3 Abs. 1 GG sei ebenfalls für einen Übergangszeitraum bis zur endgültigen individuellen Neuberechnung der Rente nicht verletzt.

Der Kläger hat die vom SG zugelassene (Sprung-)Revision mit Zustimmung der Beklagten eingelegt. Er begehrt die Weitergewährung und Dynamisierung auch der Zusatzversorgung seit 1. Juli 1990 und hält das angefochtene Urteil für fehlerhaft, weil die in Bezug genommenen Vorschriften gegen den EV, Art. 14, 3, 1, 19 und 20 GG sowie gegen Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verstießen. Er trägt vor:

Der Gesetzgeber habe verkannt, daß er Ansprüche auf Altersversorgung aus zwei verschiedenen Versorgungssystemen habe, nämlich einen Anspruch auf Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung und einen solchen aus der Zusatzversorgung, Sein Anspruch auf Altersrente aus der AVI sei zivilrechtlicher Natur, so daß das Zivilgesetzbuch der DDR weiterhin Anwendung finde, zumindest für die Zeit, in der das DDR-Recht fortgegolten habe. Die Bundesrepublik Deutschland sei als Rechtsnachfolgerin der Staatlichen Versicherungsanstalt in das Versicherungsschuldverhältnis eingetreten, so daß sein Anspruch unter dem Schutz des Art. 14 GG stehe.

Unterstelle man, daß es sich bei seinem Anspruch auf Altersrente aus der AVI um einen sozialrechtlichen Anspruch handele und unterstelle man ferner, daß die 1. und 2. RAV auf solche Rechtsverhältnisse grundsätzlich Anwendung finden könnten, so seien die Kürzungen der Zusatzversorgung ebenfalls nicht rechtmäßig. Eine Ermächtigungsnorm, die es dem Gesetzgeber gestatte, entgegen dem Grundsatz des Vertrauensschutzes die Renten aus den Zusatzversorgungssystemen zu reduzieren, enthalte der EV nicht. Dem widerspreche auch das bis zum 31. Dezember 1991 geltende RAG, und zwar insbesondere dessen § 27; danach seien Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen nur bei einem Verstoß gegen die Menschlichkeit oder die Rechtsstaatlichkeit oder bei schwerwiegendem Mißbrauch abzuerkennen gewesen.

Darüber hinaus verstoße das Überführungsprogramm gegen den EV und das GG, Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine Abänderung der beiden gemäß Art. 19 EV weiter wirksamen Altersrentenbescheide. Nach dem Staatsvertrag und dem EV seien nur ungerechtfertigte Leistungen abzubauen gewesen. Der Gesetzgeber sei nach dem 30. Juni 1990 nicht befugt gewesen, im Wege der sogenannten Systementscheidung das Versorgungssystem der ehemaligen DDR mit seinen zwei Säulen grundlegend zu ändern. Zulässig gewesen sei allein eine schrittweise Anpassung der in den zusätzlichen Versorgungssystemen rechtmäßig erworbenen Ansprüche und Anwartschaften an den etwas anderen Standard der alten Länder. Anstelle der im EV ausdrücklich zugesicherten unverkürzten Überführung und der unumgänglichen Anpassung an die veränderten Lebensverhältnisse, sei sein Anspruch auf Altersrente aus der Zusatzversorgung jedoch abgeschmolzen und schrittweise „liquidiert” worden.

Entgegen den Vorgaben des Staatsvertrages und des EV habe der Gesetzgeber damit in seine eigentumsgleichen Rentenansprüche aus Zusatzversorgungssystemen eingegriffen und gleichzeitig auch in den ihm im EV garantierten Zahlbetrag. Dieser Betrag sei grundgesetzwidrig als statische Größe ausgestaltet, da er bei sich ändernden Lebenshaltungskosten nicht angeglichen werde. Diese Gesetzgebung verstoße gegen Art. 14 und 3 GG.

Durch den unzulässigen rückwirkenden Eingriff in Rentenanwartschaften seien allein den Bürgern der DDR und nicht etwa auch den Bürgern der alten Bundeständer Vermögenswerte Eigentumsrechte entzogen worden. Damit werde er auch im Vergleich zu Berufskollegen in den alten Ländern willkürlich schlechter gestellt; bei diesen sei nämlich ein entsprechender enteignungsgleicher Eingriff nicht vorgenommen worden. Zudem werde er auch gegenüber den Beziehern einer Rente aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung willkürlich ungleich behandelt, da deren Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung und die Zusatzrente den steigenden Lebenshaltungskosten angepaßt worden sei. Die Eingriffe seien im Hinblick auf das Ziel des EV, die Lebensverhältnisse und die Einkommen im Beitrittsgebiet schrittweise anzupassen, weder geeignet, erforderlich noch angemessen; in laufende Renten dürfe regelmäßig nicht mehr eingegriffen werden. Die Finanzierungsfrage dürfe nicht entscheidend sein, wenn es um die unzumutbare, das Verhältnismäßigkeitsprinzip verletzende Belastung bestimmter Gruppen von Bürgern gehe. Vielmehr müsse die Belastung auf die Gemeinschaft aller Bürger verteilt werden. Die Kürzung auf einen Betrag von nunmehr 2.700,00 DM gemäß § 10 Abs. 1 AAÜG nF sei letztlich eine kollektive Diskriminierung der Intelligenz der ehemaligen DDR; diese Personengruppe werde überwiegend von der Kappung betroffen. Der Gesetzgeber habe dabei nicht unterschieden zwischen Personen, die ihre Altersversorgung durch Arbeitsleistung erworben hätten, und solchen, bei denen der Anspruch auf politischer Privilegierung beruhe. Willkürlich sei auch, daß alle Versorgungsansprüche trotz unterschiedlicher Arbeitsleistung auf 2.700,00 DM gekürzt worden seien. Schließlich sei das RÜG bereits deshalb verfassungswidrig, weil seine Vorgaben gegenüber den Rentnern im Beitrittsgebiet nicht in vertretbarer Art. und innerhalb eines angemessenen Zeitraums durchsetzbar seien (Verstoß gegen Art. 20 GG und Art. 6 Europäische Menschenrechtskonvention).

Selbst wenn sich eine Entscheidung des Gerichts iS seiner Klageanträge aus dem Gesetz nicht entnehmen lasse, sei das Gericht „in Ausübung seiner Pflicht zur Rechtsfortbildung” gehalten, über die anstehenden Fragen entsprechend seinen Anträgen zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 7. Juli 1994 (Bl 23 ff der Akten) und vom 2. November 1994 (Bl 88 f der Akten) sowie vom 11. Juni 1995 (Bl 211 ff der Akten) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide betreffend die erste und zweite Rentenanpassung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1992, des Bescheides der Überleitungsanstalt betreffend die Zahlbetragsbegrenzung nach § 10 Abs. 1 AAÜG, des Umwertungsbescheides vom 2. Dezember 1991 sowie des Bescheides vom 30. August 1993 zu verurteilen, ihm Altersrente nach dem Stand vom Juni 1990 über den 1. Juli 1990 hinaus zu gewähren und zu dynamisieren sowie zusätzlich dazu die ursprüngliche Zusatzversorgung ungekürzt zu zahlen und zu dynamisieren,

hilfsweise, die Zusatzversorgung ungekürzt zu zahlen,

hilfsweise eine Gesamtversorgung in Höhe von 90 vH seines letzten (angepaßten) Nettoverdienstes zu gewähren und diese entsprechend den Regelungen über die Gesamtversorgung für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in den alten Bundesländern anzupassen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend. Im übrigen sei der Kläger von der Zahlbetragskappung nicht betroffen, da seine Rente sich nach dem Rentenbescheid vom 9. März 1994 ab 1. Mai 1994 auf monatlich 2.442,70 DM belaufe.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige (Sprung-)Revision des Klägers ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) sowie mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) geltend gemachter Anspruch auf eine höhere Altersversorgung für die Zeit ab 1. Juli 1990 bis 31. Januar 1994 (Datum des angefochtenen Urteils). Damit sind Streitgegenstand auch die angefochtenen Bescheide zur 1. und 2. RAV in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, der Kürzungsbescheid zum 1. August 1991 sowie der – ersetzende – Bescheid vom 30. August 1993 und der Bescheid vom 2. Dezember 1991.

Nicht hingegen ist Gegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 7. Dezember 1993 über die unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigenden Arbeitsentgelte. Diesen Bescheid hat der Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 1994 und auch im Revisionsverfahren nicht angefochten. Ebenfalls ist nicht zu überprüfen, ob der im Verlaufe des Revisionsverfahrens ergangene Bescheid vom 9. März 1994, in dem der Anspruch auf Altersrente für die Zeit ab 1. Juli 1990 neu festgestellt worden ist, rechtmäßig ist. Er gilt gemäß § 171 Abs. 2 SGG als mit der Klage beim SG angefochten.

Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf eine Altersversorgung von mehr als 2.402,50 DM in dem og Zeitraum zu.

Weder nach den Vorschriften der ehemaligen DDR, die nach dem EV übergangsrechtlich weiter anzuwenden waren, noch nach dem EV selbst, noch nach den Bestimmungen des AAÜG oder denjenigen des SGB VI hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer höheren, als ihm am 1. Juli 1990 zustehenden Altersversorgung. Der Anspruch auf Altersversorgung in dieser Höhe ist dem Kläger durch die – beiden – bindenden und nach Art. 19 EV wirksam gebliebenen Bescheide des FDGB und der Staatlichen Versicherung der DDR (Sozialversicherungsrente: 370,00 DM; Rente aus der Zusatzversorgung: 2.032,50 DM) zuerkannt und in den Verfügungssätzen der Bescheide zur 1. und 2. RAV sowie der Bescheide vom 2. Dezember 1991 und vom 30. August 1993 als Gesamtzahlbetrag fortgeschrieben worden.

Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Altersversorgung – etwa durch Dynamisierung beider Zahlbeträge oder durch Zahlung einer ungekürzten Rente aus der Zusatzversorgung neben der dynamisierten Sozialversicherungsrente oder durch Zahlung einer Gesamtversorgung in Höhe von 90 vH des letzten angepaßten Nettoverdienstes mit entsprechender Angleichung an die Gesamtversorgung für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland – ist Bundesrecht (§ 162 SGG).

1. Bundesrecht gilt auch für Ansprüche, die für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 3. Oktober 1990 bzw bis 31. Dezember 1990 geltend gemacht werden.

1.1 Nach dem EV, der durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II, S 885) in innerstaatliches Recht transformiert und damit – einfaches – Bundesgesetz geworden ist, findet Bundesrecht seit dem 3. Oktober 1990 auch für die Zeit ab 1. Juli 1990 mit den Maßgaben des EV rückwirkend Anwendung (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 8 S 21; Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 67/93 – zur Veröffentlichung bestimmt). Das Recht der früheren DDR gilt nur weiter, soweit es im EV angeordnet worden ist, und zwar nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen (Art. 9 Abs. 2 und 4 EV iVm Anlage II; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 17 Nr. 1 S 11; Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994, aaO), soweit es also nicht von und nach EV Anlage I gültigen Bundesrechts oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV verdrängt worden ist (vgl. hierzu ua BSG SozR 3-8570 § 11 Nr. 3 S 31).

1.1.1 § 23 Abs. 1 RAG, der am 1. Juli 1990 in Kraft getreten und aufgrund des Art. 20 des Staatsvertrages beschlossen worden ist, hat zwar nach EV Anlage II, Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 grundsätzlich bis 31. Dezember 1991 mit den Maßgaben des EV weiter gegolten (vgl. BSGE 72, 50, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 5, vgl. im übrigen hierzu Teilurteil und (Vorlage-)Beschluß vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94 –). § 23 Abs. 1 RAG gibt jedoch keinen Anspruch auf eine Dynamisierung der Zusatzversorgungsrenten. Danach waren Renten aus der Sozialpflichtversicherung und Renten aus Zusatzversorgungssystemen – im Einklang mit EV Anlage II Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst b Satz 4 (= EV Nr. 9 Buchst b Satz 4) – lediglich nominell in unveränderter Höhe umgestellt im Verhältnis 1: 1 von Mark auf DM, weiterzuzahlen, wobei sich der Geldwert der Ansprüche um mindestens 100 vH erhöhte, weil der Wert der Mark der früheren DDR als eine bloße Binnenwährung im günstigsten Fall 50 vH der DM betrug. Von der nach § 10 Abs. 1 und 3 RAG vorzunehmenden Erhöhung der Sozialpflichtversicherungsrente waren Bezieher von Renten aus Zusatzversorgungssystemen jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Rechtsgrundlage für eine höhere Altersversorgung bestand mithin danach nicht.

1.1.2 Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf § 24 Abs. 5 RAG berufen. Die darin vorgesehene schonende Überführung in Form einer Abschmelzung der Zusatzversorgungsrente bei Erhöhung des Gesamtzahlbetrages gelangte nach Inkrafttreten des EV – im Gegensatz zu § 23 RAG – als „Bundesrecht” nicht mehr zur Anwendung. EV Nr. 9, der die Frage, ob und in welchem Umfang in Sonder- oder Zusatzversorgungssystemen erworbene Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung (SGB VI) überführt werden, ausschließlich – „soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergibt” – geregelt hat, veränderte das Überführungskonzept des RAG entscheidend (vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 5 und Urteil vom 15. Dezember 1994, aaO). Er löste damit die Rahmenvorgaben in Art. 20 des Staatsvertrages ab. Der vom RAG vorgesehene, auf den Maßgaben des Staatsvertrages beruhende Zwischenschritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Rechtseinheit in Deutschland auf dem Gebiet des Rentenversicherungsrechts, nämlich die Schaffung eines DDR-Rentenversicherungsrechts, das im wesentlichen dem Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland entsprechen sollte, wurde im Blick auf das Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 im EV fallengelassen (Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994, aaO), Die im Gegensatz zu diesem Überführungsprogramm stehenden, auf dem Staatsvertrag beruhenden Vorschriften, wie § 24 Abs. 5 RAG, wurden verdrängt und damit gegenstandslos.

Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Altersversorgung in der Zeit vom 1. Juli bis 3. Oktober 1990 bzw 31. Dezember 1990 ist somit nicht ersichtlich.

2. Eine Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch ergibt sich auch nicht für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991 aus der 1. und 2. RAV. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Bescheide, die die zuvor erlangten Ansprüche auf Gesamtzahlbeträge lediglich fortschrieben, rechtmäßig. Die aufgrund von dem EV Nr. 9 Buchst f zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Rechtsverordnungen, die 1, und 2. RAV, waren Rechtsgrundlage dieser Bescheide. Die danach vorgenommenen Erhöhungen der Rente aus der Sozialpflichtversicherung des Klägers bei gleichzeitiger Kürzung der Rente aus dem Zusatzversorgungssystem entsprechen der Rechtslage (vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 5).

2.1 Verfahrensrechtlich konnten die Bescheide des FDGB und der Staatlichen Versicherung der DDR, die gemäß Art. 19 EV auch über den 3. Oktober 1990 bindend waren, wegen Änderung der rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Hinblick auf die Rentenanpassungsverordnungen geändert werden. Durch Art. 19 Satz 1 EV wurde eine Abänderbarkeit der Verwaltungsakte nicht generell ausgeschlossen. Diese unterlagen vielmehr gemäß Art. 19 Satz 3 EV den Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und konnten mithin jedenfalls ab 1. Januar 1991 nach den auch in den neuen Bundesländern geltenden Verwaltungsverfahrensvorschriften, dem SGB X (EV Anlage I Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 2) abgeändert werden (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 11 Nr. 2 S 17 sowie im übrigen auch OVG Thüringen, DÖV 1994 S 964 f). Die bisher in zwei verschiedenen Bescheiden dem Kläger zuerkannten Leistungen auf Altersversorgung von insgesamt 2.402,50 DM konnten also im Hinblick auf das Angleichungsziel des EV, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in eine SGB VI-Rente einmünden zu lassen, um ein einheitliches Rentenversicherungsrecht in ganz Deutschland herzustellen (s weiter unten), in einem einzigen Bescheid zusammengefaßt werden.

2.2 Die materiell-rechtliche Grundlage der Bescheide, § 6 der 1. und § 8 der 2, RAV, wonach im wesentlichen die Erhöhungen der Sozialpflichtversicherungsrente auf die Rente aus den Zusatzversorgungssystemen anzurechnen waren, bei Bestandsrentnern mit Zusatzversorgungsrenten über dem höchsten Rentenniveau der Sozialpflichtversicherungsrente der ehemaligen DDR der Gesamtzahlbetrag also nur fortzuschreiben war, ist nicht zu beanstanden. Sowohl die Ermächtigungsnorm der beiden Rentenanpassungsverordnungen, EV Nr. 9 Buchst f, als auch die darauf beruhenden Rentenanpassungsverordnungen entsprechen in formeller und materieller Hinsicht geltendem Recht. Die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Rentenanpassungsverordnungen selbst (vgl. zu den Anforderungen des Erlasses einer VO durch die Bundesregierung: Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ in DVBl 1995, S 96 ff) und auch die Ermächtigungsnorm genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG.

2.2.1 Die Rentenanpassungsverordnungen stützen sich auf ein wirksames Gesetz im formellen und materiellen Sinn, nämlich insbesondere auf den – hier vom Kläger beanstandeten – EV Nr. 9 Buchst f (und hiervon abhängig auch auf EV Antage II Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 Buchst d sowie die ferner in den Rentenanpassungsverordnungen genannten Ermächtigungsnormen des EV).

EV Nr. 9 Buchst f ist Bundesgesetz. Er ermächtigt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, das „Nähere” zu den Maßgaben nach EV Nr. 9 Buchst a bis e zu bestimmen. Die Ermächtigungsnorm hat, wie der gesamte EV, gemäß dem Vertragsgesetz den Rang eines Bundesgesetzes ohne verfassungs- oder völkerrechtlichen Vorrang (vgl. BSG SozR 3-8570 § 11 Nr. 2 S 16 und Beschluß des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92 –). Dies stellt auch Art. 45 Abs. 2 EV klar; danach bleibt der Vertrag nach Wirksamkeit des Beitritts geltendes Bundesrecht.

2.2.2 Die Ermächtigungsnorm EV Nr. 9 Buchst f ist hinreichend bestimmt. Ihr Regelungsgegenstand ergibt sich zulässigerweise aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes, nämlich dem EV Nr. 9 (vgl. zur Bestimmbarkeit der Ermächtigungsnorm und ihrer Auslegung: Herzog in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 80 RdNr. 27, 30, 31), EV Nr. 9 Buchst f verweist zum Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung ausdrücklich auf das im EV Nr. 9 enthaltene Überführungsprogramm für Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen.

EV Nr. 9 legt das Programm fest, ob und ggf wie und in welchem Umfang Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden sollen. Die Grund- bzw Systementscheidung des EV Nr. 9 lautet: Renten aus der Sozialpflichtversicherung und solche aus den Zusatzversorgungssystemen werden in eine einzige (Voll-)Rente überführt, und zwar in eine Rente nach den ab 1. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des SGB VI (EV Nr. 9 Buchst b Satz 1; vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 20 und BSGE 74, 184, 189 = SozR 3-8570 § 11 Nr. 1 S 6). Weitere Programmpunkte nach EV Nr. 9 Buchst b Satz 3 und 4 sind: Künftige SGB VI-Renten werden von Bestandteilen freigehalten, die nicht auf Arbeit und Leistung, sondern auf politischer Begünstigung beruhen (BSGE 72, aaO, 61 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 13 und Beschluß des Senats vom 30. März 1994, aaO); Bestandsrentner haben einen Anspruch auf den Gesamtzahlbetrag, der für Juli 1990 aus der Sozialpflichtversicherungsrente und der Rente aus dem Zusatzversorgungssystem zu erbringen war.

2.2.3 Dieses Überführungsprogramm des EV Nr. 9, das Grundlage für die Auslegung der Ermächtigungsnorm EV Nr. 9 Buchst f ist, und deren Inhalt bestimmt, steht im Einklang mit dem GG (vgl. BSGE 72, aaO, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 20).

2.2.3.1 Art. 14 GG wird durch die Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme und die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus diesen Systemen in eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht verletzt. Denn die Rentenansprüche und -anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen sind keine eigentumsgeschützten Rechtspositionen iS des GG (zur sog Zahlbetragsgarantie s. u.).

Zwar werden Renten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 53, 257, 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr. 1), da auch sie Voraussetzung für eine freie und verantwortliche Lebensgestaltung sind; sie begründen daher grundsätzlich ein subjektives Recht auf einen Abwehr- und Schutzanspruch gegen bzw vor der Staatsgewalt. Um derartige eigentumsgeschützte Rechtspositionen handelte es sich jedoch bei Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR nicht. Der Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind (vgl. hierzu entsprechend BVerfG, Beschluß vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92 –). Der Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich sowohl tatsächlich als auch staatsrechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Art. 23 Satz 1 GG aF). Infolgedessen bestand für derartige in der ehemaligen DDR begründete Rechtspositionen grundsätzlich keine Verantwortlichkeit iS eines Einstehenmüssens der Bundesrepublik Deutschland (vgl. hierzu BVerfGE 84, 90, 122 f; BVerfG SozR 3-8560 § 26 Nr. 1 S 9); es sei denn, derartige Eigentumspositionen wären im EV als Eigentum ausgestaltet worden, wie in dem vom BVerfG durch Beschluß vom 22. November 1994 (1 BvR 351/91) entschiedenen Fall. Dieses Einstehenmüssen ergab sich auch nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge. Denn mit dem Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art. 23 Satz 2 GG aF ist die ehemalige DDR als staatsrechtliches Gebilde erloschen; sie hat damit ihren Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit fallengelassen, Gebiet und Bevölkerung in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert, sich selbst aufgelöst und so die staatliche Einheit Deutschlands hergestellt; erst in demselben Zeitpunkt ist das GG in den am 3. Oktober 1990 zu Bundesländern gewordenen Ländern im Beitrittsgebiet in Kraft getreten (Art. 3 EV; vgl. BSG SozR 3-8570 § 11 Nr. 3 S 33). Der an das GG und hier nicht etwa an ein wie immer definiertes „Eigentums”-Naturrecht (vgl. hierzu entsprechend BVerfGE 10, 59, 81) gebundene Gesetzgeber unterlag mithin nicht den Bindungen des Individualgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, als er Fragen der Überleitung regelte (vgl. auch Urteil des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 62/93 –). Es kommt hinzu, daß dem Gesetzgeber bei der Bewältigung außergewöhnlicher Probleme, wie sie hier auch mit der Wiedervereinigung verbunden waren, ohnehin ein weiter Gestaltungsrahmen bei den damit erforderlich werdenden gesetzlichen Regelungen zustand; diese sind nicht an Art. 14 GG, sondern lediglich an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (vgl. hierzu BVerfGE 84, 90, 129; 41, 126, 150 ff, 174 f).

Selbst wenn man im übrigen unterstellen würde, daß Art. 14 Abs. 1 GG auf die Bürger der ehemaligen DDR ausgestrahlt hätte, wäre nicht erkennbar, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland durch das Überführungsprogramm – eine Vollrente auf der Basis von Arbeit und Leistung sowie als Bestandsschutz der den Bestandsrentnern am 1. Juli 1990 zustehende Gesamtzahlbetrag aus Sozialpflichtversicherungsrente und Rente aus dem Versorgungssystem in DM – Eigentum der Rentenbezieher und der Anwartschaftsberechtigten hätte entziehen können. Denn im Hinblick auf den finanziellen Zusammenbruch der DDR (vgl. BVerfGE 84, 90, 131 und Herzog in Burmeister: Germania Restituta, S 161, 165) waren Werte zur Deckung dieser sozialrechtlichen Ansprüche nicht vorhanden. Vermögen, das zur Rentenzahlung hätte genutzt werden können, ist weder auf die Funktionsnachfolger noch auf die Bundesrepublik übergegangen, weil solches nicht vorhanden war.

Letztlich wäre bei – weiterhin unterstelltem Eigentumsschutz – auch zu berücksichtigen, daß Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden und mithin nicht jede inhaltliche Änderung ausgeschlossen ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen hat der Gesetzgeber im Interesse der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls einen weiten Gestaltungsrahmen. Rentenansprüche und -anwartschaften können mithin beschränkt werden, sofern dies dem Zweck des Allgemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. hierzu BVerfGE 53, 257, 292 f = SozR 7610 § 1587 Nr. 1 S 3 f; BVerfGE 58, 81, 121). Berücksichtigt man insoweit die mit der Wiedervereinigung verbundenen finanziellen Lasten, die durch die Mißwirtschaft in der ehemaligen DDR verursacht worden sind und für die die Bundesrepublik Deutschtand nicht verantwortlich ist (so BVerfGE 84, 90, 131), so war die Überführung in eine Vollrente unter Wahrung des Bestandsschutzes mit Blick auf eine Begrenzung der finanziellen Ausgaben geeignet und erforderlich und auch für die Betroffenen zumutbar.

2.2.3.2 Das Überführungsprogramm in EV Nr. 9 verstößt auch nicht gegen Art. 3 GG (vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 53 – SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 4 und Urteil vom 30. März 1994, aaO).

Dem Gesetzgeber stand es frei, wie er die Altersversorgung der Bestandsrentner mit Ansprüchen aus Zusatzversorgungssystemen regelte. Nach welchem System er eine Materie ordnen will, obliegt ebenso seiner Entscheidung wie die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit einer Regelung. Eine derartige Regelung ist nur nach den Maßstäben der Verfassung und nicht abstrakt unter dem Gesichtspunkt der Systemwidrigkeit, insbesondere nicht gemessen am System des DDR-Rechts, zu prüfen (vgl. hierzu BVerfGE 36, 49, 59; 75, 382, 395 f; 85, 238, 247; BVerfG, Beschluß vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 750/93 –). Eine Systementscheidung ist selbst dann nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat; sie ist es nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt (vgl. hierzu BVerfGE 83, 89, 107 f; 60, 329, 346 f).

Der Bundesgesetzgeber hat im EV Nr. 9 die auf entgeltlicher Beschäftigung in der DDR beruhenden Rentenansprüche wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alters und Tod aus Zusatzversorgungssystemen unter Wahrung des Bestandsschutzes zukunftsorientiert ab 1. Januar 1992 als in die gesetzliche Rentenversicherung überführbar gewertet. Er hat dieses Überführungsprogramm verfassungsgemäß, insbesondere unter Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz und das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG gestaltet. Er mußte bei der Ausgestaltung das Ziel der Gleichheit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet berücksichtigen. Insbesondere im Blick auf die vielfältigen und vielschichtigen Probleme der Bewältigung der Folgen ua des Staatsbankrotts der DDR oblag es ihm, in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht die Prioritäten für eine Annäherung der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu setzen (vgl. BSGE 72, aaO, 63 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 20; BSGE 74, aaO. 194 = SozR 3-8570 § 11 Nr. 1 S 11 und § 11 Nr. 3 S 32), Aus diesem Grunde war er berechtigt, ein System zu schaffen, das für alle eine Rentenleistung sicherte, die nach der Art. ihrer Ausgestaltung typischerweise bei einem den allgemeinen Regeln entsprechenden Arbeitsleben zur angemessenen Sicherung der Existenz ausreichte. Sozialpflichtversicherungsrente und Zusatzversorgungsrente sind danach in der – neu zu berechnenden – dynamischen Rente zusammengefaßt. Der „Wert der zusätzlichen Versorgungsleistung” wurde damit berücksichtigt. Die Zusatzversorgungsrente ist mithin nicht liquidiert, sondern – im Hinblick auf die Anhebung auf DM, auf die im Gegensatz zur ehemaligen DDR regelmäßige Dynamisierung der Rente und die Berechnung der Rente auf der Grundlage des tatsächlich erzielten gesamten Entgelts, der Hochwertung auf das Westniveau unter Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze – in die Gesamtleistung integriert (vgl. Rürup/Simon. Gutachten zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 Nr. 1 bis 22 des AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, S 153, 225 f). Nach alledem war die Überführung im Hinblick auf die vielfältigen Aufgaben der Bundesrepublik Deutschland bei der Wiedervereinigung – Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Schaffung von Wohnraum und den damit verbundenen Kosten – und die Art. ihrer Ausgestaltung system- und sachgerecht. Der Gesetzgeber hat bei der Überführung auch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gewahrt, indem er den Beziehern einer Rente auch aus der Zusatzversorgung den ihnen am 1. Juli 1990 zustehenden, auf ihrer Arbeitsleistung beruhenden nominalen Gesamtzahlbetrag aufgewertet in DM bis zum Erreichen einer SGB VI-Rente in dieser Höhe eigentumsgeschützt garantiert hat (sog Zahlbetragsgarantie).

Der Gesetzgeber war nicht gehalten, bei der Überführung der Altersversorgung rentenversicherungsrechtliche Regelungen der DDR oder Regelungen vergleichbarer Berufsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen.

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Gesetzgeber im Rahmen der Systementscheidung nicht verpflichtet, die Altersversorgung der Bestandsrentner und der rentennahen Jahrgänge entsprechend der Altersversorgung der westdeutschen Berufsangehörigen in Gestalt der beamtenrechtlichen und berufsständischen Versorgung oder durch Sozialversicherungsrenten iVm ergänzenden, betrieblichen oder tariflich vereinbarten zusätzlichen Versorgungen anzupassen, obwohl diese günstiger ist als die vergleichbare der ostdeutschen Berufsangehörigen. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit brauchte der Gesetzgeber nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft bzw der Allgemeinheit den Umstand auszugleichen, daß durch den Staatsbankrott der DDR einschließlich ihrer Versicherungs- und Versorgungssysteme die Lebensleistung auch besonders qualifizierter Erwerbstätiger wirtschaftlich völlig entwertet war. Insbesondere mußte er diejenigen, die die Versorgungsversprechen der DDR erhalten hatten, die über das für die Arbeiter und Angestellten allgemein zugesagte Niveau aus Sozialpflicht- und freiwilliger Zusatzrentenversicherung hinausgingen, nicht rückwirkend und kostenfrei so stellen, als hätten sie die Gegenleistungen für die speziellen Alterssicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland erbracht (vgl. hierzu Rürup/Simon, aaO. S 155 f).

Im Hinblick auf die im Rahmen der Gestaltungsfreiheit vom Gesetzgeber getroffene, nicht zu beanstandende Systementscheidung kann auch dahinstehen, ob Ansprüche aus Zusatzversorgungssystemen der DDR in deren Rechtssystem zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur waren (vgl. hierzu im übrigen BSG SozR 3-8570 § 17 Nr. 1 S 10 ff). Für den Kläger günstigere Rechtsfolgen würden sich im übrigen bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung ebenfalls nicht ergeben. Denn selbst wenn Art. 232 § 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB ≪ eingeführt durch EV Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II ≫) in diesen Fällen Anwendung fände, wäre ein zu „DDR-Zeiten” bestehender zivilrechtlicher Anspruch auf Altersversorgung des Klägers nach der Wiedervereinigung ins Leere gegangen. Denn mit dem Erlöschen der DDR und ihrer Einrichtungen wäre ein Anspruchsgegner, der für die Schuld der Versicherungseinrichtungen der DDR einzustehen gehabt hätte, nicht mehr vorhanden gewesen. Wie ausgeführt, war die Bundesrepublik Deutschland nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der DDR und die Rentenversicherungsträger nur Funktionsnachfolger und nicht etwa Rechtsnachfolger der Versicherungseinrichtungen (vgl. BSGE 72, aaO, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 8 sowie BSGE 74, aaO, 192 = SozR 3-8570 § 11 Nr. 1 S 9).

Nach alledem ist das im EV Nr. 9 geregelte – im Hinblick auf die Zahlbetragsgarantie – schonende Überführungsprogramm verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2.2.4 Die 1. und 2. RAV setzen das Überführungsprogramm des EV auch sachgerecht um. Der Verordnungsgeber hat nur diejenigen Angleichungen vorgenommen, die im Blick auf das Angleichungsziel, einer ab 1. Januar 1992 in ganz Deutschland gültigen SGB VI-Rente und zur Erreichung eines Nettorenienniveaus von 70 vH (vgl. BR-Drucks 816/90 S 6) sachlich berechtigt und verhältnismäßig waren (vgl. hierzu entsprechend BVerfGE 45, 142, 162 f; sowie Urteil vom 15. Dezember 1994, aaO).

2.2.4.1 Der Verordnungsgeber hat durch das Abschmelzen der Renten aus Zusatzversorgungssystemen nicht gegen Art. 14 GG verstoßen. Denn die erstmals im EV Nr. 9 Buchst b Satz 4 als eigentumsgeschützte Rechtsposition ausgestaltete Zahlbetragsgarantie (vgl. Beschluß des Senats vom 30. März 1994, aaO) wurde bei diesem Anpassungsvorgang nicht unterschritten. In den Verordnungen wurden im Hinblick auf das Angleichungsziel die Rente aus der Sozialpflichtversicherung und die Rente aus dem Zusatzversorgungssystem als ein Anspruch auf eine Gesamtaltersversorgung behandelt; die Rente aus der Sozialpflichtversicherung wurde zur Angleichung an die nach den Vorschriften des SGB VI zu berechnende Rente und zur Angleichung an das Nettorentenniveau der alten Bundesländer erhöht, während die in die SGB VI-Rente zu integrierende Zusatzversorgungsrente zutässigerweise gemäß dem Überführungsprogramm bei gleichbleibender Höhe des Gesamtzahlbetrages entsprechend abgeschmolzen worden ist.

Weitere eigentumsgeschützte Rechtspositionen des Klägers, die der Verordnungsgeber verletzt haben könnte, sind nicht ersichtlich.

2.2.4.2 Die Regelungen in der 1. und 2. RAV (§ 6 der 1. und § 8 der 2. RAV) verstoßen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Zwar werden danach die Renten von Mitgliedern der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) und die Renten von Angehörigen der Zusatzversorgungssysteme verschieden angepaßt. Bei Beziehern von Zusatzversorgungsrenten führt – wie ausgeführt – die Erhöhung der Sozialpflichtversicherungsrente zu einer entsprechenden Kürzung ihrer Rente aus den Zusatzversorgungssystemen, wobei der geschützte Zahlbetrag grundsätzlich unverändert bleibt. Bei den Beziehern einer Rente aus der FZR hingegen ist sowohl die Rente aus der Sozialpflichtversicherung als auch diejenige aus der FZR erhöht worden (§§ 1, 2 der 1. und §§ 1, 4 der 2. RAV).

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung beider Gruppen iS von Art. 3 Abs. 1 GG liegt dennoch im Hinblick auf das Angleichungsziel nicht vor. Um eine solche würde es sich nur handeln, wenn der Gesetzgeber bzw der Verordnungsgeber eine Gruppe von Normadressaten im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art. und solchem Gewicht bestehen, daß sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 84, 133, 157). Unabhängig von dem auch insoweit bei Übergangsregelungen bestehenden weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. hierzu BVerfGE 49, 192, 210; 44, 283, 287) lag ein sachlicher Grund für die verschiedene Behandlung der Angehörigen der beiden Versicherungs- bzw Versorgungssysteme vor. Die Ungleichbehandlung knüpft an den Umstand an, daß nach dem Überführungsprogramm des EV Grundlage der Rentenberechnung ua Arbeitsleistung und geleistete Beiträge sein sollten (EV Nr. 9 Buchst b Satz 3). Die Höhe der Beiträge konnte bei den Mitgliedern der FZR jedoch aufgrund der Unterlagen der Versicherungsanstalten der ehemaligen DDR ohne weiteres festgestellt werden; auch war im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse in der ehemaligen DDR und die Beitragshöhe erkennbar, daß die erhöhten Renten die SGB VI-Rente in aller Regel nicht überschreiten würden. Anders verhielt es sich mit den Renten der Angehörigen der Zusatzversorgungssysteme. Weder waren dem Verordnungsgeber in der Übergangsphase die verschiedenen Leistungs- und Beitragsregelungen der Systeme bekannt noch konnte er absehen, inwieweit in den Zusatzversorgungsrenten Leistungen enthalten waren, die nicht auf Arbeitsleistung, sondern auf ungerechtfertigten Vergünstigungen beruhten. Im Hinblick auf das Angleichungsziel einer SGB VI-Rente als Spiegelbild der erbrachten Arbeits- und Beitragsleistung war es somit sachlich gerechtfertigt, bis zur endgültigen Berechnung der SGB VI-Rente für eine Übergangszeit es bei den bestandsgeschützten Zahlbeträgen zu belassen, um im Hinblick auf die SGB VI-Rente mögliche Überzahlungen zu vermeiden (BR-Drucks 255/91 S 7).

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Verordnungsgeber möglicherweise nunmehr zwischenzeitlich verbesserte Erkenntnisse über die Ausgestaltung der Zusatzversorgungssysteme hat sowie darüber, inwieweit bei einzelnen Personengruppen sich in den einzelnen Systemen Vergünstigungen niedergeschlagen haben. Denn im Hinblick auf die Haushaltsplanungen braucht der Gesetzgeber eine rückwirkende Änderung nicht mehr vorzunehmen (vgl. hierzu entsprechend BVerfGE 41, 126, 187).

Eine Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht innerhalb der Gruppe der Bestandsrentner mit Renten aus Zusatzversorgungssystemen, obwohl nach § 8 der 2, RAV lediglich solche Bestandsrentner von der Erhöhung ausgeschlossen waren, die einen bestimmten Grenzbetrag überschritten hatten, während die anderen an der Erhöhung teilnahmen. Sachlich gerechtfertigt ist diese Regelung im Hinblick auf das Angleichungsziel einer SGB VI-Rente, deren Höhe sich ua an der Beitragsbemessungsgrenze orientiert. Die Herausnahme dieser Personengruppe betraf nur HÖherverdienende, deren Einkommen in der ehemaligen DDR die jetzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze überschritten hatte, und deren Rente daher voraussichtlich über der in der Rentenversicherung erreichbaren Höchstrente gelegen hätte (vgl. hierzu BR-Drucks 255/91 S 7).

Die Beklagte hat somit aufgrund der ordnungsgemäß ergangenen gültigen Rentenanpassungsverordnungen die – rechtmäßigen – Bescheide zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 erlassen. Eine höhere Altersversorgung stand dem Kläger somit auch für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juli 1991 nicht zu.

3. Gleiches gilt für die Zeit ab 1. August 1991.

3.1 Der Kürzungsbescheid zum 1. August 1991 ist durch den Bescheid vom 30. August 1993 ersetzt worden. Durch diesen Bescheid ist der Kläger nicht beschwert, da der ihm am 1. Juli 1990 zustehende und in den Bescheiden zur 1. und 2. RAV fortgeschriebene Zahlbetrag von 2.402,50 DM – weiterhin – festgestellt blieb. Ein höherer Zahlbetrag steht dem Kläger weder aufgrund des EV noch des § 10 Abs. 1 AAÜG zu; unerheblich ist hier, ob § 10 Abs. 1 AAÜG mit der Höchstbetragsgrenze verfassungsgemäß ist. Denn der ihm durch den EV „garantierte” Zahlbetrag zum 1. Juli 1990 unterschreitet die vom Gesetz festgelegte Höchstgrenze von 2.700,00 DM. Er beschränkte sich zutreffend auch auf die Summe der dem Kläger an diesem Tag nach DDR-Recht zustehenden Rentenzahlbeträge ohne Inflationsausgleich.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat EV Nr. 9 Buchst b Satz 4 diesen bestandsgeschützten Betrag nicht als Realwertgarantie, sondern als Nominalwertgarantie ausgestaltet. Der Auffassung von Merten (Verfassungsprobleme der Versorgungsüberleitung, 2. Aufl, S 86 ff), der eine derartige Garantie aus Art. 14 GG herleiten will, kann bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil eine Verletzung von Art. 14 GG im Rahmen der Systementscheidung als solcher nicht in Betracht kommt. Aber auch die erstmals im EV Nr. 9 Buchst b Satz 4 übergangsrechtlich als eigentumsgeschützte Rechtsposition gestaltete Zahlbetragsgarantie (vgl. BSGE 72, aaO, 65 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 18 sowie Beschluß des Senats vom 30. März 1994, aaO) schützt lediglich Renten und Anwartschaften in ihrem Bestand und gebietet keine Beteiligung an Leistungserhöhungen (vgl. Rürup/Simon, aaO, S 118). Dies folgt aus dem die einfache Rechtsordnung und das Geldschuldensystem beherrschenden Nominalwertprinzip. Es ist im Hinblick auf die derzeitigen Entwertungsraten keine Störungssituation erkennbar, die den Gesetzgeber zur Aufgabe dieses Grundsatzes zwingen würde (vgl. Papier in Maunz/Dürig Art. 14 RdNr. 186 ff).

3.2 Auch der Bescheid vom 2. Dezember 1991 ist rechtmäßig. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger auch danach nicht zu.

Der Bescheid vom 2. Dezember 1991, in dem die beiden Ansprüche auf Sozialpflichtversicherungsrente und Rente aus dem Zusatzversorgungssystem durch einen Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt worden sind, hat lediglich die materiell-rechtliche Grundlage ausgetauscht (vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 56 f = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 8). Die SGB VI-Rente war zwar geringer als der Zahlbetrag zum 1. Juli 1990; der Kläger erhielt jedoch daneben einen aus den altgemeinen Regeln des SGB VI nicht herleitbaren Anspruch auf eine zusätzliche Leistung der Rentenversicherung (vgl. hierzu BSGE 72, aaO, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 S 8). Im Hinblick auf den dem Kläger zuletzt im Bescheid zum 1. Juli 1991 zuerkannten Zahlbetrag von 2.402,50 DM verblieb es somit bei der Feststellung des Gesamtzahlbetrages in dem Verfügungssatz dieses Bescheides. Dieser bestandsgeschützte Betrag war dem Kläger so lange zu zahlen, bis die dynamisierte SGB VI-Rente den Zahlbetrag erreicht. Unerheblich ist hier, daß die Umwertung der zum 31. Dezember 1991 bestehenden Bestandsrente aus dem Zusatzversorgungssystem in eine dynamisierungsfähige Rente nach dem SGB VI – vorläufig – mittels eines pauschalierenden Verfahrens erfolgte. Diese Regelung blieb im Hinblick auf die mit der Überführung in die deutsche Rentenversicherung verbundenen erheblichen Belastungen der Verwaltung in den Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums (vgl. hierzu entsprechend BVerfGE 79, 87, 100), zumal eine rückwirkende Neuberechnung der pauschal umgerechneten Rente ab 1. Juli 1990 erfolgen sollte (und nunmehr durch den hier nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 9. März 1994 auch erfolgt ist).

Eine Rechtsgrundlage, die dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Januar 1994 einen Anspruch auf eine höhere Rente einräumt, ist somit nicht erkennbar.

3.3 Eine Grundlage für einen derartigen Anspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 6 der Konvention zum Schütze der Menschen und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl II 685, 953 mit späteren Änderungen). Diese enthält lediglich eine institutionelle Garantie des Rechts auf freien Zugang zu den Gerichten und auf eine angemessene Verfahrensdauer. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist nicht erkennbar. Sie würde im übrigen – ein derartiger Verstoß einmal unterstellt – auch keinen Anspruch auf eine höhere Altersversorgung begründen (vgl. im übrigen zur EMRK nebst Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 – BGBl II 1956 S 1880; Teilurteil und Beschluß vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94 –).

Eine Rechtsfortbildung gegen den klaren gesetzgeberischen Willen, wie er im EV insoweit zum Ausdruck gekommen ist, ist, wie der Senat bereits im Urteil vom 30. März 1994 (aaO) ausgeführt hat, unzulässig.

Nach alledem stehen dem Kläger weitere Leistungen für den in Frage kommenden Zeitraum nicht zu; die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, so daß das SG zutreffend die Klage abgewiesen hat und die Revision des Klägers zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 136

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